Minister Bonde hat im Vorfeld dieser Entscheidung erklärt, man mache diesen Nationalpark nur, wenn die Bevölkerung es wolle. Herr Bonde, dann müssen Sie spätestens heute zu rückrudern. Denn die Bevölkerung will es nicht.
Die Bevölkerung hat in mehreren Volksabstimmungen diesen Nationalpark abgelehnt, und es gab auch keine Bürgerbetei ligung. Das, was Sie da abgezogen haben, war ein Schmie rentheater.
Meine Damen und Herren, bei Ihnen hört die Bürgerbeteili gung dort auf, wo der Bürger seine eigene Meinung entwi ckelt. Das ist das Problem, das Sie haben.
Sie sind gegenüber den Menschen im Nordschwarzwald un gefähr so fürsorglich wie der Erlkönig gegenüber den kleinen Kindern. Bei der Durchsetzung Ihres Projekts verfahren Sie nach dem Erlkönig-Prinzip: Bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.
Meine Damen und Herren, Sie können am heutigen Tag mit Ihrer Mehrheit diesen Nationalpark erzwingen, aber hören Sie damit auf, in Zukunft noch von Bürgerbeteiligung zu reden, und hören Sie vor allem damit auf, von einer Politik des Ge hörtwerdens zu reden. Diese Maske werden Sie sich mit der Abstimmung am heutigen Tag vom Gesicht reißen, meine Da men und Herren.
Zu den angesprochenen Änderungsanträgen wird Kollege Bullinger in der zweiten Runde das Notwendige sagen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Ab geordneten! Sie entscheiden heute über die Einrichtung eines Nationalparks in Baden-Württemberg. Das ist eine Entschei dung von weitreichender, ja historischer Bedeutung; denn – wir haben es schon gehört – sie reicht, bis der Entwicklungs nationalpark sich zu dem entwickelt hat, was wir davon er warten: ein natürliches Stück Wald. Das kann Jahrhunderte dauern.
Deswegen leisten wir mit der Einrichtung eines Nationalparks einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Biodiversität. Das ist ein zentraler Beitrag zur Umsetzung der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt, zu der sich die Bundesrepublik un
Erst vor wenigen Monaten hat die Kanzlerin das darin festge legte Ziel bekräftigt, dass – ich zitiere –
wir 5 % unserer Wälder bis zum Jahr 2020 sich völlig frei entwickeln lassen, das heißt, dass daraus wieder Wildnis wird.
Man sieht daran: Ein Nationalpark ist kein grün-rotes Presti geprojekt, sondern wir werden damit unserer Verantwortung für den Natur- und Artenschutz gerecht.
Diese Verpflichtung haben wir, hat Baden-Württemberg gera de als starke Industrieregion, als eine der innovativsten Regi onen Europas. So wie gerade die fleißige, leistungsbereite Be völkerung Baden-Württembergs dieses Land wirtschaftlich so stark gemacht hat, so wissen wir auch: Die andere Säule un seres Landes, die Schönheit seiner vielfältigen Landschaften, zu hegen, zu pflegen und zu unterstützen und neue Mosaike hinzuzufügen ist gerade in einem starken Industrieland eine ganz große Herausforderung, die wir damit erfüllen.
Wir erfinden das Rad nicht neu. Das ist nicht der erste Natio nalpark, der weltweit oder in Deutschland eingerichtet wird. Wir sind vielmehr das letzte Flächenland, das das tut. Das heißt, wir wissen schon, dass große unzerschnittene Flächen von unschätzbarem Wert zum Erhalt der biologischen Vielfalt sind. Das Gebiet, um das es sich dreht, ist unzerschnittener Staatswald.
Die Idee, dort einen Nationalpark einzurichten, gibt es schon lange und ist schon von den Vorgängerregierungen, die von Ihnen geführt worden sind, ins Auge gefasst worden. Wir set zen sie jetzt endlich um.
Solche großflächigen Prozessschutzflächen haben wir in Ba den-Württemberg im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht. Der größte Bannwald, den wir haben, ist das PfrungerBurgweiler Ried, das lediglich 440 ha groß ist.
In einem solchen Prozessschutzgebiet ermöglichen wir etwas, was in kleinen, verteilten Schutzgebieten nicht möglich ist: ein Mosaik unterschiedlichster Baumentwicklungsstadien, vom frischen Grün bis zum Totholz. In einem solchen von
Menschen weitgehend unbeeinflussten Waldgebiet finden sich gerade auf dem Totholz wieder Arten ein, die in einem bewirt schafteten Wald nicht oder nur sehr selten anzutreffen sind.
(Abg. Volker Schebesta CDU und Abg. Claus Schmie del SPD: Doktor? – Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Herr Professor Drexler! Herr Dr. Drexler!)
Herr Ministerpräsident, vielen Dank, dass Sie die Frage zu lassen. – Sie kennen das Biosphärengebiet Schwäbische Alb. Sie wissen auch, welche Größe es hat und welcher Prozent satz davon Kerngebiet ist. Bleiben Sie bei der Behauptung, dass es in Baden-Württemberg bislang ausschließlich 440 ha dieser Qualität gibt?
Herr Abg. Röhm, ein Biosphärengebiet ist ein Großschutzgebiet zum Er halt unserer Kulturlandschaft. Hier geht es um die Wiederher stellung von Wildnis. Das sollten Sie nicht verwechseln.
Die Kernzonen, die dort sich selbst überlassen werden, sind in ihrer Größe relativ bescheiden; aber im Kern ist ein Bio sphärengebiet etwas vollkommen anderes als ein National park.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von der SPD: Ist doch etwas ganz anderes! – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Das ist richtig! Mir geht es aber um die Kernzonen! – Glocke des Präsidenten)