Protocol of the Session on March 4, 2020

(Abg. Dr. Wolfgang Gedeon [fraktionslos]: Wo steht das? – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: In der Geschäftsordnung!)

Und Sie sind nicht Fraktion.

Wo steht in der Geschäftsordnung,...

§ 78.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Es ist nicht Aufgabe der Präsidentin, Lesehilfe zu erteilen!)

... dass das Ple num nicht festlegen kann, was auf die Tagesordnung kommt? Zu jedem Zeitpunkt einer Plenarsitzung

(Abg. Reinhold Gall SPD: Nein! – Abg. Nicole Ra zavi CDU: Lesen Sie doch mal die Geschäftsordnung durch!)

kann ein Geschäftsordnungsantrag zur Tagesordnung gestellt werden – aber sicher.

Wenn Sie mir bitte zuhö ren wollen, lese ich Ihnen gern § 78 Absatz 4 der Geschäfts ordnung vor:

Der Landtag kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Antrag einer Fraktion oder auf Vorschlag der Präsiden tin... die Tagesordnung zu Sitzungsbeginn erweitern, die Reihenfolge der Tagesordnung ändern, Gegenstände ab setzen...

Insofern können Sie diesen Antrag hier so nicht stellen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Also! Jetzt machen wir weiter!)

Jetzt kommen wir zu Tagesordnungspunkt 3:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der AfD – Gesetz zur Aufhebung des Bildungszeitgesetzes BadenWürttemberg (Bildungszeitgesetzaufhebungsgesetz – BzG AufhG) – Drucksache 16/7045

Hierzu hat das Präsidium folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Zuerst hat Frau Abg. Wolle für die Fraktion der AfD das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Evaluierung des Bildungs zeitgesetzes hat ganz klar gezeigt, dass die Ziele von dessen Einführung klar verfehlt werden. Denn erstens nehmen nur 1 % der Anspruchsberechtigten überhaupt Bildungszeit in An spruch. Zweitens: Ca. 76 % von ihnen haben als höchsten Bil dungsabschluss Abitur oder gar ein Studium. Damit ist das Ziel des von Grün-Rot durchgesetzten Bildungszeitgesetzes, bildungsferne Schichten zu erreichen, wohl deutlich nicht er reicht.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Drittens: Ca. 75 % der Bildungszeit werden für betriebliche Bildung genutzt, doch die bieten die Unternehmen ohnehin an. Viertens: Politische Bildungsveranstaltungen werden teil weise zur Indoktrination benutzt und widersprechen damit dem Grundsatz in § 1 Absatz 4 des Bildungszeitgesetzes.

Das sind klare Fakten, meine Damen und Herren.

Darf ich Sie in unseren geliebten deutschen Wald entführen? Kennen Sie besondere Wuchsformen von Bäumen? Kennen Sie die Sprache der Bäume? Schließen Sie Ihre Augen, und nehmen Sie mit mir die Kraft des Waldes wahr. Riechen Sie diese feuchte, frische, harzige Luft? Hören Sie das Rauschen des Laubes im Wind? Haben Sie schon einmal Lindenlaub ge gessen?

(Abg. Anton Baron AfD: Grünes Parteiprogramm!)

Nun, Sie fragen sich jetzt sicherlich, was das alles mit dem Thema Bildungszeitgesetz zu tun hat. Das, was ich eben vor Ihr geistiges Auge projiziert habe, sind Inhalte der Seminare „Bäume an Orten der Kraft“ und „Mythos und Heilkraft der Bäume“. Die Teilnahme an diesen beiden Seminaren ist hoch offiziell als Bildungszeiturlaub anerkannt, meine Damen und Herren,

(Zurufe, u. a. Abg. Reinhold Gall SPD: Ogottogott! – Abg. Anton Baron AfD: Grünes Parteiprogramm! – Lachen der Abg. Dr. Christina Baum AfD – Große Unruhe)

und das sind keine Ausnahmen. So können begeisterte Pilz sucher das Seminar „Die wunderbare Welt der Pilze“ oder das Seminar „Frühlingskräuter mit allen Sinnen!“ buchen – auf Bildungszeitkosten! Schauen Sie nach. Wen es in die Wärme zieht, dem sei das Seminar „Teneriffa – Chancen und Heraus forderungen einer europäischen Ferieninsel“ empfohlen. Kul turbegeisterte können sich für das Seminar „Venedig – Welt erbe zwischen Tourismus, Ökonomie und Naturerhalt“ ent scheiden.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Super!)

Wenn Sie sich nun fragen, was diese Freizeit- und Urlaubsak tivitäten mit den Intentionen des Bildungszeitgesetzes zu tun haben, stehen Sie sicherlich nicht allein da. Die angeführten Beispiele zeigen mehr als deutlich, welche Blüten dieses von Anbeginn sinnlose Gesetz inzwischen getrieben hat.

(Beifall bei der AfD)

Die Arbeitgeber fragen sich, wieso sie gesetzlich gezwungen werden, Mitarbeiter bei vollem Gehaltsausgleich zum Pilze

suchen zu schicken, während sich die Arbeit im Betrieb sta pelt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Die Kollegen werden sich fragen, warum sie den Urlaub ih rer Kollegen mit Überstunden ermöglichen müssen.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE – Ge genruf des Abg. Anton Baron AfD: Pilzesuchen! Wahrscheinlich bestimmte Pilze, Herr Sckerl!)

Aber das Erkennen dieser Sinnlosigkeit und auch der Schäd lichkeit dieses Gesetzes ist ja nicht neu. Schon bei seiner Ein führung im Jahr 2015 hat die damalige Opposition vehement gegen das Gesetz Stellung bezogen, vor allem der damalige Oppositionsführer, die CDU.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Interessant!)

Im Bericht über die damalige Ausschussberatung ist nachzu lesen:

Ein Abgeordneter der Fraktion der CDU führte aus, die CDU lehne den Gesetzentwurf der Landesregierung kom plett ab.... Die Kosten, die aus dem Bildungszeitgesetz resultierten, stellten für die großen Unternehmen mit Si cherheit kein existenzgefährdendes Problem dar, wohl aber für die kleinen und mittelständischen Unternehmen.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Genau!)

Diese wahren Worte kommen heute von uns, von der AfD. Und sie gelten noch immer, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Sie gelten nur nicht für diejenigen, die sie damals ausgespro chen haben. Der damalige Oppositionsführer befindet sich in zwischen an der Koalitionsleine und tut artig, was sein grünes Herrchen ihm beigebracht hat.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Oje, wie einfäl tig kann man nur sein! – Gegenruf der Abg. Sabine Wölfle SPD: Da ist immer noch Luft nach oben!)

Das CDU-geführte Wirtschaftsministerium ließ nämlich im Oktober 2019 verkünden:

Auf der Basis der Evaluation... werden wir nun zeitnah innerhalb der Koalition ausloten, wie wir das Bildungs zeitgesetz im Detail noch verbessern können, um die po sitiven Effekte künftig weiter zu verstärken.

(Abg. Stefan Räpple AfD: Ist das Mikrofon kaputt?)

Wahrscheinlich sind damit die positiven Ortskräfte gemeint, welchen das Seminar „Bäume an Orten der Kraft“ nachgeht.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Geht es etwas lau ter?)

Meine Damen und Herren von der CDU, das, was Sie hier veranstalten, ist eine rückgratlose 180-Grad-Wende wider die eigene Überzeugung. Aus Gründen des reinen Machterhalts und auf Anweisung der Berliner

(Abg. Reinhold Gall SPD: Auf welche Anweisung?)

haben Sie sich mit dem politischen Gegner ins koalitionäre Ehebett gelegt und verraten dabei die Interessen Ihrer – ich muss schon so sagen – wahrscheinlich früheren Wähler.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Genau!)