Ich mache daraus auch keinen Hehl: Für mich ist es – nach dem ich in den vergangenen Tagen auch verschiedene E-Mails bekommen habe – ein Gebot der Vernunft, dass wir den jun gen Menschen in unserem Land, gerade auch bei veränderten Übergangszahlen auf die Gymnasien, den Weg über eine du ale Ausbildung in den Beruf auch deutlich als eine Option be nennen.
Es freut mich daher, immer wieder darauf hinweisen zu kön nen, dass wir an allen weiterführenden Schulen – auch an den Gymnasien – bereits sehr vielversprechende Angebote im Sin ne einer Kooperation von Schule und Wirtschaft haben.
Jetzt darf ich Ihnen geschwind einmal ein Zitat aus einer ak tuellen Studie der Jugendstiftung vortragen. Zur Berufsorien tierung äußern sich Jugendliche wie folgt – ich zitiere mit Er laubnis des Präsidenten –:
Der unterschiedliche Stellenwert der Berufsorientierung im Curriculum der verschiedenen Schularten spiegelt sich in den Befragungsergebnissen. 75 % der Gymnasiasten fühlen sich von der Schule in Fragen der Berufsorientie rung zu wenig unterstützt, bei den Realschülerinnen und Realschülern sind es 52 % bzw. 47 % bei den Schülerin nen und Schülern von Haupt- und Werkrealschulen.
Sie dürfen sich auch lockerer hinstellen. – Herr Minister, nachdem Sie vorgeschlagen ha ben, dass die Schulen und insbesondere auch die Lehrer stär ker auf die Wirtschaft zugehen sollen, frage ich Sie: Können Sie uns mitteilen, bis wann Sie das Schulpraktikum, das Ih nen angeboten worden ist, absolvieren wollen, wie lange es dauert, und in welchem Schultyp Sie es vorhaben?
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: In den Ferien na türlich! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das macht er am Gymnasium Münsingen! – Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Baumschule!)
Herr Dr. Birk, es ist doch nicht so – darauf werde ich gleich zurückkommen; es war nicht meine Absicht; das werde ich auch gleich richtigstellen –, dass ich irgendjemanden in sei ner Arbeit geringschätze. Ich werde Ihnen die Frage gleich im Zusammenhang mit meinen nächsten Ausführungen beant worten.
Mir geht es darum, dass wir Berufsorientierung an allen wei terführenden Schulen stärker betonen, dass wir dort auch im Sinne einer Zusammenarbeit – – Handwerk und Industrie for dern, auch im Interesse der Kinder und Jugendlichen – das sa ge ich, ohne dass ich Lobbyist dieser Verbände sein will und sein werde –, dass wir das Thema Berufsorientierung stärker verankern.
In einem Konzept im Umfeld der Frage „Wie kann Berufs orientierung aussehen?“ kann natürlich auch eine Rolle spie len, dass Schülerinnen und Schüler in Betriebe gehen und Be triebspraktika machen. Das ist heute schon völlig üblich. Si cherlich kann man in diesem Zusammenhang auch sagen, dass es nicht schädlich ist, wenn auch der Lehrer oder die Lehre rin beim Thema Berufsorientierung eine wichtige Rolle spielt. Sie wissen, dass wir in der Bildungsplanreform auch das The ma Berufsorientierung verankern wollen. Es schadet daher nicht – so kam der Satz zustande –, wenn Lehrerinnen und Lehrer einen Betrieb von innen gesehen haben. Das heißt doch nicht, dass ich nicht weiß, dass viele Lehrerinnen und Lehrer dies im Rahmen der Kooperation von Schule und Wirtschaft bereits tun. Das ist genau richtig, Herr Kollege Wacker.
Lassen Sie mich doch ausreden. – Es tut mir sehr leid, dass viele in diesen Satz hineininterpretiert haben, dass ich dies nicht wüsste bzw. dass ich geringschätzte, was bereits vorhan den ist.
Ich kann Ihnen daher von dieser Stelle aus – deswegen bin ich Ihnen dankbar, die Möglichkeit zu haben, dies richtigzustel len – nur ganz klar sagen: Was die Lehrerinnen und Lehrer
heute schon im Bereich der bestehenden Modelle leisten, ist hervorragend. Ich wünsche mir, dass wir das intensiver ge stalten und dass wir zu einer intensiven Zusammenarbeit zwi schen der Schule und den Ausbildungsbetrieben kommen, die die Möglichkeit bieten, eine berufliche Ausbildung zu absol vieren.
Herr Minister, die Richtigstellung war leider etwas unzureichend. In diesem Interview der „Stutt garter Nachrichten“ – damit haben Sie selbst diesen großarti gen Stein ins Rollen gebracht – haben Sie in diesem Zusam menhang auch von einer Weiterbildungspflicht gesprochen, über die Sie nachdenken.
Ist Ihnen bekannt – genau diese Fragestellung hat zu großen Irritationen in der Lehrerschaft geführt –, dass es bereits eine Fortbildungspflicht für Lehrkräfte gibt, die beamtenrechtlich verankert und die in einer Lehrerarbeitszeitverordnung des Kultusministeriums seit Jahren festgeschrieben ist?
Sehen Sie es nicht auch so, dass dadurch, dass in diesem Zu sammenhang eine Weiterbildungspflicht suggeriert wird, der Eindruck entsteht, dass die Lehrkräfte überhaupt keine Ah nung von dem haben, was in den Betrieben geschieht? Damit entsteht der Eindruck, dass Lehrkräfte weltfremd sind. Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass Sie der Auslöser für die Irritationen waren, die letztlich in der Presse ihren Nieder schlag gefunden haben?
Herr Kollege Wacker, diese Irritationen – ich habe es gerade zum Ausdruck gebracht – tun mir leid. Dann waren meine Äu ßerungen wohl missverständlich. Ich weise jedoch auf eines hin: Bei den „Stuttgarter Nachrichten“ habe ich kein Wortlaut interview gegeben, das heißt, ich habe den Text auch nicht freigegeben. Es war ein Redaktionsgespräch.
Die Äußerungen, die im Zusammenhang mit Berufsorientie rung standen, habe ich in dem Sinn getätigt, wie ich sie Ihnen gerade vorgetragen habe. Auch die Aussage in Bezug auf die Frage, ob auch Lehrer wissen sollen, wie es in den Betrieben aussieht, habe ich so getätigt, jedoch im Zusammenhang mit dem bereits bestehenden Kooperationsmodell zwischen Schu le und Wirtschaft.
Was die Frage der Weiterbildung angeht, kam natürlich in die sem Zusammenhang die Feststellung: „Herr Stoch, wenn es
in der Unterrichtszeit geschieht, fällt ja wieder Unterricht aus.“ Darauf habe ich gesagt, es sei bereits gängige Praxis, dass Fortbildung auch in der unterrichtsfreien Zeit stattfindet.
Sie haben recht; es trifft zu, dass es entsprechend verankert ist. Deswegen ist es für mich umso erstaunlicher, dass bei Be nennung dieser Tatsache der Eindruck entstand, ich wolle et was Neues zulasten der Lehrer einführen. Sie räumen mit Ih rer Frage selbst ein, dass das nicht der Fall ist.
Deswegen bedaure ich diesen Eindruck, der entstanden ist. Das hatte ich nicht vor. Ich hatte insbesondere nicht vor, Res sentiments gegen Lehrerinnen und Lehrer zu schüren.
Herr Kollege Birk, jetzt zu Ihrer Frage. Natürlich kam als Ant wort auf diese vermeintliche Provokation eine Gegenprovo kation. Denn als nichts anderes ist das erwähnte Angebot wohl zu verstehen. Aber Sie können versichert sein: Ich bin sehr viel an Schulen und habe mit Gymnasial-, Realschul-, Werk realschul- und Gemeinschaftsschulrektoren in dieser Sache bereits telefoniert. Ich habe nette Anrufe bekommen, ich sol le doch einmal vorbeikommen. Wir haben vereinbart, dass ich das tun werde. Wenn ich weiß, wohin ich konkret gehen wer de, lasse ich es Sie als Ersten wissen.