Ich will noch mal ganz kurz in Erinnerung rufen, was das Netzwerkdurchsetzungsgesetz durchsetzen will: Strafrechts normen, Herr Kollege Klos.
Ich kann Ihnen auch einige aufzählen, gegen die Sie sich of fensichtlich wehren: die Verbreitung von Propaganda verfas sungswidriger Organisationen, die Verwendung von Kennzei chen verfassungswidriger Organisationen, die Vorbereitung einer schweren, staatsgefährdenden Gewalttat, landesverräte rische Fälschung
Sie müssen mir schon zuhören –, Bildung von kriminellen terroristischen Vereinigungen, Volksverhetzung.
Sie möchten also – auf den Punkt gebracht – all diese Straf rechtsnormen im Netz nicht durchsetzen. Das ist Ihr Antrag, Herr Klos.
Mein Gott, ich würde Ihnen ja ein Grundgesetz schenken, wenn es helfen würde, aber es hilft ja offensichtlich nichts, weil Ihre Reden zur Rechtspolitik hier immer wieder ab schweifen und fernab unseres Grundgesetzes stattfinden.
Ihren innerparteilichen Wahlkampf können Sie bei Ihren Ver sammlungen machen – das können Sie gern tun –, aber nicht im Landtag von Baden-Württemberg.
Kommen wir zurück zum Thema: Das Grundrecht auf Mei nungsfreiheit ist in Artikel 5 des Grundgesetzes fest verankert, und Sie bauen jedes Mal eine Hysterie, eine Erregung auf mit der Aussage, dass dieses Grundrecht gefährdet sei.
Ich kann mit Ihnen heute Abend leider kein Seminar zu Grund rechten machen. Ein solches Seminar können Sie vielleicht gelegentlich an einer unserer Universitäten besuchen; das hilft ungemein. Ich sage Ihnen im Kern, worum es Ihnen – –
Es hilft nichts. Herr Kollege Mack hat recht. Wahrschein lich wäre das auch schlecht für das Klima an den Universitä ten.
Ich bringe es auf den Punkt: Es geht um Ihre Fans. Genau die se Fans wollen Sie schützen und nicht das Grundgesetz. Des wegen stellen Sie diesen Antrag. Und genau deswegen stimmt die SPD ihm logischerweise nicht zu.
(Beifall – Zuruf des Abg. Bernd Gögel AfD – Gegen ruf des Abg. Emil Sänze AfD: Nein, musst du dir nicht merken! Der ist das nächste Mal nicht mehr drin! – Gegenruf des Abg. Jonas Weber SPD: Was Sie alles wissen, Herr Sänze!)
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die AfD vergießt fürwahr Krokodils tränen, wenn sie sich heute mit diesem Antrag zur Hüterin der Meinungsfreiheit im Netz aufspielt. Ausgerechnet die Partei, deren Unterstützer regelmäßig das gesellschaftliche Klima da durch vergiften, dass sie gegen politisch Andersdenkende, ge gen Minderheiten und deren Ansichten mitunter in übelster Weise hetzen wollen, will der selbst ernannte Wächter der Meinungsfreiheit sein. Das lassen wir Ihnen nicht durchge hen. Dieses Verhalten ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbie ten.
Ganz gewiss hat das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gerade auch vor dem Hintergrund der weiteren Verschärfungen – die Kollegin Gentges hat es ja angesprochen – viele Schwächen. Noch immer fehlt es an Transparenz, wenn es darum geht, nach welchen Kriterien Facebook, Google und Co. Beiträge löschen und wann sie strafbare Kommentare an die Ermitt lungsbehörden melden.
Strittig ist noch immer, welche Tweets und Inhalte dem Re gelungsbereich des Gesetzes unterfallen, vor allem, wie und durch wen diese bestimmt, festgelegt und kontrolliert werden. Und ja, auch wir sehen die Schwierigkeiten im Zusammen hang mit der Meinungsfreiheit, dass die Bewertung einer Aus sage als rechtswidrig, strafbar oder rechtmäßig nicht durch staatliche Organe oder Stellen, sondern durch private Unter nehmen durchgeführt wird. Dass dies durchaus komplex ist, erleben wir tagtäglich, wobei auch dies der Subjektivität un terliegt.
Andererseits bietet das Netzwerkdurchsetzungsgesetz den sinnvollen Ansatz, Persönlichkeits- und Eigentumsrechte ge genüber Onlineplattformen leichter und schneller durchzuset zen, wenngleich – auch da sehe ich Schwierigkeiten – die Praktikabilität sich hier noch erweisen muss. Insoweit ist die Politik gefordert, einerseits die Meinungsfreiheit zu schützen, aber gleichzeitig dafür zu sorgen, dass effektiv strafbare In halte nicht nur gelöscht, sondern auch entsprechend verfolgt werden.
Klar, für den gesetzlichen Rahmen ist dabei in erster Linie der Bund zuständig. Das Land Baden-Württemberg muss aber bei den Ermittlungsbehörden und in der Justiz für eine gute per sonelle und sachliche Ausstattung sorgen. Grün-Schwarz hat hier trotz erheblicher Anstrengungen und wesentlicher Ver besserungen, Herr Minister Wolf, nach wie vor Defizite zu verantworten. Von einer optimalen Ausstattung sind wir an vielen Stellen leider noch weit entfernt, und bei der Polizei haben wir zu oft Parallelstrukturen. Ich denke an die neu ge schaffene Cybersicherheitsagentur, die nicht zur Lösung bei trägt.
Auch die Justiz verfügt in diesem Bereich über zu wenig Per sonal. Wir brauchen mehr Spezialisten für Cybercrime und Hasskriminalität. Wir brauchen zusätzliche Servicekräfte, um die neu geschaffenen Stellen bei Gerichten und Staatsanwalt schaften effektiv und effizient zu unterstützen.
Insoweit, Herr Minister, ist es Zeit, dass Sie die zögerliche Haltung in dieser Frage ändern und die Prioritäten entspre chend unserer Auffassung den Realitäten anpassen. Wie ge sagt, wir sind auf einem guten Weg, und das Thema Hasskri minalität beschäftigt uns nach wie vor. Es ist ein ernstes The ma, und insofern ist der Ansatz von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD, der falsche.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! So viel Demagogie und so viel Ne bel in so kurzer Zeit habe ich im Landtag schon lange nicht mehr erlebt.
Es geht nicht grundsätzlich um Zensur im Rahmen des Straf rechts. Das ist problematisch genug – § 130. Es geht hier da rum – Herr Weinmann war der Einzige, der das zumindest an gedeutet hat –,
dass die Umsetzung des Strafrechts eine hoheitliche Aufgabe ist, die hier auf private Organisationen – Facebook, Google usw. – übertragen wird, also eine Privatisierung hoheitlicher Aufgaben und eine Privatisierung von Zensur.
Das bedeutet konkret Folgendes, meine Damen und Herren – ich habe das mit zwei Videos bei Youtube selbst erlebt –: Sie bekommen einfach die Videos gestrichen, und Sie haben kei nerlei Möglichkeit, etwas dagegen zu machen. Es wird schlicht und einfach auf die Geschäftsordnung verwiesen.
Hören Sie doch bitte wenigstens zu. – Es ist kein strafbarer Tatbestand, den man mir vorwerfen kann. Es ist schlicht und einfach der Hinweis auf die Geschäftsordnung, und das ge nügt, alle demokratischen Rechte der Meinungsfreiheit aus zuhebeln. Das ist ein Superskandal in dieser Demokratie.