Protocol of the Session on March 4, 2020

Erstens zur Akzeptanz: Wenn wir von der Digitalisierung der Verwaltung sprechen, sollten wir uns klarmachen, was wir da von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwal tung verlangen. Wenn man sich die Altersstruktur in den meis ten Behörden anschaut, stellt man fest, dass viele Mitarbeite rinnen und Mitarbeiter noch zu Zeiten von Kugelschreiber und Schreibmaschine begonnen haben. Sie haben die Einführung des PCs und der Kommunikation per E-Mail im Büro erlebt. Seit ein paar Jahren bekommen sie Laptops, mit denen sie auch von zu Hause aus arbeiten können, und am Ende ihrer beruflichen Laufbahn steht möglicherweise das völlig papier lose Büro, wie wir es etwa bei den Grundbuchämtern schon weitgehend erleben.

All diese Veränderungen müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neben dem alltäglichen Geschäft – neben dem all täglichen Geschäft! – bewältigen. Wir sollten anerkennen, dass das für die einzelnen Mitarbeiter ein riesiger Kraftakt ist. Dieser Kraftakt ist auch nicht von heute auf morgen umsetz bar.

Wenn wir möchten, dass die digitale Verwaltung wirklich funktioniert – das ist ein langer Prozess –, dann darf das nicht ausschließlich von oben verordnet werden. Es muss in der Mitarbeiterschaft akzeptiert und im besten Fall als Erleichte rung angesehen werden. Die Beschäftigten müssen einen Mehrwert in diesem Prozess erleben. Dann stehen sie – so glaube ich – hinter dieser Entwicklung.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU)

Dann ist für uns ganz wichtig: Wenn im Zuge der Digitalisie rung Arbeitsplätze wegfallen, dann sind umfassende Möglich keiten der Weiterbildung und Perspektiven für die Beschäf tigten gefragt.

Zweiter Punkt: Solidarität. Die Modernisierung und Digitali sierung der Verwaltung muss ein gemeinsames, solidarisches Ziel aller Ressorts sein. Wären sich in der Vergangenheit alle Ressorts darüber einig gewesen, dass die Neuordnung und Zentralisierung der IT dringend geboten ist, wären wir in die ser Frage möglicherweise schon weiter. Die BITBW hätte dann das zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personal, und die einzelnen Ressorts würden weniger Widerstand leis ten, wenn es darum geht, Kompetenzen der IT und das damit verbundene Personal abzugeben. Dann würden tatsächlich noch mehr Synergieeffekte geschaffen und kein Flickentep pich, bei dem am Ende doch jedes einzelne Ressort seine Son derlösung aufbaut, weil die einzelnen Fachverfahren zu viele Besonderheiten aufweisen, um sie von der BITBW betreuen zu lassen.

Wir stehen hinter der BITBW und tun nach unseren Möglich keiten alles dafür, dass sie personell und inhaltlich gestärkt wird.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU so wie der Abg. Sandra Boser GRÜNE)

Zum dritten Punkt, zur Konsequenz: Die Modernisierung und die Digitalisierung der Verwaltung müssen Chefsache sein. Sie dürfen sich nicht in Maßnahmen erschöpfen, die viel Öf fentlichkeitswirksamkeit erlangen, ohne viele Inhalte zu lie fern.

Da muss ich leider feststellen, dass großen Worten häufig kei ne Taten folgen. Wir haben zwar seit knapp zwei Jahren eine Digitalisierungsstrategie der Landesregierung – darin ist vie les enthalten –, aber wir vermissen dabei eigentlich, dass sich unser Ministerpräsident, der ja sonst in anderen Fällen gern einmal Zukunftsthemen aus den Ressorts an sich zieht – so z. B. im Bereich der Wirtschaftspolitik – und über die einzel nen Ressorts hinweg regiert, dieses Themas annimmt.

(Beifall des Abg. Daniel Karrais FDP/DVP)

Bei der Modernisierung unserer Verwaltung erleben wir das nicht. Da zieht sich unser Ministerpräsident offensichtlich noch auf die Position zurück, dass man ja Schreibmaschinen und Kugelschreiber hat. Das genügt aus seiner Sicht vielleicht noch.

Erwartungen wurden viele geweckt, aber es sind auch viele Enttäuschungen zu verzeichnen. Das gilt für einige einzelne Projekte, aber auch für die Infrastruktur. Lassen Sie mich ei nige Punkte erwähnen.

Was ist eigentlich aus den Digitallotsen geworden?

(Minister Thomas Strobl: Das läuft!)

Still ruht der See. Man hört eigentlich nichts. – Es läuft, und in welche Richtung es läuft,

(Minister Thomas Strobl: Gut!)

das werden Sie uns nachher sicherlich sagen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Gernot Gruber SPD)

Mit welcher Unterstützung die Digitallotsen vom Land rech nen können, darauf sind wir gespannt.

Im Rahmen der Gigabit-Allianz wurde versucht, zwischen al len Beteiligten eine Allianz herzustellen. Das ist nicht gelun gen. Es wurden Workshops veranstaltet. Was ist eigentlich aus dieser Gigabit-Allianz geworden? Aus unserer Sicht: Still ruht der See.

Genauso die Taskforce Mobilfunk: Sie wurde mit viel öffent lichem Brimborium angekündigt, in der Presse zelebriert, und ein halbes Jahr später durften wir aufgrund eines Antrags von uns erfahren, dass sich die Taskforce immer noch im Aufbau befindet und im Grunde noch nichts Konkretes passiert ist.

(Abg. Claus Paal CDU: Stimmt doch nicht!)

Viel Lärm um nichts.

Die Gigabit Region Stuttgart wurde im Beisein des Minister präsidenten und in Ihrem Beisein, Herr Innenminister, öffent lich gefeiert, obwohl sich dann nach entsprechendem Nach fragen ergeben hat, dass die Landesregierung in diesem Pro

jekt überhaupt keine Rolle spielt, sondern sich in die Zuschau errolle begibt. Aber in der Presse lässt sie sich natürlich ge waltig für diese Aktion, die aus den Kommunen kommt, fei ern.

Man könnte so noch weitermachen. Ich nenne etwa die Nut zung der Möglichkeiten des Personalausweises, der ja im Grunde eine elektronische Signatur im großen Stil darstellt. Da könnte man sich dranhängen und für das Land viele neue Verwaltungsleistungen digital erschließen. Aber da fehlt of fensichtlich der Mut.

Meine Damen und Herren, ich möchte ausdrücklich betonen: Die SPD unterstützt die Digitalisierung und den damit einher gehenden Prozess, von dem die Bürgerinnen und Bürger pro fitieren müssen und bei dem wir sehr stark die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung im Blick haben müssen. Ohne die wird es nicht zu schaffen sein.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abg. Stickelberger – –

Deshalb haben Sie unsere Unterstützung bei dieser großen Aufgabe – einer Aufgabe, die vielleicht zu groß ist für diese Regierungskoalition,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Eijeijei!)

die sich ja schon bei weniger bedeutenden Projekten heillos zerstreitet.

Unsere Unterstützung haben Sie im Interesse des Landes.

(Beifall bei der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist ja gut!)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dürr.

(Abg. Dr. Rainer Balzer AfD: Guter Mann!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie in diesem Jahr 2020 von einer Behörde Post bekommen, auf Papier gedruckt und mit einem Überweisungsträger, der diesem Brief eben falls beiliegt, wobei auf dem Schreiben handschriftlich der Verwendungszweck eingetragen wurde, der dann entspre chend auch auf diesem Überweisungsträger steht – –

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist doch schön, so was! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Altbacken!)

Ja, so etwas ist schön. Das sehe ich auch so. Aber dann wis sen Sie, wo Sie sind: Sie sind in Deutschland – oder, sagen wir mal so: Sie sind vielleicht auch in dem Land, das sich das Motto „digital@bw“ gegeben hat. Sie wissen dann eben, wo Sie daheim sind.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Mir hilft das! – Ge genruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wenn du einen Strafzettel kriegst?)

Warten Sie ab, Herr Rülke, zu Ihnen kommen wir auch noch.

(Vereinzelt Heiterkeit und Beifall – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Da habe ich aber traditio nell Angst!)

Die brauchen Sie nicht zu haben; ich beiße ja niemanden. – Wir reden heute in einer Aktuellen Debatte über die Frage: „Stempel, Faxgerät und Personal Computer – sieht so eine moderne Verwaltung als Rückgrat des smarten Ländles aus?“ Schöne Kombination, „smart“ und „Ländle“. Als ich diesen Titel gelesen habe, habe ich mich gefragt: Was wollen die mir damit sagen? Ist das jetzt eine zutreffende Beschreibung, ist es der Hinweis darauf, Baden-Württembergs Amtsstuben sei en verstaubte Museen? Oder was wollen Sie uns damit sagen?

Wie auch immer – dass ausgerechnet die Fraktion der FDP/ DVP heute vor dem Hintergrund von aktuellen Nachrichten mit mehreren höchst besorgniserregenden Vorgängen, sowohl in unserem Land als auch weltweit, dieses Thema aus dem Hut zaubert, finde ich irgendwie schon sehr bemerkenswert.

(Beifall bei der AfD)

Ein Beispiel: Heute steht im „Schwarzwälder Boten“:

Angesichts des

jetzt kommt das Wort –

Migrantenandrangs an der griechischen EU-Außengren ze droht die Spitze der Unionsfraktion