die die EU hier eingenommen hat. Alle Programme zuvor – 2000 bis 2006; das war Ziel 2 – hatten noch einen ganz ande ren Ansatz, nämlich den der Schwäche. Da musste z. B. auch Mannheim als großes Projekt entwickelt werden.
Jetzt gilt eine ganz andere Philosophie, nämlich der Ansatz, dass Stärken gestärkt werden sollen, während damals die Pro gramme eher Instrumente waren, um Schwächen einer Regi on auszugleichen.
Wenn dem so ist, wenn die Stärken in den Vordergrund ge stellt werden, ist es völlig logisch, dass Baden-Württemberg mehr daran partizipieren muss, als es vorher der Fall gewesen ist.
Vor diesem Hintergrund drängt sich aber die Frage auf: Wenn wir hier wirklich die Stärken zu stärken haben, warum sind dann 94 % der EFRE-Mittel nicht nach Baden-Württemberg geflossen, sondern in andere Teile Deutschlands?
Ich freue mich, dass uns die neue Förderstruktur tatsächlich etwas bringen kann. Es zeigt sich aber auch, dass die Landes regierung seither einen Riesenpopanz aufgeführt hat, indem sie argumentiert, dass die Bundeskanzlerin schlecht verhan delt hätte. Das kann ja wohl nicht der Fall sein, wenn mehr EFRE-Mittel als zuvor nach Deutschland geflossen sind.
Herr Murschel, über eine solche Ehrlichkeit würden wir uns auch freuen. Wir würden uns freuen, wenn auch dazu von Ih nen einmal ein Satz käme.
(Beifall bei der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Frau Merkel hat doch erzählt, dass insgesamt weni ger kommt! – Zuruf des Abg. Dr. Bernd Murschel GRÜNE)
Nun fragen sich natürlich die Menschen im Land: Wofür wer den diese zusätzlichen Gelder verwendet? Dabei ist heute ei ne der zentralen Fragen noch nicht beantwortet worden: Wird es Grün-Rot auch tatsächlich schaffen, die Kofinanzierung des Landes in den Doppelhaushalt einzustellen?
Sie sind mit dem Anspruch angetreten – daran möchte ich Sie erinnern –, dass Sie keinen Euro aus Brüssel ausschlagen wer den. Wir werden natürlich ganz streng darauf achten, ob Sie hier genügend Landesgelder in den Haushalt einstellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele Fragezeichen bleiben bezüglich der inhaltlichen Umsetzung des EFRE, beim Ope rationellen Programm. Auch wenn die thematischen Schwer punkte aus dem Menü der EU genommen wurden, müssen wir uns die Frage stellen, ob die Prioritäten den Bedürfnissen un seres Landes entsprechen und ob am Ende ein Mehrwert für unser Land besteht. Ein Lob der EU-Kommission allein ist noch keine ausreichende Antwort auf all diese Fragen.
Die Landesregierung hat auch in diesem Programm die Ener giewende zum Schwerpunkt gemacht. Die Erfolge sind nicht nur nach Einschätzung meiner zuständigen Kollegen – ich er innere mich an den letzten Redebeitrag von Herrn Nemeth –
eher dürftig. Dem Herrn Umweltminister ist da noch nicht so viel gelungen. Und nun sollen da auch noch diese EFRE-Mit tel hineinfließen. Die Mittel sollen u. a. in neue Netzwerke zur Unterstützung und Information von Unternehmen und Ver brauchern fließen. Leute, das ist ganz einfach zu wenig! Wir brauchen nicht mehr Information, sondern wir brauchen kon krete Projekte und konkrete Maßnahmen. Dafür, dass die Energiewende stattfindet, brauchen wir keine neue Informa tionskampagne mehr. Seit drei Jahren sind wir mittendrin.
Dann haben Sie, Herr Murschel, angesprochen, dass der länd liche Raum daran partizipiere. Das halten wir, die CDU, für eine schiere Selbstverständlichkeit. Schauen Sie sich unser Land an. Sie haben es gerade gesagt: Unser Land ist in den ländlichen Räumen vorbildlich entwickelt. Das bleibt nicht so. Die demografische Entwicklung fordert uns heraus. Des wegen ist es auch wichtig, dass hier zusätzliche Gelder hin einfließen.
Nur, die Stellungnahme der Landesregierung wirkt an dieser Stelle sehr bemüht. Da wird nämlich beim EFRE der ländli che Raum ausgeblendet. Bei den anderen Mitteln ist das selbstverständlich nicht der Fall. Der Wettbewerb RegioWIN – ich war bei der Vorstellung der ersten Auswahlrunde dabei – richtet sich an sogenannte funktionale Räume, womit wohl u. a. auch Stadt-Umland-Beziehungen zu verstehen sind. Das ist für mich nicht der ländliche Raum.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Natürlich! In jedem ländlichen Raum gibt es auch eine Stadt! – Abg. Pe ter Hofelich SPD: Alles!)
Bei diesem Verfahren müssen die Beteiligten erhebliche Vor leistungen erbringen, und als eine Vertreterin der Region Heil bronn, die nicht zum Zuge gekommen ist, habe ich schon ver stehen können, dass sehr viel Enttäuschung dabei ist, wenn es am Ende heißt: Außer Spesen nichts gewesen.
Zudem fällt auf, dass die in der ersten Runde ausgewählten Regionen relativ große Einheiten umfassen, etwa die Metro polregion Rhein-Neckar – kein ländlicher Raum – und die Re gion Stuttgart. Deswegen sollte man da schon ein bisschen zu rückhaltender sein, wenn man hier das Wort vom ländlichen Raum im Munde führt.
Bezeichnend ist ein Zweites, nämlich dass trotz der starken Steigerung, die Sie beim EFRE für den ländlichen Raum an geführt haben, im MLR eigentlich gerade einmal 3,3 Millio nen € mehr zur Verfügung stehen. Bei dieser überschaubaren Summe braucht man die Backen nicht so aufzublasen.
Ja, sehr geehrte Damen und Herren, es gibt keine speziellen Förderansätze für die ländlichen Räume. Hier ist die Stellung nahme der Landesregierung unfreiwillig eindeutig. Das kann man dieser Stellungnahme entnehmen. Übersetzt heißt das: Der ländliche Raum bekommt nur Geld, wenn er sich den Vor gaben aus Stuttgart beugt.
Ein Blick nach Bayern zeigt, dass es auch anders gehen kann. Dort soll die EFRE-Förderung Chancengerechtigkeit in allen bayerischen Regionen gewährleisten und den Menschen ver gleichbare Startchancen und Entwicklungsmöglichkeiten ge ben. Da lohnt ein Blick in das Nachbarbundesland.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Am ländlichen Raum in Bayern ein Beispiel nehmen? Das ist doch lächer lich! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Herr Kollege Schmiedel, Sie wissen doch gar nicht, von was Sie reden!)
Nein, Sie haben nicht richtig zugehört, Herr Schmiedel. Wir reden von diesem Programm und nicht von der bisherigen Po litik, die in Baden-Württemberg 58 Jahre lang die CDU ver antwortet hat.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir zunächst eine Bemer kung zu Ihnen, Frau Gurr-Hirsch. Ich glaube, es tut uns allen gut, wenn wir gerade vor einer Europawahl gute Nachrichten verbreiten. Dass 100 Millionen € mehr Fördermittel als in der vergangenen Förderperiode zur Verfügung stehen, ist eine richtig gute Nachricht.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das habe ich doch begrüßt! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das begrüßen wir alle!)
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das begrüßen wir doch!)
Aber Geld allein ist nicht alles. Zur neuen Förderperiode wur de auch inhaltlich sehr viel verändert. Vor allem muss jetzt je de Region darüber nachdenken, was dort gebraucht wird, und eine Innovationsstrategie entwickeln. Ich glaube, das tut den Regionen insgesamt sehr gut, weil damit die unterschiedlichs ten Akteure, die sonst vielleicht gar nicht zusammenfinden würden, an einen Tisch kommen, von den Hochschulen über die IHKs bis zur Wirtschaftsförderung und vielen weiteren Akteuren.
Ich habe bei uns in der Region erlebt – dort sind jetzt im Üb rigen Projekte prämiert worden –, was alles dabei heraus kommt. Selbst wenn kein Leuchtturmprojekt herauskommt, hat sich dieser Prozess allein als solcher schon gelohnt. Es ist eine richtig gute Sache, wenn Regionen innovative Strategi en entwickeln.
Vor allem tut es der Identität einer Region, die sehr häufig unter entwickelt ist – auch im ländlichen Raum, Frau Gurr-Hirsch –,
gut, wenn sich alle an einen Tisch setzen und einmal überlegen, was sie letzten Endes brauchen. Ich bin der Landesregierung
Aber nun kommt es natürlich darauf an, dass solche Strategi en nicht allein auf dem Papier stehen, sondern tatsächlich um gesetzt werden. Deshalb ist es auch wichtig, dass die Kom mission in Brüssel einen solchen Prozess aktiv begleitet. Das Land kann sich da durchaus mit seiner Expertise einbringen.
Wir haben da schon gute Erfahrungen in anderem Zusammen hang gesammelt, etwa bei den transnationalen Projekten, al so bei INTERREG, um ein Beispiel zu nennen. Beispielswei se werden in Zusammenarbeit mit der IHK SchwarzwaldBaar-Heuberg die KMUs im Alpenraum gestärkt. Ferner führt die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz gemeinsame Projekte in den Bereichen Verkehr und Logistik durch. Das sind richtig gute Maßnahmen, die das Land ange stoßen hat.
Es gibt also nicht nur mehr Geld, sondern es hat sich auch viel verändert. Sie haben recht – da stimme ich Ihnen zu –: Wenn es darum geht, Stärken zu stärken, hat Baden-Württemberg in der Tat eine ganze Menge zu bieten. Die Schwerpunkte Inno vation und Klimaschutz wurden genannt. Zwei Drittel der Mittel fließen in Innovation, in Forschung und ähnliche Be reiche, und das vor allem konzentriert auf den ländlichen Raum. Wer da sagt, Grün-Rot mache nichts für den ländlichen Raum, der liegt wirklich grottenfalsch; das will ich einmal sa gen.
Die Wettbewerbe RegioWIN und „Spitze auf dem Land!“ sind hierfür die richtigen Ansätze, durch die gerade die Stellung von kleinen und mittleren Unternehmen gestärkt wird und ganz viel geleistet wird, um Arbeitsplätze zu schaffen. Genau das brauchen wir im ländlichen Raum, um junge Leute, die gut ausgebildet sind, im ländlichen Raum zu halten. Wenn es die Möglichkeit gibt, Mittel von bis zu 400 000 € zu bekom men – das können Betriebe beantragen –, dann ist das eine richtig gute Sache.
Diese Möglichkeit wird hier auch genutzt, wenn ich auch zu geben muss, dass man hier natürlich auch noch einiges ver bessern kann, was Anträge anbelangt.
Das ist nach wie vor mit viel Bürokratie verbunden. Ich wür de mir wünschen, dass man da noch ein Stück weit voran kommt und auch die Beratung in den Regierungspräsidien noch verbessert. Was sich ganz viele Betriebe, aber auch die Kommunen nach wie vor wünschen, ist eine Art Gesamtüber blick darüber, welche Fördermöglichkeiten es auf europäi scher Ebene, auf Bundesebene und auf Landesebene gibt, ei ne Zusammenfassung in einer Art Wegweiser, wodurch die Betriebe und Kommunen noch stärker unterstützt werden.
Ich will noch eine zweite kritische Anmerkung machen: Ich denke, auch die Rolle der Kommunen in der Jury selbst kann