Protocol of the Session on October 10, 2013

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 78. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Württemberg. Guten Morgen!

(Zurufe: Guten Morgen!)

Urlaub für heute habe ich Herrn Abg. Grimm und Herrn Abg. Schneider erteilt.

Krankgemeldet sind Frau Ministerin Bauer, Frau Staatssekre tärin von Wartenberg, Herr Abg. Hitzler und Herr Abg. Jägel.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich Herr Mi nisterpräsident Kretschmann, Frau Ministerin Krebs ab 15:00 Uhr, Herr Minister Stoch und Herr Minister Friedrich.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das Land ist ja fast führungslos!)

Meinen Sie, es sei regierungsunfähig?

(Heiterkeit – Zuruf von der CDU: Schon wieder?)

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Finanzierung der Verkehrsinfrastruk tur – Beschluss der Sonderverkehrsministerkonferenz und Perspektiven für Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten fest gelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht ange rechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Rede zeit von fünf Minuten.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE steht am Redner pult. – Abg. Nicole Razavi CDU: Bitte wieder hin setzen!)

Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich eben falls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 der Geschäftsordnung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.

Das Wort erhält für die Fraktion GRÜNE Herr Abg. Schwarz.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Guten Morgen!

(Zurufe: Guten Morgen! – Abg. Matthias Pröfrock CDU: Guten Morgen, Herr Schwarz!)

Verkehrsinfrastruktur war schon immer ein wichtiges Thema hier im Landtag von Baden-Württemberg. Schauen wir uns an, wie es um die Verkehrsinfrastruktur bestellt ist.

(Zuruf: Schlecht!)

7 Milliarden € fehlen jährlich für die komplette Verkehrsinf rastruktur in Deutschland, für die Straße, die Schiene, die Wasserstraße, über alle politischen Ebenen, den Bund, die Länder und die Gemeinden. 7 Milliarden € fehlen jährlich für die Verkehrsinfrastruktur.

Das hat seinen Grund insbesondere darin, dass in den letzten Jahren zu wenig in den Erhalt und die Sanierung der Verkehrs infrastruktur gesteckt wurde. 2,7 Milliarden € müssen künf tig jährlich für den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur, des Stra ßennetzes und des Schienennetzes, aufgewandt werden. Dies ist eine wichtige Erkenntnis der Verkehrsministerkonferenz aus der vergangenen Woche auf der Grundlage gesicherter Zahlen, die jetzt erstmals vorliegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die Daehre-Kommission, in der auch unser Verkehrsminister Hermann vertreten ist, hat es uns doch nachdrücklich vor Au gen geführt: Wir brauchen in Deutschland eine verlässliche, auskömmliche, zukunftsfähige und stetige Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur. Wir dürfen keinen weiteren Verschleiß in Kauf nehmen. Wir müssen unser Straßennetz, unser Schie nennetz und die Wasserstraßen instand halten, liebe Kollegin nen und Kollegen. Wir dürfen Sanierungslasten bei der Ver kehrsinfrastruktur nicht auf die kommenden Generationen ver schieben. Wir dürfen diese Instandhaltungsmaßnahmen nicht vernachlässigen und einfach sagen: „Irgendjemand wird es in der Zukunft schon richten.“ Nein, liebe Kolleginnen und Kol legen, wir brauchen hier Verlässlichkeit, wir brauchen eine angemessene Finanzierungsgrundlage für den Verkehrsbe reich.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Diese Finanzierung muss alle Verkehrsarten umfassen. Wir können es uns nicht leisten, dass die Neckarschleusen zuge macht werden.

(Abg. Claus Schmiedel SPD und Abg. Edith Sitz mann GRÜNE: Auf keinen Fall!)

Wir können uns keine maroden Autobahnbrücken und keine maroden Weichen leisten. Bürgerinnen und Bürger, Unterneh merinnen und Unternehmer sind auf eine leistungsfähige Ver kehrsinfrastruktur angewiesen. Wir müssen über alle staatli chen Ebenen – den Bund, die Länder und die Kommunen – die nachhaltige Finanzierung von Mobilität gewährleisten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich bin sehr froh, dass die Verkehrsminister der Länder ver gangene Woche ein starkes Signal ausgesandt haben. Alle 16 Landesverkehrsminister sind zusammengekommen und ha ben den Bund gemeinsam aufgefordert, die Verkehrsinfra struktur nachhaltig zu finanzieren. Herr Minister Hermann, ich bin Ihnen dankbar. Sie haben in dieser Kommission wie ein Löwe für die Verkehrsinfrastruktur gekämpft.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP)

Herr Minister, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie den Konsens gesucht haben. Sie haben auch den Konsens mit Verkehrsmi nistern anderer Couleur, sei es von CDU, CSU oder SPD – vielleicht war auch einer von der FDP dabei –, gesucht, und Sie haben einen einstimmigen Beschluss aller Landesver kehrsminister erreicht. Jetzt gilt es. Der Bund darf sich nicht mehr herausreden.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Die Länder auch nicht!)

Alle Länder sind sich einig, und der Bund darf sich jetzt nicht vor der Verantwortung drücken, angemessene Finanzmittel für den Verkehrsbereich zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Jetzt werden Sie sagen: „Herr Schwarz, das ist doch gar kei ne Neuigkeit, was Sie hier berichten.“

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Stimmt! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Ja, die Verkehrsinfrastruktur ist seit Jahren unterfinanziert. Aber es hat sich doch nichts getan, liebe Kolleginnen und Kol legen. Es hat sich nichts getan! Umso wichtiger ist dieser Ap pell, der jetzt von den Landesverkehrsministern kommt.

Schauen Sie sich doch einmal die Situation in Baden-Würt temberg an. Herr Minister Hermann hat jetzt Projekte im Ge samtumfang von 11 Milliarden € zum Bundesverkehrswege plan angemeldet. Das sind wichtige Vorhaben. Denken Sie an die Autobahn A 8, eine wichtige West-Ost-Verbindung.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Und die A 6! – Zuruf des Abg. Werner Raab CDU)

Denken Sie auch an kleinere Projekte wie die B 27 bei Lein felden-Echterdingen, die B 30, die B 31 in Oberschwaben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: B 10! – Zuruf von der CDU – Gegenruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Die Liste ist so lang, dass es den Rahmen sprengen würde, alle Projekte aufzuzählen!)

Das sind wichtige Verkehrsprojekte. Wenn uns aber der Bund dafür nur 90 Millionen € pro Jahr zur Verfügung stellt – viel leicht kommen noch ein paar Haushaltsüberschüsse dazu –, dann dauert es ewig, bis diese Projekte abgearbeitet werden.

(Abg. Peter Hauk CDU: Warten wir ab, was die Ko alitionsverhandlungen mit den Grünen im Bund er geben!)

Insofern bin ich Ihnen dankbar, Herr Minister, dass Sie prio risieren, aber gleichzeitig auch den Bund auffordern, mehr Gelder für die Verkehrsinfrastruktur und den Straßenbau zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Wir werden auch in Baden-Württemberg die Verkehrsinfra struktur in eine gute Ordnung bringen. Wir haben mit der Sa nierungsrücklage und mit der Erhöhung der Erhaltungsmittel einen ersten Schritt getan. Ich bin mir sicher, dass wir, was die Ertüchtigung, die Sanierung der Brücken angeht, künftig ver stärkt Gelder aufwenden müssen.

Ich komme zum Schienenbereich. Auch im Bereich des öf fentlichen Verkehrs, des Schienenverkehrs gibt es große Fra gezeichen. S-Bahn-Projekte, Stadtbahnprojekte werden über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz vom Bund bezu schusst. Nur sagt der Bund momentan: 2019 läuft diese Fi nanzierung aus.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das geht gar nicht!)

Das dürfen wir nicht akzeptieren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Sehr richtig! – Abg. Peter Hauk CDU: Das wurde in der Föderalismus kommission beschlossen! Da war Herr Kretschmann mit dabei!)

Das Bundesland Baden-Württemberg mit seiner dynamischen Bevölkerungsentwicklung ist auf den Ausbau der ÖPNV-In frastruktur angewiesen. Ich sage es ganz deutlich. Wir haben ja Projekte in der Pipeline. Denken Sie an das Mobilitätsnetz Heidelberg oder andere Vorhaben. Hier darf der Bund die Län der und die Gemeinden nicht im Stich lassen, was die Finan zierung angeht. Wir brauchen hier eine verlässliche Perspek tive des Bundes.