Protocol of the Session on June 20, 2013

Interessant ist auch die Aussage des Rechnungshofs zur Ent wicklung der Gesamteinnahmen und der Steuereinnahmen. Ich will noch einmal darauf eingehen, um das Märchen von den sprudelnden Steuereinnahmen ein bisschen zu relativie ren. Es wurde auch sehr gut bildlich dargestellt, wie die Ent wicklung verlaufen ist. Wir hatten von 2002 bis 2008 einen rasanten Anstieg der Steuereinnahmen um 31 %; da sind sie wirklich gesprudelt. 2009 und 2010 sind sie aufgrund der Fi nanz- und Wirtschaftskrise dramatisch eingebrochen. Erst 2011 stiegen sie wieder an und lagen im Jahr 2012 um 28 % höher als 2002, sie haben jedoch nicht das Niveau von 2008 erreicht. Also: Sprudelnde Steuereinnahmen – das war vom Effekt her in der Vergangenheit viel stärker als in der jünge ren Vergangenheit.

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Die Personalausgaben dagegen stiegen in den vergangenen Jahren kontinuierlich an. Die Ausgaben für Zuwendungen und Zuschüsse erhöhten sich auch deutlich. Der Rechnungshof kommt deshalb zu dem Schluss – ich zitiere aus der Denk schrift –:

Für 2013 bis 2015 lassen sich die nach der mittelfristi gen Finanzplanung erwarteten Ausgaben nicht vollstän dig durch die Einnahmen ohne Neuverschuldung decken. In der Folge ergeben sich im Landeshaushalt ab 2013 De ckungslücken im Umfang von jährlich rund 2,5 Milliar den €.

Sie können das auf den Seiten 41 und 42 der Denkschrift nach lesen. Sie erfahren dort die Wahrheit über sprudelnde Steuer einnahmen und über strukturelle Defizite. Das, was immer in frage gestellt wird und was der Staatssekretär zu erläutern ver sucht – wobei er auch auf die Beamten zurückgreift –, das ha ben wir jetzt auch Schwarz auf Weiß in dieser Denkschrift.

Ich lese aus den Beiträgen des Rechnungshofs zum Verschul dungsverbot in der Landesverfassung aber auch heraus, dass die Einhaltung der Schuldenbremse nur über einen Abbaupfad möglich ist. Wir können uns über die Höhe streiten, aber wir haben den richtigen Weg im Finanzplan 2020 eingeschlagen. Wir kommen bei der Schuldenbremse nicht um die Personal ausgaben herum.

Beim Thema Personalausgaben hat uns der Rechnungshof, Herr Munding, ein recht großes Paket auf die Füße gestellt, ein Paket, das Sie im Beitrag Nummer 13 erläutern. Das ist die demografische Entwicklung der Schülerzahlen und ihre Auswirkungen auf den Lehrkräftebedarf an öffentlichen all gemeinbildenden Schulen. Die frühere Landesregierung hat te die angenehme Aufgabe, in den letzten zehn Jahren knapp 9 000 Lehrer einzustellen, obwohl die Zahl der Schüler um 100 000 abgenommen hat. Das war die Aufgabe der vorheri gen Landesregierung. Die jetzige Landesregierung soll nach Aussagen des Rechnungshofs bis zum Schuljahr 2020/2021 bei einem weiteren Rückgang der Schülerzahlen um prognos tizierte 180 000 nach dem Bruttorechenmodell 14 100 Lehrer nicht einstellen, sondern Stellen abbauen. Die Landesregie rung nimmt diese Herausforderung an und baut nach dem Net torechenmodell 11 600 Lehrerstellen ab. Das ist eine riesige Aufgabe zur Konsolidierung der Haushalte.

Der Rechnungshof stellt auch fest, dass ein weiterer Personal abbau nötig ist, und zwar in der Größenordnung von etwa 500 Millionen €. 500 Millionen € im Jahr entsprechen ungefähr 8 000 Stellen. In der Diskussion sind bei uns jetzt 5 000 Stel len. Auch wir nehmen diese zweite große Herausforderung an. Ich frage mich nur: Warum wurden diese Frage und die ses Paket des Rechnungshofs nicht schon vor zehn Jahren vor die Tür gestellt und jedes Jahr wieder?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Diese Herkulesaufgabe hat einen hohen politischen Preis. Wir spüren das; das muss man ganz ehrlich sagen. Trotzdem hat der Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft ein Personalent wicklungskonzept beschlossen. Dieser Weg, zu dem zwingend eine umfassende Aufgabenkritik gehört – darüber sind wir uns mit dem Rechnungshof einig –, wird lang und sehr schwierig – um auch die Fragen nach der Finanzplanung 2020 zu beant

worten. Man kann das nicht alles in einem Papier in ein paar Monaten auf den Tisch zaubern. Das ist ein langer, schwieri ger und steiniger Weg. Ich bin einmal gespannt, ob diejeni gen, die jetzt mit großen Worten eine verschärfte Schulden bremse fordern, ebenfalls mitgehen werden.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Erst muss mal was kommen!)

Im Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft haben wir einige Beiträge intensiv bearbeitet. Viele Themen wurden aufgegrif fen und auch im Sinne des Rechnungshofs erledigt, beispiels weise hinsichtlich der Verbesserung der IT. Wir packen auch dieses sehr schwierige Thema an. Es geht auch um die Ar beitsweise bei den Finanzämtern. Wir stellen 500 Finanzbe amte und Betriebsprüfer ein, wie immer wieder gefordert wur de. Qualitätssicherung beim Schienenpersonennahverkehr, Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Forschungsin stituten, polizeiärztlicher Dienst, Landesstelle für Straßentech nik – all das sind Aufgaben, denen sich die jetzige Landesre gierung annimmt. Sie versucht sie im Interesse des Landes und einer nachhaltigen Wirtschaft zu erledigen.

Natürlich waren wir nicht in allen Punkten einig und gaben auch abweichende oder ergänzende Empfehlungen. Der Be schlussfassung und dem Bericht des Ausschusses zur Haus haltsrechnung des Landes für das Haushaltsjahr 2010 stim men wir zu. Das ist vorbei; da kann man nichts mehr dazuge ben und auch nichts mehr zurückholen.

Dazu gehört auch die Empfehlung, künftig Ermächtigungen für über- und außerplanmäßige Ausgaben, für die eine Zustim mung des Finanzministers nach Artikel 81 Satz 1 der Landes verfassung vorliegt, auch dann in der Haushaltsrechnung des Landes darzustellen, wenn diese zu keinen Ausgaben geführt haben. Das ist die Folge des EnBW-Deals gewesen.

Herr Löffler, Ihre Entschuldigung ist ehrenhaft, aber alles an dere, was Sie da von sich gegeben haben, ist schon sehr zwei felhaft.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Manfred Groh CDU)

Die Prüfung des Rechnungshofs ergab keine gravierenden Be anstandungen. Wir stimmen den Beschlussempfehlungen des Ausschusses zu, und ich bedanke mich im Namen der SPDFraktion bei Ihnen, Herr Präsident Munding, und allen Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die gute Arbeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Denkschrift 2012 des Rechnungshofs hat keine Skandale offenbart und hat auch kei ne besonders gravierenden Fälle öffentlicher Verschwendung ans Tageslicht gebracht. Aber auch diese Denkschrift des Rechnungshofs hat eine ganze Fülle von Anregungen und Hin weisen für einen sparsameren und effizienteren Umgang mit öffentlichen Mitteln erbracht.

Die Verdienste des Rechnungshofs um eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung sind unstrittig. Wir als Par lament würdigen dies aber am besten dadurch, dass wir uns rasch und intensiv mit den Anregungen des Rechnungshofs auseinandersetzen und sie gegebenenfalls nicht nur aufgrei fen, sondern auch konsequent umsetzen.

Dass wir die Denkschrift erst jetzt im Juni beraten, zeigt, dass der Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft sich viel Zeit für die Beratung der einzelnen Beiträge genommen hat. Das zeigt aber nicht, dass er sich mit besonderer Intensität um die zen tralen Fragen der Denkschrift gekümmert hätte, sondern weit eher, dass die Regierungskoalition viel Zeit gebraucht hat, die schwierigen Themen der Denkschrift mehr oder weniger ele gant zu umschiffen. Auf einzelne Themen der Denkschrift will ich deshalb noch einmal kurz eingehen.

Der Denkschriftbeitrag Nummer 6 – Verschuldungsverbot in der Landesverfassung verankern – hätte durchaus eine inten sive Beratung verdient gehabt.

Der Präsident des Rechnungshofs wird in dem Bericht über die Beratung des Ausschusses für Finanzen und Wirtschaft zu diesem Beitrag wie folgt zitiert:

Der Rechnungshof plädiere zwar dafür, die Schulden bremse möglichst rasch in der Landesverfassung zu ver ankern, kritisiere jetzt aber nicht, dass dies nicht schon 2013/14 erfolge. Doch sollte dies deutlich vor 2020 ge schehen. Der Rechnungshof rege in diesem Sinn an, die von der Landesregierung nun vorgesehene Änderung der Landeshaushaltsordnung noch nicht als abschließende Regelung zu betrachten.

Ich bedanke mich beim Präsidenten Munding, dass er an die ser Stelle am heutigen Tag noch einmal die Bitte und die Auf forderung an die Regierungskoalition, die Schuldenbremse eben vor 2020 umzusetzen und auch deutlich vor 2020 keine neuen Schulden zu machen, wiederholt hat. Sie wollen das nicht, meine Damen und Herren von der Regierungskoaliti on. Sie wollen sich nicht einmal eine Anhörung zu diesem Thema im Finanz- und Wirtschaftsausschuss antun, weil Sie von Grün-Rot in diesem Haus diese Vorschläge des Rech nungshofs nicht hören wollen.

Leider blieb es bei den üblichen oberflächlichen Begründun gen, warum dies so nicht möglich wäre. Die Beschlussemp fehlungen lauteten dann: Kenntnisnahme.

Beim Denkschriftbeitrag Nummer 4 – Personalausgaben des Landes – geht es um die Forderung des Rechnungshofs, ein kurzfristig wirkendes Stellenabbaukonzept im Umfang von 500 Millionen € zu entwickeln, und zwar über die im Haus halt verankerten k.w.-Vermerke hinaus. Dies kann man durch aus mit respektablen Gründen ablehnen. Aber es geht eben nicht, meine Damen und Herren, sich auch hier mit der wol kigen Formulierung „im Rahmen des Abbaus der Neuver schuldung des Landes bis 2020 zeitnah ein Personalentwick lungskonzept vorzulegen“ letztlich um das Thema herumzu mogeln.

Als drittes und letztes Beispiel der Denkschrift führe ich den Beitrag Nummer 13 an: Demografische Entwicklung der Schülerzahlen und ihre Auswirkungen auf den Lehrkräftebe

darf an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen. Wenn man dies nicht als eine bloße Rechenaufgabe ansieht, sondern rich tigerweise als eine zentrale Auseinandersetzung über die Fra ge, auf welche Weise auch heute noch fortbestehende bil dungspolitische Handlungsnotwendigkeiten – z. B. mehr Ganztagsschulen, mehr Inklusion, mehr individuelle Förde rung – aus der demografischen Rendite stellenmäßig abgesi chert werden können und wie viele Stellen aus der demogra fischen Rendite dann noch für Zwecke der Haushaltskonsoli dierung verbleiben, dann hätte auch hier eine intensive De batte stattfinden müssen. Für diese scheint sich aber der Aus schuss nicht zuständig zu fühlen. Alles, was am Ende heraus kam, waren die Kenntnisnahme und ein bis zum 30. Septem ber 2014 zu erstattender Bericht über den Vollzug des Lehrer stellenabbaus.

Das alles zeigt doch, meine Damen und Herren: Um grün-ro te Debattenkultur ist es nicht besonders gut bestellt. Echte Be teiligung ist schon im Parlament nicht sehr gefragt.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ach!)

Das verwundert nicht bei einer Regierungsmehrheit, die zu tiefst davon überzeugt zu sein scheint, allein im Besitz der Wahrheit zu sein.

Natürlich gab es neben diesen Themenkomplexen auch viele weitere Themen, in denen der Ausschuss Einmütigkeit erziel te und bei denen er sich die Empfehlungen des Rechnungs hofs unverändert oder modifiziert zu eigen machte.

In zwei Fällen hat der Rechnungshof die Zuwendungsemp fänger und ihre Arbeit ganz ausdrücklich gelobt, und zwar die Kommission für geschichtliche Landeskunde und die Würt tembergische Philharmonie in Reutlingen. Ich will mir dies ausdrücklich zu eigen machen, denn es ist gut, wenn solche Einrichtungen sehen, dass man nicht nur dann Erwähnung fin det, wenn Missmanagement und Verschwendung aufgedeckt werden, sondern auch einmal dann, wenn es exzellente Arbeit zu würdigen gilt.

Dasselbe ist in aller Regel beim Rechnungshof selbst der Fall. Darüber sollen auch einzelne Punkte der Kritik nicht hinweg täuschen. Deshalb gilt zum Schluss unser Dank dem Präsi denten Munding, den Damen und Herren des Senats und al len Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Staatssekretär Rust.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Auch ich darf mich den grund sätzlichen Bemerkungen der Damen und Herren Abgeordne ten anschließen, was die Bedeutung der Denkschrift des Rech nungshofs für die Arbeit der Landesregierung angeht. Die Denkschrift ist nicht nur für das Parlament ein wichtiger Bei trag, eine wichtige Unterstützung seiner Arbeit und seiner Funktion, die Regierung zu kontrollieren. Auch für uns, die Regierung, ist die Denkschrift ein wichtiger Beitrag. Ich fand

es ein schönes Bild, das die Kollegin Aras gebracht hat: ein Röntgenbild unserer Arbeit, durch das wir in die Tiefe schau en können, um festzustellen, wo es bei der Arbeit der Landes verwaltung Verbesserungs-, wo es Effizienzpotenzial gibt.

Deshalb danke ich herzlich für die Denkschrift. Wir schätzen diese Arbeit; sie ist unverzichtbar.

Ich möchte mich, sehr geehrter Herr Präsident Munding, aus drücklich auch für das Lob gegenüber den Beamtinnen und Beamten in unserer Landesverwaltung bedanken. Auch ich habe bei vielen Gesprächen festgestellt, dass dort ein hohes Engagement vorherrscht und der negative Touch, den unsere Beamtenschaft in der Öffentlichkeit oder in manchen öffent lichen Diskussionen hat, oft bei Weitem nicht berechtigt ist. In allen Bereichen der Landesverwaltung sind hoch engagier te Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig, und ich danke Ih nen, dass Sie dies auch erwähnt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD sowie der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Ich danke auch für die anerkennenden Worte, die Sie für die von uns in Gang gesetzten Bemühungen gefunden haben. Da war das Bild, das Sie von der Arbeit der Landesregierung ge zeichnet haben, doch ein etwas anderes als das Bild, das die Kollegen Löffler und Rülke gezeichnet haben.

Ich möchte mich für das Lob im Bereich des IT-Grobkonzepts bedanken, möchte das Lob aber auch zurückgeben. Denn auch da hat der Rechnungshof bei der Erarbeitung mitgewirkt. Es waren viele, viele Denkschriftbeiträge, die Sie uns in den ver gangenen Jahren zum Thema IT-Bündelung präsentiert haben. Wir haben mit dem IT-Grobkonzept versucht, das, was Sie in vielen einzelnen Beiträgen beleuchtet haben – viele Problem stellen; zuletzt haben Sie in dieser Denkschrift auch die IT der Justiz explizit untersucht –, aufzugreifen und in einem Kon zept zusammenzufassen.

Es ist ein Grobkonzept. Da haben Sie sicher recht. Es ist noch kein fein detailliertes, kein fein ausgearbeitetes Konzept. Aber ich kann wohl in aller Bescheidenheit sagen: Wir sind mit die sem Schritt, mit diesem Konzept einer Bündelung der IT, was die Personal- und Sachmittel angeht, weiter als alle anderen Landesregierungen vor uns. Ich glaube, das ist durchaus als Durchbruch zu bezeichnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich danke für die anerkennenden Worte hinsichtlich der Re aktionen auf die demografische Entwicklung der Schülerzah len. Sie sind in der Gesellschaft wahrscheinlich der Einzige, der uns für die umgehende Umsetzung lobt. Wir werden näm lich 11 600 Lehrerstellen, die nach unseren Berechnungen in den kommenden Jahren aufgrund der zurückgehenden Schü lerzahlen verzichtbar sind, abbauen. Dabei will ich nicht ver hehlen, dass auch schon die alte Landesregierung k.w.-Stellen vorgesehen hat und deshalb die Streichungen, die wir in den nächsten ein, zwei Jahren vornehmen, eigentlich noch die Streichungen der Vorgängerregierungen sind, weil bereits be schlossen war, diese Stellen wegfallen zu lassen.

Wir haben aus Ihren 14 100 Stellen 11 600 Stellen gemacht. Das heißt, wir sind Ihren Empfehlungen nicht ganz gefolgt.