Protocol of the Session on December 13, 2019

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Fischer. Es ist die erste Rede des Kollegen Fischer, deshalb bitte ich Sie, von Zwischenfragen abzusehen und insgesamt etwas ruhig zu sein. Vielen Dank.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Da geben wir ei nen Vorschussapplaus! – Beifall bei Abgeordneten al ler Fraktionen)

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Kollegin nen und Kollegen! Wer so wie ich als Neuling auf diese Haus haltsberatungen schaut, ist erst einmal verwundert. 1,35 Mil liarden € Mehrausgaben hat die Finanzministerin den Kolle gen zugestanden, und im Finanzausschuss sind jetzt nochmals 1 Milliarde € dazugekommen. Dazu kommen knapp 300 Stel len zusätzlich zu den bereits im Haushaltsplan enthaltenen 2 852 neuen Stellen. Damit belasten die Personalausgaben weiterhin den Landeshaushalt überproportional – dies seit Jahrzehnten. Seit 2017, dem ersten eigenen Haushalt von Grün-Schwarz, sind über 11 000 Stellen dazugekommen. Auf unsere bereits im Finanzausschuss geäußerte Kritik kam von Regierungsseite die Antwort: Die steigenden Aufgaben bedin gen auch ein Anwachsen des Personals. Das ist in der Folge sicher sehr wichtig. Aber warum steigen denn die Aufgaben?

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Weil das Personal steigt!)

Sie steigen u. a. deshalb, weil die Regierungsparteien hinter jedes Problem am liebsten ein Landesprogramm mit mindes tens einem Landesbeamten stellen würden.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Rainer Sti ckelberger SPD)

Denn nur eine staatliche Lösung ist bei Ihnen eine gute Lö sung, und natürlich ist für Prestigeprojekte das Beste gerade gut genug. Ich meine z. B. den Nationalpark Nordschwarz wald, der nicht nur doppelt so viel kostet wie veranschlagt, sondern auch bei den Personalstellen deutlich über dem Plan liegt. Die Besucher allerdings liegen deutlich unter Plan. Wenn das so weitergeht, dann haben wir bald einen Betreuungs schlüssel, den wir uns auch beim Klassenteiler an unseren Schulen wünschen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der AfD – Zuruf von der FDP/DVP: Und in den Pflegeheimen! – Zuruf der Abg. Thekla Walker GRÜNE)

Auch beim Bau geben Sie reichlich Gas. Der Rechnungshof hat moniert, dass Großprojekte ohne verbindliche Kosten obergrenze ausgeschrieben und vergeben werden – natürlich mit der Folge, dass die Kosten steigen. Die starke Baukon junktur bedingt wenig Auswahl bei den Handwerkern mit ent sprechend hohen Kosten. Durch die implizite Schuldentilgung heizt das Land die Baukonjunktur noch zusätzlich an. Fast 4 Milliarden € müssen bis zum Jahresende vergeben werden, bevor dieses Konstrukt der Schuldenbremse zum Opfer fällt. Der Staat tritt damit prozyklisch auf. Zusätzlich braucht er noch mehr Personal beim Landesamt für Vermögen und Bau, um die Maßnahmen zu planen und zu verwalten. Über 300 Mehrstellen gab es hier seit 2015.

Neben den erwähnten Neustellen haben wir auch eine riesige Menge von Stellenhebungen im Haushalt. Nach außen stellen Sie gern die Anhebung von A 5 nach A 6 und von A 6 nach A 7 dar – wichtig für Beamtinnen und Beamte in den teuren Ballungsgebieten. Aber die massiven Stellenhebungen in den

Ministerien lassen Sie lieber unerwähnt. Auch diese Hebun gen sind dauerhafte Mehrausgaben für unsere zukünftigen Haushalte.

Abschließend bleibt bei mir der Eindruck, dass Sie die not wendige Aufgabenkritik angesichts stark steigender Haushal te nicht nur nicht angehen, sondern im Gegenteil den Kom petenzzuwachs der staatlichen Stellen auch noch beschleuni gen. Das ist nicht nur teuer, sondern befördert auch die Hal tung eines Teils der Bevölkerung, dass man selbst für nichts, der Staat aber für fast alles verantwortlich sein soll. Dieser Haltung werden wir Freien Demokraten immer entgegentre ten.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Genau!)

Jetzt habe ich allerdings ein bisschen Gas gegeben und habe nun noch eine ganz persönliche Anmerkung.

Zum Abschluss der Haushaltsberatungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, erlaube ich mir als Parlamentsneuling mit Blick aus der Wirtschaft und als jemand mit langjähriger beruflicher Erfahrung, der es gewohnt war, zielgerichtet und mit Effizi enz zu arbeiten, folgende Anmerkungen. Dabei bitte ich Sie, auch bei mir nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Sie erinnern sich bestimmt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Abg. Nicole Razavi CDU: Das gilt jetzt für alle!)

Angesichts der drohenden Gefährdung von Arbeitsplätzen und der damit einhergehenden Verunsicherung von Beschäftigten und Unternehmen sollten wir mit wenig konkreten Begriffen vorsichtiger umgehen. Das gilt z. B. für das Schlagwort „star kes Land“. Meinen Sie damit die finanzielle Stärke oder die Stärke der Menschen, die, obwohl Fahrverbote bestehen und es im öffentlichen Nahverkehr teilweise zu Ausfällen kommt, pünktlich zu ihren Arbeitsplätzen gelangen und durch ihre Ar beit jeden Monat pünktlich ihre Steuern zahlen, über die wir heute und in den letzten Tagen diskutieren?

Welchen Transformationsprozess meinen Sie?

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Sehr gut!)

Meinen Sie den Strukturumbau oder gar den Strukturbruch, den in der Industrie oder den in der Landwirtschaft? Haupt sache, es wird „transformiert“, und dies nachhaltig. Dennoch hege ich die Hoffnung, dass das eine oder andere realisiert wird – vielleicht nicht gleich und nicht sofort.

Ich denke, ich habe verstanden. Ich übe mich in Geduld und freue mich auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit mit Ih nen.

Das musste zum Abschluss meiner ersten Rede einfach gesagt sein.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei allen Fraktionen sowie der Abg. Dr. Hein rich Fiechtner und Harald Pfeiffer [fraktionslos])

Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatssekretärin Dr. Splett das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in den letzten Wochen den Haushaltsentwurf für die kommenden zwei Jahre im Finanzausschuss intensiv beraten. Insgesamt wurden 540 Änderungsanträge behandelt. Was uns dabei eint, ist das Bestreben, das Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger bestmöglich für unser Land einzusetzen. Deshalb an dieser Stelle der Dank an alle Beteiligten für die Arbeit der vergan genen Wochen.

Die Änderungsanträge haben Spielräume der Herbst-Steuer schätzung genutzt, um wichtige Vorhaben voranzubringen. Aber natürlich fanden im Finanzausschuss nicht alle Anträge eine Mehrheit. Dies wäre auch gar nicht gegangen. Denn wenn ich mir die Anträge der SPD-Fraktion ansehe, dann stelle ich fest, dass beantragten Mehrausgaben im Umfang von 2,4 Mil liarden € Einsparvorschläge in einem Volumen von lediglich gut 300 Millionen € gegenüberstanden.

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Selbst unter Berücksichtigung der zusätzlichen Mittel aus der Herbst-Steuerschätzung 2019 bliebe noch eine deutliche Lü cke bei der Finanzierung der beantragten Mehrausgaben.

(Zurufe der Abg. Sascha Binder und Peter Hofelich SPD)

Herr Hofelich, auch wenn Sie immer so tun, als läge irgend wo unmotiviert ein Berg Geld auf der Seite:

(Abg. Reinhold Gall SPD: Unmotiviert nicht! Da steckt schon was dahinter! – Abg. Andreas Stoch SPD: Unmotiviert ist nur die Hausspitze!)

Es bleibt Ihr Geheimnis, wie Sie auf den von Ihnen genann ten Betrag kommen.

(Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Nein, Sie erzählen das bei jeder Haushaltsberatung und ver planen ja gern die Euros mehrfach.

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Eine Annahme der Änderungsanträge der FDP/DVP-Frakti on insgesamt hätte zu einer Zunahme der Ausgaben um 2,5 Milliarden € geführt, wovon lediglich knapp 600 Millionen € durch Kürzungen gegenfinanziert gewesen wären. Auch hier klafft eine große Lücke. Im Übrigen haben Sie, Herr Brauer, die vorgesehene Schuldentilgung im Umfang von 132 Milli onen € wohl einfach übersehen.

Bei den Anträgen der AfD-Fraktion ist die Problematik etwas anders gelagert. Hier stehen den beantragten Mehrausgaben von 4,5 Milliarden € rein theoretisch Kürzungen in Höhe von 4,9 Milliarden € gegenüber. Allerdings sind viele Kürzungs vorschläge weit von der Realität entfernt, beispielsweise wenn bei den Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge massiv gekürzt werden soll. Damit würde die AfD die kom munalen Jugendämter im Regen stehen lassen.

(Zurufe von der AfD, u. a. Abg. Anton Baron: 8 000 € pro Fall!)

Herr Muschel hat den Anträgen der AfD in der „Badischen Zeitung“ einen völkisch-nationalen Grundton zugeschrieben.

(Abg. Anton Baron AfD: Ist das neuerdings der Re gierungssprecher?)

Eine verantwortungsvolle Politik für unser Land sieht jeden falls anders aus.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Frau Staatssekretärin, las sen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Rottmann zu?

Nein.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das kann sie auch nicht beantworten!)

Bevor ich nun auf einzelne Schwerpunkte in den beiden Ein zelplänen 06 und 12 eingehe, erlauben Sie mir ein paar allge meine Ausführungen zu wichtigen übergreifenden Weichen stellungen in diesem Doppelhaushalt.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Das machen wir gern!)

Drei Punkte möchte ich herausgreifen: die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs, die Reform der Grundsteuer und – damit möchte ich beginnen – die Schuldenbremse.

Wie Sie alle wissen, werden die vier Fraktionen GRÜNE, CDU, SPD und FDP/DVP einen Gesetzentwurf in den Land tag einbringen, der eine Verankerung der grundgesetzlichen Schuldenbremse in der Landesverfassung vorsieht. Der Ent wurf des Haushaltsbegleitgesetzes enthält die entsprechende Neufassung von § 18 der Landeshaushaltsordnung. Das ist ein großer Erfolg und sichert eine langfristig tragfähige Haus haltspolitik. Die Schuldenbremse – so, wie sie jetzt ausgestal tet ist – schützt unser Land vor einem strukturellen Anstieg der Verschuldung ohne gleichzeitigen Vermögenszuwachs. Zugleich verschafft sie dem Parlament in schwierigen Zeiten den notwendigen Handlungsspielraum. Das war unser Ziel, und dieses Ziel ist erreicht.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)