Ein weiteres Beispiel ist der „Zukunftsplan Jugend“, in dem das Thema Partizipation ebenfalls einen Schwerpunkt bildet. Hier ist ein wichtiges Anliegen, durch geeignete Beteiligungs formen auch bei Jugendlichen aus bildungsferneren Schich ten Interesse für Politik zu wecken, bei Jugendlichen, die sich nicht unbedingt für die Arbeit in einem Jugendgemeinderat interessieren würden.
Auch Petitionen haben hier eine wichtige Funktion. Wir ha ben bei der Diskussion über das Thema „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ in den Leitprinzipien bzw. in der Konzeption des neuen Bildungsplans deutlich gemacht, dass wir eine kritische Auseinandersetzung nicht scheuen. Es gilt aber bei jedem Ein zelfall, sehr genau zu prüfen, ob eine bestimmte Beteiligungs form für ein Thema geeignet ist oder nicht. Das haben wir in genau diesem Sinn auch bei der Bildungsplanreform getan.
Die Bildungsplanreform ist – Herr Kollege Wacker hat dies vorhin ausgeführt – ein äußerst umfangreiches, ein sehr kom plexes Projekt, das von vornherein eine große Zahl von Ex pertinnen und Experten aus allen Bereichen des Bildungsle bens einbeziehen muss. Aufgrund dieser Komplexität sind die Fachleute in den beteiligten Ministerien zu dem Ergebnis ge kommen, dass hier das spezielle Verfahren des Bürgerportals nicht das ideale Instrument der Beteiligung ist.
Bei anderen Projekten dagegen verspricht das Beteiligungs portal einen erheblichen Mehrwert; beispielsweise haben wir das Beteiligungsportal erfolgreich für einen Chat zur regiona len Schulentwicklung genutzt, und wir planen auch weitere solcher Veranstaltungsformen, etwa zu dem ebenfalls schwie rigen, komplexen und emotional besetzten Thema Inklusion.
Gleichwohl möchte die Landesregierung gerade auch beim Bildungsplan die Beteiligung einer breiten Öffentlichkeit si
cherstellen. Gemeinsam mit dem Landesinstitut für Schulent wicklung haben wir bei der Entwicklung des Bildungsplans deshalb den bislang breitesten Prozess zur Beteiligung der Bürger gestartet, der wohl auch bundesweit einmalig ist. Es werden Anregungen und Rückmeldungen unter Mitwirkung der zuständigen Schul- und Fachreferate des Kultusministe riums in einem sorgfältigen Auswertungs- und Abwägungs verfahren in den Reformprozess einbezogen und den Bil dungsplankommissionen zur Verfügung gestellt.
Daneben erfolgt die Beteiligung durch verschiedene weitere Maßnahmen. Zusätzlich zum üblichen Anhörungsverfahren, bei dem die Beteiligten wichtige Impulse und Rückmeldun gen geben können, haben wir – auch dies wurde bereits ange sprochen – einen Beirat eingesetzt, der breit besetzt ist mit Vertreterinnen und Vertretern der Gesellschaft, aus Wissen schaft, Wirtschaft, Kirchen und Politik.
Ein weiteres Zeichen ist, dass wir in diesem Prozess erstmals – das war bei Ihnen keine gelebte Praxis – auch Mitglieder al ler im Landtag vertretenen Fraktionen in diesen Beirat einla den und sie zur Beteiligung auffordern. Auch dies sollte, mei ne ich, gewürdigt werden.
Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist aus meiner Sicht die Beteiligung im Rahmen der Bildungsplanre form sehr gut. Auch die offene Diskussion ist in erheblichem Maß gelungen. Denn wir schaffen es, auch in ständigem Dis kurs mit den im Beirat vertretenen Gruppierungen, beispiels weise den Kirchen, in einem kontinuierlichen Austausch über die schwierigen Themen zu bleiben.
Herr Kollege Wacker, wenn Sie bei diesem Themenspektrum immer wieder auf ein Thema, nämlich auf das Thema „Ak zeptanz sexueller Vielfalt“, abheben,
muss ich Ihnen ganz deutlich sagen: Es hilft nicht – Herr Kol lege Kleinböck hat auch vom „Feuerwehrmann“ gesprochen –, eine Empörung, die möglicherweise aufgrund fehlerhafter Informationen aufkommt, noch zu unterstützen oder zu schü ren. Es gilt, gerade bei einem Prozess wie der Bildungsplan reform, dass wir gemeinsam daran interessiert sein müssen, das gesamte Projekt als ein Projekt darzustellen, das für die Weiterentwicklung unserer Bildungslandschaft ungemein wichtig ist.
Es ist meines Erachtens daher nicht angebracht, wenn Sie im mer wieder vorbringen, die Bildungsplanreform solle zu ei ner politischen Indoktrination an unseren Schulen genutzt werden. Da werden Sie auf harten Widerstand fast aller Mit glieder dieses Beirats, fast aller Beteiligten bei dem gesamten Beteiligungsprozess stoßen. Denn all diejenigen, die an die sem Prozess teilhaben, wissen genau, dass dies in keiner Wei se ein Anspruch dieser Landesregierung ist.
Diese Bildungsplanreform muss gelingen, damit die Zukunft der Kinder in unseren Schulen und damit die Zukunft der Kin der in der Gesellschaft Baden-Württembergs gesichert ist.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Herr Minister, jetzt muss ich Sie doch mit einigen Ihrer Aussagen konfrontieren. Im ersten Teil Ihrer Re de haben Sie ausdrücklich betont, wie wichtig Ihnen Beteili gungsverfahren seien. Ihre Vorgängerin, Frau Gabriele War minski-Leitheußer,
hat gemeinsam mit Frau Staatsrätin Erler im Dezember 2012 ganz klar gesagt: Erstens: Es gibt ein Onlinebeteiligungspor tal. – Das haben Sie eben auch bestätigt. – Zweitens: Das Kul tusministerium wird das erste Haus sein, das sich an diesem Onlineportal beteiligt.
Darüber hinaus wartet das Kultusministerium erste Be teiligungsprozesse ab, um beurteilen zu können, wie das Portal für ein Projekt wie die Entwicklung der Bildungs planreform des Kultusministeriums genutzt werden kann.
Eben sagten Sie, dieser Bereich eigne sich nicht für eine sol che Beteiligungsform. Das heißt, Sie widersprechen dem, was im Dezember 2012 angekündigt wurde. Erklären Sie einmal, warum dieses Instrument eben nicht dazu geeignet sein soll, eine Beteiligung zu ermöglichen. Sie wollen also im Grunde nur eine Form der Beteiligung, die Ihnen genehm ist.
Kritische Stimmen von Bürgerinnen und Bürgern wollen Sie überhaupt nicht lesen oder hören. Deswegen sagen Sie, die ses Bürgerbeteiligungsportal könne gern bei allen Ressorts an gewandt werden, aber bezogen auf die Kultuspolitik nicht. Das ist nicht in Ordnung, und es ist, Herr Minister, unredlich, wenn Sie in diesem Zusammenhang von einer Bürgerbeteili gung sprechen.
Zweitens: Das Thema „Sexuelle Vielfalt“ stand gar nicht im Mittelpunkt meiner Rede. Aber Sie haben jetzt die Chance, diese Kontroversen „abzuräumen“, indem Sie nun endlich ein mal eine konsensfähige Formulierung für einen Bildungsplan auf den Tisch legen. Noch immer schwirren diese Entwürfe durch den Raum, die Sie damals dem Beirat vorgelegt haben und die wegen der Überbetonung dieses Themas massiv kri tisiert wurden. Jetzt haben Sie die Chance, auf der Grundlage des Bildungsplans 2004 – da gibt es angemessene Formulie rungen – gegebenenfalls behutsame Weiterentwicklungen vor zunehmen und der Öffentlichkeit endlich zu sagen, wie eine konsensfähige Formulierung zu diesem Thema aussehen könnte.
Nichts davon tun Sie. Und indem Sie nichts tun, nehmen Sie in Kauf, dass dieses Thema nach wie vor zu großer Verunsi cherung in unserer Bevölkerung führt.
Nun zum Thema Leitprinzipien: Herr Minister, auch die GEW fordert eine Korrektur der Leitprinzipien, also der Lehrerver band, mit dem Sie einen sehr intensiven Dialog führen. Wenn die Bedeutung des Beirats hervorgehoben wird – ich habe eben aus dem Protokoll einer Beiratssitzung zitiert – und Sie sagen, dass Sie den Beirat sehr ernst nehmen, dann bitte ich Sie, sehr bald die nötigen Konsequenzen daraus zu ziehen.
Die damalige kontroverse Diskussion – Frau Kollegin Boser, Herr Kollege Fulst-Blei und ich waren anwesend – fasste der Ministerialdirektor am Ende der fast zweistündigen Debatte, in der es ausschließlich um die Rolle der Leitprinzipien ging, im Ergebnis wie folgt zusammen – ich zitiere aus dem Proto koll dieser Sitzung –:
Die Bedeutung dieser Leitprinzipien ist in diesem Beirat sehr kontrovers diskutiert worden. Dann äußern Sie sich doch auch zu der Frage, was Sie konkret tun wollen, damit die wichti gen Bildungsziele im Bildungsplan verankert werden und kei ne Privilegierung bestimmter Themen vorgenommen wird!
Im Übrigen wissen die Lehrkräfte am Ende sehr wohl, was den Kindern im Unterricht guttut. Aber auf der anderen Seite müssen Sie dann auch so konsequent sein, dass Sie den Bil dungsplan nicht überfrachten.
Deswegen meinen wir: Herr Minister, Sie sind jetzt an der Reihe, Ordnung in diese Diskussion hineinzubringen. Denn eine Bildungsplandiskussion taugt in der Tat nicht zur politi schen Auseinandersetzung. Nur Sie haben sie herbeibeschwo ren.
Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/3320 (Geänderte Fassung). Der An trag ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen zu.
für Finanzen und Wirtschaft zu den Mitteilungen des Rechnungshofs vom 4. Juli 2013 – Denkschrift 2013 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes BadenWürttemberg – Drucksachen 15/3800, 15/3801 bis 15/3822, 15/4201 bis 15/4222
Finanzen und Wirtschaft zu dem Antrag des Rech nungshofs vom 24. Oktober 2013 – Prüfung der Rech nung des Rechnungshofs (Epl. 11) für das Haushalts jahr 2011 durch den Landtag – Drucksachen 15/4247, 15/4582