Protocol of the Session on June 20, 2013

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal betonen, dass die Rechnungshofdenkschrift 2012 das Jahr 2010, also die Regierungszeit von CDU und FDP/DVP, betrifft. Ich will einige Punkte aus der Denkschrift 2012 aufgreifen und erläu tern, welche Schlussfolgerungen wir daraus ziehen und was wir in der grün-roten Regierungskoalition und in der Regie rung besser machen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da können Sie gleich aufhören!)

Ich will damit deutlich machen, dass die Arbeit des Rech nungshofs nicht nur Erkenntnisse liefert, sondern auch Ergeb nisse hat.

Beitrag Nummer 24: Finanzierung von Landesstraßenbaumaß nahmen. Der Rechnungshof stellt zum Thema „Finanzierung von Landesstraßenbaumaßnahmen“ fest – ich zitiere mit Er laubnis der Präsidentin –:

Die Landesstraßenbaumaßnahmen des Impulsprogramms 2008/2009 sind unzureichend kalkuliert. Deshalb ist zu erwarten, dass in großem Umfang nachfinanziert werden muss. Es besteht die Gefahr, dass dies in den nächsten Jahren zulasten des Erhalts der Landesstraßen gehen wird.

Der damalige Innenminister setzte bei der Straßenbauverwal tung durch, dass vier große Maßnahmen in dieses Programm aufgenommen wurden, obwohl sie nicht ordentlich finanziert waren. Dies geschah auch, ohne dass eine ordentliche Kos tenrechnung durchgeführt wurde.

Noch einmal ein Zitat aus der Denkschrift, Seite 193:

Insbesondere für die zwei Maßnahmen mit Tunnelbau werken... hätte die Straßenbauverwaltung... eine vertie fende Kostenrechnung durchführen müssen.

Am Ende summierten sich die offenen Posten auf fast 40 Mil lionen €. „Offen“ heißt Verschiebung von Finanzierungen in die Zukunft.

Ein weiteres Zitat:

Die Planansätze im Haushalt 2012 und in der mittelfris tigen Finanzplanung reichen nicht aus, um das vorgese hene Bauprogramm zu finanzieren.

Verkehrsminister Hermann hat bereits im Juni 2012 reagiert und die Politik der ungedeckten Schecks mit einem Konzept zur Priorisierung im Landesstraßenbau beendet. Vor allem hat er mit diesem Priorisierungskonzept dafür gesorgt, dass nicht, wie vom Rechnungshof befürchtet, die Nachfinanzierung der

schwarz-gelben Finanzierungslücken zulasten des Erhalts und Unterhalts der Landesstraßen ging.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Der Held vom Erd beerfeld!)

Minister Hermann hat den Schwerpunkt ganz klar auf den Er halt der Straßen gelegt.

In dem vom Kollegen Kunzmann eingebrachten Antrag Drucksache 15/2096 heißt es, dass durch die Priorisierung der Landesstraßenbau blockiert werde; entsprechend lautet auch die Überschrift. Das trifft in keiner Weise zu. Es wird nur die Politik der unseriösen Finanzierung und der ungedeckten Schecks blockiert. Dazu stehen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die Landesregierung macht mit der Priorisierung genau das, was der Rechnungshof in seiner Beschlussempfehlung ange regt hatte und was der Finanz- und Wirtschaftsausschuss be schlossen hat, nämlich auf fünf Jahre angelegte Investitions rahmenpläne sowohl für den Erhalt als auch für Aus- und Neu baumaßnahmen aufzustellen. Bei Grün-Rot können sich die Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen, dass der Landesstra ßenbau verlässlich finanziert wird und die richtigen Schwer punkte gesetzt werden.

Im Beitrag Nummer 23 geht es um die Qualitätssicherung im Schienenverkehr. Die Landesregierung schloss 2003 unter Fe derführung des damaligen Verkehrsministers Ulrich Müller einen milliardenschweren Generalvertrag mit der Deutschen Bahn über Leistungen im Schienenpersonennahverkehr.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das ist ein grana tenmäßig schlechter Vertrag!)

Es gab keine Ausschreibung, es gab keinen Wettbewerb. Es gab einen Kunden, das Land, und einen Monopolisten, die Deutsche Bahn. Der Vertrag läuft immer noch, und er läuft noch bis 2016.

Damit die Qualität der Leistungen des Monopolisten nicht völ lig unter die Räder kam, hat man ein Bonus-Malus-System vereinbart, das – so der Rechnungshof in der aktuellen Denk schrift – erhebliche Mängel hatte und vonseiten der Landes regierung schlampig kontrolliert wurde.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Ich habe keine Zeit.

Ich zitiere aus dem Denkschriftbeitrag Nummer 23 zur Situ ation im Jahr 2010:

Bislang wurde in keinem Jahr der Laufzeit des General vertrags... die Frist... zur Vorlage der Schlussabrech nung eingehalten. Das Ministerium hat nun acht Jahre nicht auf die vertraglich vereinbarten Fristen bestanden... In der Folge sind Pönalen

das heißt, Strafzahlungen aufgrund mangelnder Qualität der Verkehrsleistungen –

nicht zeitnah erhoben worden.

Ich will jetzt nicht auf Details eingehen. Die Empfehlung des Rechnungshofs, das Qualitätsmanagement zu verbessern, hal ten wir jedoch für absolut richtig. Wer Zug fährt, weiß, dass Qualität und Pünktlichkeit der DB zu wünschen übrig lassen.

Die Wurzel des Problems liegt aber an anderer Stelle. Sie liegt im mangelnden Wettbewerb auf der Schiene, und sie liegt da rin, dass für einen alleinigen Anbieter wie die Deutsche Bahn die Motivationskräfte des Wettbewerbs fehlen. Wir ändern das, indem wir mehr Wettbewerb auf die Schiene bringen. Mi nister Hermann hat nämlich ein Ausschreibungsmodell für Verkehrsleistungen vorgestellt. Sie kennen dieses Modell.

Wir bringen damit, wie gesagt, in Baden-Württemberg Wett bewerb auf die Schiene. Das heißt, der Beste gewinnt, und kein Anbieter wird Qualität und Pünktlichkeit schleifen las sen; denn sonst wäre er beim nächsten Mal draußen. Das ist eine wegweisende Initiative unseres Verkehrsministers; sie packt das Thema „Qualität auf der Schiene“ an der Wurzel. Mehr Wettbewerb auf der Schiene – das ist eine neue Welt für den Nahverkehr.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Nun zum Denkschriftbeitrag Nummer 4: Personalausgaben des Landes. Wieder ein Zitat aus der Denkschrift:

Der Landeshaushalt kann nur konsolidiert werden, wenn auch die Personalausgaben begrenzt werden. Dies er scheint nur realistisch, wenn die Stellenzahl deutlich re duziert wird. Das Land muss ein kurzfristig wirkendes Stellenabbaukonzept entwickeln.

Meine erste Antwort: Das ist absolut richtig. Meine zweite Antwort – Herr Munding hat es schon ausgeführt –: Diese Re gierung packt die Aufgaben an; wir handeln.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Zum Denkschriftbeitrag Nummer 13 – Demografische Ent wicklung – brauchen wir nicht mehr viel zu sagen. Wir han deln – auch wenn das kein politischer Spaziergang ist. Aber es geht darum, dass wir verantwortungsvoll mit den uns an vertrauten Steuergeldern umgehen.

Zum Schluss noch eine Bemerkung zum Beitrag Nummer 5: Landesschulden und Landesvermögen. Der Rechnungshof stellt für das Jahr 2010 fest, dass in der Finanzierung durch die alte Landesregierung für die Jahre 2013 und 2014 De ckungslücken in Höhe von 4,9 Milliarden € vorhanden sind. Das bekannte strukturelle Defizit von 2,5 Milliarden €, das seit den Neunzigerjahren besteht, schlägt sich hier nieder. An diesem Klotz von 2,5 Milliarden €, der aus fast 2 Milliarden € an Zinsen für Altschulden aus Ihrer Regierungszeit besteht, kommt niemand vorbei.

Es gibt keine schnellen Lösungen. Einmalige oder konjunk turelle Steuermehreinnahmen haben zwar dazu geführt, dass wir in den Jahren 2011 und 2012 und bislang auch im Jahr 2013 keine neuen Kredite aufgenommen haben. Aber das ist nur konjunkturell begründet und nützt uns – egal, wer gerade regiert – strukturell natürlich nichts.

Das Konzept lautet daher: langfristige strukturelle Konsoli dierung. Auch hier geht die Koalition sogar noch über die Vor

schläge des Rechnungshofs hinaus. Wir legen im Juli mit dem Finanzplan 2020 ein verlässliches, klares und mit Maßnah men unterlegtes Programm zum Abbau des strukturellen De fizits und der strukturellen Neuverschuldung bis 2020 vor. „Fi nanzplan 2020“ bedeutet: erweiterter Planungshorizont, er weiterte Transparenz und erweiterte Verbindlichkeit für die Ressorts. Der Finanzplan 2020 wird zur Leitplanke auf dem Weg zur Schuldenbremse.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Maier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident Munding, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Die Bedeutung und Wertschätzung des Rechnungshofs kommen heute da durch zum Ausdruck, dass dessen Präsident erstmals Re derecht im Plenum hat. Der Rechnungshof ist uns aber im Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft ein wichtiger Ratge ber und manchmal auch – das gebe ich zu – ein Sparringspart ner.

Zum Thema Haushaltskonsolidierung spielen Ihre Beiträge eine wichtige Rolle, genauso wie bei Einzelfragen, z. B. der Ausschreibung von Schienenpersonennahverkehrsleistungen im Rahmen des Ersten Nachtrags.

Wir beraten heute die Denkschrift 2012, es handelt sich aber um das Jahr 2010, das geprüft wurde. Herr Löffler, was da versemmelt wurde, geht auf Ihre Kappe.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Ich greife bei der Denkschrift als Erstes einmal den Beitrag zur Haushaltsrechnung des Landes heraus. 2010 stellte der Rechnungshof Ausgabereste von 1,7 Milliarden € fest. Sie werden auf 1,4 Milliarden € zurückgehen. Das entspricht der Summe der Kreditermächtigungen im aktuellen Doppelhaus halt. Das zeigt, dass von der Summe her durch diese Reste noch große Unsicherheiten und Gefahren in unseren Haushal ten enthalten sind. Wer also sagt, man könne Überschüsse wie der ausgeben, der liegt falsch. Wir müssen erst diese riesigen Ausgabereste abdecken.

Interessant ist auch die Aussage des Rechnungshofs zur Ent wicklung der Gesamteinnahmen und der Steuereinnahmen. Ich will noch einmal darauf eingehen, um das Märchen von den sprudelnden Steuereinnahmen ein bisschen zu relativie ren. Es wurde auch sehr gut bildlich dargestellt, wie die Ent wicklung verlaufen ist. Wir hatten von 2002 bis 2008 einen rasanten Anstieg der Steuereinnahmen um 31 %; da sind sie wirklich gesprudelt. 2009 und 2010 sind sie aufgrund der Fi nanz- und Wirtschaftskrise dramatisch eingebrochen. Erst 2011 stiegen sie wieder an und lagen im Jahr 2012 um 28 % höher als 2002, sie haben jedoch nicht das Niveau von 2008 erreicht. Also: Sprudelnde Steuereinnahmen – das war vom Effekt her in der Vergangenheit viel stärker als in der jünge ren Vergangenheit.