Protocol of the Session on October 17, 2019

Meine Damen und Herren! – Herr Abgeordneter, warten Sie bitte einmal. – Meine Damen und Herren, Zwischenrufe sind ja erlaubt, aber es sollte so sein, dass der Redner zu Wort kommen kann. Das ist nicht möglich, wenn alle durcheinanderreden.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das liegt dann eher am Redner! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das liegt am Redner, daher sind die Zurufe erforderlich!)

Weil es also nichts von Gewicht gab,

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

zäumte man das Pferd schlicht von hinten auf. Das politische Ziel war dabei von Anfang an so durchsichtig wie banal: Es ging darum, einer erfolgreichen Ministerin am Lack zu krat zen – ein veritables Ziel, ein Champion der Regierung, ein fach zu erfolgreich.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Andreas Stoch SPD: Hä?)

Also schnappt man sich den kalten Kaffee aus dem Ressort, um ihn mit einer Menge Aufwand aufzuwärmen. Aber da durch wird der Kaffee eben auch nicht besser.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Man spricht von Reali tätsverweigerung! – Weitere Zurufe)

Wie denn auch? Es war ja alles längst – – Lassen Sie mich vielleicht einfach ausreden, dann wissen Sie es. Die Vorsit zende hat darauf hingewiesen, dass wir zu dem Schluss ge kommen sind, dass wir es hier mit einer rechtswidrigen Zula gengewährung zu tun hatten. Aber bitte, meine verehrten Kol leginnen und Kollegen: Es gab acht Landtagsanfragen dazu,

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Sie hatten als Fraktion in der vorherigen Legislaturperiode mehrfach Gelegenheit zur Akteneinsicht bei diesem Gegen stand, und es gab mehrere staatsanwaltschaftliche Ermittlun gen. Dafür hätte es dieses Untersuchungsausschusses schlicht und ergreifend nicht mehr bedurft. Das war aber den Kolle gen der Opposition egal, denn es ging in Wahrheit gar nicht um die Kontrolle der Regierung, sondern es ging schlicht und ergreifend um die Möglichkeit, hier die schmutzige Wäsche zu waschen und dies auch noch zum Gegenstand eines Unter suchungsausschusses zu machen,

(Abg. Sascha Binder SPD: Da, wo es schmutzige Wä sche gibt, muss man sie auch waschen! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wo war denn die Wä sche schmutzig?)

frei nach dem Motto: Irgendetwas wird schon hängen bleiben. Aber das ist zu kurz gesprungen. Denn die Wissenschaftsmi nisterin hat schlicht nichts falsch gemacht. Die Opposition hat großes Werkzeug ausgepackt, aber aus meiner Sicht gab es keinen Kratzer im Lack.

Die Neuregelung der Professorenvergütung im Jahr 2005 – das ist eines der Ergebnisse – und die Umstellung von der C- auf die W-Besoldung waren der richtige Schritt. Dieser Weg ist beizubehalten; das ist völlig unbestritten. Die W-Besoldung gibt den Hochschulen Spielräume, um im Wettbewerb um die besten Köpfe zu bestehen. Die W-Besoldung leistet somit ei nen wichtigen Beitrag zur Sicherung der internationalen Kon kurrenzfähigkeit des Wissenschafts- und Hochschulstandorts. Aber das wussten wir auch vorher schon.

Dass die Festsetzung der Leistungsbezüge in der Praxis in Ein zelfällen Probleme bereiten kann, ist nicht überraschend. Das liegt an der komplexen juristischen Materie. Aber machen wir uns an dieser Stelle doch ehrlich: Die komplexen gesetzlichen Regelungen sind nicht ursächlich dafür, sondern im Regelfall ging es darum, dass wir es mit mangelhaften Kenntnissen und fehlenden praktischen Erfahrungen bei dieser komplexen Ma terie an den Hochschulen zu tun hatten; ausnahmsweise – das war der Ausnahmefall in Ludwigsburg – auch mit dem Miss brauch Einzelner.

Die Vergabe im Jahr 2011 an der Hochschule Ludwigsburg war rechtswidrig. Das wussten wir aber schon, bevor der Un tersuchungsausschuss die erste Sitzung hatte. Der damalige Rektor war – man könnte es fast schon so sagen – ein mani scher Gegner der leistungsunabhängigen Besoldung und hat sich dafür ein merkwürdiges Konstrukt ausgedacht – richtig. Das ist rechtswidrig. Das ist auch völlig unstreitig.

Sie haben aber von Anfang an versucht, der Frau Ministerin hier am Zeug zu flicken und ihr persönlich die Schuld für die se Vorgänge zu geben. Das ist so schön eingängig. Das ist der einfache Weg.

Natürlich hat die Wissenschaftsministerin auch die Aufsicht über die Hochschulen. Aber die Aufsicht im Rechtssinn, also die Rechtsaufsicht im vorliegenden Fall, hat nur ein sehr be grenztes Instrumentarium und ist eben kein Freifahrtschein zum Durchregieren in die Hochschulen. Ein präventives Ein greifen im Sinne einer flächendeckenden Kontrolle wäre an gesichts des Verfassungsrangs der Wissenschaftsfreiheit auch schlicht rechtswidrig.

Das Verhältnis zwischen dem Land Baden-Württemberg und seinen Hochschulen ist dank der umsichtigen Politik der Mi nisterin Bauer durch Vertrauen und Partnerschaftlichkeit ge prägt. Rechts- und Fachaufsicht sind im Gesetz verankert, sind aber nicht der richtige Weg, um hier in die Hochschulen hin einzuregieren. Die Wissenschaftsfreiheit hat – ich sagte es schon – Verfassungsrang, und natürlich geht die Wissenschafts freiheit mit großer Verantwortung einher. Wer Freiheit hat, muss verantwortlich damit umgehen. Das gilt auch für die Hochschulen.

Gleichzeitig führt ein falsches Verständnis der Aufsicht als In strument vollständiger Überwachung, wie es hier teilweise vonseiten der Opposition gefordert worden ist, zu einer Brem se der Innovationskraft der starken baden-württembergischen Hochschullandschaft. Wenn das Land jetzt tatsächlich sagt: „Wir misstrauen euch an der Hochschule bei allem, wir wol len alles sehen und wollen alles kontrollieren“, wie weit soll dann die Kontrolle tatsächlich gehen? Da können wir nicht die Freiheit und die Innovation noch aufrechterhalten.

Unsere Universitäten und Hochschulen sind Grundlage für den Wohlstand im Land, für das Unternehmertum, die Inge nieurskunst und die Weltmarktführerschaft. Was da alles bis ins letzte Detail überwacht werden müsste, um noch jede ein zelne Petitesse aufzuarbeiten,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Petitesse? Wahnsinn! – Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

das müsste man dann den Wählerinnen und Wählern erst ein mal erklären.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wegen der „Petitesse“ stehen einige vor Gericht! – Weitere Zu rufe)

Jetzt lassen Sie mich noch zum Thema Vertrauenskrise kom men. Hochschulen sind komplexe soziale Systeme mit selbst bewussten Mitgliedern – je höherrangiger, desto selbstbewuss ter. In denen gibt es, wie in anderen vergleichbaren Organisa tionen auch, natürlich Unzufriedenheiten und persönliche Auseinandersetzungen wegen allem Möglichen, z. B. auch wegen der hier in Rede stehenden Fragestellungen wie Falsch parken oder Ähnliches mehr. Aber solche sind doch tatsäch lich am besten vor Ort und nicht durch die Ministerin persön lich zu klären.

Dass man das dann auch noch zum Gegenstand eines parla mentarischen Untersuchungsausschusses machen musste, wä re meines Erachtens nicht notwendig gewesen.

(Lachen der Abg. Nicole Razavi CDU)

Es gibt ja auch die Strafverfahren; diese laufen weiter. Daher sehe ich hier im Moment keine Notwendigkeit, weiter vorzu gehen.

Um es noch einmal klar und deutlich zu sagen: Solche Prob leme muss man vor Ort lösen, und zwar mit modernen Orga nisationsmethoden und Managementmethoden. Diese auszu arbeiten ist eine der Empfehlungen, die wir haben.

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Rechtliche Maßnahmen der Aufsichtsbehörden, wie sie hier immer wieder gefordert worden sind, sind das allerletzte Mit tel, um dann einzugreifen, wenn es unbedingt notwendig ist. Die Ministerin hat sich zu Recht an der einen oder anderen Stelle zurückgehalten.

Das Ministerium hat die notwendigen Konsequenzen aus den bisherigen Erfahrungen gezogen. Wir haben auch weitere Empfehlungen ausgesprochen, u. a. die Einrichtung eines zen tralen Justiziariats, um diese Probleme künftig tatsächlich zu vermeiden.

Ansonsten ist es alles in allem aus meiner Sicht in erster Li nie Kaffeesatzleserei gewesen, die nicht erforderlich war.

Vielen Dank für Ihr Gehör.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Sabine Kurtz CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Gentges.

Verehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Ich werde es einmal mit einer sachlichen Analyse versuchen.

(Beifall bei der CDU und der SPD sowie des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Zurufe von der SPD: Sehr gut!)

Wir haben diesen Untersuchungsausschuss überfraktionell und ohne Gegenstimmen eingesetzt.

(Beifall der Abg. Nicole Razavi CDU)

Durch die Anhörung von 39 Zeugen und drei Sachverständi gen sowie die Erkenntnisse der Ermittlungsbeauftragten ist es uns gelungen, den Sachverhalt, der Anlass für diesen Unter suchungsausschuss war, aufzuarbeiten. Aus den gewonnenen Erkenntnissen wurden letztlich auch Konsequenzen gezogen.

Deshalb glaube ich, zusammenfassend sagen zu können, dass wir in den 23 Sitzungen eben nicht nur, wenn ich jetzt im Bild bleiben darf, kalten Kaffee aufgewärmt haben. Ich jedenfalls habe keinen getrunken.

(Beifall bei der CDU und der SPD sowie des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Andreas Stoch SPD: Der Kollege von den Grünen hat es of fensichtlich nicht mitgekriegt!)

Was hat sich aber jetzt in der Sache ergeben? In den letzten Tagen seiner Amtszeit hat ein Altrektor der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg zum ei nen eine rechtswidrige Richtlinie zur Vergabe von Leistungen und Zulagen erlassen und zum anderen – losgelöst von dieser Richtlinie – 13 Professorinnen und Professoren rechtswidri ge Zulagen gewährt.

Dem Land entsteht dadurch ein finanzieller Schaden mittel bar insoweit, als diese Zulagen ruhegehaltsfähig sind. Unmit telbaren Schaden genommen aber hat die Hochschule Lud wigsburg: im Bild nach außen und dadurch, dass der Verga berahmen, der für solche Leistungszulagen an der Hochschu le zur Verfügung steht, eingeschränkt wird. Weil Geld für rechtswidrige Zulagen ausgegeben wurde und wird, fehlt Geld für rechtmäßige Zulagen.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Nur Petitessen, wie Herr Hentschel sagte!)

Das Gefüge an der Hochschule hat dadurch nicht wirklich pro fitiert.

(Abg. Andreas Stoch SPD: So ist es!)

In der Nachfolge kam eine neue Rektorin an die Hochschule, die die Rechtswidrigkeit der Zulagen erkannt und auch ande

re Probleme an der Hochschule rechtlich zutreffend bewertet hat. Die Art und Weise, wie sie die Themen angegangen ist, hat die Stimmung an der Hochschule dann aber auch nicht un bedingt verbessert.

Mitglieder der Hochschule haben in dieser Situation eine Re solution erlassen, unterzeichnet und öffentlich gemacht – ein Agitationsmittel, das nirgends geregelt und vorgesehen ist und einer Rechtsgrundlage entbehrt. Es hat sich auch nicht wirk lich als Mittel zur Befriedung einer solch schwierigen Situa tion in Ludwigsburg erwiesen.