Uns in der grünen Landtagsfraktion geht es um das ganze Land, nicht um eine Lobby, die am lautesten schreit. Mit dem Stufenplan bietet die Landesregierung – Herr Ministerpräsi dent – eine Perspektive auf der Basis konkreter wissenschaft licher Kriterien. Herr Dr. Rülke, die Wissenschaft überprüft sich nämlich regelmäßig.
Die Wissenschaft wird durch regelmäßige Überprüfung, durch Diskurs, besser. Deswegen bin ich sehr froh, dass in Deutsch land im Bund Angela Merkel und in Baden-Württemberg Win
fried Kretschmann regieren – und eben nicht Christian Lind ner oder Hans-Ulrich Rülke. Das sage ich Ihnen hier ganz of fen.
Die Ampelsystematik ist in unseren Augen ein entscheiden der Schritt auf einem planvollen Weg zur Normalität. Dieser Stufenplan, diese Ampelsystematik schafft eine realistische und zeitlich abschätzbare Perspektive für alle Lebensbereiche. Wir können damit genau das, was wir heute Morgen unter Ta gesordnungspunkt 2 diskutiert haben – der Gastronomie und den anderen Branchen eine Perspektive geben –, einlösen, weil diese Ampelsystematik transparent, übersichtlich und für alle nachvollziehbar ist.
In der Praxis müssen die Stufen der schrittweisen Öffnung an der Entwicklung der Infektionszahlen und der Wirkung der ergriffenen Hygienekonzepte ausgerichtet werden. Dort, wo Lockerungen noch nicht möglich sind – Herr Ministerpräsi dent, Sie haben von roten Bereichen gesprochen –, bin ich klar dafür, dass wir, das Land, die Betroffenen unterstützen. Das haben wir heute Morgen deutlich gemacht.
Ich sage es an dieser Stelle noch einmal: Wir werden da nie manden im Stich lassen. Die Gastronomie lassen wir nicht im Stich, die Busunternehmen lassen wir nicht im Stich, und den Tourismus lassen wir nicht im Stich. Gerade diejenigen, die dem roten Bereich zugeordnet sind, werden in den nächsten Tagen und Wochen sehr stark unsere Unterstützung brauchen. Die bekommen sie von uns, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich möchte noch einmal einige Ihrer Punkte aufgreifen. Ich finde, wir, der Landtag, sollten geschlossen das Signal aus senden, dass Abstandhalten wichtig ist. Das hat nämlich nicht jeder hier verstanden. Selbst, wenn Sie es nicht verstehen und hier bewusst provozieren wollen, gibt das ein ganz schlech tes Bild gegenüber der Öffentlichkeit. Das ist das Signal Num mer 1, das wir aussenden sollten.
Wenn Sie wollen, dass wir wieder zur Normalität übergehen können, wenn Sie wollen, dass die Maßnahmen beendet wer den, dann müssen Sie Abstand halten. Dann ist jeder von uns gefordert.
Als Abgeordnete haben Sie eine Vorbildfunktion, und dieser sollten Sie hier auch gerecht werden, meine Damen und Her ren von der AfD.
Wir begrüßen es, Herr Ministerpräsident, dass Sie Lockerun gen für Familien besprochen haben. Wir finden, es ist wich tig, dass eine Familie mit einer anderen Familie nach draußen gehen kann. Herr Minister Wolf und auch der Kollege Pix ha ben dargelegt, dass das Land Baden-Württemberg, was Tou rismusdestinationen angeht, sehr viel zu bieten hat. Daher tei len wir diesen Ansatz, dass auch zwei Familien gemeinsam nach draußen gehen können. Wir finden das richtig.
Auch dass jede Schülerin und jeder Schüler noch vor den Sommerferien in die Schule geht, halten wir für das richtige Vorgehen, und dass Sie, Frau Ministerin, Lerngruppen für schwächere Schüler, die jetzt mit dem Homeschooling an Grenzen gekommen sind, anbieten, finden wir ebenfalls rich tig. Bitte gehen Sie diesen Weg weiter. Er nützt den Menschen in unserem Land, er nützt unserer Bevölkerung.
Der Kollege Schweickert hat mich gefragt, wie wir zur Gas tronomie stehen. Sie haben die Antwort bekommen: Diese Ampelsystematik ermöglicht es uns, vor den Pfingstferien die Außengastronomie und die Speisegastronomie zu öffnen. Da wird es vielleicht die eine oder andere Änderung geben; man wird möglicherweise mehr Abstand halten. Ich bin sehr dafür, Herr Schweickert, dass wir die Gastronomen dann gezielt un terstützen. Wenn sie entsprechende Investitionen tätigen müs sen und dafür Unterstützung brauchen, haben sie unsere vol le Unterstützung. Wir lassen sie bei dieser Krise nicht im Stich; das kann ich ganz klar sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich nehme wahr: Es ist ein atmendes System. Wenn die Infek tionszahlen weiter niedrig bleiben, wenn die Infektionszahlen weiter sinken, dann können weitere Bereiche auf „Grün“ ge schaltet werden. Wenn die Zahlen wieder steigen sollten, ha ben wir Anhaltspunkte dafür, in welchen Bereichen gegebe nenfalls wieder Beschränkungen vorgenommen werden müs sen. Dieses atmende System wird uns in den nächsten Wochen begleiten.
Insgesamt erhöht diese Ampelsystematik die Planbarkeit. Das ist vernünftig, das ist verlässlich, das ist verantwortungsvoll. Wir gehen diesen Weg mit, meine Damen und Herren.
Verehrte Frau Präsiden tin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bereits heute Morgen vielfach darüber debattiert, dass die CoronaInfektionskurve inzwischen guten Grund zur Hoffnung gibt. Was uns der Ministerpräsident eben aus der Ministerpräsiden tenkonferenz mit der Kanzlerin geschildert hat, unterstreicht das. Dafür sind wir zunächst einmal dankbar; denn das ist ei ne Entwicklung, die wir alle uns gewünscht haben. Es wäre viel schlimmer, würden wir heute in die andere Richtung de battieren müssen. Die Reproduktionszahl ist konstant weit un ter dem Wert 1. Damit haben wir eine stabile Lage. Gott sei Dank ist auch eine zweite Welle nicht in Sicht.
Ich habe heute Morgen schon einmal gesagt: Auch ein Anti körpertest wird jetzt in naher Zukunft vorhanden sein. Des halb ist es gut und richtig, dass wir jetzt weitere Schritte der Öffnung gehen.
Es ist natürlich auch gut und richtig, Herr Ministerpräsident, dass Sie jetzt hier im Parlament über das Gespräch der Län derchefs mit der Kanzlerin berichten und nicht im Staatsmi nisterium vor der Presse. Dies hat sich heute, denke ich, op timal ergeben, da wir heute tagen. Es gehört auch zum Selbst verständnis des Parlaments, dass wir nicht nur das mittragen, was die Regierung bekannt gibt, sondern dass wir Seit’ an Seit’ unterwegs sind; denn es sind besondere Zeiten, außergewöhn liche Zeiten, Zeiten, die uns allen derzeit Tag und Nacht viel abfordern – jedem Regierungsmitglied, aber auch den Abge ordneten. Denn im Grunde genommen sind wir alle seit acht Wochen in einem Ausnahmezustand.
Wir alle erhoffen uns Normalisierung und auch Normalität. Dazu gehört – ich denke, wir sind an diesem Punkt angekom men –, dass wir jetzt im üblichen Verfahren, auch mit Kabi nettsvorlagen, das legitimieren, was uns die Regierung vor gibt und vorschlägt. Bund und Länder – so, wie Sie uns das jetzt dargestellt haben – nutzen damit die Freiräume, die das Infektionsgeschehen zulässt. Sie folgen damit aber auch – wir haben das hier auch oft besprochen, auch angemahnt – den verfassungsrechtlichen Notwendigkeiten. Ich will es noch ein mal wiederholen: Nicht die Öffnung ist begründungspflichtig, sondern die Beschränkung. Das besagt unsere Verfassung, das ist unser Verständnis.
Ich finde, es ist zu Recht dargelegt worden: Dort, wo der In fektionsschutz sicher ist, muss auch eine Öffnung möglich sein. Das ist unsere Leitlinie, und so müssen wir jetzt auch die von Ihnen vorgetragenen Ergebnisse der Ministerpräsidenten konferenz umsetzen. Wir erwarten, dass diese Umsetzung zeit nah, transparent und natürlich auch in Zukunft unter Einbin dung des Parlaments geschieht und auch geschehen kann. Ich glaube, das ist jetzt auch zeitlich machbar – auch regional.
Es wurde dargestellt: Wenn sich mehr als 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner in einer Woche ergeben, muss man vor Ort, regional, an diesem Hotspot wieder den Schritt zu rückgehen. Ich finde, das ist ein kluger Weg.
Ich habe gesehen, dass diese Beschlüsse in vielen Teilen jetzt den Ländern Hoheiten übertragen. Sie haben dargelegt: Die Länder werden in eigener Verantwortung vor diesem Hinter grund einen ganzen Katalog selbst entscheiden und bestim men: Theater, Oper, Konzerthaus, Kinos, Hochschulen, Kin derbetreuung, Volkshochschule, Musikschulen, Bars, Klubs, Diskotheken, Messen, Fahrschulen, Massagepraxen, Sportbe trieb, Fitnessstudios, Sport- und Freizeiteinrichtungen, klei nere öffentliche und private Veranstaltungen etc.
Warum zitiere ich das? Ich finde, auch wenn ich mich wieder hole – – Ich empfehle jedem auch die Lektüre des heutigen Kommentars in der FAZ von Jasper von Altenbockum. Ich zi tiere:
Die Beschwerden über den „Flickenteppich“ werden wie der zunehmen. Aber sie waren selten so unbegründet wie jetzt. Die Länder nutzen bei der Coronabekämpfung zu Recht den Vorteil des Föderalismus, je nach Lage und Re gion den besten Weg aus der Krise zu finden.
Wo, wenn nicht hier, und wann, wenn nicht jetzt, sind wir ge fordert – und wer, wenn nicht wir? –, regional, vor Ort, direkt, unmittelbar genau mit den Vorschlägen der Regierung pass genaue Lösungen zu finden? Ich habe in den letzten Wochen und Monaten auch, wie ich finde, manche überhebliche Stim me aus der Partymeile Berlins vernommen, zu der ich schon sagen will: Es ist nicht Zentralismus angesagt, vielmehr kön nen regionale Lösungen zielgerechter und passgenauer ange gangen werden.
Danke, Herr Professor Reinhart, für das Zulassen der Zwischenfrage. – Ich bin Ihrer Meinung: Es ist der Moment, Subsidiarität umzusetzen. Aber die Frage zielt jetzt auf die Tourismusindustrie. Der Minister für Tourismus hat gestern im Fernsehen klar gesagt, dass es ihm eigentlich zu langsam gehe. Wie ist die Position der CDU-Landtagsfrak tion zur Öffnung der Tourismusbranche?
Herr Kollege Klos, ich kann Ihnen versichern: Zwischen die CDU-Fraktion und den Tourismusminister, auch die Wirtschaftsministerin, die Kul tusministerin, den Innenminister und den Landwirtschaftsmi nister passt kein Blatt. Wir haben sozusagen eine gemeinsa me Position.
Ich kann Ihnen aber versichern: Ich bin überzeugt davon – das war auch in den Stellungnahmen des Kollegen heute zu hö ren –: Es gibt eine wichtige Branche, zu der der Vorschlag ge kommen ist, dass dort eine wichtige Hilfe notwendig wird. Das haben sowohl die Minister, die ich gerade genannt habe, als auch die Finanzministerin heute Morgen zu Recht unter strichen. Wir brauchen ein Programm für diese Branche, weil sie mit über 80 % natürlich besonders hart betroffen ist und es daher rasch gehen muss. Es ist gut, dass das Programm im Mai kommen wird – auch nach diesem Ampelsystem –, dass spätestens am 18. Mai eine Öffnung der Außenbereiche und am 25. Mai, also noch vor Pfingsten, auch eine Öffnung der Innenbereiche der Gastronomie möglich werden. Uns liegt das am Herzen. Es gibt den klaren Vorschlag: 3 000 € plus 2 000 € für jeden Mitarbeiter. Das ist ein konstruktiver, klarer Vorschlag. Wir wollen dieser Branche, aber auch dem ganzen Mittelstand in Baden-Württemberg helfen. Wir wollen sagen: Baden-Württemberg is not for sale. Wir wollen unsere Wirt schaft retten. Das ist unser Anliegen. Wir wollen auch Insol venzen vermeiden.
Deshalb kommen wir jetzt auch in der Umsteuerung vom Lockdown, vom Verbot wieder zur Ermöglichung und damit auch zu mehr Eigenverantwortung. Wir wahren die Vorsicht; das hat der Ministerpräsident angesprochen. Aber wir schaf fen jetzt auch Perspektiven. Das ist wichtig. Wir müssen jetzt den Menschen auch Hoffnung machen. Ich glaube, das ist zu Recht unterstrichen worden.