Deshalb wundere ich mich jetzt über den Kampf der CDU für die Beamten. Alles recht und schön, Herr Herrmann – allein, Ihnen glaubt niemand. Sie haben früher alles genauso gehand habt.
(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Ihr habt sogar den Innenminister gestellt! Danke SPD! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Gott sei Dank! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Trotz aller Sparmaßnahmen halte ich den Beamtenstatus je doch für ein sehr faires, wenn nicht sogar privilegiertes Ar beitsverhältnis. Denn die Beamten haben stets an der Einkom mensentwicklung teilgehabt. Sie haben abgesehen von den ta riflichen Gehaltserhöhungen noch zusätzliche Möglichkeiten, das Einkommen zu verbessern, nämlich über die persönliche Entwicklungsstufe.
Fleißige Leute haben gute Aufstiegschancen. Es gibt einen Fa milienzuschlag, und die Angst um den Arbeitsplatz ist im öf fentlichen Dienst unbekannt. Was noch wichtiger ist, vor al lem vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre: Es gibt keine Kurzarbeit, keine pre käre Beschäftigung, keinen Zwang zu Gehaltsverzicht, und am Ende des Arbeitslebens besteht ein Pensionsanspruch in Höhe von 71 % des letzten Gehalts.
Dem muss man die Interessen des Landes gegenüberstellen. Im Interesse des Landes liegt, dass der Haushalt bis 2020 aus geglichen sein muss. Wir müssen den haushaltspolitischen Handlungsbedarf erfüllen und die Schuldenbremse einhalten. Gleichzeitig müssen wir die Pensionen und die Beihilfen, die in Zukunft stärker steigen werden, im Auge behalten. Die
Wahrheit ist, dass wir diese Aufgaben nicht erfüllen können, ohne die Personalkosten, die rund 44 % unseres Haushalts be anspruchen, in den Blick zu nehmen.
Den Personalbereich können wir nicht von den Konsolidie rungsmaßnahmen ausnehmen. Eine 1:1-Übernahme des Ta rifabschlusses hätte den Doppelhaushalt erheblich belastet – allein 2013 mit etwa 345 Millionen €. Das haben wir bei der Aufstellung des Haushaltsplans gewusst. Ich frage mich jetzt nur, warum, lieber Herr Herrmann, niemand von der CDU bei den Haushaltsplanberatungen einen Antrag gestellt hat, 300 Millionen € bereitzustellen, um die 1:1-Übernahme zu ermög lichen. Das haben wir nicht gefunden.
Die SPD-Fraktion hält deshalb den Weg der Übernahme der Tarifergebnisse mit einer zeitlichen Verzögerung und sozia len Staffelung für richtig und vertretbar. Die Beamtinnen und Beamten haben dadurch keine strukturellen Nachteile. Der erste Übernahmeschritt betrifft den mittleren Dienst und er folgt zum 1. Juli 2013, also in wenigen Tagen. 46 000 Beam tinnen und Beamten werden dann ihre Löhne mit einer 1:1-Übernahme des Tarifabschlusses ausbezahlt. Am 1. Ok tober 2013 folgt die nächste Tranche für 21 000 Beamtinnen und Beamte der Besoldungsgruppen A 10 und A 11. Am 1. Ja nuar 2014 erhalten dann die restlichen 120 000 Beamtinnen und Beamten die Tariferhöhung.
Ich verweise noch einmal auf die Pensionäre. Sie erhalten ei ne Erhöhung von 2,6 %. Die Rentner erhalten dieses Jahr le diglich eine Erhöhung von 0,2 %. Die Teuerungsrate liegt et wa bei 1,2 bis 1,4 %. Wir meinen, dass die zeitliche Verschie bung bei den Pensionären angemessen ist.
Bei diesem Thema werden immer wieder sprudelnde Steuer einnahmen oder irgendwelche Reserven ins Spiel gebracht. Die Mai-Steuerschätzung zeigt, wie der Finanzminister be reits ausgeführt hat, dass wir nicht mehr auf Wolke sieben schweben. Wir mussten Steuermindereinnahmen hinnehmen. Wir werden auch die Überschüsse, die für das Jahr 2012 be rechnet wurden, erst vergeben können, wenn wir sie tatsäch lich mit der Jahresrechnung auf dem Tisch haben. Dazu kom men wir nachher noch. Wir haben viele Ausgabereste in den Haushalten, die diese Überschüsse schnell wieder auffressen. Diese Argumentation zieht also nicht.
Der Blick auf andere Bundesländer zeigt, dass fast überall die Tarifabschlüsse verändert übernommen werden. Lediglich Bayern und Hessen übernehmen sie zeit- und inhaltsgleich.
In Hamburg wurde im Vorfeld das Weihnachtsgeld gekürzt. Das war ein starker Einschnitt. Das habe ich Anfang dieser Woche mit meinem Kollegen diskutiert. Dieser Einschnitt war so stark, dass er durch eine 1:1-Übernahme der Tarifabschlüs se nicht hätte ausgeglichen werden können.
In Bayern – hört, hört – ist dieses Jahr Landtagswahl; aber dort wurden vor zwei oder drei Jahren während der Legisla turperiode den Beamten mit einer Nullrunde ganz ordentliche Einsparungen zugemutet.
Mit diesem Gesetzentwurf haben wir für die Beamtinnen und Beamten in Baden-Württemberg Planungssicherheit geschaf fen und eine soziale und ausgewogene Regelung vorgelegt. Die SPD-Fraktion trägt diesen Gesetzentwurf mit.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Hätten Sie so eine Rede auch vor drei oder vier Jahren gehalten, Herr Kollege?)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ohne Zweifel ist es für die Landespolitik eine vordringliche Aufgabe, für einen ausgegli chenen Haushalt zu sorgen, auch für einen strukturell ausge glichenen Haushalt.
Wenn man sich jedoch die Haushalte anschaut, die Sie in Ih rer relativ kurzen bisherigen Amtszeit verantworten – Steige rung um etwa 5 % im Vierten Nachtrag 2011, Steigerung um etwa 5 % im Haushalt 2012, Steigerung um etwa 5 % im Haushaltsjahr 2013 –, dann kommen schon mehr als diese 2,5 Milliarden € an strukturellem Defizit heraus, das Sie uns stän dig vorwerfen. Insofern wird auch an dieser Stelle wieder klar, dass das, was Sie uns immer als Erblast unterstellen,
Im Übrigen: Wenn Sie immer von strukturellen Einsparungen sprechen und dann auch gegebenenfalls Einsparvorschläge der Opposition ablehnen mit der Begründung, sie wirkten nicht strukturell, und immer von Einmaleffekten sprechen, die nicht sinnvoll seien, dann frage ich Sie, meine Damen und Herren, warum Sie die Besoldungsanpassung verschieben. Das wirkt nämlich auch nicht strukturell, in keiner Weise. Da mit tun Sie überhaupt nichts, was dazu beiträgt, den Haushalt strukturell auszugleichen. Insofern ist es ein Etikettenschwin del, wenn Sie so tun, als würden Sie mit dieser Verschiebung der Besoldungsanpassung einen Beitrag zum strukturellen Haushaltsausgleich leisten.
Nun konkret zu Ihren Vorschlägen. Das, was hier gesagt wor den ist, ist völlig richtig. Wir verdanken der Kleinen Anfrage des Kollegen Herrmann, dass noch einmal deutlich herausge arbeitet wurde: Jawohl, es gab in den letzten 22 Jahren elf Ver schiebungen – auch eine ganze Reihe von Verschiebungen, die wir mitgetragen haben. Deshalb habe ich zumindest die sen Beschluss der Verschiebung der Besoldungsanpassung nie fundamental kritisiert, im Gegenteil. Ich habe, als dieser Be schluss gefallen ist, deutlich gesagt – auch öffentlich –, ich würde nicht ausschließen, dass auch eine Landesregierung, an der die FDP/DVP beteiligt gewesen wäre, einen solchen Be schluss gefasst hätte.
Aber es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen Ihrem po litischen Handeln, meine Damen und Herren, und dem unsri gen. Wir haben uns nämlich immer darum bemüht, mit dem Beamtenbund zu einem Konsens zu kommen. Das, was in der Legislaturperiode von 2006 bis 2011 geschehen ist, war im mer im Konsens mit dem Beamtenbund vereinbart.
Sie aber, meine Damen und Herren, bekommen diesen Kon sens nicht hin. Deshalb fordere ich Sie in aller Deutlichkeit auf: Versuchen Sie, im Rahmen von Gesprächen zu einem sol chen Konsens zu kommen. Dann fällt es auch in diesem Haus leichter, Ihre Beschlüsse mitzutragen.
Nun konkret zu Ihrem Vorschlag. Meine Fraktion jedenfalls wird zu den Ausschussberatungen den Antrag stellen, Arti kel 5 Nummer 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2013/14 voll ständig aufzuheben. Wir werden daran auch unser Abstim mungsverhalten insgesamt festmachen.
Das heißt konkret: Es ist notwendig, dass Sie, meine Damen und Herren, die über diese von Ihnen beschlossene Besol dungsverschiebung hinaus wirksamen Sonderlasten für die jungen Beamten, die sich im Konkurrenzkampf mit der pri vaten Wirtschaft – wir wollen Leistungsträger für den öffent lichen Dienst in Baden-Württemberg – nachteilig auswirken, zurücknehmen. Wenn Sie sich dazu bereitfinden, sind wir be reit, auch die Verschiebung der Besoldungsanpassung so, wie Sie sie vorgeschlagen haben, mitzutragen.
Neben diesen aktuellen Diskussionen im Bereich Besoldung und Versorgung spielt als zweiter Komplex der Bereich des Personalstellenabbaus eine zentrale Rolle bei der Frage, wel chen Beitrag der öffentliche Dienst zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte leisten muss und vielleicht auch leis ten kann.
Sie haben, nachdem Sie angekündigt hatten, 11 600 Lehrer stellen abbauen zu wollen, noch eine zweite Ankündigung ge macht,
nämlich weitere 5 000 Beamtenstellen im öffentlichen Dienst abzubauen. Wenn wir schon über Lasten des öffentlichen Dienstes reden, wenn wir schon über Haushaltskonsolidierung und vielleicht sogar ausnahmsweise über einen strukturellen Haushaltsausgleich reden, dann würde uns schon interessie ren, wo und an welcher Stelle Sie diese 5 000 Beamtenstellen abbauen wollen. Es genügt eben nicht, einfach irgendwelche Zahlen in den Raum zu stellen. Wir würden uns dazu schon konkrete Aussagen wünschen, wenn Sie von der Opposition in diesem Haus erwarten, dass sie im Beamtenbereich Maß nahmen dieser Landesregierung mitträgt.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 15/3572, zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
für Finanzen und Wirtschaft zu den Mitteilungen des Rechnungshofs vom 5. Juli 2012 – Denkschrift 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes BadenWürttemberg – Drucksachen 15/1900, 15/1901 bis 15/1929, 15/2501 bis 15/2529
Finanzen und Wirtschaft zu dem Antrag des Rech nungshofs vom 8. Oktober 2012 – Prüfung der Rech nung des Rechnungshofs (Epl. 11) für das Haushalts jahr 2010 durch den Landtag – Drucksachen 15/2477, 15/2624
Finanzen und Wirtschaft zu dem Antrag des Ministeri ums für Finanzen und Wirtschaft vom 13. Dezember 2011 – Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württem berg für das Haushaltsjahr 2010 – Drucksachen 15/1042, 15/2625
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt.
Zunächst erteile ich aber gemäß § 82 Absatz 3 der Geschäfts ordnung dem Präsidenten des Rechnungshofs, Herrn Mun ding, das Wort.