Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Es ist schon ein bisschen merkwürdig, wenn zum jetzigen Zeitpunkt im Rahmen einer Großen An frage zur Universitätsmedizin in Baden-Württemberg sehr vie le Fragen – nach den Aufsichtsräten, nach der Gewährträger haftung usw. – gestellt werden.
Das sind alles berechtigte Fragen. Allerdings hätten Sie diese Fragen stellen können, bevor Sie 2010, noch kurz vor Ende der Legislaturperiode, ein Gesetz durch den Landtag ge peitscht haben, das unisono bei den Uniklinika auf Ablehnung gestoßen ist,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Claus Schmiedel und Abg. Martin Rivoir SPD: Bei allen!)
Jetzt fragen Sie nach den Änderungswünschen. Das ist ja rich tig drollig. Hätten Sie das 2010 gefragt, wäre uns, den Unikli nika und auch Ihnen einiges erspart geblieben: uns eine Rück abwicklung, den Uniklinika Zeit und Ärger und Ihnen eine Blamage.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Martin Rivoir SPD: Genau! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Lenken Sie nicht von den eigenen Fehlern ab, Frau Kollegin!)
Jetzt fragen Sie nach der Konzeption. Wir werden da nicht den Fehler der alten Landesregierung machen, mitten im Dialog prozess die Antworten bereits vorwegzunehmen. Das haben Sie nämlich gemacht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: In der Tiefschlafpha se sind Sie! Sie sind in der Tiefschlafphase!)
Es hat bekanntlich eine Auftaktveranstaltung in Ulm gegeben. Ich kann Ihnen auch sagen, was die Antworten bei dieser Auf taktveranstaltung waren. Es wurde gesagt, dass es nicht an den Strukturen liegt. Diese werden allgemein als sehr tragfähig eingeschätzt. Aber das Problem liegt nun eindeutig in den Fi nanzen; es liegt eben nicht in den Strukturen.
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Waren Sie? – Gegen ruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Sag einmal, Birk, jetzt reicht es aber mit den blöden Bemerkungen!)
(Abg. Claus Schmiedel SPD zu Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Du solltest dir Anstand angewöhnen, wenn du im Maschinenbau tätig werden willst! – Ge genruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Ein Jahr lang Untätigkeit, Herr Kollege! – Glocke der Präsidentin)
Sie haben recht: Es sind finanzielle Verschlechterungen ein getreten. Aber diese Probleme liegen eben nicht beim Land, sondern sie liegen eindeutig beim Bund.
Solche finanziellen Probleme hat jede zweite Klinik in Deutschland; so hat es der Verband der Universitätsklinika Deutschlands festgestellt. Im Schnitt macht das 1 Million € pro Jahr aus. Diese Probleme addieren sich natürlich über die Jahre hinweg mit der Folge, dass es zu drastischen Qualitäts einbußen kommt.
Die Situation in der Pflege ist seit Langem aufs Äußerste an gespannt, die Überlastanzeigen häufen sich, und die Kliniken beschweren sich, dass gerade in Fällen von schweren Erkran kungen die Fallpauschalen bei Weitem nicht ausreichen. Nicht nur in Tübingen, woher ich komme, gehen vor allem die El tern von kranken Kindern auf die Straße und sagen: „Wir sind keine Fallpauschalen.“ So kann es nicht weitergehen.
Die Gründe: Versäumnisse in der Gesundheitspolitik des Bundes führen seit Jahren dazu, dass die Kosten für Per sonal, Medikamente und Energie deutlich schneller stei gen als die von den Krankenkassen gezahlten Entgelte.
Was muss also passieren? Wir brauchen erstens eine Korrek tur der Vergütungssysteme und zweitens in den Fallkosten ei ne Festschreibung der Mindestpersonalbemessung. Dafür sind die Personalräte zusammen mit den Vorständen, mit den Kli nikleitungen auch auf die Straße gegangen. Doch passiert ist letzten Endes nichts. Der bisherige Gesundheitsminister hat sich auf eine Zuschauerrolle beschränkt, übrigens trotz Auf forderung durch den Bundesrat, dass hier schnell eine Weiter entwicklung der Krankenhausfinanzierung vorgenommen werden muss. Es ist nichts passiert. Das ist vielleicht auch ein Grund dafür, warum seine Partei abgewählt worden ist.
Auf den neuen Gesundheitsminister kommt deshalb eine gro ße Aufgabe zu. Er muss nämlich zuallererst eine Akuthilfe für unsere Uniklinika organisieren. Denn die Folgen der Unterfi nanzierung dürfen im Grunde genommen – das wissen wir al le – keinen Tag länger so fortbestehen.
Nun aber zum Land. Es ist richtig, dass es Riesenprobleme bezüglich der Investitionskosten gibt – da stimme ich Ihnen zu, Frau Stolz –, aber die haben wir zunächst einmal geerbt.
(Abg. Dr. Monika Stolz CDU: Besser machen dann! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wie das Kaninchen vor der Schlange! – Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)
Selbstverständlich würden wir diese Altlasten gern schneller abarbeiten, als es gegenwärtig möglich ist. Aber dafür brau chen wir auch Geld vom Bund. Deshalb ist natürlich das The ma Länderfinanzausgleich ganz wichtig.
Trotz dieser Schwierigkeit werden wir den Investitionsstau beim Thema Solidarpakt entsprechend berücksichtigen. Wir werden auch alles dafür tun, das Erfolgsprofil unserer Univer sitätsklinika zu erhalten und auszubauen. Konkret heißt das: Wir werden nicht an der falschen Stelle sparen. Wir wissen natürlich auch, was die Wertschöpfungsgutachten – auch wenn es noch keines von Baden-Württemberg gibt; es gibt ein Gut achten der Universität Dresden – letzten Endes aussagen, nämlich dass die Wertschöpfung einer medizinischen Fakul tät den Landes- und den Investitionskostenzuschuss bei Wei tem übersteigt und eine Reduktion der Landeszuschüsse die Steuereinnahmen ganz empfindlich vermindern würde.
Wir wissen also um die Wirtschaftskraft der Hochschulmedi zin. Sie können sicher sein: Das Ganze wird einfließen in den jetzt anstehenden Dialog, sowohl beim Solidarpakt als auch bei der späteren Novellierung des Universitätsmedizingeset zes.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es jemand un ter Beweis gestellt hat, dass sie es nicht kann, dann war es die langjährige Gesundheitsministerin der SPD, Ulla Schmidt – um das einmal klarzustellen.
Erlauben Sie mir, dass ich vor Beginn dieses Themas als Ab geordneter dieses Hauses eine Vorbemerkung mache.
Seit 1988 habe ich Hunderte von parlamentarischen Initiati ven geschrieben, begleitet und in der Hand gehabt. Herr
Staatssekretär Walter, eine solche Antwort eines Ministeriums auf eine Große Anfrage ist mir allerdings bisher noch nicht untergekommen.
Ich sage deutlich: Als Amtschef hätte ich es mir nicht erlaubt, auf eine Große Anfrage einer Landtagsfraktion meiner Minis terin dies so zur Unterschrift vorzulegen. Ihr Haus fasst 14 umfangreiche Fragen zusammen und beantwortet diese mit einer halben Seite Plattitüden. Meine Damen und Herren, das ist für dieses Haus ein Schlag ins Gesicht. Bei einer Großen Anfrage erwarte ich von einem Ministerium, dass es 14 Fra gen, die detailliert gestellt werden, nicht mit einer halben Sei te Plattitüden abspeist.
Frau Kollegin Häffner, Sie haben die Große Anfrage mit ei ner Kleinen Anfrage verwechselt oder etwas Falsches gele sen.
Nun zur Sache: Ich werde die inhaltlichen Ausführungen der Kollegin Dr. Stolz nicht wiederholen und stimme den gestell ten Fragen vollumfänglich zu.
Nachdem die Grünen im Landtagswahlkampf versprochen hatten, als erste Amtshandlung werde das Universitätsmedi zingesetz wieder gekippt, setzte die Wissenschaftsministerin dies nach dem Regierungswechsel unmittelbar in die Tat um und kündigte an, sie werde im Dialog mit den Betroffenen ei ne Reform der Universitätsmedizin erarbeiten.
Da ein Konsens, meine Damen und Herren, mit allen Betrof fenen kaum zu erzielen sein dürfte, stellte sich die Frage, ob die Frau Ministerin nicht vielmehr beabsichtigt, eine Reform gar nicht oder nur symbolisch zustande kommen zu lassen. Ich habe Zweifel, dass sie den Mut hat, dieses heiße Eisen wirklich anzufassen. Sie lässt auch in der kleinen Antwort zu der Großen Anfrage der CDU nicht nur kein eigenes Zukunfts konzept für die Unikliniken durchblicken, sondern es scheint ihr gar nicht unrecht zu sein, wenn sich die Reform auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschiebt.
Ich nenne nur das Problem für die Verantwortlichkeit in ei nem so komplexen Zusammenspiel der Gremien. Wer über nimmt z. B. die Verantwortung für hohe finanzielle Belastun gen, die sich eventuell aus riskanten Geschäften oder Verträ gen ergeben? Hier muss der alte unternehmerische Grundsatz gelten: Risiko und Verantwortung in einer Hand.
Wir Liberalen haben aus diesem Grund auch sehr intensiv da rüber diskutiert, inwiefern das damalige Universitätsmedizin gesetz dazu geeignet war, diesem unternehmerischen Grund satz zu genügen. Wir sind damals zu dem Schluss gelangt, dass mit dem Gesetz das Prinzip Verantwortung überwiegend gestärkt worden wäre. Wir hätten uns seinerzeit als Alternati ve zur Gewährträgerversammlung die Stärkung der Aufsichts möglichkeiten des Landes in den örtlichen Aufsichtsräten durchaus vorstellen können.