Protocol of the Session on October 16, 2019

Den ersten Teil des Titels der Aktuellen Debatte dagegen möchte ich unterstreichen. Petitionen sind tatsächlich „der kurze Draht zum Parlament“. Gegenüber dem Verwaltungs rechtsweg mit seinen oft langwierigen Stufen über Wider spruch, Widerspruchsbescheid, Gerichtsverhandlung usw. er reicht man mit einer Petition unmittelbar die obersten Landes behörden und über den berichterstattenden Abgeordneten auch das Parlament in Form des Petitionsausschusses. Die schöns ten Beispiele für den kurzen Draht zum Parlament und sicher Sternstunden des Petitionsrechts sind dann diejenigen Petiti onen, die sogar eine Änderung bestehender Gesetze nach sich ziehen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, in den letzten Jahren hat sich der Petitionsausschuss auch einen großen Schritt auf die Bürgerinnen und Bürger zubewegt, indem er nicht nur in vielen Vor-Ort-Terminen, die ja bei Petitionsverfahren bisher auch schon durchaus üblich waren, sondern auch als Petiti onsausschuss insgesamt durch Sitzungen von Ulm über Stutt gart bis nach Heidelberg sprichwörtliche Bürgernähe prakti ziert.

Heute ist der Petitionsausschuss mehr denn je eine wirkungs volle Einrichtung für die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Kampf gegen nach eigener Wahrnehmung scheinbar willkür liche Entscheidungen der Exekutive. In vielen Fällen können im Ausschuss immer wieder durch gemeinsam getragene Be

schlüsse passgenaue Lösungen gefunden werden. Dazu trägt auch die von mir als ausgesprochen konstruktiv empfundene Arbeitsatmosphäre im Ausschuss bei. Wesentlich dazu beige tragen hat auch die scheidende Vorsitzende Beate Böhlen, der wir auch von dieser Stelle aus ganz herzlich für ihre Arbeit danken und für ihren neuen Wirkungskreis alles Gute wün schen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP)

Natürlich auch herzlichen Dank an das Petitionsbüro, an der Spitze Herrn Haas, und Herrn Drißner als juristischem Bera ter für die wirklich tolle Arbeit.

Abschließend möchte ich betonen, dass der Petitionsausschuss mit Recht als Glücksfall für unser Parlament bezeichnet wer den kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord neten der CDU)

Herr Kollege Keck spricht für die FDP/DVP-Fraktion.

Vielen herzlichen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Der kurze Draht zum Parlament – Petitionen als Baustein ei ner modernen Verwaltung“ – ein Titel, der viel erwarten lässt. Wenn ein Bürger eine Petition an den Landtag richtet, dann erwartet er auch meist viel. Einige Erwartungen können wir nicht erfüllen. Geltende Rechtslagen, Bundeszuständigkeiten oder die Gewaltenteilung setzen uns Grenzen. Trotzdem ist der Petitionsausschuss ein wichtiges Element für die Bürge rinnen und Bürger, die sich mit ihren Anliegen an den Land tag wenden.

Petitionen als Mittel des Gehörtwerdens sind jetzt auch on line möglich. Niederschwellige Möglichkeiten zu schaffen, sich mit dem Ärger und den Fragen zu Behördenentscheidun gen an den Landtag zu wenden, ist ein wichtiges Instrument. Auch der Landtag wird langsam, aber sicher digitaler.

Die Aktuelle Debatte, von der Fraktion GRÜNE beantragt, muss auch mit einem Zitat des Ministerpräsidenten einherge hen, das leider auch für Petitionen gilt, wie ich anfangs aus geführt habe: „Gehört werden heißt nicht erhört werden.“ Die zitierte Aussage betraf die Umfrage bei Kommunen zum da mals geplanten Nationalpark. Die Kommunen hatten sich ei gentlich mehrheitlich dagegen ausgesprochen, und trotzdem wurde er – wie wir heute alle wissen – errichtet.

Apropos grün: Wie oft wurde in vergangenen Jahren grünes Licht von der Vorsitzenden des Petitionsausschusses erteilt, wenn es um den Bau von Windkraftanlagen ging? Da wurde das Votum der Petenten, Bürgerinnen und Bürger, die sich für ihre Heimat und für die intensive Prüfung der geplanten Vor haben ausgesprochen haben, auch nicht wahrgenommen. In einer Anfrage der FDP/DVP-Fraktion wurden die Zahlen hier zu aufbereitet.

Und ja, ich bin dankbar, dass wir hier einen neuen Umgang mit dem grünen Licht schaffen konnten und dass ein kritischer

Blick auf den Umgang – nicht auf das grüne Licht selbst – er laubt war und auch bleibt. Ich spreche hier die neuerdings zü gigere Umsetzung von Bebauungsplänen an, die erschaffen werden, um Wohnbau möglich zu machen.

Wichtig ist, festzustellen: Petitionen, Einlassungen von Bür gerinnen und Bürgern mit der Bitte um Prüfung von Verwal tungsentscheidungen ihrer Kommune, des Landkreises oder ihrer Ämter, sind ein wichtiger Bestandteil unserer Demokra tie.

(Einige Abgeordnete der SPD-Fraktion unterhalten sich. Der Redner unterbricht seine Ausführungen. – Abg. Karl Zimmermann CDU: Geht von der Rede zeit ab!)

Das macht nichts. Ich habe eh zu viel.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Der Herr Kollege bittet um die ungeteilte Aufmerksamkeit.

Wurde richtig entschieden, oder hat der Petent zu Recht interveniert? Hätte es einen Spiel raum auf der Seite der Verwaltung gegeben? Hätte man sich vielleicht auf einen Kompromiss einigen können? Oder liegt dem Konflikt gar nur ein Missverständnis zugrunde?

Im Jahr 2016 wurden 1 040 Petitionen bearbeitet, im Jahr 2017 waren es schon 1 113, und im Jahr 2018 wurden 1 121 Einga ben bearbeitet. Wir sehen also eine Entwicklung. Für viele Menschen scheint der Petitionsausschuss eine wichtige An laufstelle zu sein. Durchschnittlich befasst sich jedes Aus schussmitglied – der Kollege Zimmermann hat es schon er wähnt – jährlich mit rund 40 Petitionen persönlich. Jede Pe tition persönlich zu bearbeiten bedeutet viel Arbeit und Enga gement. Für dieses Engagement bedanken sich die Petenten immer wieder aufs Herzlichste, und diesen Dank möchte ich auch gern an meine Kolleginnen und Kollegen weitergeben.

(Beifall bei der FDP/DVP und den Grünen sowie Ab geordneten der CDU und der SPD)

Die Sitzungen des Petitionsausschusses sind von intensiver Beratung geprägt. Ministeriumsvertreter werden zurate gezo gen, und oft genug sind für die Entscheidungsfindung mehre re Anläufe notwendig. Petitionsverfahren sind aber auch Me diation, wenn die Beteiligten in einem verhärteten Prozess feststecken. Die kommunale Planungshoheit ist tabu, Emp fehlungen des Petitionsausschusses werden teilweise berück sichtigt. Die Belange sind vielfältig, wie z. B. von A wie Ab stellplatz bis Z wie die Zisterne im Garten nebenan.

Aber auch höchst persönliche Lebensbereiche sind von den Eingaben betroffen. Daher finde ich es wichtig, dass die Sit zung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Kollege Rottmann hat es erwähnt: In Bayern sind alle Sitzungen des dortigen Petitionsausschusses öffentlich. Dies hat ein Für und Wider, aber in der Regel ist Nichtöffentlichkeit wesentlich besser, um persönliche Belange und Betroffenheiten zu schüt zen.

Hingegen sind öffentliche Sprechstunden des Petitionsaus schusses an verschiedenen Orten in ganz Baden-Württemberg

gut besucht und zeigen uns: Hier ist wirklich der direkte Draht zum Parlament. Die in der letzten Legislaturperiode neu ge schaffene Stelle des Bürgerbeauftragten – jetzt der Bürgerbe auftragten – kann nur als ergänzendes Organ zum Petitions ausschuss gewertet werden und darf nicht in direkter Konkur renz stehen, und so verstehen wir das auch.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP, der Grünen, der CDU und der SPD sowie des Abg. Daniel Rott mann AfD – Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Da darf ich jetzt mitklatschen!)

Da darf man klatschen. – Was ich aber schlicht und ergrei fend noch betonen möchte, was zur direkten Demokratie ge hört: Sprechen Sie Ihre, unsere Abgeordneten direkt an und verschaffen sich Gehör. Politik heißt zuhören und gestalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP, Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD sowie des Abg. Daniel Rott mann AfD)

Auch die Regierung hat um das Wort gebeten, und Herr Staatssekretär Klenk spricht.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Und das bei Petitionen!)

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kolle gen! Ich bin der Fraktion GRÜNE dankbar für die heutige Ak tuelle Debatte. Denn sie wirft letztendlich das Scheinwerfer licht auf eine Institution, die ein hohes Gut unserer parlamen tarischen Demokratie darstellt.

Das Petitionsrecht macht unsere Parlamente ein großes Stück greifbar und zugleich auch volksnah. Es ist die Möglichkeit eines jeden Bürgers, sich in einer Sache, in der er Unrecht empfindet oder seine persönliche Situation nicht ausreichend gewürdigt sieht, an das Parlament zu wenden.

Gerade mit der Onlinepetition ist der Zugang sehr viel stärker vereinfacht worden. Oftmals ist das für die Petenten die letz te Hoffnung in einer vielleicht verzweifelten Lage.

Gerade dieses Instrument ist es, das unsere freiheitliche De mokratie und unseren Rechtsstaat auszeichnet. Es zeigt, dass sich die Exekutive bei allen Entscheidungen immer auch hin terfragen lassen muss, und es zeigt, dass keine Behörde für sich in Anspruch nehmen darf, unanfechtbar zu sein.

Es zeigt aber vor allem – Herr Kollege Nelius, Sie haben es angesprochen –, dass unsere Verfassungsväter ein kluges und austariertes System der Gewaltenteilung ausgearbeitet haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihre teils mahnenden Wor te habe ich zur Kenntnis genommen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Freut mich!)

Ich habe nicht gesagt Ihre, Kollege Zimmermann.

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das mache ich schon selber!)

Im Amerikanischen wird das ewige Austarieren innerhalb der Systemkomponenten der Demokratie klangvoll mit „Checks and Balances“ umschrieben. Viele, viele Petitionen, die Er folg hatten, zeigen gleichzeitig den Erfolg des Petitionswe sens. Es ist im Übrigen ein Ausgleich, der in vielen anderen Staaten so schmerzlich vermisst wird.

Mit Frau Kollegin Böhlen als Vorsitzender des Petitionsaus schusses hatte der Landtag auch eine starke Stimme im Peti tionswesen. Schon von Beginn an hat sich Frau Böhlen hier immer stark eingebracht. An dieser Stelle ist es unserem In nenminister Thomas Strobl, der zusammen mit dem Herrn Mi nisterpräsidenten gerade mit den Vertretern der IRGW zu ei nem gemeinsamen Mittagessen unterwegs ist,

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

sehr wichtig, Ihnen im Namen der Landesregierung für die ses Engagement noch einmal herzlichen Dank auszusprechen.

Der Nachfolgerin oder dem Nachfolger im Ausschussvorsitz wünsche ich schon heute viel Erfolg und immer ein offenes Ohr.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen, der CDU und der AfD so wie des Abg. Andreas Stoch SPD)

Meine Damen und Her ren, mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Da mit ist diese Aktuelle Debatte beendet und Tagesordnungs punkt 2 abgeschlossen.