Baden-Württemberg ist das Musikland Nummer 1. Es ist ge prägt durch eine historisch gewachsene Vereinskultur, aber auch durch eine Erfolgsstory der Tüftler und Denker, wie wir sie in Baden-Württemberg vielfach und so auch in diesem Be reich haben.
Gestatten Sie mir, zwei Beispiele herauszugreifen. Zum einen möchte ich Friedrich Silcher nennen, der im 19. Jahrhundert der wichtigste Protagonist im Bereich des Chorgesangs war, und zum anderen die Firma Hohner, die dafür gesorgt hat, dass sich in Baden-Württemberg eine bundesweit und weltweit ein zigartige Orchesterstruktur herausgebildet hat.
Es sind, gesellschaftlich und staatlich gefördert, einzigartige Mu siklandschaften. Ein Fünftel aller Musikhochschulen Deutsch lands befinden sich in Baden-Württemberg.
Ein Fünftel aller kommunalen Musikschulen befinden sich in Baden-Württemberg. Etwa 40 Gymnasien mit Musikprofil be finden sich in Baden-Württemberg. 38 % aller Bundespreis träger des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ kommen aus Ba den-Württemberg.
Es gibt eine aktuelle Umfrage der Bundesvereinigung Deut scher Orchesterverbände. Mit dieser Umfrage hat man festge stellt, dass in fast der Hälfte aller befragten Vereine in BadenWürttemberg Studenten oder Absolventen der Musikhoch schule Trossingen unterrichten. Insofern ist es nicht ganz ver wunderlich, dass das Thema Trossingen, so, wie es von der
Landesregierung angestoßen wurde, zu sehr vielen Emotio nen geführt und sehr hohe Wellen geschlagen hat. Denn es schlägt sich eben auch auf die Laienmusik entsprechend nie der, wenn man diese Themen nicht mit großer Sorgfalt angeht.
Heute treffen sich alle deutschen Musikhochschulprofessoren in Hannover, um auch genau dieses Thema anzusprechen. Sie sehen – das geht, glaube ich, an die Adresse der Ministerin –, wie hohe Wellen das auch in der Bundesrepublik schlägt. Des halb sollten wir aufpassen, dass man hier nicht eine bedeuten de kulturelle Einrichtung
ohne Not in Mitleidenschaft zieht. Deshalb auch noch einmal von dieser Seite der Appell: Wir sollten alles tun, um diese kulturellen Einrichtungen, die Musikhochschulen in BadenWürttemberg, auch weiterhin so zu fördern, wie es bisher der Fall war.
Es ist auch wichtig, darzustellen – Kollegin Heberer hat dies auch noch einmal eindrucksvoll beschrieben –, welche posi tiven Auswirkungen der Musikunterricht und die musikali sche Ausbildung haben. Wir wissen aus einer Langzeitstudie des Frankfurter Professors Bastian, der 1 500 Schülerinnen und Schüler begleitet hat, dass musizierende Kinder – er hat es wissenschaftlich nachgewiesen – deutlich bessere schuli sche Leistungen und auch eine höhere soziale Intelligenz als nicht musizierende Kinder aufweisen. Das ist im Übrigen ein ganz konkreter Grund dafür, warum auch die Wirtschaft dar auf hingewiesen hat, dass die Musikhochschulen in ihrer jet zigen Form erhalten werden müssen; denn die Unternehmen wissen, dass das Musizieren mehr Hirnregionen anspricht und dass derjenige, der langfristig musiziert, auch bessere Chan cen hat.
Die Laienmusikverbände wissen die Landesförderung sehr zu schätzen. Sie ist deutlich besser als in vielen anderen Bundes ländern, und sie ist etwa auf dem gleichen Niveau geblieben. Es wurde angesprochen: Es sind 200 000 € mehr. Dabei müs sen wir aber berücksichtigen, dass in der Fördersumme auch 228 000 € aus dem „Innovationsfonds Kunst“ enthalten sind.
Mit etwas Verunsicherung hat die Musikwelt aufgenommen, dass die Förderkriterien verändert werden sollen. Ich bitte da rum, dass Sie dabei in enger Abstimmung auch mit den Lai enmusikverbänden vorgehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Laienmusikver bände stehen vor großen Herausforderungen. Unverzichtbar ist das Thema „Kooperation mit den Schulen“.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP sowie der Abg. Karl Zimmermann und Dr. Marianne Engeser CDU – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sehr rich tig!)
Die Einbindung in den Ganztagsschulbetrieb führt zu neuen finanziellen und organisatorischen Herausforderungen für die Vereine. Es bestehen Herausforderungen im Bereich des Eh renamts. Die Leistungen, die hier erbracht werden, sind alle freiwillig, und dies unter dem Aspekt, dass die finanziellen Spielräume für die Vereine immer enger werden.
Ich appelliere insofern an die Politik, zum einen die finanzi ellen Rahmenbedingungen für die Laienmusik auch in Zu kunft sicherzustellen, aber auch immer im Blick zu behalten, wo man unterstützen kann, beispielsweise mit Blick auf die Bürokratie. Es gibt, glaube ich, eine ganze Menge an Punk ten – von der Hygienevorschrift über Künstlersozialkassen, über das Finanzamt bis hin zur GEMA –, bei denen man Ver einen auch ohne großen finanziellen Aufwand helfen kann.
Denken wir also daran: Laienmusik ist die beste Sozialpoli tik. Neben den finanziellen Rahmenbedingungen gibt es na türlich noch ein anderes Thema; es gilt nämlich, das ehren amtliche Engagement einfach stärker anzuerkennen.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Ich will gleich etwas zu dem Begriff „Lai enmusik“ sagen. Die Kollegin Heberer hat zu Recht darauf hingewiesen,
dass dieser Begriff „Laienmusik“ etwas seltsam daherkommt, weil Laien ja Menschen sind, die von einer Sache nichts oder nur sehr wenig verstehen. Jetzt ist es aber so: Diejenigen, die in Chören und Orchestern arbeiten, verstehen sehr viel von Musik, und sie musizieren auf hohem Niveau.
Ich begrüße auch den neuen Präsidenten des Landesmusik verbands, den ehemaligen Kollegen Christoph Palm. Herzlich willkommen!
Ich habe in einem gemeinsamen Gespräch mit ihm vereinbart, dass wir diesen Begriff nicht weiter verwenden. Im Bereich des Theaters reden wir von Amateurtheater. Deswegen wer den wir – ich möchte Sie bitten, sich dem und der Bitte der Amateurmusiker anzuschließen – die Laienmusik zukünftig Amateurmusik nennen.
Ich glaube, das wird der Arbeit dieser Menschen vor Ort we sentlich besser gerecht als der Begriff, den wir über viele Jahr zehnte gepflegt haben.
Sieht man einmal von einigen Zwischenrufen ab, ist diese De batte sehr erfreulich, weil offensichtlich hier in diesem Haus ein Konsens besteht, dass die Menschen, die sich vor Ort im Bereich der Chöre, der Blasmusik engagieren, eine hervorra gende Arbeit leisten, dass diese Arbeit unser Land mit prägt und dass diese Arbeit auch weiterhin entsprechend von uns gefördert werden muss.
Die Zahlen belegen auch: In keinem anderen Bundesland – es wurde schon darauf hingewiesen – gibt es eine so hohe För derung und gibt es so viele Musikerinnen und Musiker. Wir haben tatsächlich den Beitrag noch einmal gesteigert. Wir al le wissen, es muss gespart werden. Er ist durch die globale Minderausgabe etwas abgemildert worden. Aber Sie wissen aus Ihrer eigenen Regierungszeit: Das lässt sich oft nicht ver meiden.
Baden-Württemberg hat – ich möchte es nochmals betonen – 24 % der Blasmusikvereine und 24 % der Chöre in der gesam ten Bundesrepublik. Im Vergleich dazu sind es in Bayern 17 % bei der Blasmusik und 14 % bei den Chören. Wir liegen hier also vorn.
Sie haben viel abgefragt, Frau Kollegin. Leider lagen den Mu sikverbänden nicht alle erfragten Zahlen vor. Die genauen Zahlen zu ermitteln ist teilweise schwierig, wie Sie wissen. Wir werden aber gemeinsam mit dem Landesmusikverband die jährlichen statistischen Erhebungen erweitern – auch das war ein Teil des Gesprächs mit Herrn Palm –, um mehr be lastbare Daten für zukünftige Planungen zu erhalten.
Teilweise besteht natürlich auch bei den Verbänden Misstrau en: „Warum wird jetzt so viel erhoben? Haben die da irgend etwas vor, was uns gar nicht gefällt?“ Aber ich glaube, diese Bedenken konnten wir zerstreuen. Denn auch im Rahmen der Amateurmusikförderung ist Statistik kein Selbstzweck, son dern ein wichtiges Planungsinstrument für die Vereine und Verbände, aber auch für das Land als Zuwendungsgeber.
Es wurden die neuen Förderrichtlinien angesprochen. Die För derung geschieht derzeit noch überwiegend durch eine Auf teilung der Mittel auf zehn Verbände nach einem historisch gewachsenen und heutzutage oft nicht mehr nachvollziehba ren Schlüssel. Die Fördergrundsätze wurden deswegen auch vom Rechnungsprüfungsamt Freiburg im Herbst 2011 bean standet. Darauf mussten wir reagieren, und wir erstellen des wegen derzeit neue Förderrichtlinien. Mit der Spitze der Ama teurmusik sind wir darüber im Gespräch. Selbstverständlich werden wir das nicht im Alleingang machen, sondern wir wer den das so ändern, dass gar keine Bedenken aufkommen, es könnte den Verbänden zukünftig schlechter gehen.
Wichtig ist hierbei auch, wie – wenn wir, was mittelfristig zu erwarten ist, keine Steigerungen realisieren können – ein ge rechterer, ein transparenterer und zielgerichteterer Einsatz der Landesmittel erfolgen kann. Wir werden hierzu noch weitere Gespräche mit Herrn Palm führen. Ab 2015 sollen die neuen Richtlinien in Kraft treten. Aber bis dahin haben wir ja noch ein bisschen Zeit, diese gemeinsam mit ihm zu entwickeln.
Im Vordergrund steht gerade auch bei der Amateurmusikför derung das Engagement der örtlichen Kommunen. Dies be deutet, dass das Land nicht die örtlichen Aufgaben, sondern übergreifende Maßnahmen fördert. Ich möchte das nochmals
betonen. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, wie Sie wissen, das Grundprinzip der Subsidiarität als eine der vier Grundsäulen der baden-württembergischen Kulturpolitik, wie sie auch nochmals in der Kunstkonzeption „Kultur 2020“ ei gens festgeschrieben wurden.
Wie ich schon ausgeführt habe, ist die Amateurmusik histo risch gewachsen. Sie prägt unser Land. Sie ist unverzichtbar. Daher ist es uns ein wichtiges Anliegen – das möchte ich nochmals betonen –, mit den neuen Förderrichtlinien vor al lem die Zukunftsfähigkeit der Vereine und Verbände in unse rem Land zu fördern. Insbesondere die Bildung – Aus-, Fort- und Weiterbildung – der Jugend, der Aktiven, der künstleri schen Leiter und der Führungskräfte wird dabei im Mittel punkt stehen.
In Bezug auf den Nachwuchs bin ich der Meinung, dass wir mit passgenauen Bildungsangeboten junge Menschen ver mehrt an die Vereine binden können. Dies ist ein wichtiger Baustein für die Zukunftsfähigkeit eines jeden Vereins. Wir alle wissen: Gerade auch die Vereine sind dem demografi schen Wandel stark ausgesetzt. Eine andere Frage ist beispiels weise im Zuge der Veränderung der Struktur, der Zusammen setzung unserer Gesellschaft: Wie können verstärkt auch Mi grantinnen und Migranten in die Vereine integriert werden? Wie können die Angebote entsprechend gestaltet werden? Auch das kann dazu beitragen, dass die Zahl derjenigen, die in den Vereinen aktiv sind, zumindest gleich bleibt oder sogar noch gesteigert werden kann.
Allgemein anerkannte Bildungsangebote – die bekannten Lehrgänge – sollen daher – insbesondere für junge Menschen – zukünftig eine entsprechende Förderung erfahren. Vor al lem bei Vereinen im ländlichen Raum ist der künstlerische Nachwuchs aus den eigenen Reihen oder dem Nachbarverein durchaus die Regel. Diese jungen Menschen qualifizieren sich beispielsweise über die C-Lehrgänge bis hin zum C-3-Lehr gang – Dirigent in der Blasmusik – oder sogar zum B-Lehr gang – Leitung von Blasorchestern – an der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung in Trossingen in der Ama teurmusik weiter, und zwar neben der eigentlichen Berufstä tigkeit.
Aus diesem Grund ist es uns wichtig, wie erwähnt, die För derung des künstlerischen Nachwuchses über die Mittel der Amateurmusikförderung mehr als bisher zu verbessern. Ge rade dies liegt insbesondere im Interesse der vielen kleinen und mittleren Vereine im ländlichen Raum. Daher planen wir, wie ebenfalls bereits erwähnt, die jährliche Statistik dahin ge hend zu erweitern, die Qualifikation der Dirigenten und Chor leiter zu erfragen. Hiervon erhoffen wir uns objektiv verwert bare Ergebnisse.
Kollegin Gurr-Hirsch hat zu Recht darauf hingewiesen, dass ein größeres Angebot bei den Ganztagsschulen auch dazu füh ren wird, dass es mehr Kooperationen der Schulen mit Verei nen und Verbänden geben muss. Daran haben wir ein sehr gro ßes Interesse.
Kollegin Heberer hat schon darauf hingewiesen: Es gibt jetzt wieder zusätzliche Ergänzungsstunden. Auch das ist etwas, was wir sehr begrüßen, weil gerade die Inhalte, die in den Er gänzungsstunden unterrichtet werden, die Kinder oft am bes ten voranbringen.
Eine gute Nachricht kann ich Ihnen auch noch mitteilen, was MeNuK anbelangt. Die Kollegin von Wartenberg hat in der letzten Sitzung des Fachbeirats für kulturelle Bildung verkün det, dass bei den neuen Bildungsplänen MeNuK je nach Al tersstufe entweder ganz abgeschafft wird oder – bei älteren Schülerinnen und Schülern – weiterentwickelt wird und dass zukünftig die verschiedenen Bereiche wieder separat unter richtet werden. Diese Forderung, die am Ende der letzten Le gislaturperiode von allen Fraktionen hier im Landtag erhoben wurde, wird jetzt mit den neuen Bildungsplänen erfüllt. Auch das ist im Sinne einer Musikausbildung.
Es wurde hier noch darauf hingewiesen, dass es eine Umfra ge der Bundesvereinigung Deutscher Orchesterverbände gab. Dazu muss ich sagen: In der Region Trossingen hat die Mu sikhochschule eine große Breitenwirkung in die Vereine hin ein. Allerdings muss man immer vorsichtig sein. Es haben sich 135 Blasmusikvereine zurückgemeldet. Das sind 5,5 % aller Blasmusikvereine in ganz Baden-Württemberg. Man sollte daraus nicht die ganz großen Rückschlüsse ziehen. Nach un serer Kenntnis ist es so, dass die meisten Vereine ihren Nach wuchs immer noch aus sich selbst rekrutieren. Deswegen soll te man diese Statistik jetzt nicht nehmen, um hieraus Rück schlüsse für ganz Baden-Württemberg zu ziehen.