Protocol of the Session on May 14, 2014

Auch was die Abschaffung des Schienenbonus betrifft, hat der Erfolg viele Väter. Hierfür waren alle verantwortlich, und in zwischen haben alle hierzu beigetragen. Es ist zwar etwas ver wunderlich, dass dies so lange gedauert hat; immerhin aber ist es auch der FDP zu verdanken, dass dies 2009 in den Ko alitionsvertrag hineingeschrieben wurde.

Wichtig ist jetzt natürlich, meine lieben Kolleginnen und Kol legen, dass der Projektbeirat es schafft, gemeinsame Entschei dungen zu treffen. Vom Kollegen Bayer wurde bereits die au tobahnparallele Trassenführung angesprochen. Es ist nach meinem Dafürhalten nun wichtig, im Projektbeirat zu gemein samen Entscheidungen zu gelangen, damit man hier mit einer Stimme spricht, wenn auf die Bahn und auf den Bund zuge gangen wird.

Mehr als 176 Jahre nach dem Gesetz zum Bau der Badischen Hauptbahn und 159 Jahre nach der Fertigstellung der Strecke nach Basel ist das Ziel klar: Die für unsere wirtschaftliche Ent wicklung wichtige Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene muss einhergehen mit einem menschen- und umwelt gerechten Ausbau der Rheintalbahn.

Verschiedene Kernforderungen sind hier schon angesprochen worden. Auch hier noch einmal einen herzlichen Dank an die IG BOHR, die es, glaube ich, schafft, mit hoher Qualität so wie mit Sach- und Fachkunde Vorschläge zu unterbreiten, bei denen es sich wirklich lohnt – beispielsweise den Abschnitt Hügelheim–Schliengen betreffend –, diese ernsthaft aufzu greifen und im Projektbeirat darüber zu diskutieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP/DVP wird die in der IG BOHR vereinigten Bürgerinitiativen mit ihrem Kon zept „Baden21PLUS“ auch weiterhin intensiv unterstützen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Verkehrsminister Hermann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Ich glaube, alle Redebeiträge haben deutlich gemacht, dass der Ausbau der Rheintalbahn – das zusätzliche dritte und vierte Gleis – eines der größten und wichtigsten Schienenin frastrukturprojekte in Baden-Württemberg darstellt. Daran gibt es gar keinen Zweifel; hier herrscht hoher Konsens. Das ist gut so.

Zusätzlich ist allerdings zu beachten, dass dies nicht nur ein Schienenausbauprojekt ist, sondern dass es d a s zentrale Schienengüterverkehrsausbauprojekt in Baden-Württemberg, in Deutschland, ja in ganz Europa ist.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf: Bravo!)

Insofern ist es d i e Strecke und die Umbaumaßnahme, die überhaupt dazu beitragen kann, dass wir in nennenswertem Umfang Güter von der Straße auf die Schiene bringen kön nen. Dadurch unterscheidet sich dieses Projekt erheblich von anderen Großprojekten. Daran liegt es auch, dass Europa ein Interesse an dieser Strecke hat. Die Rheintalstrecke liegt im großen europäischen Korridor Rotterdam–Schweiz–Genua. Das ist die Verkehrsachse, um die es geht. Das ist der Korri dor.

Wir tun alles dafür, dass wir in diesem Bereich eine umwelt- und bürgerfreundliche Ausbaumaßnahme zustande bringen, und zwar so schnell wie möglich. Ich sage Ihnen: Ich lasse mich an Engagement beim Drängen für den Ausbau dieser Strecke von niemandem übertreffen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Lassen wir kurz Revue passieren, was in den letzten zwei Jah ren geschehen ist, seitdem wir, die Landesregierung, aktiv in dieses Geschehen eingreifen: In der Tat war es absolut wich tig, dass dieser neue Landtag und diese Koalition aus Grünen und SPD das Versprechen des alten Landtags eingelöst und die Mittel zur Verfügung gestellt haben, dass sich das Land an mehr Lärmschutzmaßnahmen, an Umplanungen – vorher war es allenfalls versprochen, aber noch nicht realisiert – beteiligt.

Vielen Dank dafür; denn das hat dieses Projekt entscheidend vorangebracht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Ulrich Lusche CDU: Aller Fortschritt ist gut!)

Insgesamt sind dadurch Umplanungen und Nachbesserungen in einem Volumen von etwa 250 Millionen € zustande gekom men und mitfinanziert worden. Das Land zahlt davon die Hälf te; der Bund hat sich nur deshalb beteiligt, weil auch wir die sen Beitrag geleistet haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Wir haben Verbesserungen im Bereich der Umfahrung von Freiburg, wir haben die sogenannte Bürgertrasse im Markgräf lerland nur mit dieser Finanzierungsunterstützung hinbekom men.

(Zuruf des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Das war ein großer Kraftakt, hat das Projekt aber gut voran gebracht und hat übrigens auch die Bürgerinitiativen und die Region vor Ort sehr befriedigt und hat auch dazu beigetragen, dass sie weiter aktiv und kooperativ bei der Umgestaltung der gesamten Trasse mitgewirkt haben.

Ich will mich dem Dank, den einige schon geäußert haben, anschließen: Die Bürgerinitiativen, aber auch die Gemeinden und die Landkreise haben viel dazu beigetragen, dass die an fangs doch sehr wenig auf die Bürgerinteressen Rücksicht nehmende Bahnplanung umfassend geändert wird und wir jetzt auf dem Weg zu einer bürger- und umweltfreundlichen Neutrassierung sind.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Von allergrößter Bedeutung war, dass in der Zwischenzeit der sogenannte Schienenbonus auf Bundesebene abgeschafft wer den konnte; denn die Planungen waren auch deswegen so we nig rücksichtsvoll bezogen auf die lärmgeplagten Anwohner, weil es eine gesetzliche Begünstigung des Schienenlärms um 5 dB(A) gegeben hat. Es ist uns – vor allem auch aufgrund der Initiative von Baden-Württemberg und einigen anderen Bundesländern – gelungen, dass der Schienenbonus abge schafft wird und ab 2015 für jede Neubaumaßnahme dieser Bonus von 5 dB(A) wegfällt. Jetzt muss also ganz anders ge plant werden. Das ist ein erheblicher Fortschritt für die Be troffenen. Ich bin sehr dankbar, dass wir das geschafft haben. Das ist jetzt die Grundlage fürs Weitermachen.

Wir haben übrigens auch denen, die schon frühzeitig in die al ten Pläne der Bahn eingewilligt haben, immer gesagt: „Wir wollen versuchen, die neuen Standards für die ganze Strecke zu sichern.“

Ich muss aber, weil es jetzt doch verschiedentlich angespro chen wurde, sagen, dass im Jahr 2012 der Projektbeirat ein stimmig gesagt hat: „Wir wollen nicht alle alten Pläne und ab geschlossenen Planfeststellungsverfahren wieder neu aufrol len, sondern wir wollen versuchen, im Rahmen des Mögli chen Verbesserungen zu schaffen.“ Das muss man ehrlicher weise sagen. Damit waren alle einverstanden: Bund, Bahn, das Land, die Stadt- und Landkreise und übrigens auch die Bürgerinitiativen und die Region. Daran fühle ich mich ein Stück weit gebunden. Es wird nicht mehr alles aufgerollt, son dern manches wird auch stehen gelassen.

Manches ist in der Zwischenzeit schleppend vorangegangen. Das will ich hier ganz offen sagen. Mir ging das zu langsam. Das hatte Gründe. Es gab Personalwechsel beim Bundesver kehrsministerium. Bis zwei Staatssekretäre eingearbeitet wa ren, hat es Zeit gebraucht. Dann gab es im Jahr 2013 wegen der Bundestagswahl eine lange Pause. Ab Mitte letzten Jah res ging nichts mehr. Erst im Frühjahr dieses Jahres ging es weiter. Bei der Bahn gab es Personalwechsel, und zwar so wohl im Vorstand als auch beim zuständigen Projektbeauf tragten. Es gab einen immensen Zeitverlust, bis sich die neu en Leute eingearbeitet hatten. Das hat dem Projekt nicht gut getan.

Vor Ort haben die Arbeitsgruppen Gott sei Dank weitergear beitet. Ich will an dieser Stelle sagen: Der Projektbeirat war in der Tat eine gute Einrichtung. Das war wirklich etwas, wo ran man anknüpfen konnte. Er wurde 2009 eingerichtet. Wir haben ihn weitergeführt.

Der Projektbeirat besteht nicht nur aus dem Beirat, der sich einmal im Jahr mit Vertretern des Bundes und allen anderen trifft. Entscheidend ist, dass es sogenannte Clusterarbeitsgrup pen gibt. In diesen Clusterarbeitsgruppen wird ganz konkret mit den Beteiligten vor Ort optimiert, werden Vorschläge ge macht – sehr viel genauer und differenzierter, als man es im Beirat tun kann. Ich bedanke mich für dieses Bürgerengage ment und beim Beirat, denn das hat der Sache in der Summe bisher nur genutzt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir haben noch eine ganze Reihe von großen Problemen vor uns. In der nächsten Sitzung des Beirats – dieser tagt am 14. Juli wieder – werden wir vor allem darüber sprechen.

Zwei Themen werden ganz vorn stehen. Dies ist erstens der Offenburger Tunnel. Die Bahn wird ihre drei Varianten, wie man unter Offenburg durchkommt, und ihre Bewertung die ser Varianten vorlegen. Wir werden uns dann entscheiden müssen. Wir werden darüber vielleicht nicht sofort in der an gesprochenen Sitzung entscheiden, aber wir werden bewer ten, welche dieser Varianten aus unserer Sicht der Sache am besten gerecht wird.

Die Bahn hat zwei Varianten mit einem Doppeltunnel und ei ne Variante mit einem einröhrigen Tunnel geplant. Die Stadt Offenburg und auch wir, das Land, haben als Maßnahme, die einerseits den Tunnel ermöglicht und andererseits preisgüns tig ist, einen einröhrigen Tunnel vorgeschlagen. Jetzt wird uns die Bahn zeigen, dass die Varianten mit den zweiröhrigen Tun neln genauso teuer sind; jedenfalls sieht es bisher so aus. Wir werden darüber diskutieren, ob das sein kann. Wir werden am Ende selbstverständlich nicht gegen eine Variante mit zwei Röhren sein, wenn diese zum gleichen Preis zu haben wäre wie die Variante mit einer Röhre. Aber daran – das merken Sie bereits – habe ich noch meine Zweifel.

Wir brauchen vom Bund endlich einmal die Zusage, dass die se Tunnellösung auch finanziert wird. Vielleicht kann sich auch einmal der Wahlkreisabgeordnete und Bundesfinanzmi nister Schäuble dafür aussprechen und sagen: „Wir finanzie ren das.“

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das zweite große Thema – daran wird gearbeitet, da gibt es Aufträge – wird sein, die alten Pläne entlang der bisherigen Schienentrasse mit denen für eine mögliche Neutrassierung entlang der Autobahn zu vergleichen. Hierzu gibt es den Auf trag, zu untersuchen: Ist das machbar? Welche Lärmauswir kungen hat das? Welche Lärmschutzmaßnahmen sind jeweils notwendig? Was ist naturschutzrechtlich, artenschutzrechtlich zu beachten? Welche Kosten entstehen? Ist es technisch rea lisierbar?

Der Auftrag lautet, das vergleichbar aufzuarbeiten, sodass der Projektbeirat das dann im Juli besprechen kann. Auch hierzu muss ich sagen: Ich hätte gehofft, dann schon so weit zu sein, um darüber entscheiden zu können. Aber vermutlich werden wir dann erst so weit sein, dass wir ordentlich darüber disku tieren können. Sie haben heute oder vielleicht auch in den Ta gen zuvor in der Zeitung gelesen, dass immer wieder Gutach ten veröffentlicht wurden, die noch nicht öffentlich sind. Es gibt gleich mehrere Gutachten, die in diesen Arbeitsgruppen in Auftrag gegeben worden sind. Das Land hat sich daran be teiligt, übrigens kostenmäßig zusammen mit dem Bund, da mit ein Vergleich möglich ist.

Wir haben in den Arbeitsgruppen vereinbart, dass man alle Gutachten zusammen veröffentlicht und nicht Teile von Gut achten vorab.

Man muss auch sagen, dass manche Gutachten noch nicht fer tig sind und schon in unfertigem Zustand veröffentlicht wur den, obwohl es seitens des Naturschutzes, seitens des Regie rungspräsidiums klare Anzeichen gab: Die Gutachten sind nicht auf dem neuesten Stand, sie haben bestimmte natur schutzfachliche Punkte nicht berücksichtigt. Deswegen ist es ärgerlich, dass ein Gutachten veröffentlicht worden ist.

Aber es wird so kommen, dass alle gemeinsam bewertet wer den. Dann wird uns diese Arbeitsgruppe einen Vorschlag ma chen. Ich bin gespannt, wie die Diskussion dann läuft. Jeden falls werden wir das Ganze sehr kritisch, aber auch sehr po sitiv betrachten. Denn das Ziel ist ganz klar, dass wir die mög lichst beste Lösung für die Region bekommen, ohne dass sie wesentlich teurer wird als das bisher Geplante.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ein Wort zum Abschnitt Müllheim–Auggen, der einen Son derfall darstellt. Das ist einer der Altabschnitte, zu dem die früheren Verantwortlichen gesagt haben: „Das kann man so machen, wie die Bahn es macht“, und im Prinzip einverstan den waren. Inzwischen ist aber auch dort der Widerstand ge wachsen. Die neue Oberbürgermeisterin strengt sich an, eine zweite, eine bessere Lösung zu finden.

Es gibt eine Bürgerinitiative, die das auch will. Sie war un längst bei uns im Haus. Wir haben uns genau vortragen las sen, was die Verbesserungsvorschläge sind. Wir haben auch gerade gehört, dass sie Vorteile mit sich bringen könnten.

Ich habe allerdings Zweifel daran, dass das Ganze anschlie ßend billiger ist als vorher, wenn man auf weiter Strecke eine Trasse tiefer legt. Es wäre das erste Mal, dass einem dies ge lingt. Aber wir schauen uns auch dies vorurteilsfrei an und prüfen.

Der Ministerialdirektor in meinem Haus hat das Gespräch ge führt. Ich habe gesagt: Ich werde mir das auch einmal vor Ort ansehen.

Ich habe zugesagt, dass wir diese Unterlagen an den Bund schicken mit der Bitte, sie zu überprüfen, damit wir bei der nächsten Sitzung des Projektbeirats qualifiziert über die Fra gen sprechen können: Ist das ein guter Vorschlag? Was ist da ran noch machbar? Was ist umsetzbar? Aber ich kann nicht versprechen, dass alles, was jetzt noch aufgearbeitet worden ist, realisiert werden kann. Denn diese Änderung geht meines Erachtens weit über kleinere Korrekturen hinaus. Das ist ei ne sehr umfangreiche Änderung. Man muss fragen: Geht das, ist das technisch machbar, und wie teuer ist das Ganze wirk lich?

Meine Damen und Herren, wie geht es insgesamt weiter? Wir stehen in der Pflicht. Ich will nur daran erinnern: 2016 wird der Gotthard-Basistunnel fertig, 2018 wird der Ceneri-Basis tunnel, der Zulauftunnel, fertig.

Der Bund hat 1996 einen Vertrag unterschrieben, das Projekt auf deutscher Seite, den Ausbau der Rheintalbahn, zeitgleich fertigzustellen. Wir sind gerade einmal beim ersten Drittel. Ich sage: Wir müssen alles tun, um mehr Drive, mehr Ge schwindigkeit in dieses Projekt zu bringen. Der Bund muss auch mehr Mittel zur Verfügung stellen, damit wir vorankom men. Denn sonst wird es so sein, dass die Schweiz umfang reiche Bauwerke zur Verfügung stellt, die es ermöglichen, auf der Schiene Güter durch Europa zu transportieren, dies aber an Deutschland scheitert, weil wir es in 35 Jahren nicht ge schafft haben, dieses Projekt rechtzeitig fertigzustellen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ein letztes Wort zur europäischen Finanzierung. Unlängst ist in der Region verbreitet worden: „Jetzt ist alles ganz easy: 40 % kann man von Europa bekommen.“ Das ist eben nur die halbe Wahrheit. Es gibt in der Tat ein neues europäisches In frastrukturprogramm. An ihm werden sich aber alle europäi schen Länder beteiligen. Dieses Programm ist hoffnungslos unterfinanziert. Daraus wollen wir trotzdem etwas holen.