Protocol of the Session on May 7, 2020

Gleichzeitig aber gab es grenzüberschreitende Hilfeleistun gen. Wir haben gerade vom Kollegen Frey davon gehört. Das war natürlich eine ganz tolle Geschichte, auf die wir auch zu Recht stolz sein können.

Mit jedem Tag seit Ausbruch von Covid-19 wuchs aber auch die innereuropäische Solidarität. Genau hier ist auch die Chan ce für unseren Kontinent zu sehen. Corona hat gezeigt, dass wir Krisen einfach besser gemeinsam meistern können – vor allem, wenn wir auf die Zeit nach Corona schauen; und wir werden auch hier umdenken müssen. Denn die Produktion systemrelevanter Güter, vor allem die Rückholung von Pharma unternehmen oder Herstellern von Medizinprodukten, zurück in die Europäische Union muss eine der wichtigen Konse quenzen dieser Erfahrungen der vergangenen Wochen sein.

(Beifall)

Wenn wir die Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft betrachten, wird zudem mehr als deutlich, dass wir uns nur mit der Wirtschaftskraft der gesamten Europäischen Union in ternational und global behaupten können. Nur gemeinsam ha ben wir dem aggressiven Vorgehen Chinas oder der USA et was entgegenzusetzen. Vor allem wird uns auch der Europäi sche Binnenmarkt helfen, wirtschaftlich wieder nach vorn zu kommen.

Was aber vor dem gleichen Hintergrund Grund zur Sorge gibt, ist die Auffassung mancher Mitgliedsstaaten zum Thema Rechts staatlichkeit. Hier müssen wir auf die Einhaltung unserer mit einander geschlossenen Vereinbarungen in ihren Grundlagen bestehen. Die Europäische Union ist keine Einbahnstraße, wo manche nur nehmen und meinen, sie könnten einseitig profi tieren, und alles andere interessiere sie nicht. Das, was Polen, Tschechien und Ungarn sich hier herausnehmen, wurde zu

Recht erst kürzlich vor dem Europäischen Gerichtshof als Ver stoß gegen EU-Recht verurteilt.

(Beifall)

Die Corona-Notstandsgesetze Ungarns sind nicht nur unde mokratisch, sie sind ein Beweis dafür, dass Ungarn längst Maß und Mitte verloren hat und es hier dringend mehr Sanktionie rungen geben muss.

(Zurufe)

Insofern ist der Ansatz der EU-Kommission, Fördermittel künftig an die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit zu koppeln, der richtige Ansatz. Manches funktioniert eben nur über den Geldbeutel.

Ein weiterer wichtiger Teil des Berichts ist die Flüchtlingspo litik. Hier herrscht nur Einigkeit in Bezug auf Grenzsicherung und Abschottung. Die humanitäre Katastrophe in den Flücht lingslagern in Griechenland hat bisher leider nicht zur Ein sicht geführt, dass wir europaweit endlich ein funktionieren des und verlässliches Verteilsystem mit verbindlichen Quoten brauchen.

(Zurufe)

Auch das Thema Brexit spielt natürlich im Bericht eine Rol le. Noch immer liegen die Positionen der Europäischen Uni on und des Vereinigten Königreichs weit auseinander. Die Fra ge, wie eine zukünftige Partnerschaft aussehen könnte, liegt auf Eis. Ich erlaube mir die Bemerkung, dass auch Großbri tannien die Folgen des Brexits noch zu spüren bekommen wird und sich hier manch einer am Ende wünschen wird, doch noch Mitglied in dieser Solidargemeinschaft der Europäischen Union zu sein.

(Beifall)

Tatsächlich müsste ein Freihandelsabkommen bis Oktober oder November dieses Jahres vorliegen, um den Ratifizie rungsprozess bis Ende 2020 auch abschließen zu können. Das ist aktuell sehr unwahrscheinlich, es sei denn, Premier John son gibt seine harte Haltung zur Verlängerung des Übergangs zeitraums doch noch auf.

Meine Redezeit ist schon beendet. Ich wollte noch etwas zum Finanzrahmen sagen, aber das haben die Vorredner eigentlich schon getan. Das wunderbare Schuman-Zitat hat Herr Kolle ge Fink heute schon gebracht.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Nun hat für die AfD Herr Abg. Sänze das Wort.

(Zurufe)

Sie freuen sich schon. Schön. Es ist ja schön, dass ich Freude verbreiten kann. – Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur kurz auf die wichtigsten Punkte des Europaberichts eingehen.

Erstens: Corona. Die EU hat in der Coronakrise versagt.

(Vereinzelt Beifall)

Die Nationalstaaten haben die Situation gerettet, nicht die EU. Das, was die EU jetzt tut, ist, Geld einzusammeln. Und wer bezahlt es? Wir bezahlen es mal wieder.

Zweitens zum Thema Brexit: Auch hier hat die EU versagt. Großbritannien wird angesichts der Arroganz der EU wohl nichts anderes übrig bleiben, als auf die WTO-Regeln zurück zufallen. Das wird uns Tausende von Exportarbeitsplätzen kosten, das wird uns viel Geld kosten. Und ich bin mir ganz sicher: Würden wir mit Großbritannien einen bilateralen Ver trag aufsetzen, hätten wir die Situation schon lange im Griff.

Drittens zur Konferenz der Zukunft der EU: Sie wissen ge nau, welche EU Sie wollen. Tun Sie also nicht so, als würden Sie ergebnisoffen diskutieren. Wie ergebnisoffen das ist, ha ben wir heute Morgen gesehen.

(Beifall)

Viertens: Als Nächstes soll das muslimische Armenhaus Eu ropas aufgenommen werden, ein Hotspot der Kriminalität. Ich kann Sie nur beglückwünschen. Tun Sie das. Das wird näm lich die Implosion der EU beschleunigen. Noch einer, der mit redet.

Fünftens zum Thema „Mehrjähriger Finanzrahmen“: Die Deutschen sind auf dem Weg, zum Armenhaus der EU zu wer den, weil sie die Party nämlich bezahlen müssen. Sie, Herr Kößler, wissen es: Nahezu 40 % aller Verbindlichkeiten und Haftungseigenschaften der EU übernehmen wir. Und wenn der Euro implodiert, haben wir das an der Backe.

(Zuruf)

Nein, das ist schon viel, viel mehr.

Jetzt komme ich auf diese infantile Diskussion von heute Mor gen zurück. Sie verweigern sich tatsächlich, über Belange, die den Bürger direkt betreffen, hier zu diskutieren. Und dann ge hen Sie auf Ihr Friedensprojekt ein.

(Vereinzelt Beifall)

Was ist denn das? Das ist naiv und eigentlich schäbig.

(Beifall – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das Gute an der Rede war die Länge!)

Nun darf Herr Abg. Pro fessor Dr. Schweickert für die FDP/DVP-Fraktion reden.

Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Ein Kollege aus dem Europa ausschuss – er gehört der AfD an – hat heute Morgen von ei nem „EU-Maulkorb“ gesprochen. Die Maske ist ein Utensil, meine Damen und Herren, das ich abnehmen kann,

(Zuruf)

welches mich und andere schützen kann. Wenn das manche von der AfD nicht wollen, ist das ihre persönliche Einschät zung. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das kann man eigentlich nur jemandem erklären, der das Licht mit dem Holzhammer ausmacht. Denn wer heute in der EU von einem Maulkorb faselt und davon, man dürfe seine Meinung nicht mehr äußern, der muss insbesondere dann, wenn er denen das Wort redet, die sagen, wie toll es in Ungarn sei, aufpassen,

dass er nicht in einem Umfeld aufwacht, in dem er tatsächlich seine Meinung nicht mehr sagen darf.

(Beifall)

In dieser Europawoche fühle ich, wie mir die europäische Freiheit fehlt – nicht bloß, was das Zuhausesein mit Kindern betrifft, sondern auch insofern, nicht mehr reisen zu können. Die Schlagbäume sind jetzt zu. Jeder sieht, dass die Schlag bäume da sind. Und was bringen Schlagbäume, um die Aus breitung von Corona zu verhindern? Nichts,

(Zuruf)

weil Corona eben nicht vor Schlagbäumen haltmacht.

(Zuruf: So sieht es aus!)

Deswegen ist es richtig, dass gerade wir in Baden-Württem berg – – Über die Parteigrenzen hinweg fordern ja viele Land tags- und Bundestagsabgeordnete der demokratischen Partei en zu Recht, bei vergleichbaren Infektionslagen diesseits und jenseits des Rheins zu sagen: Die Grenzen müssen dann auch wieder geöffnet werden.

(Beifall)

In dieser Zeit ist das ein ganz wichtiges Projekt.

Diese europapolitische Woche hat es wirklich in sich. EIB, ESM, ECCL, SURE: Das sind Begriffe, die im Moment hek tisch in der Brüsseler Krisendiplomatie und in den europäi schen Hauptstädten umlaufen. Seit sich die Pandemie mit vol ler Wucht in Europa entfaltet hat, fordern hoch verschuldete Staaten wie Italien Anleihen, Coronabonds. Man will kollek tiv Schulden machen, um die hohen Kosten der Krise zu schultern.

Ob es jetzt Bruno Le Maire ist, der von „Recovery Bonds“ spricht, ob es Giuseppe Conte ist oder Paolo Gentiloni, der mit gemeinsamen Anleihen für europäische Konjunkturpro gramme hausieren geht: Meine Damen und Herren, auch un ter dem Deckmantel von Corona gibt es für das Aufwärmen von Konzepten, die schon vor fünf, vor zehn oder vor 20 Jah ren aus guten Gründen nicht umgesetzt wurden, keinen sach lichen Grund; es gibt keinen Grund für die Einführung von Coronabonds.

(Beifall)