Protocol of the Session on December 12, 2019

Aber damit kann ich gut leben. Das zeigt – das will ich nur sagen –, dass wir uns – da knüpfe ich an das an, was der Kol lege Nemeth angesprochen hat – auf das Land konzentrieren. Es ist offensichtlich, dass wir, was das Land Baden-Württem berg betrifft und was unsere Möglichkeiten betrifft, ein paar Dinge richtig machen mit unseren Förderprogrammen, mit unseren Beratungsprogrammen und auch mit dem, was wir bisher ordnungsrechtlich an Ansätzen gewählt haben, z. B. mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz; ich nenne aber auch die Vor haben zur Fortschreibung des Klimaschutzgesetzes mit der verbindlichen kommunalen Wärmeplanung. Dies soll dann wiederum Grundlage für die Umsetzung von Nahwärmekon zepten in den Städten sein. Damit erreichen wir immerhin die Hälfte der Bevölkerung.

Wir sind derzeit dabei, das Klimaschutzgesetz weiterzuentwi ckeln. Ich habe es schon angedeutet: Wir werden das zu Be ginn des neuen Jahres vorlegen. Das Gleiche gilt für die Fort schreibung des Integrierten Energie- und Klimaschutzkon zepts, das wir in diesem Jahr, auch mit einer großen Öffent lichkeitsbeteiligung – Verbändetische, Bürgerinnen- und Bür gertische, Onlinebeteiligung –, weiterentwickelt haben. Es sind dabei eine Reihe von Ideen zusammengekommen. Auch

das Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept werden wir im neuen Jahr hier im Parlament besprechen können.

Ich möchte aber noch einmal auf das eingehen, was – ich ha be es schon erwähnt – Kollege Nemeth ebenso wie auch Kol lege Karrais angesprochen haben, nämlich die Forderung, sich auf das zu konzentrieren, was wir hier im Land tun können. Das ist nicht so einfach. Nehmen wir einmal den Klimaschutz. Der Klimaschutz ist ein globales Problem. Im Gegensatz zu früheren Umweltproblemen, die regional begrenzt waren – wenn auch beispielsweise mit der Ausnahme der FCKW-Frei setzung –, ist der Klimaschutz ein globales Problem. Wenn wir das in den Griff bekommen wollen, dann ist es natürlich notwendig, dass alle Ebenen ineinandergreifen: die internati onale Ebene, die EU, der Bund, das Land und die Kommunen – um einmal diese Player zu nennen.

Was den Klimaschutz betrifft, so entscheiden sich wesentli che Teile in drei Feldern: im Stromsektor, im Wärmesektor und im Verkehrssektor. Im Stromsektor – das ist nun einmal so – setzt die EU die Standards mit dem europäischen Emis sionshandel. Der Bund setzt in gewissem Umfang Standards mit dem Kohleausstieg, über den ja demnächst beraten wer den soll. – Auch da muss man fragen: Was wäre er wert, wenn nicht auch eine Regelung drinsteht, dass bei den stillgelegten Kohlekraftwerken auch die Zertifikate stillgelegt werden? Das fehlt nämlich derzeit dabei. Wenn wir das nicht machten, dann könnten wir es gleich lassen.

Aber dazu gehört natürlich auch, die Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu gestalten, und die se werden nun mal in Berlin gesetzt und nicht hier; ich kom me gleich noch darauf zurück.

Beim Verkehrssektor ist es ähnlich: Die CO2-Grenzwerte wer den in Brüssel gesetzt. Entsprechendes gilt auch für Gebäu de: Das Gebäudeenergiegesetz wird in Berlin geschrieben, und das ist für uns sozusagen die Grundlage.

Wenn wir uns dann Klimaschutzziele setzen – Herr Karrais, das war schon 2013 so, und das ist auch jetzt so in Bezug auf das Ziel, das wir im Klimaschutzgesetz verankert haben –, dann legen wir natürlich mit zugrunde, dass die vorgelager ten Ebenen ihre Hausaufgaben machen, so, wie auch wir un sere Hausaufgaben zu machen haben.

Wenn wir dann die Ziele verfehlen, dann ist es nun mal so, dass der allergrößte Teil auf die Konten geht, die ich gerade genannt habe. Wenn der Emissionshandel jahrelang nicht funktioniert hat, wenn in Berlin Energiestandards für Gebäu de geschaffen werden, die den Realitäten draußen nicht ent sprechen, wenn die CO2-Grenzwerte im Verkehr dazu führen, dass die CO2-Emissionen dort sogar noch ansteigen, wie es im letzten Jahr der Fall war, dann kann ich das doch nicht ig norieren; dann ist es einfach so, dass bei den vorgelagerten Ebenen ganz wesentliche Dinge nicht funktioniert haben.

Das, was wir auf Landesebene machen können, ist Beratung, auch über unsere regionalen Energieagenturen, und da geht es auch um die Dinge, die von oben kommen. Wir können för dern; wir können zusätzlich zum Bund Förderungen leisten oder auch eigene Dinge fördern. Daneben können wir ord nungsrechtlich da eingreifen, wo uns der Bund Lücken lässt, beispielsweise durch das Erneuerbare-Wärme-Gesetz oder

durch die verbindliche Wärmeplanung – ich habe es bereits gesagt – bei den Städten.

Herr Minister, Frau Abg. Reich-Gutjahr würde gern eine Zwischenfrage stellen.

Bitte.

Danke schön. – In vielen europäischen Ländern ist ein hundertprozentiger Ein satz von synthetischen Kraftstoffen möglich; in Deutschland dürfen diese nur als Zumengung beigefügt werden. Wir hät ten jetzt die Möglichkeit gehabt, und zwar aufgrund einer Ver änderung der AFID-Richtlinie, in Deutschland auch einen Ver trieb in Reinform zuzulassen. Das Bundeskabinett hatte sich dagegen entschieden, aber über den Bundesrat hätte eine Mög lichkeit bestanden.

Wie haben Sie sich im Umweltausschuss des Bundesrats po sitioniert im Hinblick auf diese mögliche Veränderung? Denn synthetische Kraftstoffe sind ja ein großer Beitrag zur CO2Reduzierung.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Frau Reich-Gutjahr, das Thema „Synthetische Kraftstoffe“ ist ein Thema, das im Moment vor allem im Be reich Forschung und Entwicklung präsent ist. Wir haben das Problem, dass wir hier das Siebenfache – manche sagen, es sei noch mehr; das Siebenfache ist das Mindeste – an Energie hineinstecken müssen gegenüber der direktelektrischen Vor gehensweise. Das spricht nicht gegen synthetische Kraftstof fe; verstehen Sie mich nicht falsch. Aber das führt natürlich dazu, dass wir auf einer Kostenebene sind, auf der sich die ganze Geschichte derzeit am Markt gar nicht durchsetzen kann – außer Sie würden es wahnsinnig subventionieren. Aber ich gehe davon aus, dass die FDP als eine marktorientierte Partei an solchen Subventionen kein Interesse hat – ich nämlich auch nicht.

Also geht es doch darum, dass wir jetzt die synthetischen Kraftstoffe auf eine Ebene bringen, auch von den Kosten her, dass sie beispielweise im Flugverkehr oder von Schiffen ge nutzt werden können. Das ist das Thema. Das ist die Aufga be, die die Politik meines Erachtens im Moment hat.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Ich würde gern fortfahren.

(Zuruf der Abg. Gabriele Reich-Gutjahr FDP/DVP)

Natürlich sind wir für die Weiterentwicklung der syntheti schen Kraftstoffe; das ist doch völlig klar. Ich sage nachher noch ein paar Dinge dazu, wenn Sie erlauben.

Der Doppelhaushalt, den wir jetzt beraten, eröffnet uns Mög lichkeiten der finanziellen Unterstützung, die wir in der Ver gangenheit in vielen Bereichen nicht hatten, die nicht mach bar waren. Ich will ein paar Beispiele nennen.

Wärmewende: Wir werden das Förderprogramm „Energieef fiziente Wärmenetze“ fortführen, ergänzt um ein Landeskon

zept Abwärmenutzung, weil wir glauben, dass wir insbeson dere bei der Nutzung von industrieller Abwärme in BadenWürttemberg noch enorme Chancen haben. Dafür werden wir zukünftig zusätzlich 2,6 Millionen € einsetzen. Die Kommu nen sind wesentliche Akteure. Ich habe schon gesagt, dass wir mit der kommunalen Wärmeplanung einen wichtigen Stein ins Wasser werfen, um eine bessere und effizientere Wärme nutzung voranzubringen.

Sanierung: Viele kommunale Einrichtungen bedürfen einer nachhaltigen und energieeffizienten Sanierung. Mit dem letz ten Doppelhaushalt 2018/2019 gab es zusätzlich zu den vom FM zur Verfügung gestellten Mitteln noch eigene Mittel aus meinem Haus. Bei der Schulhaussanierung haben wir dann zusätzliche Mittel bereitgestellt, wenn die Gemeinden die Ge bäude besonders effizient saniert haben. Besonders effizient heißt, nach KfW-70-Standard oder, sogar noch anspruchsvol ler, nach KfW-55-Standard.

Wir konnten in den letzten beiden Jahren insgesamt 38 Schu len mit 12,5 Millionen € fördern; 170 000 m² wurden in einer Weise saniert, die über die gesetzlichen Standards von Berlin hinausgeht. – So viel zu der Frage: Was können wir machen? Wir sind bei den 38 Projekten darüber hinausgegangen. Al lein zehn der 38 Projekte wurden über den sehr anspruchsvol len Standard KfW 55 gefördert.

Zukünftig wollen wir die Sanierung von Schulgebäuden fort setzen – aber nicht nur das: Wir wollen dies auch auf Gebäu de wie Kindergärten, Krankenhäuser, Altenhilfeeinrichtungen ausweiten. Sie haben ebenfalls die Möglichkeit, zusätzlich zu den Sanierungsmitteln, die sie aus den verschiedenen Töpfen bekommen, von uns Mittel zu erhalten, wenn sie besonders effizient und anspruchsvoll sanieren.

Neue Umwelttechnologien – jetzt komme ich zu dem, was gestern und auch heute verschiedentlich angesprochen wur de, nämlich Wasserstoff –: Im Bereich der Wasserstofftechno logien haben wir im Zusammenhang mit der EFRE-Förderung – das ist der Europäische Regionalfonds – ein Projekt aufge setzt und angemeldet. In der kommenden EFRE-Periode stellt mein Haus 12 Millionen € zur Verfügung, um eine Wasser stoff-Modellregion in Baden-Württemberg aufzubauen. Der größte Teil der Mittel kommt aus Brüssel, aber wir finanzie ren mit 12 Millionen € noch darüber hinaus.

Wir haben bereits in den letzten Jahren, Herr Kollege Karrais, Mittel bereitgestellt, um in unseren Städten beispielsweise das Thema „Wasserstoff im Nahverkehrsbereich“ voranzubrin gen. Im Strategiedialog Automobilwirtschaft, den der Minis terpräsident aufgesetzt hat, gibt es die Säule Energie, in der Technologieoffenheit ausdrücklich Grundlage ist. Wir brin gen sowohl das Thema „Direktelektrisch“ als auch die The men Wasserstoff und „Synthetische Kraftstoffe“ voran. Wir haben beispielsweise Studien zu der Frage aufgelegt: Wo in Baden-Württemberg könnten wir das Thema Wasserstoff im Nahverkehrsbereich voranbringen?

Herr Minister, es gibt ei nen zweiten Wunsch nach einer Zwischenfrage, und zwar von Herrn Abg. Zimmermann.

Bitte.

Herr Minister, mir ist das Thema Wasserstoff ein persönliches Anliegen. Ich wohne in Nabern. In Nabern befindet sich das Wasserstoffzentrum. Seit 25 Jahren – ich glaube, ich war vor 25 Jahren zum ersten Mal dort – arbeitet dort Daimler zusammen mit anderen Firmen am Wasserstoffauto. Wir selbst sind es vor zehn Jahren schon einmal gefahren. Immer wieder hieß es: „In drei, vier Jahren gehen wir in Serie.“ Können Sie mir und uns allen vielleicht erklären, wieso es, obwohl man seit 25 Jahren an diesem The ma dran ist, nicht funktioniert?

(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD)

Dass es nicht funktioniert, würde ich nicht sa gen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: In Serie!)

Mein Amtschef fährt ein Wasserstofffahrzeug, und zwar von dem Hersteller, der auch in Nabern seit vielen Jahren aktiv ist. Er stellt ja aktuell ein solches Produkt her, allerdings in einer Kleinserie. Womit hängt das zusammen? Im Pkw-Bereich sind die Würfel weitgehend gefallen; so sehe ich das. Wenn man mit Herrn Källenius und anderen Leuten aus der Automobil wirtschaft redet, bestätigen die das.

Trotzdem ist es wichtig, dass wir das Thema Wasserstoff im Mobilitätsbereich weiter vorantreiben, auch im Hinblick auf Kostensenkung, auch im Hinblick auf eine Industrialisierung der Fertigung von Brennstoffzellen. Warum? Es gibt nicht nur Pkws, es gibt auch Lkws, es gibt Schiffe, es gibt Züge. Dort wird – davon bin ich fest überzeugt – das Thema Wasserstoff in der Zukunft eine Rolle spielen. Denn es wäre nicht sinn voll, Lkws auf Langstrecken mit Batterien zu betreiben, wenn sie dann kaum noch Kapazitäten hätten, um Transportmateri al an Bord zu nehmen.

(Abg. Stefan Räpple AfD: Bloß Versprechungen!)

Daher gehe ich davon aus, dass das Thema Wasserstoff insbe sondere im Lkw-Bereich noch eine große Rolle spielen wird. Im Pkw-Bereich – das ist meine persönliche Meinung – kann ich es mir zumindest für die nächsten Jahre nicht vorstellen. Ich kenne auch keine Strategien von Daimler, von Audi oder von anderen Herstellern, die in diese Richtung gehen.

Weil Wasserstoff auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen soll, fördern wir das Projekt HyFab mit 18,5 Millionen €. Herr Kollege Karrais, es ist nicht so – da muss ich Sie korrigieren –, dass wir darauf warten müssen, bis der Bund mit seinen Mitteln rüberkommt, die ja in einem Letter of Intent grund sätzlich zugesagt sind. In der kommenden Woche werden wir eine Übergabe der Förderbescheide haben, und die Träger die ses Projekts werden – –

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE fotografiert mit einem Smartphone.)

Entschuldigung! Sie dür fen hier unten im Plenarsaal nicht fotografieren.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Die Träger des Projekts werden sehr zeitnah, im kommenden Frühjahr, mit der Umsetzung dieses Projekts anfangen. Es ist nicht so, dass wir hier auf Mittel des Bundes warten müssen. Die 18,5 Millionen €, die wir zur Verfügung stellen, sind erst einmal ausreichend, um die Dinge voranzu bringen.

(Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

Es kommen dann auch noch Mittel aus der Industrie dazu plus die Mittel – bei denen ich davon ausgehe, dass es sich um ei ne relevante zweistellige Millionensumme handeln wird –, die in dem Letter of Intent vonseiten des Bundes angekündigt sind.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Das Thema Wasserstoff ist also das eine. Ich finde, wir enga gieren uns da sehr, sehr stark. Aber das andere ist, dass wir auf die Elektrifizierung des Verkehrssektors reagieren müs sen. Nicht wir bauen Autos, sondern das tun die Unternehmen. Daher hat mich die gestrige Ausführung Ihres Fraktionsvor sitzenden Dr. Rülke ein wenig gewundert. Dass Porsche den Taycan baut, war nicht die Idee des Ministerpräsidenten, son dern das macht Porsche auf Basis unternehmerischer Entschei dungen.

(Abg. Thomas Hentschel GRÜNE: Sehr richtig! – Zuruf des Abg. Paul Nemeth CDU)

Dass dann der Fraktionsvorsitzende einer liberalen Partei ein solches Produkt hier schlechtredet, das auf den Weltmarkt kommen soll, woran Arbeitsplätze usw. hängen, das ist schon mutig. Das muss ich Ihnen wirklich sagen.