Protocol of the Session on May 6, 2020

Auch wenn es viele Dörfer gibt, die vielleicht nicht in der Ge schwindigkeit, die man haben muss, angeschlossen sind, darf man bei dieser Gelegenheit auch einmal darauf verweisen, dass es sehr, sehr viele Häuser gibt, die über die Breitband ausstattung verfügen, die für Homeschooling reicht.

Die Coronazeit hat auch bewiesen, dass die Digitalisierung funktioniert, wenn man sie braucht und wenn man den Fokus darauf richtet. Damit meine ich jetzt nicht nur die Politik, son dern auch Lehrerinnen und Lehrer sowie Rektorinnen und Rektoren. Auch im Elternhaus ist jetzt klar, dass ein Handy allein wahrscheinlich gar nicht ausreicht. Ergo ist nun endgül tig bewiesen: Digitalisierung beginnt vielleicht doch nicht am Kabel, sondern wahrscheinlich im Kopf.

Mehr denn je wird deutlich, dass es zwingend notwendig ist, strategische Investitionen in die Digitalisierung der Bildung zu tätigen. Aber welche Digitalisierung wollen wir denn? Stel len wir uns jetzt dauerhaft auf Homeschooling ein, stellen wir uns dauerhaft darauf ein, dass die Kinder zu Hause sind und nicht mehr in die Schule gehen? Oder müssen wir an unserem Weg festhalten, der heißt: Digitalisierung nicht als Ersatz, son dern als Add-on auf die Bildung in der Schule?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Ich möchte ausdrücklich dafür werben, dass wir Digitalisie rung in diesen Coronazeiten nicht umdeuten, als ob der Com puter alles leisten könnte. Denn auch der VBE, der Verband Bildung und Erziehung, hat geschrieben:

Qualität und Umfang des Präsenzunterrichts an der Schu le erreichen wir im Fernunterricht mitnichten.

Weil Bildung und Erziehung eben auch das Ergebnis einer Bildungs- und Erziehungsgemeinschaft sind, möchte ich den Menschen aus dieser Geschichte nicht ganz draußen haben. Früher hat man gesagt: „Wer es nicht im rechten Oberarm hat, der hat es vielleicht im linken.“ Heute gilt: „Wer es nicht im Kopf hat, hat es wahrscheinlich nirgends.“

Natürlich sind es die haptischen Voraussetzungen im Bil dungserfolg, die an den Geldbeutel gekoppelt sind. Das sehen wir leider. Aber sie sind nicht unbedingt systemimmanent. Denn hinter der Frage, ob ein Kind in der Bildung auch z. B. in dieser Zeit erfolgreich ist, steht die Frage: Welche Stellung hat Bildung in der Familie, welche Stellung hat Bildung in un serer Gesellschaft, also auch im Umfeld, und wie ist das rich tige Verhältnis zwischen dem, was der Staat leisten kann, und dem, was der Einzelne in dieser Zeit leisten muss?

(Beifall)

Frau Abg. Wölfle würde ihre Zwischenfrage gern jetzt stellen. Lassen Sie sie zu?

(Zurufe von der SPD)

Denn auch das ist eine Lehre aus Coronazeiten: Der Unter richt wurde aus den Klassen in die heimischen Wohn- oder Kinderzimmer verlagert. Damit das klappt, braucht man aber nicht nur digitale Infrastruktur. Man braucht die Eigendiszip lin der Schüler, die wiederum das Ergebnis einer klaren Struk

tur ist, die wiederum hohe Aufmerksamkeit erfordert und die das Ergebnis einer positiven Lernbeziehung ist. Merken Sie etwas? So funktioniert auch eine gute Schule.

Deswegen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, bei al lem Verständnis für Prüfungsstress in Coronazeiten, unkon ventionelle Lösungen, Unterschiede in der Lehrerschaft, was die Versorgung mit Materialien angeht: Wir müssen aufpas sen, dass wir nicht jedem und jeder in diesem System eine Ausrede liefern, warum dies oder das jetzt gerade nicht klap pen kann, warum der eine sich weiterhin der Digitalisierung seiner Schule verweigern kann,

(Zuruf)

warum der andere Moodle nicht nutzen will, warum die eine keine Prüfung schreiben will und warum der andere seine Hausaufgaben nicht rechtzeitig macht. Bei allem Verständnis: Auch wenn das Leben nicht den gewohnten Gang geht, heißt das nicht, dass Bildung stehen bleibt.

Corona erinnert mich deshalb manchmal an einen Betriebs rundgang bei einem Mittelständler bei mir um die Ecke. Über dem Schreibtisch des Lageristen hing ein verstaubtes Schild. Auf diesem Schild stand: Sorry, aber wir sind hier nicht bei „Wünsch dir was“, sondern bei „So ist es“.

Danke schön.

(Beifall – Das Redepult wird desinfiziert.)

Nun hat Herr Abg. Dr. Balzer für die AfD das Wort.

Wünsch dir was! Ein trocke nes Redepult. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! Die Landesregie rung handelte spät, zu spät. Und wer zu spät kommt, den be straft das Leben. Das hat einmal Gorbatschow zu Honecker gesagt, als dieser Ewiggestrige des Kommunismus 1989 die Zeichen der Zeit nicht zu deuten wusste.

Und genau darum geht es leider auch in der Coronakrise. Die Regierungen – und zwar sowohl die Bundes- als auch die Lan desregierung – haben zu spät reagiert. Sie haben keine Vor sorge getroffen, und sie haben nun, um diese Versäumnisse wieder wettzumachen, mit ihren Maßnahmen überreagiert.

Nach neueren Veröffentlichungen soll Gorbatschow den Satz, den ich eingangs zitierte, gar nicht so gesagt haben. Er soll gesagt haben: „Ich glaube, Gefahren lauern auf diejenigen, die nicht auf das Leben reagieren.“ Das passt dann noch bes ser. Die Gefahren lauern gerade durch die Covid-19-Krank heit auf diejenigen, die nicht oder nicht schnell genug reagie ren.

Deutschland war durch die Entwicklungen in China und spä ter auch in Italien gewarnt. Trotzdem wurde so spät reagiert. Warum? Warum hat man für Reisende aus China, aus Italien, aus Österreich nicht rechtzeitig die Grenzen geschlossen? Wa rum – diese Frage richtet sich an Frau Dr. Eisenmann – wur de zugelassen, dass die Heimkehrer aus den Skigebieten ihre Kinder wieder zur Schule schickten?

(Vereinzelt Beifall)

Sie hätten zwei Wochen früher in Quarantäne zu Hause ver bringen müssen. Man hätte früher an die Eltern appellieren müssen. Die Eltern oder wenigstens die Kinder hätten sich, wenn sie Kontakt zu den Italien-Reisenden hatten, in Quaran täne begeben müssen. Das alles wurde nicht gemacht. Statt dessen wurde am 16. März die vollständige Schulschließung beschlossen – zwei Wochen zu spät.

Dasselbe gilt für die Tests. Um Infizierte zu erkennen, hätte man früher und umfangreicher testen müssen – besonders auch die Kinder. Das kann ja eigentlich nicht sein. Denn bei Kindern und Jugendlichen ist der Krankheitsverlauf in aller Regel weniger gravierend als bei Erwachsenen. Aber durch ihre vielfältigen Kontakte verbreiten sie das Virus natürlich besonders schnell weiter. Kinder müssen also auch getestet werden.

(Zuruf: Das Wissen haben Sie aber ganz schön für sich behalten in den letzten Monaten!)

Nein, ich habe es in mehreren Vorträgen vorgetragen.

(Zuruf: Echt?)

Es ist aber auch eine große psychische Belastung für die Fa milien, wenn sie nicht wissen, ob das eigene Kind infiziert ist. Da ist den Familien in erster Linie Dank zu sagen. Sie haben in den letzten Wochen Großes geleistet. Sie haben die Kinder betreuung sichergestellt, und sie haben nach bestem Wissen und Können die Kinder auch bei der Erfüllung ihrer durch die Schule gestellten Aufgaben betreut.

Nun gilt es aber, dem Bedürfnis der Eltern nach Sicherheit Rechnung zu tragen und die Kinder und Jugendlichen auf In fektionen zu testen. Dann können diese sicher wieder in die Schule gehen, und zwar zügig. Und wir können, Sie können die Fälle, die doch noch auftreten – Infektionen nämlich –, besser nachverfolgen.

Durch die unterschiedlichen Meinungen gerade auch in der Ärzteschaft zu Mundschutzmasken gibt es große Unsicher heit. Zunächst kam die Mitteilung, sie würden nichts nützen, sie seien kontraproduktiv; Masken würden zu einer trügeri schen Sicherheit und damit zu Sorglosigkeit, was Hygiene- und Abstandsregelungen betreffe, verleiten. Inzwischen gibt es eine Pflicht, eine Mundschutzmaske zu tragen. Wie kann das eigentlich sein? Ganz einfach: Die Regierung – das gilt wieder für Bund und Land – hat die Vorsorge anscheinend ver nachlässigt. Es waren nicht genug Vorräte da, obwohl Atem schutzmasken außerhalb der Pandemiezeiten Pfennigartikel sind.

(Abg. Anton Baron AfD: Herr Maas hat sie dann schön verschenkt!)

Kommt noch. – Hat man vielleicht deshalb den Mundschutz zunächst als überflüssig deklariert, um Hamsterkäufen vorzu beugen? Erst waren sie nicht zu haben, und jetzt ist es Vor schrift, sie zu tragen. Eigentlich unglaublich.

Genauso wie die Bundes- und die Landesregierung bei den Schließungen der Schulen zu spät reagierten, sind sie nun bei der Wiederöffnung zu langsam, zu wenig kraftvoll in der Ent scheidung. Das eine ist allerdings die Kehrseite der Medaille des anderen.

Wir, die Alternative für Deutschland, haben in Zusammenar beit der bildungspolitischen Sprecher verschiedener Landtags fraktionen Vorschläge zur Wiederöffnung von Schulen und Bildungseinrichtungen erarbeitet.

(Zuruf: Brauchen wir nicht mehr!)

Meine Damen und Herren, natürlich ist Gesundheit das wich tigste Gut der Menschen und deshalb besonders zu schützen. Im Vordergrund muss der Schutz besonders gefährdeter Per sonen stehen.

Maßnahmen, die dem Gesundheitsschutz dienen und dabei naturgemäß die Freiheit der Bewegung einschränken, müssen, wie jedes Regierungshandeln, evaluiert und immer wieder auf ihre Wirksamkeit geprüft werden, im Besonderen nach mehr wöchiger Umsetzung von Maßnahmen.

Wir erleben derzeit, dass in Krankenhäusern Betten frei blei ben für Coronapatienten und dass die Belegschaft, dass Ärz te und Krankenschwestern in Kurzarbeit gehen. Das ist ein Widerspruch in sich, zumal Routineoperationen zurückgestellt worden waren.

Tatsache nach sechs Wochen Erfahrung mit dem Coronavirus ist: Die Regierung hat zu spät gehandelt. Schutzmasken wur den zu Beginn der Krise noch ins Ausland verschenkt. Der Außenminister unseres Landes hat sich hier wieder einmal völlig falsch verhalten.

(Beifall)

Tatsache ist: Die große Krise mit Tausenden von Toten, die uns die Medien vorhergesagt haben, hat nicht stattgefunden

(Zurufe, u. a.: Ja, zum Glück!)

und wird wohl auch – zum Glück – nicht stattfinden.

(Zurufe – Unruhe)

Das sage ich doch gerade: Sie wird zum Glück wohl nicht stattfinden.

(Zurufe)

Tatsache ist aber auch: Die Medien haben sich komplett zum Handlanger, zum Erklärer des Regierungshandelns machen lassen.