Protocol of the Session on July 13, 2011

Waren wir wirklich so schlimm?

Jetzt zieht diese neue Landesregierung Konsequenzen aus dem, was in den letzten Jahrzehnten passiert ist. Die Kon sequenzen aus dem „gewaltigen Stellenaufwuchs“ unter Schwarz-Gelb sind noch mehr Stellen unter Grün-Rot.

(Zuruf der Abg. Helen Heberer SPD)

Das ist offensichtlich die Konsequenz, die Sie gezogen haben.

Meine Damen und Herren, der Bund der Steuerzahler hat es richtig analysiert. Die Kritik, die Sie an der alten Landesre gierung geübt haben, ist angesichts dieser Stellenplanungen unglaubwürdig, und zwar unglaubwürdig bis zum Gehtnicht mehr.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Herr Kollege Schmiedel, Sie sprachen von Klamauk. Das ist ein bemerkenswerter Vorwurf. Denn dieser Vorwurf trifft im Prinzip den Rechnungshof, weil das, was heute hier angespro chen wurde,

(Abg. Thomas Blenke CDU: Genau!)

keine Kritik ist, die von der CDU- oder der FDP/DVP-Frak tion erfunden worden wäre, sondern die originäre Kritik des Rechnungshofs ist.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Wenn Sie sagen, dieses Thema sei nicht aktuell, dann richtet sich auch diese Kritik an den Rechnungshof. Denn der Rech nungshof war es doch, der in dieser Woche eine Pressekonfe renz zu diesem Thema gegeben hat.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Sie haben über Jahre, als Sie in der Opposition waren, im Grunde gegiert nach jeder Äußerung des Rechnungshofs, um sie uns vorzuhalten. Jetzt plötzlich interessiert Sie nicht mehr, was der Rechnungshof sagt.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das stimmt doch nicht! – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Das ist schon ein bemerkenswertes Verständnis. Das gilt auch für Sie, Frau Kollegin Sitzmann. Sie haben vorhin gesagt: Wir folgen der Forderung des Rechnungshofs

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: So ist es! Genau! – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Genau!)

nach zusätzlichen Stellen für die Betriebsprüfer.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sanierungsstau!)

Warum folgen Sie aber dem Rechnungshof bei den anderen Stellen nicht? Diese einzurichten hat Ihnen der Rechnungs hof ganz sicher nicht empfohlen. Insofern scheint es, als ob man dem Rechnungshof an den Stellen folgt, wo es passt, und ihn an den Stellen ignoriert, an denen es weniger passt.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Sie haben ihn nur ig noriert!)

Ich glaube nicht, dass das ein angemessener Umgang mit dem Rechnungshof ist, schon gar nicht vor dem Hintergrund des sen, was Sie uns hier über Jahre immer erzählt haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

180 zusätzliche Stellen im Regierungsapparat, offensichtlich – wenn man bestimmten Berichten glauben darf – 22 Stellen in B 3 und höher. Da drängt sich schon der Verdacht auf, dass langjährige Gefolgsleute belohnt werden dürfen.

(Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Interessant ist auch, dass gerade im Jahr 2017 auf diese Stel len wieder verzichtet werden kann. Im Jahr 2017 sind Sie ent weder wieder weg, oder es ist lange genug Zeit bis zur nächs ten Landtagswahl 2021, sodass man darauf hoffen kann, dass es die interessierte Öffentlichkeit dann wieder vergessen hat, wenn Sie dieses Versprechen 2017 brechen.

Meine Damen und Herren, wir haben in der Vergangenheit schon häufiger über die Betriebsprüferstellen diskutiert. 100 zusätzliche Betriebsprüfer bewirken 100 Millionen € Mehr einnahmen – Herr Kollege Schmiedel, diese Milchmädchen rechnung haben Sie hier nicht zum ersten Mal aufgemacht.

(Abg. Ingo Rust SPD: Rechnungshof! – Abg. Helen Heberer SPD: „Milchmädchen“, toll!)

Wenn es so einfach wäre! Sie haben uns vorhin erklärt, 360 Millionen € würden dem Staat entgehen. Warum haben Sie dann nicht 360 zusätzliche Betriebsprüfer vorgeschlagen, wenn es eine so einfache Milchmädchenrechnung wäre?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Erst einmal haben, erst ein mal finden!)

Im Übrigen stellt sich schon die Frage, ob es sinnvoll ist, so zusagen aus den Mittelständlern des Landes im Wege von Be triebsprüfungen den letzten Blutstropfen auszuwringen,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt kommt es raus! – Abg. Helen Heberer SPD: Wo bleibt der Applaus der Opposition? – Lebhafte Unruhe)

wenn das zusätzlich eingenommene Geld dann in den Län derfinanzausgleich fließt. Sie sind ja nicht bereit, an den Län derfinanzausgleich heranzugehen.

(Unruhe – Zuruf des Abg. Ingo Rust SPD)

Denn der Ministerpräsident hat ja in dieser Woche mit Herrn Seehofer eine neue Männerfreundschaft geschlossen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Dass Ihnen das nicht passt, liegt auf der Hand!)

Da hat man festgelegt, dass man im Bereich des Länderfinanz ausgleichs zunächst einmal gar nichts macht.

Meine Damen und Herren, schaffen Sie eine vernünftige Lö sung für den Länderfinanzausgleich. Dann kann man auch da rüber reden,

(Abg. Ingo Rust SPD: Gerecht besteuern!)

dass wir in Baden-Württemberg zusehen, dass wir die Steu ereinnahmen haben, die wir brauchen. Wir wollen nicht, dass es wieder nach dem alten Muster abläuft: In Baden-Württem berg werden die Steuern gezahlt, und in Berlin werden sie aus gegeben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Ingo Rust SPD: Unglaublich! – Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Kollege Wolf hat es bereits angesprochen: Besonders massiv hat der Verkehrsminister zugelangt. Es geht offensichtlich – Kollege Wolf hat darauf zu Recht hingewiesen – um eine Kampftruppe gegen Stuttgart 21.

(Lachen bei den Grünen)

Langjährig bewährte Kämpfer gegen das Bahnprojekt werden jetzt belohnt

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: So ist es!)

und auf die entsprechenden Stellen gesetzt. Der Steuerzahler finanziert sozusagen den Kampf gegen Stuttgart 21.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Jetzt ist aber mal gut!)

Meine Damen und Herren, das ist keineswegs im Interesse des Landes.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Die ter Hillebrand CDU: So ist es!)

So manche Begründung ist auch sehr interessant. So erklärt beispielsweise Minister Schmid: „Straßenbauer können kei ne Mobilitätskonzepte entwickeln.“ Der Ministerpräsident äußert, das Ganze sei „mit Augenmaß und Sachverstand ent standen“. Meine Damen und Herren, wenn die Landesregie rung es den Beamten dieses Landes nicht zutraut, auch in ei ner anderen Aufgabe erfolgreich zu sein, dann werden Sie kei nen Erfolg mit dem Beamtenapparat dieses Landes haben, und dann werden Sie dieses Land nicht verwalten können, meine Damen und Herren.

(Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Gestalten, nicht verwalten! Das ist der Unterschied zu Ihnen! – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Wir wollen auch nicht verwalten, son dern gestalten!)

Am 5. Juli dieses Jahres war die folgende Äußerung des Fi nanzministers zu hören – ich zitiere –: