Protocol of the Session on May 7, 2020

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, geschätzte Kollegen Abgeordnete! Für die Grünen und die Deutsche Umwelthilfe war es doch selbstverständlich, dass nur das Auto ganz allein und ausschließlich die Luft in Innenstädten belastet. Der Individualverkehr wurde verteu felt, Autofahrer wurden pauschal zu Umweltsündern erklärt. Mit erhobenem Zeigefinger erließ man Fahrverbote. Autofah rer wurden in ihrer Freiheit beschnitten. Manche sprachen so gar von Enteignungen.

Doch wie es der Zufall will, birgt jede Krise – also auch die Coronakrise – eine Überraschung in sich. In diesem Fall sind es die Messwerte am Neckartor. Um ganze 40 % ging der Ver kehr in Stuttgart durch den Lockdown zurück. Logischerwei se hätten dann doch auch die Stickoxidwerte um mindestens 40 % sinken müssen. Zumindest hat man uns das jahrelang so eingeredet.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren in den Reihen der Grünen, es ist deutlich zu laut. – Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall)

Aber was passierte statt dessen? Die Messwerte gingen weder um 40 % noch um 20 % zurück. Die Messwerte sind nahezu unverändert, und das, ob wohl vier von zehn Fahrzeugen während der Coronakrise gar nicht mehr bewegt wurden.

Natürlich fand man gleich eine Erklärung für dieses grüne Di lemma: Es muss der Wind gewesen sein oder die Temperatur, vielleicht auch der Niederschlag. Oder war es gar die Sonne? Das behauptete zumindest Verkehrsminister Hermann und gab damit wieder einmal unbewusst zu, dass die Autos eben doch keinen so großen Einfluss auf die Stickoxidwerte haben wie von den Grünen gewünscht.

Wer jetzt noch weitere Fahrverbote verhängen will, handelt nur aus rein ideologischen Gründen. Wer jetzt nicht begreift, dass bestehende Fahrverbote jeder wissenschaftlichen Grund lage entbehren, hat nichts verstanden.

(Beifall)

Deshalb müssen Fahrverbote endlich aufgehoben werden, be vor es für Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart noch peinlicher wird.

Es ist nicht schlimm, Fehler zu machen, es ist nur schlimm, nicht daraus zu lernen.

Vielen Dank.

(Beifall)

Für die Landesregierung er teile ich das Wort Herrn Minister Hermann.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich war kurz irritiert, weil ich nicht wusste, wie viel AfD noch kommt. Denn Sie haben sich ja im Laufe dieser Legislaturpe riode wunderbar vermehrt.

(Zurufe, u. a.: Das müssen Sie erst mal nachmachen!)

Deswegen haben wir auch gleich mehrere Reden von Ihnen.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir kommt da regel mäßig das Bild vom Falschfahrer vor Augen, der völlig da von überzeugt ist, dass alle, die ihm entgegenkommen, falsch fahren.

(Beifall – Zurufe, u. a.: Reden Sie auch noch zur Sa che?)

Regelmäßig beschimpfen Sie die gesamte Wissenschaft, zi tieren abweichende Einzelmeinungen

(Zurufe)

und meinen, Sie wüssten es besser. Regelmäßig beschimpfen Sie alle anderen Parteien und sagen über sich: „Wir vertreten das Volk.“ Dann sagen Sie noch dazu: „Wir werden diffa miert.“

(Zurufe)

Aber das, was Sie machen, ist, dass Sie alle anderen diffamie ren, dass Sie die Wissenschaft diffamieren, dass Sie desinfor mieren

(Zurufe)

und sich wundern, dass wir Sie dann nicht ernst nehmen.

(Anhaltende Zurufe)

Das ist die Wahrheit.

(Beifall – Zurufe)

Damit ist aber für heute Schluss mit der AfD. Wir reden jetzt zur Sache. Die Debatte vorhin war ja auch sehr sachlich. Ich will daraus auch gern einige Redebeiträge aufnehmen.

Herr Selcuk hat zu Recht darauf hingewiesen, dass eigentlich die Geschichte der Luftreinhaltung der wirklich ambitionier te Versuch der Politik ist – übrigens von der Europäischen Union angestoßen –, für saubere Luft in den Städten zu sor gen, damit die Lebensqualität besser wird und damit die Ge sundheit der Menschen geschont wird, sodass diese gesund

bleiben. Das gesamte Prinzip der Luftreinhaltung und der Grenzwerte basiert auf dem Ansatz, Vorsorge betreiben zu wollen, dass die Lungen und Atemwege der Menschen nicht geschädigt werden.

Interessanterweise hängt das deutlich mit der Coronakrise und der Infektion mit SARS-CoV-2 zusammen. Denn wir wissen sehr genau – Sie haben eine Studie zitiert, aber es gibt auch andere Belege –, dass diejenigen, die durch eine Lungenkrank heit oder an den Atemwegen vorgeschädigt sind, ein deutlich höheres Infektionsrisiko haben als andere. Das ist sozusagen ein später, aber triftiger Grund dafür, alles dafür tun zu müs sen, um die Luft sauber zu halten, damit die Gesundheit der Menschen nicht gefährdet wird.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung und – ich will das auch sagen – beide Koalitionen, für die ich der Verkehrs minister sein durfte, haben sich jeweils im Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt: Wir wollen Mobilität nachhaltig sichern, und wir wollen alles tun, damit die Luft sauber wird.

(Zuruf)

Es ist heute von vielen gesagt worden: Die Luft ist in den letz ten Jahren kontinuierlich sauberer geworden. Das ist so, weil man seit gut 20 Jahren Umweltpolitik und Luftreinhaltepoli tik in Städten macht und dies sehr stark mit der Verkehrspo litik zusammenhängt.

(Beifall – Zurufe)

Es gab heute viele Gemeinsamkeiten und viele gemeinsame Ansichten. Das hat mich sehr gefreut. Da und dort gab es so gar ein überraschendes Lob. Ich will aber schon noch einmal differenzieren, wie es dazu gekommen ist, dass wir in den letz ten Jahren bei der Luftreinhaltung so erfolgreich waren.

(Lachen)

Ich habe 2011, als ich Minister geworden bin, von der Vorgän gerregierung, der schwarz-gelben Landesregierung – SchwarzGelb war zehn Jahre lang zusammen –,

(Zuruf: Gut so!)

19 – Sie können mitschreiben: 19 – Umweltzonen geerbt. Das waren alles Fahrverbotszonen. Sie haben mit Umweltzonen für ein Fahrverbot für die jeweils schädlichste Klasse gesorgt.

(Zurufe, u. a.: Kommen Sie jetzt doch mal zum The ma!)

Das ist genau das Thema. – Die Tatsache, dass man die Flot ten modernisiert hat und dass man ältere, dreckige Fahrzeu ge, die nicht mehr dem Stand der Technik entsprochen haben, ausgeschieden hat, war ein wesentliches Element einer ge sundheitsorientierten Luftreinhaltepolitik in den Städten.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Carola Wolle AfD: Und Sie wollen alle Autos abschaffen! – Abg. Klaus Dürr AfD: Haben Sie eigentlich Erbschaftsteuer gezahlt?)

Meine Damen und Herren, 2016 hielten über 30 Städte in Ba den-Württemberg die Stickoxidgrenzwerte noch nicht ein. 2018 waren es 14 Städte, und 2019 waren es gerade noch vier,

nämlich Stuttgart, Ludwigsburg, Heilbronn und Reutlingen – einige sind ja schon angesprochen worden. Es ist wahr: Die konsequente Luftreinhaltepolitik hat, auch wenn sie manch mal gestockt hat, in der Summe Erfolge gebracht. Deswegen ist die Luft besser geworden und nicht, weil Sie darüber ge schimpft haben.

(Beifall – Abg. Anton Baron AfD: Und die Kosten?)

Welche Maßnahmen haben wir ergriffen? Bei vielen Maßnah men waren alle dabei. In einem ersten Paket haben wir den öffentlichen Verkehr über Jahre kontinuierlich verbessert – kontinuierlich.

(Zuruf: Wo denn?)