Protocol of the Session on November 6, 2013

Es geht auch nicht um eine Bereicherung des Landes, wie der Anwaltverband das in seiner Stellungnahme deutlich macht. Vielmehr ist es ein erheblicher Verwaltungsaufwand, für den man eigentlich, könnte man sagen, Gebühren verlangen könn te. Das wollen wir aber nicht, und deshalb gibt es in Zukunft auch keine Hinterlegungszinsen mehr. Es geht schlicht und ergreifend darum: Wer sich von seiner Schuld befreien will, kann dies tun, aber er kann hierbei keine Zinsen erwarten.

Was die Flexibilisierung der Justiz anbelangt: Es ist wichtig und richtig, die Zuständigkeit für die Geschäfte der Hinterle gungsstelle nicht mehr allein bei den Rechtspflegern zu ver orten. Denn wir haben verantwortungsvolles und verantwor tungsbewusstes Personal in der Justiz über die Rechtspfleger hinaus, das diese Aufgabe genauso schultern und erledigen kann. In diesem Sinn ist es ein vernünftiger Vorschlag, was die Organisation der Justiz in Baden-Württemberg anbelangt.

Wir, die SPD-Fraktion, stimmen diesem eher trockenen Ge setzentwurf zu und freuen uns, nebenbei trotz der Trockenheit dieses Gesetzes noch Geld einsparen zu können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Professor Dr. Goll.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Auch dieser Entwurf enthält manches Unstrittige, sodass wir ihm auch zustimmen würden, wenn da nicht der eine Punkt wäre, der rechtspolitisch interessant und vom Verhältnis zum Staat her ebenfalls interessant ist.

Wir haben, als wir dieses Gesetz gemacht haben, als die Län der zuständig wurden, eine sehr maßvolle Verzinsung be schlossen – übrigens bis 10 000 € gar keine Verzinsung und bei über 10 000 € gerade 1 % –, weil wir gesagt haben: Der Staat soll nicht einfach mit dem Geld der Bürger umsonst wirt schaften können. Es ist übrigens nicht so, dass dafür ein Steu erzahler etwas bezahlen würde. Der Staat bekommt das Geld jetzt nach Ihren Vorstellungen umsonst. Es findet genau das Umgekehrte statt: Es wird denen etwas genommen, denen die ses Geld gehört, die etwas davon hätten, wenn sie es nicht hin terlegt hätten. Darum haben wir aus gutem Grund diese Ver zinsung beschlossen.

Ich habe auch nicht ganz verstanden, dass dann plötzlich ein Totschlagargument im Ausschuss kam: „Da würde ich mein Geld auch hinterlegen.“ Bei diesen Zinsen können Sie nun wirklich kein Geschäft machen. Diese Zinsen waren lange Zeit gerade das Gegenteil von einem Geschäft. Da hätte man für das Geld woanders viel mehr Zinsen bekommen.

Verlängern Sie das gedanklich ein bisschen. Mich hat hier der Kollege Stratthaus vor einiger Zeit sehend gemacht, dass auch die jetzigen niedrigen Zinsen eigentlich ein Produkt staatlicher Politik sind, weil viele Staaten ihre Schuldenlast verringern wollen, indem sie die Zinsen künstlich niedrig halten, sodass sich einschließlich ein bisschen Inflation er gibt, dass sie ihre Schulden loswerden. Dann ergibt sich ins gesamt das Bild einer Politik, die keine Rücksicht mehr auf die nimmt, die Geld zurückgelegt haben, die überhaupt et was angespart haben, die Vorsorge getroffen haben. Insofern ist es für mich auch kein Argument, zu sagen: „Die machen jetzt mit den Zinsen ein Geschäft.“ Die Zinsen gehen mal rauf, mal runter. Grundsätzlich ist für mich die Frage, ob der Staat dafür ein bisschen bezahlt. Es ist maßvoll geregelt. Deswegen wären wir lieber bei der bisherigen Regelung ge blieben. Das ist auch der Grund, weshalb wir dem Gesetz nicht zustimmen können.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Stickelberger.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat handelt es sich hier um ein sehr sperriges Gesetz – das kommt ja schon im Titel zum Ausdruck –, aber gleichwohl um ein Gesetz von nicht ganz geringer Bedeutung.

Ich möchte das Gesetz in einen etwas größeren Zusammen hang stellen. Wie Sie wissen, ist der Kostendeckungsgrad in der Justiz außerordentlich negativ, weil wir sehr viel Personal einsetzen müssen, die Zahl von Verfahren zunimmt und wir – weil wir mit unserem Personal am Limit arbeiten – darauf an gewiesen sind, zu sehen, wie wir unsere Einnahmen im Jus tizhaushalt verbessern können. Deswegen haben wir uns auf Bundesebene massiv dafür eingesetzt, dass im Rahmen des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, das im Vermittlungs ausschuss kurz vor der Sommerpause verabschiedet wurde, die Länder einen erheblichen Gebührenanteil, ein Mehr an Gebühren bekommen. Auch die Anwälte bekommen mehr.

Ich möchte an dieser Stelle auch einmal eine Zahl nennen. Diese Erhöhungen, die zum 1. August in Kraft getreten sind, machen für den Landeshaushalt in Baden-Württemberg einen Betrag von 50 Millionen € aus. Das dürfen wir nicht unter schätzen. Diese Mehreinnahmen sind ja verstetigt.

Hier geht es um geringere Beträge. Aber wir meinen, auch bei kleineren Beträgen im Landesgebührengesetz der Justiz und auch hier im Hinterlegungsgesetz müssen wir darauf achten, wie wir Kosten einsparen können. Das gelingt uns mit diesem Gesetz in zwei Feldern: Zum einen können wir Personal durch die Maßnahme einsparen, die wir vorsehen, zweitens verzich ten wir auf die Verzinsung.

Da möchte ich doch, Herr Dr. Goll, kurz auf Ihren Beitrag ein gehen. Die Hinterlegung ist freiwillig. Die Parteien eines Zi vilprozesses, aus dem sich der Staat grundsätzlich herauszu halten hat, hinterlegen freiwillig Geld, um sich ihrer Schuld z. B. mit schuldbefreiender Wirkung entledigen zu können. In der Tat ist es bei der derzeitigen Marktlage so, dass eine Ver zinsung von 1 % für kurzfristige Anlagen für Beträge in der

Größenordnung von etwas über 10 000 € kaum zu erreichen ist.

Mich wundert da auch Ihr Ruf nach dem Staat – gerade von Ihnen als Vertreter der FDP, die sonst Wert darauf legt, dass sich der Staat aus zivilrechtlichen Belangen heraushält. Ins besondere Ihr Kollege in Sachsen, der auch der FDP angehört, lebt mit diesem Gesetz auch gut. Auch dort gibt es keine Ver zinsung – ebenso wenig wie in anderen Bundesländern, etwa in Bayern.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist auch ein Freistaat! Das ist ein Unterschied!)

Ich glaube, da liegen wir auch rechtspolitisch richtig, und wir sparen Geld für unseren Haushalt.

Deshalb bin ich froh über die breite Zustimmung in diesem Haus. Ich danke Ihnen für die Unterstützung im parlamenta rischen Verfahren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, in der All gemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/4019. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Stän digen Ausschusses, Drucksache 15/4228. Der Ständige Aus schuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Ich gehe davon aus, dass die FDP/DVP-Fraktion dem Gesetz als Ganzes nicht zustimmt, weshalb ich vorschlage, die Arti kel 1 bis 3 zusammen aufzurufen. Wenn sich dagegen kein Widerspruch erhebt, mache ich das so. – Dem ist so.

Dann stelle ich

Artikel 1 bis Artikel 3

zur Abstimmung. Wer diesen Artikeln zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun gen? – Damit ist dem Gesetz mehrheitlich zugestimmt.

Die Einleitung

lautet: „Der Landtag hat am 6. November 2013 das folgende Gesetz beschlossen:“.

Die Überschrift

lautet: „Gesetz zur Änderung des Hinterlegungsgesetzes und des Gesetzes zur Reform des Notariats- und Grundbuchwe sens in Baden-Württemberg“. – Sie stimmen der Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Gesetz wur de mehrheitlich zugestimmt.

Damit ist Punkt 4 der Tagesordnung erledigt.

Wir treten in die Mittagspause ein. Ich schlage vor, dass wir die Sitzung um 13:45 Uhr fortsetzen.

Herzlichen Dank.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:21 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 13:45 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Regierungsbefragung

Die Fraktion der FDP/DVP stellt entsprechend dem Turnus plan die erste Frage. – Bitte schön, Herr Abg. Glück.

F l ü c h t l i n g s a u f n a h m e g e s e t z

Herr Präsident, meine wer ten Kolleginnen und Kollegen! Der „Welt am Sonntag“ vom 5. Oktober 2013 war zu entnehmen:

Allein Deutschland hat in diesem Jahr schon annähernd 80 000 Menschen Zuflucht gewährt.

Laut UNHCR ist Deutschland 2012 auf Platz 3 der Refugee Hosting Countries gewesen.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Wie heißt das auf Deutsch?)

Das heißt beim UNHCR nun einmal so. Aber, Kollege Hil lebrand, ich bin mir sicher, Sie finden jemanden, der Ihnen das übersetzt.