Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegin nen und Kollegen! Minister Lucha hat eben die Antidiskrimi nierungsstelle des Landes angesprochen. In der Tat sind der Landesarbeitsgemeinschaft landesweit inzwischen acht Bera tungsstellen angegliedert. Diese Beratungsstellen beraten auf der Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Das bedeutet beispielsweise Hilfe bei Diskriminierung am Ar beitsplatz oder bei der Wohnungssuche. An das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz müssen sich Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Vermieterinnen und Vermieter halten. Das ist der private Bereich.
Für den öffentlichen Bereich – Verwaltung und auch Sicher heitsbehörden – gibt es ein solches Gesetz bislang nicht. Da stellt sich schon die Frage: Warum eigentlich nicht? Wieso stellen wir, der Gesetzgeber, nicht die gleichen Anforderun gen an staatliche Stellen, wie wir sie auch an die Privatwirt schaft stellen? Dort gilt dieses Gesetz schon seit einem Jahr zehnt, und es ist nicht bekannt, dass es zu einer Klageflut ge kommen wäre, die auch damals schon von den ablehnenden Stimmen als Befürchtung ins Feld geführt wurde.
Meine Fraktion und ich meinen, das müssen wir ändern. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, weshalb schon allein die Dis kussion über ein Antidiskriminierungsgesetz auf eine solch reflexhafte Ablehnung stößt. Es geht hier weder um einen Ge neralverdacht noch um pauschale Unterstellungen. Es geht auch nicht um schlechte Menschen und Ähnliches, sondern es geht um Strukturen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Wir glauben, dass das Thema Antidiskriminierung ressortübergreifend gedacht werden muss, dass es alle Lebens bereiche umfassen muss: in der Bildungspolitik, in der Wis senschaft, in der Arbeitswelt und in der öffentlichen Verwal tung.
Daher möchten wir gern einen Landesaktionsplan angehen, den die Landesantidiskriminierungsstelle umsetzen und wei terentwickeln kann. Dafür braucht es Gespräche und Vorbe reitungen mit Expertinnen und Experten und ganz besonders auch mit den betroffenen Menschen. Diese wollen wir aus drücklich einbinden.
Weil in meinen Beiträgen bisher noch ein Zitat gefehlt hat, ha be ich auch noch eines, und zwar vom kommissarischen Lei ter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes:
Das Gefühl, mit einer Ungerechtigkeit alleine gelassen zu werden, hat auf Dauer fatale Folgen, die auch den ge sellschaftlichen Zusammenhalt gefährden.
Wir alle hier können diesen Saal jetzt verlassen und entschei den, uns mit Rassismus nicht weiter zu beschäftigen, wie es insbesondere Herr Sänze nahegelegt hat. Die von Rassismus Betroffenen können das nicht tun; sie haben diese Wahl nicht. Wir sollten sie damit nicht alleinlassen.
Ich möchte Ihnen jetzt schon noch einmal etwas sagen: Die Verächtlichmachung des Themas Rassismus und der Diskus sion in diesem Haus darüber wird Ihnen die Debatte über das Thema nicht ersparen. Ich glaube, sie wird Ihnen auch die in nerparteiliche Debatte nicht ersparen, wenn ich daran denke,
dass Ihnen schon Herr Meuthen auf einer Landesdelegierten konferenz oder einem Landesparteitag Ihrer Partei gruppen bezogene Menschenfeindlichkeit unterstellt hat.
Es gab in Ihrer Partei einen kleinen, kurzen Moment des In nehaltens nach Hanau. Da gab es ein paar einzelne Stimmen, die sich gefragt haben, warum Rassismus und AfD von sehr vielen Menschen im Land gleichgesetzt werden. Aber das scheint schon wieder vorbei zu sein.
Dann möchte ich noch ein persönliches Wort an Herrn Gögel richten. Sie haben in verschiedenen Debatten zu diesem The ma gern Ihre Familie ins Feld geführt. Ich möchte das jetzt auch nicht weiter en détail ansprechen. Aber Sie sollten sich schon noch einmal gut überlegen, ob Sie eine solche Rede Ih rer Fraktion und solche Inhalte unkommentiert stehen lassen.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die Diskussion, die Wortbeiträge zeigen, wie wichtig diese heutige Debatte ist. Kollege Lede Abal hat es eben angesprochen: Dass in diesem Hohen Haus Rassis mus geleugnet wird, macht mich persönlich und auch meine Fraktion sprachlos.
Denn gerade für uns in der CDU ist jeder Mensch gleich, ins besondere nach dem christlichen Menschenbild.
Die steigenden Zahlen bei den Antidiskriminierungsstellen und die genannten Beispiele von Minister Lucha belegen ge nau das Gegenteil. Deswegen: Hören Sie zu, lesen Sie, infor mieren Sie sich.
Eine Anmerkung noch zum Kollegen Binder. Auch in der SPD scheint es widersprüchliche Ansichten zu dem Begriff „Ras se“ im Grundgesetz zu geben. Ihre Justizministerin hat im Deutschlandfunk gesagt – ich zitiere –:
... historisch sei das Merkmal Rasse als Unterscheidungs verbot, als Diskriminierungsverbot, ja gerade als Antwort auf den Rassenwahn des Nationalsozialismus ins Grund gesetz gekommen.
Worum geht es denn bei diesem Punkt? Ganz im Ernst: Die Diskussion allein um den Begriff „Rasse“ bringt uns alle über haupt nicht weiter. Das möchte ich schon auch noch einmal deutlich machen.
... und nicht gegeneinander hetzen – genau so, wie es Minister Lucha gerade gesagt hat. Wir al le sollten auf die Sprache achten, uns gegenseitig zuhören und miteinander sprechen.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Frau Kollegin Huber, wenn Sie mir vorhin zugehört hätten, dann hätten Sie bereits gehört, dass ich be gründet habe, warum die Verfassungsväter den Begriff „Ras se“ ins Grundgesetz aufgenommen haben und warum der Be griff gestrichen werden muss: weil es Rassen bei Menschen nicht gibt; die gibt es nur bei Tieren.
Deshalb ist es für Menschen, die Rassismus ausgesetzt wer den, ungeeignet, sich auf einen Begriff beziehen zu müssen, den es bei Menschen nicht gibt. Ich glaube, Sie haben mit Ih rem Redebeitrag und Ihrer Diskussion eigentlich das beste Beispiel dafür gegeben, dass es keine Scheindiskussion ist, sondern eine notwendige Diskussion, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Minister Lucha, ich teile Ihre Rede vollumfänglich. Ich habe sie auch im Ton für völlig richtig erachtet. Sie haben in Ihrer Rede aber auch gesagt, es gehe um die Worte, die man wählt, und es gehe um Handeln. Sie kennen ja den Satz aus vielen Diskussionen: „Das wird man ja wohl noch sagen dür fen.“
Genauso ist es bei Menschen, die sagen: „Das, was jetzt kommt, ist nicht politisch korrekt.“ Darum geht es nicht. Es geht dar
um, wie man mit Menschen umgeht. „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ gibt es nicht. Das ist das Schlimme an der Aussage Ihres Demografiebeauftragten. Wenn Sie sagen, die Äußerungen des Demografiebeauftragten stünden Ihrem An tidiskriminierungskonzept entgegen, dann – so muss ich sa gen – steht das, was Sie gemacht oder nicht gemacht haben, in Diskrepanz zu dem, was Sie hier am Pult zu Recht deutlich angemahnt haben, Herr Minister.