Protocol of the Session on September 25, 2013

Immerhin: Die Ministerin scheint in Bezug auf ihren Miss griff nach dem Rückpfiff durch den Ministerpräsidenten die Signale aus dem Land, von der Großstadt bis in den ländli chen Raum, gehört zu haben.

(Abg. Walter Heiler SPD: Hm!)

Alles andere wäre aber auch erstaunlich gewesen. Denn alles, was Sie bisher erreicht haben, ist ein Gegeneinander der Mu sikhochschulen. Das ist in der Geschichte von Baden-Würt temberg so noch nicht vorgekommen. Hierfür tragen Sie von Grün-Rot die Verantwortung.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wenn Sie jetzt weitermachen, Frau Ministerin, haben Sie an den fünf Musikhochschulen eine Friedenspflicht zu erfüllen.

Deshalb deute ich Ihre Ankündigung in der vergangenen Wo che im Wissenschaftsausschuss als ein „Zurück auf Los“.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Holen Sie nach, was Sie bisher versäumt haben. Nehmen Sie die Betroffenen von Anfang an dazu. Sie haben erklärt, es sei nichts in Stein gemeißelt. Sorgen Sie dafür, dass miteinander konstruktiv und nicht übereinander negativ geredet wird. Bis jetzt ist leider nicht erkennbar, dass bei Ihnen ein Umdenken stattgefunden hat.

Sie haben sich dem Antrag der FDP/DVP verweigert, alle fünf Standorte als vollwertige Musikhochschulen mit dem Ange bot einer klassischen Musikausbildung zu erhalten. Das wäre aber dringend notwendig, um zerstörtes Vertrauen wiederher zustellen.

Hochschulpolitik ist nicht allein eine Frage des Geldes. Ist nicht gerade die Musikhochschule Trossingen als Struktur maßnahme für die Fläche ein Glücksfall? Eine aktuell durch geführte Erhebung der Bundesvereinigung Deutscher Orches terverbände zeigt auf, von welchem Wert die Trossinger Mu sikhochschule ist. Darin geht es um die Versorgung der Or chester mit kompetenten Musikern. Über 109 baden-württem bergische Amateurorchester und Musikvereine haben auf ei ne entsprechende Anfrage geantwortet. 64 % der Vereine ha ben einen Dirigenten oder stellvertretenden Dirigenten, der in Trossingen studiert hat. Bei 58 % der Vereine unterrichten Trossinger Studenten. Ca. 38 % der Vereine gaben an, dass mindestens ein aktives oder ehemaliges Mitglied in Trossin gen studiere bzw. studiert habe. Wenn es die Musikhochschu le Trossingen nicht schon gäbe, müssten Sie sie jetzt erfinden, Frau Ministerin.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Es ist auch vollkommen unverständlich, dass in Trossingen und Mannheim nach den Plänen des Ministeriums ausgerech net die klassische Ausbildung gekippt werden soll. Gegen Pro filierung ist nichts einzuwenden.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Aha!)

Im Gegenteil: Sie macht häufig das Besondere einer Hoch schule aus.

(Zuruf des Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE)

Aber Profile ersetzen nicht das Basisangebot, das aus Sicht der FDP/DVP-Fraktion an den fünf Standorten erhalten blei ben muss. Profile wachsen am besten von unten, an den ein zelnen Hochschulen, entsprechend den ortsspezifischen Ge gebenheiten.

Es wird jetzt höchste Zeit, die Reform der Musikhochschul landschaft anzugehen und ein tragfähiges Konzept zu entwi ckeln. Von den betroffenen Musikhochschulen ist schon zu hören, dass Anträge auf Fördermittel oder Berufungen auf Eis gelegt sind, weil durch die missglückte Debatte keine Pla nungssicherheit mehr besteht. Diesen Zustand gilt es umge hend abzuschaffen.

Staatssekretär Walter hat in der Sitzung des Wissenschafts ausschusses in der letzten Woche betont, es gelte der Grund satz „Das Bessere ist der Feind des Guten“. Deshalb schlägt

die FDP/DVP-Fraktion auf Basis der Empfehlung des Rech nungshofs vor, das für alle fünf Hochschulen ermittelte Ein sparpotenzial noch einmal eingehend auf seine Realisierbar keit zu prüfen und Globalbudgets einzuführen.

Aus liberaler Sicht könnte die Hochschulfinanzierung konse quent auf das Prinzip „Geld folgt Student“ umgestellt werden. Mit einem solchen Studiengutscheinmodell wären die Musik hochschulen dann auch Pioniere. In Verbindung mit allgemei nen Studiengebühren in den grundständigen Studiengängen, nachlaufend und sozial verträglich gestaltet, und der konse quenten Erhebung von Studiengebühren in den weiterbilden den Studiengängen wäre damit eine tragfähige Finanzierungs grundlage geschaffen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Klaus Bur ger CDU – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Bravo!)

Dies würde die gerade diskutierten, wie auch immer gearte ten und rechtlich wie politisch höchst problematischen Quoten für ausländische Studierende überflüssig machen. Es würde glei ches Recht für alle Bewerber gelten, was für die Internationalität unserer Musikhochschulen wie für die Gewinnung talentierter Musikerinnen und Musiker gleichermaßen wichtig ist.

Gestatten Sie mir noch einen Hinweis, der allemal mit dem Gerücht aufräumt, nur große Hochschulen würden Großes leisten. Gerade hat eine Trossinger Studentin als Fagottistin den zweiten Preis beim ARD-Musikwettbewerb gewonnen. Gemeinsam mit ihrer Partnerin am Klavier – auch aus Tros singen – hat sie zudem den Preis für die beste Interpretation der Auftragskomposition des ARD-Musikwettbewerbs er spielt.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Sehr gut!)

Das ist der weltweit bedeutendste Klassikwettbewerb, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zuruf von den Grünen: Das haben Sie vorher gar nicht gewusst!)

Zum Schluss möchte ich dem Ministerpräsidenten danken, dass er seine Ministerin zurückgepfiffen hat. Ich nehme ein mal an, er hat die Bedeutung der Musikhochschulen für das ganze Land erkannt. Diese Regierung hat bei ihrem Amtsan tritt eine wahre Goldgräberstimmung zu verbreiten versucht. Als die verkorkste Musikhochschuldebatte aber eher eine To tengräberstimmung hervorrief, grätschte der Ministerpräsi dent dazwischen.

Nutzen Sie die dadurch entstandene Atempause, und nehmen Sie von dem unausgewogenen und höchst schädlichen Schnellschuss Abstand. Sichern Sie den fünf Musikhochschu len zu, dass sie als vollwertige und vollständige Musikhoch schulen erhalten bleiben. Prüfen Sie zusammen mit allen fünf Musikhochschulen und ihren Studierenden, den Musikverei nen und -verbänden sowie den Institutionen Vorschläge wie den von der FDP/DVP-Fraktion, der auf den Empfehlungen des Rechnungshofs basiert. Sonst werden Sie zu Recht als To tengräber der Musikhochschulen in die Geschichte des Lan des eingehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion spricht Kol lege Dr. Birk.

(Abg. Walter Heiler SPD: Wer?)

Herr Präsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Der Rechnungshof hat die Musik hochschulen des Landes Baden-Württemberg umfassend ge prüft und im Sommer dieses Jahres einen Bericht vorgelegt. Es gibt zwei Kernempfehlungen dieser Beratenden Äußerung, nämlich eine Einsparung von knapp 5 Millionen € und eine Reduzierung der Zahl der Studienplätze an unseren Musik hochschulen um 500, was immerhin 20 % der derzeit vorhan denen 2 500 Studienplätze ausmacht.

Der Bericht wurde von der Wissenschaftsministerin aufgegrif fen. Sie hat daraufhin übereilt ein inhaltlich falsches und hand werklich schlechtes Konzept vorgelegt, das wir seitens der CDU-Landtagsfraktion im Interesse der Musikhochschulen in Baden-Württemberg, aber auch im Interesse des Kulturlands und Hochschullands Baden-Württemberg nicht mittragen kön nen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Frau Ministerin, dieses Konzept ist inhaltlich unausgegoren, es bürdet insbesondere den Standorten Mannheim und Trossingen Sonderlasten auf, und es wird den Ansprüchen an ei ne gute Ausbildung der Musikerinnen und Musiker im Land Baden-Württemberg hinten und vorn nicht gerecht.

Was wir Ihnen besonders ankreiden, ist – da wundert es mich ohnehin, wie Sie vorgehen –: Erstens haben Sie Ihren Koali tionspartner nicht eingebunden, und zweitens sind auch die Musikhochschulen in diesen Prozess überhaupt nicht hinrei chend eingebunden gewesen. So zu tun, als ob dieses Kon zept mit den Betroffenen abgesprochen gewesen wäre, ist schlichtweg falsch und stimmt nicht mit der Realität überein.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Deshalb fordern wir Sie dringend auf: Nehmen Sie dieses Konzept zurück. Sie haben mit diesem Konzept dem Stand ort Baden-Württemberg erheblichen Schaden zugefügt.

(Zurufe von der CDU: Sehr richtig! – Jawohl!)

Das Kulturland Baden-Württemberg leidet unter einer solchen Politik.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Ich sage Ihnen: Wenn Sie bei diesem Thema so fortfahren, wird Ihnen das auf die Füße fallen. Ich sage das auch aufgrund der Erfahrungen der Vorgängerregierung aus dem Kulturgü terstreit mit dem Haus Baden. Wir waren bereit, den Fehler anzuerkennen.

Es war höchste Zeit, dass Sie, Herr Ministerpräsident, Ihre Ministerin gestoppt haben. Jetzt ist es allerhöchste Zeit, hier vorn zu sagen – auch nach der Bundestagswahl –, dass dieser Prozess völlig neu aufgerollt wird, und zwar ohne entspre

chende Vorbedingungen an unsere Musikhochschulen und un ter Einbindung aller Beteiligten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Ich sage für meine Fraktion, dass wir dazu bereit sind, und bitte Sie herzlich, dieses Angebot anzunehmen.

Ich erinnere daran, dass wir in diesem Hohen Haus die Kunstkonzeption fraktionsübergreifend gemeinsam verabschiedet haben. Die Kollegin Heberer und der Kollege Walter waren damals als kunstpolitische Sprecher ihrer Fraktionen in die Erarbeitung dieser Konzeption eng eingebunden. Nehmen Sie deshalb für die weitere Entwicklung der Musikhochschulen das zum Maßstab, was auch in der Kunstkonzeption des Landes steht – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:

Durch das hohe Kreativpotenzial und die Tatsache, dass sich jeder Studierende ausprobieren muss, um seine künst lerischen Möglichkeiten auszuloten, strahlen die Hoch schulen und Akademien über ihren Standort hinaus weit in die jeweilige Region aus. Als Theater-, Konzert- und Ausstellungsveranstalter sind sie wichtiger Bestandteil der Kulturlandschaft Baden-Württembergs.

Zweites Zitat:

Dazu ist eine noch weiter gehende Profilierung der verschiedenen Hochschulstandorte, die auch künftig Bestand haben sollen, nötig. Erklärtes Ziel der Musikhochschulen ist es, durch eine verstärkte Profilbildung neue inhaltli che Verbundstrukturen und Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen, ohne die Ausbildungsbasis jedes Standortes zu schmälern.