Protocol of the Session on March 26, 2014

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Es wird gar keine zustande kommen!)

Sie stellt nur eine unnötige Konkurrenz gegenüber den sehr wertvollen, hochwertigen beruflichen Gymnasien dar, die wir in Baden-Württemberg flächendeckend haben. Werben Sie bei den Eltern stattdessen für die hoch attraktiven Wege des all gemeinbildenden Gymnasiums wie auch des beruflichen Gymnasiums. Denn wir wissen: Der Weg über die Realschu len auf ein berufliches Gymnasium ist ein gleichwertiger Weg zur allgemeinen Hochschulreife. Aber dafür müssten Sie na türlich auch die Realschulen stärken, und das tun Sie nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Kaum Applaus bei der CDU!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Frau Abg. Boser.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Beginn der zweiten Fremdsprache in Klasse 6 ist für uns ein wichtiger Beitrag, um die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Schularten zu stärken und um für die Schülerinnen und Schüler Hürden ab

zubauen und Wechselmöglichkeiten zwischen den Schularten zu gewährleisten. Darüber hinaus ist das Erlernen der zwei ten Fremdsprache für uns immer wichtiger; denn diese Kom petenz bedeutet einen großen Vorteil für Schülerinnen und Schüler auf dem Arbeitsmarkt. Das Beherrschen einer zwei ten Fremdsprache wird von den Schülerinnen und Schülern auch immer öfter erwartet.

Um ein entsprechendes Angebot vorhalten zu können, ist es wichtig, dass die Gemeinschaftsschulen mit stabilen Schüler zahlen starten. Ich gebe Ihnen recht, Herr Kollege Wacker: Wir haben dies nicht an allen Gemeinschaftsschulen geschafft. Wir brauchen in diesem Zusammenhang die regionale Schul entwicklungsplanung und eine verlässliche Planung, damit Schulstandorte ebendiese Schülerzahlen aufweisen, sodass ein breites Angebot vorgehalten werden kann.

Im Übrigen sehen wir es auch für die Realschulen als wichti gen Weg, die zweite Fremdsprache ab Klasse 6 anzubieten. Denn auch die Realschulen haben in den vergangenen Jahren nicht die Durchlässigkeit bieten können, wie Sie sie immer beschreiben. Der Wechsel von der Realschule auf das Gym nasium war mit der Einführung der zweiten Fremdsprache in den Klassenstufen 7 und 6 eben nicht mehr einfach möglich. Daher haben wir im Blick, dass an Realschulen der Unterricht in einer zweiten Fremdsprache ebenfalls in Klasse 6 beginnen muss, damit auch hier die Durchlässigkeit zwischen den Schularten gestärkt wird und damit auch Schülerinnen und Schülern, die mit einer Gymnasialempfehlung auf eine Real schule wechseln, ein Angebot für eine zusätzliche Möglich keit unterbreitet werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Die Vorteile der Einführung einer zweiten Fremdsprache ab Klasse 6 liegen – ich muss es hier nicht weiter ausführen – da rin, dass wir die Kontingentstundentafel so anpassen können, dass die von der KMK als notwendig erachtete Stundenzahl, um die gymnasialen Standards zu erreichen, besser verteilt werden kann, damit Schülerinnen und Schüler bereits zu ei nem frühen Zeitpunkt die Möglichkeit haben, eine zweite Fremdsprache zu erlernen. Diesen Weg schätzen wir, und die sen Weg unterstützen wir.

Wenn man aber weiß, dass Bildungswissenschaftler wie Hur relmann und andere schon jetzt die Prognose aufstellen, dass wir zukünftig mit Übergangsquoten von etwa 70 % auf das Gymnasium zu rechnen haben – ich betone nochmals: das sind keine Prognosen, die die grün-rote Landesregierung aufstellt, sondern es sind Prognosen, die von Bildungswissenschaftlern aufgestellt werden –, dann brauchen wir als Alternative für die Gymnasien Schularten, die diesen Weg ebenfalls anbieten und die entsprechende Standards gewährleisten. Wenn Eltern für ihre Kinder verstärkt ein solches Übergangsverhalten wäh len, brauchen wir eine Entlastung für die Gymnasien. Diese kann nur erfolgen, wenn die entsprechende Alternative eben falls gymnasiale Standards erfüllt.

Wir sehen es daher als wichtige Aufgabe, dafür zu sorgen, dass solche Angebote auch an Gemeinschaftsschulen vorgehalten werden.

In einem nächsten Schritt ist es wichtig – das wurde schon an gesprochen –, dass auch eine dritte Fremdsprache angeboten

werden kann. Dafür braucht man eine gewisse Schülerzahl. Aber nur so werden wir es schaffen, die Akzeptanz der Ge meinschaftsschule im Hinblick auf die gymnasialen Standards zu stärken. Ich glaube, es ist entscheidend, dass wir hier ge meinsam entsprechende Möglichkeiten schaffen, um zukünf tig die Gymnasien nicht über ein gewisses Maß hinaus zu be lasten.

Ich nenne hier einmal das Beispiel Heidelberg; dort gibt es bereits Übergangsquoten von 70 % – es gab sie schon zu Zei ten der verbindlichen Grundschulempfehlung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Viel zu viele!)

Diese Beispiele zeigen bereits: Wir brauchen eine Kompen sation zum Gymnasium. Wir brauchen als zweiten Weg eine Schulform, die diese gymnasialen Standards ebenfalls anbie tet, sodass Eltern die Überzeugung erlangen können, dass sie ihre Kinder auch in einer solchen Schule unterrichten lassen können und dass der Weg, der zu einem Abschluss führt, of fen und frei gestaltet werden kann.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Auch wir sehen die beruflichen Gymnasien sowie die allge meinbildenden Gymnasien als die natürlichen Begleiter der Oberstufe an den Gemeinschaftsschulen. Wir werden aber auch Einzelfälle haben, bei denen es durchaus Sinn macht, dass die Gemeinschaftsschule eine eigene Oberstufe vorhält. Das muss stark an Mindestschülerzahlen gekoppelt sein, es muss an die regionale Schulentwicklung gekoppelt sein, und es muss klar regional abgegrenzt werden, wo eine Oberstufe eingerichtet werden kann.

Aber dass ein Oberstufenangebot an Gemeinschaftsschulen auch weiterhin ermöglicht wird, dafür stehen wir. Daher wer den wir Ihrem Antrag nicht zustimmen, keine gymnasialen Oberstufen an Gemeinschaftsschulen zuzulassen. Vielmehr wollen wir ein entsprechendes Angebot vorhalten, nach einer sorgfältigen Prüfung, ob dies im jeweiligen Einzelfall Sinn macht oder nicht.

Denn wir brauchen starke Gemeinschaftsschulen in BadenWürttemberg, um den Eltern ein gutes und attraktives Ange bot zu machen, um die Kompensation als Ergänzung zu den Gymnasien zu leisten, damit die Gymnasien ihre gute Arbeit fortsetzen können und damit die Gemeinschaftsschulen ihr Angebot aufrechterhalten können, das die Eltern nachfragen. Das wollen wir von grüner Seite aus unterstützen.

Wir sehen die Entwicklung im Moment auf einem richtigen Weg. Wir sehen, dass viele Gemeinschaftsschulen dieses An gebot vorhalten können, aber wir sehen auch, dass wir hin sichtlich der Schülerzahlen stark in eine regionale Schulent wicklungsplanung hineingehen müssen. Es muss genau ge schaut werden, wo diese Schulstandorte von den Schülerzah len her am besten eingerichtet werden können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich das Wort Frau Abg. Wölfle.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was wäre ein Plenartag oder ein Sitzungstag des Bildungsausschusses ohne das Thema Gemeinschafts schule?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Schade, dass wir nach so viel Einverständnis heute Nachmit tag doch noch mit einem so strittigen Thema den Tag beschlie ßen werden. Da dies für Sie ein Dauerthema ist, bei dem wir uns nicht nur inhaltlich wiederholen, sondern bei dem auch die Vertreter der Fraktionen hier am Rednerpult in der Regel stets dieselben sind, werde heute nun ich zu diesem Thema reden; dann gibt es zumindest in dieser Hinsicht einmal eine Abwechslung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf von der SPD: Sehr gut! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Schwacher Beifall!)

Immer und immer wieder fällt der Opposition etwas ein, um vermeintliche Schwächen der Gemeinschaftsschulen aufzu decken und hier zum Gegenstand von Debatten zu machen.

(Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Dabei wiederholen wir uns in den Aussagen, und wirklich neue Erkenntnisse gewinnen Sie, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, nicht – besser gesagt, Sie wollen sie gar nicht gewinnen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ha no, ha no!)

Diesmal muss die zweite Fremdsprache herhalten, um den Eindruck zu erwecken, dass es an den Gemeinschaftsschulen mit gymnasialen Standards nicht funktionieren kann. Wieder einmal gehen Ihre Fragen in die gleiche Richtung: Wie kann es bloß sein, dass Kinder gleichzeitig nach den Standards der Realschule wie auch nach den Standards des Gymnasiums un terrichtet werden können?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist auch sehr schwierig, wie man sieht!)

Nun, gern auch an dieser Stelle wieder die Antwort, wie wir sie Ihnen bereits auf Ihre vielen ähnlich lautenden Fragen ge geben haben: Es gibt an den Gemeinschaftsschulen keine äu ßere Differenzierung. Die Schülerinnen und Schüler lernen individuell und kooperativ, und wie im überwiegenden Rest der Welt können Kinder ohne Differenzierungen in einer Klas se lernen, sich zu entwickeln und sich gegenseitig zu unter stützen – und das ganz ohne das Schubladendenken des ge gliederten Schulsystems.

Wirklich entscheidend ist, dass wir dafür sorgen, dass es an den weiterführenden Schularten endlich eine horizontale Durchlässigkeit gibt. Die zweite Fremdsprache wird in Klas se 6 beginnen. Damit ist es möglich, einen Wechsel zwischen den Schularten vorzunehmen; dies wird deutlich erleichtert.

Dass wir zunehmend auch Gymnasiallehrer an den Gemein schaftsschulen haben, dürfte auch für Sie eine Überraschung sein.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das war schon im mer so!)

In allen vier Regierungsbezirken gibt es Gymnasiallehrer, die an Gemeinschaftsschulen angestellt sind. Viele von ihnen un terrichten Englisch und Französisch. Herr Minister Stoch wird Sie hierzu gleich auf den aktuellen Stand bringen.

Hinzu kommt, dass die Gemeinschaftsschulen vor Ort auch mit anderen Schulen vielfältige Kooperationen eingehen und somit auch über diesen Weg die Standards sichern.

Die Stellungnahme des Ministeriums zu Ihrem Antrag ist da her sehr klar und eindeutig. Geht es Ihnen aber um die zwei te Fremdsprache, oder geht es Ihnen darum, nach außen zu vermitteln, dass die Gemeinschaftsschule nach Ihrer Auffas sung nicht die erforderliche Qualität hat,

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Genau!)

und wollen Sie damit die Eltern abschrecken, ihr Kind an ei ne solche Schule zu schicken?

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Alte Strategie!)

Mein Kollege Dr. Fulst-Blei hat in der vergangenen Woche eindrucksvoll Ihre Doppelstrategie hier aufgezeigt.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: „Eindrucksvoll“!)

In Stuttgart ist die Gemeinschaftsschule Ihr bildungspoliti scher Hauptangriffspunkt, und im Wahlkreis vor Ort zeigen Sie sich von ihr beeindruckt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ha no, ha no! Wir können auch anderes berichten!)

Wie werden Sie das eigentlich im nächsten Landtagswahl kampf auf die Reihe bekommen? Das könnte wirklich inter essant werden. So, wie Sie hier diese Schulart und die dort ar beitenden Lehrkräfte immer und immer wieder diffamieren, wird Ihnen vor Ort aber allmählich klar, dass Lehrer und El tern auch Wähler sind. Da agieren Sie komplett anders. Welch ein durchschaubares Spiel!