Kollege Fulst-Blei hat es angesprochen – wir haben gestern über das Thema „Strukturanpassung in unserer Bildungsland schaft“ debattiert –: Es dürfte doch nicht ernsthaft wegzudis kutieren sein, dass wir in ganz Deutschland, aber eben auch in Baden-Württemberg ein Problem haben, das sich schlicht und einfach mit Demografie überschreiben lässt. Wir haben in diesem Land leider eine viel zu geringe Geburtenrate. Über die Ursachen dafür kann man stundenlang diskutieren. Das hat sicherlich auch mit der Frage der Vereinbarkeit von Fami lie und Beruf
Aber wir müssen auf diese neue Situation reagieren. Auf die se Situation hätten Sie bereits lange reagieren können. Des wegen ist es zwingend notwendig – Kollege Fulst-Blei hat ei nige Zitate der CDU auf Bundesebene, aber auch der der CDU auf Landesebene vorgetragen –, ist es einfach ein Gebot der Ehrlichkeit, dass wir auch darüber nachdenken: Wie können wir die Schulstruktur zukunftsfähig gestalten? Angesichts der Schülerzahlen an den Haupt- und den Werkrealschulen wird es – trotz der hervorragenden Arbeit, die dort geleistet wird – nicht möglich sein, sich ernsthaft einzubilden, dass wir in der Fläche dieses Landes Baden-Württemberg weiterhin ein drei gliedriges Schulsystem haben werden.
Deswegen: Verschließen Sie sich nicht einer konstruktiven Diskussion darüber, wie die Bildungslandschaft in BadenWürttemberg im Interesse der Kinder und Jugendlichen in Zu
kunft aussehen kann. Wir wollen gute Bildungschancen für alle Kinder, und zwar auch im ländlichen Raum in BadenWürttemberg.
Wenn Sie immer klagen, was das Thema „Individuelle Förde rung“ angeht, gleichzeitig aber das pädagogische Konzept der Gemeinschaftsschule angreifen, dann bitte ich Sie, sich diese Schulen mit offenen Augen einmal von innen anzuschauen. Kollege Hauk hat das ja einmal zusammen mit meiner Amts vorgängerin getan.
Dort wird mit sehr, sehr großem Engagement der Lehrerinnen und Lehrer und der Schulleitungen ein neues pädagogisches Konzept umgesetzt, und zwar nicht aus ideologischen Grün den, sondern damit Kinder länger gemeinsam lernen können und jeder entsprechend seinen Begabungen und seinen Stär ken gefördert werden kann.
auch über die Weiterentwicklung von Pädagogik zu sprechen. Wenn Sie so tun, als ob Pädagogik auf dem heutigen Stand oder auf dem Stand von vor zehn Jahren stehen bleiben könn te, dann gaukeln Sie den Menschen ein falsches Bild vor. Wir pflegen einen guten Kontakt zu den Verbänden, zu den Gym nasien und auch zu den Realschulen und diskutieren über neue pädagogische Konzepte und über die Weiterentwicklung der pädagogischen Konzepte dieser Schularten. Dabei geht es um mehr individuelle Förderung, mehr kooperatives Lernen und mehr individuelles Lernen, aber auch um den richtigen Zeit punkt für den Frontalunterricht, den Sie so schätzen.
Ich besuche Sie gern im Unterricht, Herr Röhm. Dann spie len wir erst Basketball und gehen danach in den Unterricht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche adäquat gefördert werden, und zwar mit verschiedenen pädagogischen Instrumenten, die zum rich tigen Zeitpunkt richtig eingesetzt werden müssen.
Natürlich wünschen wir uns, beim Ausbau der Ganztagsschu len bereits ein gutes Stück weiter zu sein. Derzeit bauen wir die Ganztagsschulen auf der Basis des bisherigen und von Ih nen erarbeiteten Konzepts und damit auf der Grundlage des Schulgesetzes, das wir von Ihnen übernommen haben, weiter aus. Wir haben klar und deutlich gesagt, dass zum Schuljah resbeginn 2014/2015 eine weitere Verstärkung stattfinden wird, wobei wir uns zunächst einmal den Grundschulbereich vornehmen werden.
Auch an dieser Stelle lade ich Sie ein: Wir müssen jetzt ge meinsam die entsprechenden Konzepte für die Ganztagsschu le entwickeln. Dabei geht es auch um die Frage, ob es offene oder gebundene Ganztagsschulen sein sollen und welches der pädagogisch wertvollere Weg ist; dabei geht es um rhythmi sierten Unterricht. Ich lade Sie ein, in einen konstruktiven Di alog über das Thema „Pädagogische Qualität“ einzutreten.
Darüber hinaus – das muss ich Ihnen auch nicht gesondert sa gen – wird die Schulsozialarbeit in der Breite des Landes im mer wichtiger. Früher war es ein Makel, wenn sich eine Schu le um Schulsozialarbeit bemüht hat. Dabei stand immer die Befürchtung im Raum, dass das eine Problemschule sein könnte. Heute wissen wir, dass wir an allen Schulen, an allen Schularten, und zwar unabhängig davon, ob wir vom ländli chen Raum oder vom städtischen Raum sprechen, Schulsozi alarbeit dringend brauchen. Deswegen entsprach es einem Ge bot der Vernunft und der Verantwortlichkeit, dass das Land unter dieser Landesregierung wieder in die Schulsozialarbeit eingestiegen ist.
Vergessen wird ferner, dass unter der Überschrift „Bildungs gerechtigkeit – mehr Chancen für alle Menschen“ – und zwar unabhängig vom Geldbeutel der Eltern – auch die Abschaf fung der Studiengebühren steht. Natürlich würde eine Studi engebühr, wie Sie sie eingeführt hatten, im Bildungsbereich manch andere Möglichkeit zum Handeln eröffnen. Uns ist es aber wichtig, dass junge Menschen die Chance zu einem Stu dium und einem erfolgreichen Studienabschluss haben, und zwar unabhängig von der Frage, ob die Eltern arm oder reich sind.
(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Deshalb kann man es doch nachlaufend machen! Machen wir es doch nachlaufend!)
Deshalb ist für uns die Abschaffung der Studiengebühren ein ganz wichtiger Faktor auf dem Weg zu mehr Bildungsgerech tigkeit.
Schauen wir des Weiteren einmal auf die Realschulen. Sie ha ben eine Kampagne zum Schutz der Realschulen ausgerufen.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Zur Rettung! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Zerbröselt, bevor sie überhaupt begonnen hat!)
Diese Kampagne – es tut mir leid – kommt überraschend, nachdem Sie in Ihrer Regierungszeit für die Realschulen nicht wirklich ein großes Herz erkennen ließen.
Wir haben den Realschulen zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt. Wir haben ihnen weitere Poolstunden für die indivi duelle Förderung zugewiesen. Außerdem wurde die Kompe tenzanalyse eingeführt. Die Realschulen werden also von uns unterstützt.
Zudem wollen wir das Thema der gesteigerten Heterogenität nach dem Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulemp fehlung aufgreifen und gemeinsam mit den Realschulen an gehen. Wir wollen, dass die Realschulen ein Ort sind, an dem Kinder unterschiedlicher Begabung gute Bildung erhalten können.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD zu CDU und FDP/ DVP: Von Ihnen kam da gar nichts!)
Nehmen Sie den Bereich der beruflichen Schulen. Bei den be ruflichen Schulen haben wir einen weiteren Ausbau, insbe sondere der beruflichen Gymnasien, vorgenommen, weil wir eine große Nachfrage in diesem Bereich festgestellt haben. Damit haben wir vielen jungen Menschen, die über den Weg der Realschule oder der Werkrealschule den mittleren Bil dungsabschluss erreicht haben, den Weg eröffnet, einen Platz an einem beruflichen Gymnasium erhalten zu können. Wie Sie da von einem Bildungsabbruch sprechen können, ist mir völlig schleierhaft. Wir eröffnen jungen Menschen gute Chan cen auf gute Bildung.
Darüber hinaus möchte ich auf die Schulen in freier Träger schaft bzw. auf die Privatschulen zu sprechen kommen. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen – an dieser Stelle kön nen Sie natürlich wieder auf den Koalitionsvertrag hinweisen –, dass wir auf dem Weg zu dem, was Sie schon vor Jahren und Jahrzehnten versprochen haben, ein gutes Stück weiter gekommen sind. Wir haben bereits zwei Erhöhungsschritte zugunsten der Schulen in freier Trägerschaft aus dem Landes haushalt finanziert, und das in einer haushaltspolitisch schwie rigen Zeit.
Was die weitere Tranche angeht, sind wir in guten Gesprächen und sind zudem sehr optimistisch, dass wir in Kürze mit den Schulen in freier Trägerschaft zu einer Einigung kommen wer den, sodass sich auch in diesem Bereich deutliche Signale der Verbesserung zeigen und wir damit eine Situation erreicht ha ben werden, die besser ist als das Bildungssystem in BadenWürttemberg im Jahr 2011.
Jetzt komme ich noch auf die zwei, drei „Vorwürfchen“ des Herrn Wacker zu sprechen. Herr Wacker, wenn Sie mir, mei ner Person, unterstellen, ich würde auf Stammtischniveau ar gumentieren, dann geht das fehl. Das hat mir in meinem Le ben bisher noch niemand vorgeworfen.
Das Thema, das in der vergangenen Woche in einem Redak tionsgespräch bei den „Stuttgarter Nachrichten“ Gegenstand war und es offensichtlich wert war,
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Private Äu ßerung? – Abg. Alexander Throm CDU: Privat ge sprochen?)
war – neben anderen Themen – „Berufsorientierung an Schu len“. Wir sind uns, glaube ich, alle einig – wenn nicht, müs
sen Sie widersprechen; aber ich glaube, gerade auch in Ihrer Fraktion gibt es zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter, die dieses Interesse, das ich gleich formuliere, teilen werden –: Wir brauchen an unseren weiterführenden Schulen – und zwar an allen weiterführenden Schulen; auch an den Gymnasien; genau so habe ich es gesagt –