Gerade habe ich darüber gesprochen, Herr Kollege Salo mon. In der mündlichen Verhandlung wurde deutlich, dass das BVG zu diesem Thema sehr wichtige Aussagen machen will. Genau das ist der Grund dafür, dass ein Zuwarten besser ge wesen wäre.
Wenn Ihnen Politikferne so wichtig wäre, dann hätten Sie zweitens die Amtszeit der bestehenden Gremien nicht will kürlich verkürzt. Es gibt für diesen massiven Eingriff in die Autonomie der Gremien nur einen Grund, nämlich den, die politische Zusammensetzung möglichst schnell zu verschie ben.
Ich habe erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Vor gehens. Wenn Ihnen die Unabhängigkeit der Gremien ein ho hes Gut ist, dann sollten Sie mit den jetzigen Mitgliedern des Rundfunkrats und des Verwaltungsrats nicht in dieser Form umspringen. Das ist für die CDU-Fraktion nicht akzeptabel. Dieser Standpunkt hat mit Lobbyismus nichts zu tun.
Bei der künftigen Besetzung des Rundfunkrats bedienen Sie sich auch noch eines Instruments, das genauere Betrachtung verdient. Sie bilden sogenannte Körbe, in denen sich Verbän de jeweils auf Vertreterinnen und Vertreter einigen sollen,
(Abg. Sascha Binder SPD: Das ist etwas ganz Neu es! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das gab es früher nicht!)
Widrigenfalls entscheidet der Ständige Ausschuss des Land tags, wo Sie sich wieder Ihrer politischen Mehrheit bedienen können, um politisch wohlgefällige Räte zu berufen.
Lesen Sie doch einmal den Entwurf, Herr Drexler. Sie ha ben den doch noch gar nicht gelesen; dann schwätzen Sie doch nicht darüber.
Wie stark die Zurückhaltung grüner Politiker beim Griff nach Mandaten beim SWR ausgeprägt ist, hat uns in diesen Tagen der grüne Oberbürgermeister Fritz Kuhn vorgeführt.
Kaum im Amt als Vorsitzender des Volkshochschulverbands hat er sich schon das Mandat des Volkshochschulverbands im Rundfunkrat gesichert,
politikfern natürlich und übrigens auch perfekt gegendert, nachdem sein Vorgänger dort ebenfalls ein Mann war.
Das Redaktionsstatut versuchen Sie als Instrument der Mit bestimmung zu verkaufen. Der SWR verfügt über vier Perso nalräte und weitere Gremien, die die Interessen der Mitarbei terinnen und Mitarbeiter vertreten. In Wirklichkeit ist ein Re daktionsstatut ein Panzer gegen Kritik an der journalistischen Arbeit.
Betroffene rücken zusammen und verschaffen sich gegensei tig Legitimation. Der Rundfunkrat, in dem gute programm kritische Arbeit geleistet wird, verliert an Bedeutung und Ein fluss – auch das ist, wenn Sie so wollen, eine sehr spezielle Interpretation von Politikferne.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das hat er gerade ge macht! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie haben doch gerade gesagt, Sie wollen Einfluss auf das Programm nehmen!)
Ich will verhindern, dass sich Journalisten gegenseitig Frei briefe ausstellen können und die programmkritische Aufgabe des Rundfunkrats eingeschränkt wird. Das will ich verhindern.
Sie setzen auf Modernisierung, sagen Sie. Warum benennen Sie die Trimedialität, die als eine der großen Herausforderun gen gerade für die Gewinnung jungen Publikums gilt, nicht ein einziges Mal? Sie hätten in diesem Staatsvertrag eine Le gitimation für diese Vorgehensweise schaffen können, die ei ne zentrale Herausforderung für die Zukunftsfähigkeit der öf fentlich-rechtlichen Sender ist, ihnen aber von anderer Seite auch streitig gemacht wird. Aber Fehlanzeige!
Was war auf der letzten Ministerpräsidentenkonferenz zu die sem Thema zu hören? Vom Vorsitzenden der Ministerpräsi dentenkonferenz jedenfalls war nur bedeutungsvolles Schwei gen zu hören.
Politikferne lautet auch die Zauberformel, wenn es um das Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg geht. Im Land
werden die Debatten um die Zukunft eines seiner bedeutend sten Orchester, wenn nicht des bedeutendsten Orchesters, im mer lauter, und die Landesregierung versucht, immer tiefer abzutauchen. Das ist eine falsche Anwendung der Zauberfor mel Politikferne. Es geht um ein weltweit herausragendes Or chester, das für Baden-Württemberg und seine musikalische Positionierung größte Ehre einlegt.
Sie haben sich die Bürgerbeteiligung auf die Fahnen geschrie ben, aber es gibt von Ihnen keinerlei Ansatz für einen konst ruktiven Dialog, wenn es um die Bürgerinitiative für eine Stif tungslösung beim Sinfonieorchester geht. 2 500 Befürworter einer solchen Stiftungslösung schauen in die Röhre.
Die aufrüttelnden Briefe von 150 Dirigenten der Weltklasse verhallen, begründete Proteste von 160 anerkannten Kompo nisten werden ausgeblendet. Die Landesregierung blamiert sich, wenn es um eines ihrer bedeutendsten Kulturgüter und einen der besten Botschafter des Landes Baden-Württemberg geht.
Politikferne wird als Begründung angegeben. Sie sind unfä hig und unwillig, sich diesem Thema zu stellen, und verstecken sich hinter Politikferne. In Ihrer Medienpolitik will nichts Rechtes gedeihen, der Rundfunkstaatsvertrag nicht und schon gar nicht das Verständnis für kulturelle Partnerschaft, die sich aus der Medienlandschaft ergeben kann.
Was den Staatsvertrag angeht, hat sich die CDU-Fraktion nach mehreren gründlichen Debatten entschieden, ihrer berechtig ten Kritik durch Ablehnung Ausdruck zu verleihen. Wir ha ben uns das nicht leicht gemacht, weil wir den Veränderungs bedarf sehen und auch sehen, dass ihm in Teilen entsprochen wird. Aber wir können die Fehler, die wir erkennen, nicht auch noch durch Zustimmung zum Staatsvertrag übergehen und da durch marginalisieren.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Kolle ginnen und Kollegen! Herr Rau, Sie haben eine sehr grotes ke Rede gehalten. Sie haben damit an Ihre Rede von heute Morgen angeschlossen; Sie bauen damit eine Brücke zu Ih rem Nein zum Staatsvertrag. Nichts anderes tun Sie.
Sie führen jedes Detail, das Ihnen irgendwie nicht passt, an, um Ihr Nein auch in Zukunft zu rechtfertigen. So sind Sie be reits heute Morgen bei Ihrer Rede zum Lobbyismus verfah ren. Unserer Auffassung nach geht das nicht. Sie müssen sich zum SWR und zu unserem Auftrag bekennen. Wir müssen für den SWR eine Zukunft schaffen.
Sie haben in Ihrer Rede die Spardebatte, die Diskussion über die Zusammenlegung der beiden Klangkörper des SWR in Baden-Württemberg angesprochen. Das war eine harte Ent scheidung. Ich erinnere Sie daran, wie die von Ihrer Fraktion entsandten Mitglieder im SWR-Rundfunkrat abgestimmt ha ben.