Es geht jetzt darum, im demokratischen Streit den besten Weg herauszuarbeiten. Dazu gehört, dass alle Seiten lernbereit sind. Die Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage des Infekti onsschutzgesetzes erlassen wurden, wurden in der Abstim mung der Haltung der Länder aufgrund neuer wissenschaftli cher Erkenntnisse und auch, weil Anregungen der Fraktionen des demokratischen Verfassungsbogens eingeflossen sind, mehrfach überarbeitet, aktualisiert und angepasst. Die Krise meistern wir, wenn wir zusammenhalten und uns als lernfä hig erweisen. Das muss von allen Seiten die Tonlage sein – konstruktiv und offen.
Wir alle sehnen uns nach dem Tag, an dem wir die heutigen Einschränkungen aufheben können. Doch da sind wir aktuell noch nicht. Bis es so weit ist, werden wir lernen müssen, wei tere Infektionen zu vermeiden und mit dem Virus zu leben. Dabei müssen wir die Situation täglich beobachten und die Maßnahmen gegebenenfalls anpassen.
In einigen Bereichen klappt das mit den Einschränkungen schon ganz gut, insbesondere da, wo es möglich ist, kontakt los zu arbeiten, digital zu kommunizieren. Beim Einkaufen und im Nahverkehr gelten neue Hygieneregeln. Ich begrüße die Maskenpflicht ausdrücklich. Die Alltagsmaske hilft, In fektionen zu vermeiden, wo Begegnungen unvermeidlich sind. Die Maskenpflicht ist ein wichtiger Baustein, um die Fallzah len gering zu halten.
Anderswo sind wir alle gefragt, an neuen Lösungen mitzuar beiten. Das betrifft etwa das Thema Digitalisierung. Es muss jetzt zügig ein Weg gefunden werden, die öffentliche Verwal tung, die Schulen und die Hochschulen auf eine digitale Ba sis zu stellen – auch da, wo das bislang nicht der Fall ist.
Die Krise kann hier geradezu als Modernisierungsturbo wir ken. Bereits nach der Schulschließung wurden die Kapazitä ten für die digitale Lernumgebung Moodle ausgeweitet. Vom Bund gibt es jetzt Zuschüsse für die digitale Ausstattung der ärmsten Familien.
Das alles sind wichtige Schritte; es reicht aber nicht. Wir müs sen damit rechnen, dass zumindest ein Teil der Schülerinnen und Schüler noch über einen längeren Zeitraum digital be schult werden müssen. Deswegen muss jetzt die Umsetzung des Digitalpakts beschleunigt werden. Die Schulen, die sich noch nicht auf den Weg gemacht haben, Lernen auf Distanz
umzusetzen, brauchen jetzt eine klare Ansage. Nachdem lan ge das Augenmerk darauf lag, Prüfungen zu ermöglichen, muss es jetzt darum gehen, alle Kinder mitzunehmen, ohne durch eine zu schnelle Öffnung der Schulen Risiken einzuge hen. Es ist eine große und dringende Aufgabe, hier alle Kin der mitzunehmen. Da sehen wir Handlungsbedarf.
Ebenso ist die Digitalisierung der Verwaltung seit Jahren ein wichtiges Thema, etwa im Rahmen unserer Digitalisierungs strategie. Jetzt ist der Ernstfall da, und vieles funktioniert auch sehr gut. Aber es zeigt sich auch, wo es noch Verbesserungs bedarf gibt: beim digitalen und mobilen Arbeiten in der öf fentlichen Verwaltung, bei der Infrastruktur, bei digitalen An geboten im Hinblick auf Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger. Hier sind dringend weitere Schritte notwendig.
Zudem zeigt sich, dass bisher eine Rechtsgrundlage für digi tale Sitzungen der Gemeinderäte und Kreistage fehlt. Deswe gen bin ich sehr froh, dass wir Grünen gemeinsam mit der CDU nun einen Gesetzentwurf vorlegen können, um digitale Sitzungen der Gremien zu ermöglichen. Das war längst über fällig. Ich finde, gerade in der jetzigen Zeit müssen die Gre mien in den Gemeinderäten und Kreistagen digital tagen kön nen. Deswegen ist unser Gesetzentwurf eine richtige Vorlage.
Uns, der grünen Landtagsfraktion, ist es wichtig, die Wirt schaft im Blick zu behalten. Deswegen kümmern wir uns um die Unternehmen und Selbstständigen, die aufgrund der not wendigen Maßnahmen derzeit nicht wie gewohnt agieren kön nen: Künstler, Kreativwirtschaft, das gesamte Veranstaltungs wesen, Gastronomie, Hotellerie, die gesamte Tourismusbran che, Busunternehmen, öffentlicher Nahverkehr und viele wei tere mehr.
Um ein Beispiel herauszugreifen: Busunternehmen sind in großen Teilen unseres Landes das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs, insbesondere beim Schülerverkehr. Das zweite Standbein sind oft touristische Fahrten. Beides entfällt oder ist auf ein Minimum zurückgeschraubt. Das kann nicht nach geholt werden. Deswegen ist hier jetzt Hilfe notwendig, und ich bin froh, dass Sie, Frau Finanzministerin, und Sie, Herr Verkehrsminister, sich dieses Themas angenommen haben und an entsprechenden Konzepten arbeiten. Das Ziel muss sein, dass der Nahverkehr weiterhin fahren kann. Denn wir werden auch nach der Krise einen funktionierenden Nahverkehr in Baden-Württemberg benötigen.
Wie ich anfangs gesagt habe: Wenn wir gemeinsam beherzt anpacken, wenn wir uns dabei von Wissenschaft und Vernunft leiten lassen, dann bin ich zuversichtlich, dass Baden-Würt temberg diese Krise gut meistern wird.
Meine Damen und Herren, es wird eine Zeit nach Corona ge ben. Einiges wird dann anders sein als vor einem Jahr. Ich möchte hier auf drei Aspekte eingehen.
Wir erfahren, wie wichtig der Katastrophenschutz ist und was notwendig ist, damit eine Gesellschaft resilient, also wider standsfähig, bleibt. Hier verändern sich Prioritäten und Schwer punktsetzungen.
Dazu gehört das Thema „Re-Regionalisierung der medizini schen Produktion“, aber auch das Thema „Anerkennung und Bezahlung des Personals in den Krankenhäusern und Pflege einrichtungen“. Darüber werden wir nach der Krise reden müssen.
Schon jetzt zeichnet sich – zum Zweiten – ab, dass die Coro nakrise einen tiefen wirtschaftlichen Einschnitt bedeutet. Das wird auch Auswirkungen auf unseren Landeshaushalt haben. Unser vorsichtiger Kurs erweist sich hier als richtig. Frau Fi nanzministerin, dass wir gemeinsam in der Koalition für eine hohe Haushaltsrücklage gesorgt haben, war ein richtiges Vor gehen. Dennoch werden wir hier im Landtag über einen Nach tragshaushalt reden müssen. Wir müssen darüber sprechen, wo Vorhaben verschoben oder verkleinert werden, aber auch darüber, in welchen Bereichen wir bewusst mehr investieren müssen.
Drittens ist es mir heute schon wichtig, zu überlegen, wie der Weg aus einer konjunkturellen Krise aussehen kann. Ein sol ches Konjunktur- und Investitionsprogramm ist notwendig, damit unsere Wirtschaft schnell wieder auf die Beine kommt. Ich halte aber nichts davon, mit der Gießkanne umherzuge hen; wir sollten vielmehr gezielt vorgehen. Ein Konjunktur- und Investitionsprogramm muss dazu genutzt werden, beson ders betroffene Branchen wie die Kreativwirtschaft, die Gas tronomie oder den Tourismus gezielt zu unterstützen, das um zusetzen, was wir beispielsweise im Hinblick auf die Bedeu tung des Gesundheitswesens und der Sozialwirtschaft aus der Krise gelernt haben, Anstöße für Innovation, Digitalisierung, Forschung und Entwicklung sowie klimafreundliche Techno logien zu geben.
Letztendlich muss es das Ziel eines solchen Programms sein, Arbeitsplätze bei den kleinen und mittleren Unternehmen im Land zu erhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mern ein Gefühl von Sicherheit für ihren Job zu geben. Dar an arbeiten wir.
Lassen Sie uns eines nicht vergessen: Die Coronakrise über deckt unser politisches Handeln. Aber wir haben es mit einer Gleichzeitigkeit verschiedener Krisen zu tun. Mit dem Virus lässt sich nicht verhandeln. Allerdings machen momentan we der das Artensterben noch die Klimakrise eine Pause, nur weil wir gerade anderweitig beschäftigt sind. Kurzzeitige Rück gänge der Treibhausgasemissionen dürfen darüber nicht hin wegtäuschen.
Wir erleben erneut ein Dürrejahr mit großen Sorgen für den ländlichen Raum, die Land- und Forstwirtschaft. Die Ver schiebung der Jahreszeiten wird immer deutlicher spürbar. Selbst aus der Wirtschaft kommt das deutliche Signal: Die Co ronakrise darf jetzt nicht dazu genutzt werden, die Klimakri se links liegen zu lassen. Diesem Appell der deutschen Wirt schaft kann ich mich nur anschließen. Die Klimakrise ist ge
Zugleich zeigen wir in der Coronakrise, dass wir als Staat, als Gemeinwesen, als Bürgergesellschaft schnell handlungsfähig sein können, wenn es darauf ankommt. Das ist etwas Positi ves, was wir aus dieser Krise gelernt haben.
Ein kluges Konjunktur- und Investitionsprogramm ist deswe gen ein Programm, das die ökologische Transformation der Wirtschaft und der Gesellschaft ermöglicht und beschleunigt. Daran sollten wir auch gemeinsam arbeiten.
Baden-Württemberg ist ein starkes Land. Die Demokratie hat sich als handlungsfähig erwiesen. Die Landesregierung stellt, Herr Ministerpräsident, zu Recht den Infektionsschutz in den Mittelpunkt und bleibt auf der Seite der Wissenschaft. Die Landesregierung hat die Folgen der notwendigen Maßnahmen für Kinder und Familien, für die Wirtschaft, für uns alle im Blick. Sie überprüft regelmäßig, was notwendig ist, ohne vor schnell Lockerungsrufen nachzugeben.
Deswegen bin ich zuversichtlich: Besonnen, entschlossen und beherzt wird es uns gelingen, diese Krise gemeinsam zu be wältigen.
Frau Präsidentin, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! Unser Land hat die Heraus forderungen durch die Coronakrise in der Tat entschlossen und, wie ich finde, auch mutig angenommen. Wir halten stand, und wir halten auch zusammen. So bestehen wir aktuell eine sicherlich einmalige und auch beispiellose Prüfung.
Wir wollen die nächsten Schritte auf diesem nicht einfachen, ja sogar schwierigen Weg miteinander gehen. Es ist uns be wusst: Die Einschnitte in unseren Alltag kennen keinen Ver gleich zu etwas, was es zu unseren Lebzeiten schon gegeben hat. Die Pandemie wirkt auf uns alle. Sie verlangt uns allen auch viel ab. Corona hat unseren Alltag gekapert und hat Selbstverständlichkeiten aufgehoben.
Viele Menschen in unserem Land haben große und auch exis tenzielle Sorgen. Sie fürchten um ihren Arbeitsplatz. Sie er tragen schmerzhafte Einkommensverluste. Sie kämpfen um ihr Unternehmen und um ihr wirtschaftliches Überleben.
Diese Pandemie wird noch lange dauern. Das haben wir von allen Experten – auch im Kabinettsabend am Montag –, von den Virologen, den Wissenschaftlern vernommen. Denn es wird wohl auch noch ein Jahr dauern, bis vielleicht – viel leicht! – ein Impfstoff für ein größeres Publikum zur Verfü gung steht.
Deshalb müssen wir jetzt jeden Tag ganz praktische Proble me – das wurde zu Recht angesprochen – wie etwa die Orga
nisation von Homeoffice und der Kinderbetreuung lösen. Vie le kommen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten.
Viele sorgen sich auch weiterhin um ihre Gesundheit. Sie ha ben Angst vor Ansteckung, vor allem dann, wenn sie zu einer Risikogruppe gehören. Deswegen fand ich die gestrigen Äu ßerungen des früheren Kollegen Palmer bei aller Wertschät zung nicht angemessen.
Ganz besonders denken wir auch an alle Familienmitglieder und Freunde, die wir wegen des Virus verloren haben oder die jetzt in diesem Moment um ihr Leben kämpfen, und an dieje nigen, die um Menschen, die ihnen nahestehen, bangen müs sen. Auch ihnen gilt in dieser Stunde unser Mitgefühl und un sere Anteilnahme.
Heute steht schon fest – das erleben wir jetzt –, dass dies ei ne tiefe Zäsur in unserem Land, in unserer Gesellschaft, viel leicht sogar für die Menschheit insgesamt ist. Für das Manage ment dieser Krise gibt es tatsächlich kein Lehrbuch. Es gibt kein Muster, es gibt auch keinen Masterplan. Niemand wacht in diesen Tagen morgens auf und weiß, wie es geht. Wir alle sind deshalb – das hat der Ministerpräsident zu Recht ange sprochen – Lernende.
Dennoch bin ich überzeugt: Die Entscheidungen zur Krisen bekämpfung im Land und im Bund waren wichtig und rich tig. Sie haben die Infektionsdynamik gestoppt und die Schock wirkungen des Shutdowns an vielen Stellen gedämpft und ge lindert. Wir sind immer noch auf dünnem Eis. Das hat erst heute Morgen wieder ein Sachverständiger im „Morgenma gazin“ betont. Ich teile diese Meinung. Wir haben die Zahlen gehört.
Deshalb unterstützen wir auch die Maßnahmen der Landes regierung in dieser Zeit in vollem Umfang. Durch große An strengungen und Opfer ist es bis heute gelungen, unser Ge sundheitswesen vor Überforderung zu schützen und damit auch viele Leben zu retten. Denn wir konnten – das wurde be tont – den Reproduktionsfaktor von rund 4 noch Mitte März auf zwischenzeitlich sogar 0,6 und jetzt nahe 1 drücken. Die Kurve hat sich abgeflacht. Das haben wir alle dringend ge hofft. Wir haben kostbare Zeit gewonnen. Das ist ein großer, ein wichtiger, auch ein lebenswichtiger Erfolg im Kampf ge gen die Pandemie.
Es wurde zu Recht beschrieben, was – auch von der Regie rung – geleistet wurde, um unser Gesundheitswesen zu rüs ten. Ich nenne nochmals die Aufstockung der Zahl der Inten sivbetten, die Ausweitung der Zahl der Beatmungsplätze, die Verstärkungen beim medizinischen Personal, die Erfolge bei der Beschaffung von Schutzausrüstung, wenngleich es beim Beschaffungsmanagement am Anfang etwas gehapert hat.
Wir begrüßen vor allem auch die erweiterte Teststrategie. Wir hatten gestern bei uns in der Fraktion den Sozialminister zu Gast. Kollege Teufel schaut mich gerade an. Er hat als Spre cher für Soziales in unserer Fraktion immer gesagt: Testen, testen, testen. Das ist uns wichtig, das war uns wichtig. Ich füge hinzu: Auch wenn wir über ein Jahr auf einen Impfstoff warten müssen, ist und wäre ganz wichtig – wir hoffen alle, dass es in wenigen Wochen den Antikörpertest gibt –, mit ei
nem Antikörpertest testen zu können. Denn dann können wir sowohl am Arbeitsplatz als auch generell in der Gesellschaft das Leben dort schneller und viel unproblematischer wieder bewältigen.