(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisen lohr GRÜNE: Wie sieht die Realität aus? – Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)
In der zweiten Runde werde ich gern noch auf weitere Punk te eingehen. Ich gehe einmal davon aus, dass Sie, Frau Minis terin, hoffentlich für etwas Klarheit sorgen, wie Sie aus der bisherigen Administrationsphase in die Gestaltungsphase kom men wollen. Ich denke, die Landesregierung und die Minis terin müssen gerade auf dem Gebiet von Forschung und Wis senschaft deutlich mehr vorlegen als das, was Sie bisher ge tan haben.
In der weiteren Aussprache ertei le ich einem Vertreter der SPD-Fraktion das Wort. Herr Kol lege Rivoir, bitte.
Herr Präsident, meine Kollegin nen und Kollegen, meine Damen und Herren! Die Wissen schaftspolitikerinnen und Wissenschaftspolitiker der Regie rungsfraktionen haben sich in den letzten Monaten an den Hochschulen umgeschaut, dort Besuche gemacht. Wenn man mit den Leuten, mit den Studierenden, aber auch mit der Füh rung spricht, muss man feststellen, dass dort eigentlich eine gewisse froh gestimmte Zuversicht herrscht. Für diese Zuver sicht, meine Damen und Herren, will ich Ihnen an dieser Stel le, in dieser Aktuellen Debatte einmal einige Gründe nennen.
Zuversicht herrscht, weil wir im Bereich der baulichen Sanie rung Fakten, Tatsachen schaffen werden. Die vorherige Lan desregierung hat das Thema Sanierungsstau über Jahre hin weg systematisch verniedlicht, hat praktisch nichts unternom men. Wir haben das Problem erkannt. Wir werden schon im Nachtragshaushalt 2011 entsprechende Mittel einstellen.
Wir haben hier beim Thema Kassensturz ausführlich darüber diskutiert: Sanierungsverzicht bedeutet, Vermögen zu ver schleudern, bedeutet eine indirekte Schuldenaufnahme. Wir werden damit Schluss machen. Wir schaffen da Fakten. Dies sorgt an unseren Hochschulen für Zuversicht.
Ein zweiter Punkt, meine Damen und Herren, ist das Rück gängigmachen des Universitätsmedizingesetzes. Dieser Vor gang, den wir jetzt einleiten werden, sorgt an unseren Hoch schulen, an unseren Universitäten in der Tat für Zuversicht.
Warum? Ich glaube, in diesem Haus wurde noch nie ein Ge setz mit solch einer brachialen Kraft gegen den Willen der Be troffenen, nach meinem Eindruck aber auch gegen die Über zeugung manches Abgeordneten der damaligen Regierungs fraktionen aus reinem Trotz durchgesetzt.
Dieses Gesetz wird jetzt von uns rückabgewickelt, mit Aus nahme eines Punkts: Wenn nämlich der Leiter eines Klini kums ganz viele falsche Entscheidungen trifft, schlecht wirt schaftet, dann hat die Landesregierung weiterhin die Möglich keit, ihn zu entlassen. Das lassen wir. Aber der Rest wird rück abgewickelt. Dann werden wir im Dialog mit den Betroffe nen ein neues Gesetz auf den Weg bringen, welches das Kräf teverhältnis zwischen der Universität, dem Klinikum und dem Land neu austariert. Dieser Prozess wird dialogorientiert sein, wird auf Augenhöhe stattfinden. Da werden wir alle zusam men eine faire Lösung finden. Diese Vorgehensweise, diese Dialogorientierung sorgt für neuen Schwung und Optimismus an den Universitäten.
Ein weiterer Punkt: Zuversicht herrscht auch, weil wir mit dem Atomausstieg ganz konsequent auf den Ausbau der er neuerbaren Energien setzen. Die Stromgewinnung, die Ener giebereitstellung aus erneuerbaren Energien ist wissenschafts- und technologieorientiert. Da sind unsere Hochschulen, un sere Forschungslandschaft schon sehr gut aufgestellt. Da ist großes Know-how vorhanden. Die Regierung wird die Hoch schullandschaft, die Wissenschaftslandschaft für diese Ener giewende aus Überzeugung weiter stärken und Voraussetzun gen dafür schaffen, dass die baden-württembergischen Hoch schulen im Rahmen dieser Energiewende ganz vorn mit for schen können, in der Bundesrepublik das Flaggschiff sind, und wird damit auch die Voraussetzungen schaffen, dass im Rahmen dieser Energiewende Arbeitsplätze bei uns im Land entstehen.
Auch wenn es Ihnen wehtut, meine Damen und Herren von den ehemaligen Regierungsfraktionen: Zuversicht herrscht an den Hochschulen eben auch, weil wir zum Sommersemester 2012 die Studiengebühren abschaffen werden. Wir werden den Hochschulen einen fairen Ausgleich, eine faire, unkom plizierte und unbürokratische Kompensation aus Steuermit teln leisten.
Mit der Abschaffung der Studiengebühren werden wir einer sozial hochbrisanten Form der Hochschulfinanzierung das En de bereiten. Es wird ein neues Instrument geben. Wir werden die Hochschulen durch eine Finanzierung aus Steuermitteln entsprechend ausstatten. Das ist übrigens auch ein großer Bei trag zum Bürokratieabbau an den Hochschulen.
Zu einem weiteren Punkt, der sogenannten unternehmerischen Hochschule: Es war die unternehmerische Hochschule, die hier über viele Jahre vom – –
die Herr Professor Frankenberg hier als Mantra vor sich her getragen hat. Mit diesem Thema wird diese Regierung Schluss machen.
Die unternehmerische Hochschule hat in die Hochschulen hi nein völlig wesensfremde Organisationsformen geschaffen. Damit werden wir aufräumen.
35 Jahre nach der ideologisch motivierten Abschaffung der Studierendenvertretung werden wir neue, demokratisch legi timierte Entscheidungs- und Beratungsstrukturen schaffen. Wir werden damit dazu beitragen, Konflikte in den Hochschu len zu vermeiden. Wir werden neuen Schwung in die Hoch schulen bringen. Wir werden die Kreativität, die überall an den Hochschulen vorhanden ist, nach vorn bringen und diese Kreativität nutzen, um die Hochschulen zu neuen Ufern zu führen.
Ein letzter Punkt: Optimismus herrscht auch, weil wir die Warnungen, die z. B. von der Präsidentin der Hochschulrek torenkonferenz, Frau Dr. Wintermantel, im Rahmen der 2012-Problematik jetzt noch einmal erneuert worden sind, ernst nehmen und sehr schnell reagieren.
Das Programm „Hochschule 2012“, das von der Vorgänger regierung auf den Weg gebracht und von uns immer kritisch, aber wohlwollend begleitet wurde, wird von uns weiter aus gebaut. Sie erinnern sich: Zu Beginn waren 16 000 neue Stu dienplätze im Gespräch. Wir haben schon damals immer da von gesprochen, dass wir mindestens 20 000 neue Plätze brau chen. Die neue Regierung wird die Zahl der Plätze nun auf 22 000 aufstocken. Ich denke, auch diese Schnelligkeit der Reaktion, dieses flexible Reagieren auf neue Tatsachen wird an unseren Hochschulen sehr positiv gesehen und sorgt dort für neuen Optimismus.
Zusammenfassend: Neben der Schulpolitik ist die Hochschul politik eine der größten Baustellen, die uns von der vorheri gen Regierung hinterlassen worden sind.
Wir werden die Probleme, die in der Hochschullandschaft, an den Hochschulen existieren, dialogorientiert, mutig und ziel gerichtet anpacken. D i e s e Vorgehensweise wird für ein – um zum Schluss noch den Titel dieser Aktuellen Debatte aufzugreifen – „gutes Klima für Forschung und Lehre an un seren Hochschulen“ sorgen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Baden-Württemberg hat sich mit dem Hochschulausbau programm „Hochschule 2012“ rechtzeitig und lange vor al len anderen Bundesländern auf den doppelten Abiturjahrgang im kommenden Jahr vorbereitet.
Dass die neue Landesregierung diesen von der alten Landes regierung eingeschlagenen Weg weitergeht, begrüßen wir von der FDP/DVP-Fraktion ausdrücklich. Auch dass Sie die Zahl der neu zu schaffenden Studienanfängerplätze nach den er folgten Berechnungen des Centrums für Hochschulentwick lung erhöht haben, findet grundsätzlich unsere Unterstützung.
Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass die zusätzli chen Studienanfängerplätze dem Bedarf folgen: in erster Li nie dem Bedarf der Studierenden, aber ebenso dem Bedarf der Hochschulen.
Auch sollte die Zielsetzung nicht nur die sein, den Ansturm der Studierenden einmalig abzufedern. Vielmehr sollte der Blick immer auch auf die Zeit nach dem Ansturm gerichtet sein. Das heißt, für die Einrichtung neuer Studienplätze darf nicht nur auf Masse, sondern muss auch auf Klasse geachtet werden. Es ist offensichtlich, dass beispielsweise ein Medi zinstudienplatz sehr viel kostspieliger ist als ein Studienplatz in vielen anderen Studiengängen.
Dennoch besteht gerade hier im Hinblick auf den in manchen Gebieten schon heute einsetzenden Ärztemangel besonderer Handlungsbedarf.