Protocol of the Session on June 20, 2013

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Herr Finanzminister, zur Wirklichkeit gehö ren auch ein paar andere Dinge, die Sie nicht erwähnt haben und die ich jetzt erwähnen werde.

Sie haben die Beamten – das ist unstrittig – einseitig heran gezogen, damit Sie den laufenden Haushalt so verändern kön nen, dass Sie finanzielle Spielräume haben. Ich will Ihnen das auch konkret nachweisen.

In der Pressemitteilung Nummer 75 vom 12. März dieses Jah res schreiben Sie, dass der Tarifabschluss für Angestellte in den beiden Haushaltsjahren 260 Millionen € kostet. Heute ha ben Sie ausgeführt, dass der Tarifabschluss für Beamte, wie Sie es vorschlagen, in der Umsetzung 375 Millionen € kostet. Das macht zusammen 635 Millionen €.

In der Pressemitteilung Nummer 78 vom 30. März schreiben Sie, dass Sie im Haushalt für eine Steigerung der Entgelte und Bezüge Vorsorge im Umfang von insgesamt rund 900 Milli onen € getroffen haben. Das heißt, 900 Millionen € haben Sie im Haushalt eingeplant, 635 Millionen € geben Sie jetzt aus. Das heißt ganz klar: Sie schaffen sich Spielräume, damit Sie andere Dinge verwirklichen können – zulasten der Beamtin nen und Beamten. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Dann sagen Sie, wir sollten harte Fakten nennen, wie man ei ne 1:1-Übernahme des Tarifabschlusses finanzieren könne. Ich will Ihnen das gern sagen.

Die 265 Millionen €, die im Haushalt enthalten sind, sind ein harter Fakt. Ich spreche jetzt nicht von irgendwelchen Steu erschätzungen, sondern ich spreche von den harten Fakten, dass noch ein Restüberschuss aus dem Jahr 2011 von 130 Mil lionen € vorhanden ist – bisher nicht im Haushalt etatisiert –, dass im Jahr 2012 257 Millionen € weniger Zinsausgaben an gefallen sind und 400 Millionen € weniger Personalausgaben zu leisten waren. Beide Daten haben Sie am 14. März im Fi nanzausschuss bestätigt; das sind also harte Fakten.

Wenn ich das zu den 265 Millionen € hinzuzähle,

(Minister Dr. Nils Schmid: Was ist mit den Resten?)

die ich eben genannt habe, ergibt das in der Summe 1 052 Mil lionen €, um für die Beamten den Tarifabschluss 1 : 1 zu über nehmen. Das Geld ist also tatsächlich da.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Hört, hört! – Mi nister Dr. Nils Schmid: Reste!)

Ein weiterer Punkt wundert mich schon. Sie sagen, bei der Einbringung des Doppelhaushalts 2013/2014 sei Ihnen klar geworden, dass die Haushaltskonsolidierung hart, steinig und schwer werde. Mich wundert, warum Ihnen das nicht schon bei der Einbringung des Vierten Nachtrags 2011 und des Haushalts 2012 klar wurde, denn bei diesen beiden Haushal ten haben Sie die Grundlagen gelegt, dass jetzt ein strukturel les Defizit von 2,5 Milliarden € vorhanden ist. Das gehört auch zur Wahrheit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Sie haben zusätzliche Stellen geschaffen; Sie haben großzü gig Mittel verteilt. Sie haben Wahlversprechen eingelöst, die finanziell eine erhebliche Größenordnung ausmachen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Alles!)

Die Beamten haben in der Vergangenheit schon in erhebli chem Maß zur Haushaltskonsolidierung beigetragen. Ich nen ne nur die Einführung der 41-Stunden-Woche, die Streichung des Urlaubsgelds, die Kürzung des Weihnachtsgelds, die Ein führung der Kostendämpfungspauschale bei der Beihilfe. Das Ergebnis war ein Haushalt ohne neue Schulden. Sie haben dann aufgebläht, und jetzt kommen Sie und sagen: „Die Be amten müssen erneut ihren Beitrag dazu leisten.“ Das ist nicht in Ordnung.

Meine Damen und Herren, in anderen Ländern wird das Ta rifergebnis teilweise zeitgleich auf die Beamten übertragen, nämlich in Bayern, Hamburg und Niedersachsen. In anderen Ländern erfolgt dies zum Teil zum 1. Juli – ein halbes Jahr zeitversetzt –, am extremsten ist Thüringen: Dort geschieht es zum 1. Oktober. Aber der absolute Gipfel ist Baden-Württem berg: Dort wird die Gehaltsanpassung ab der Besoldungsstu

fe A 12 – die meisten, die dies betrifft, sind Lehrer – um ein Jahr verschoben.

Baden-Württemberg hat daneben ein weiteres Alleinstellungs merkmal: Hier amtiert der einzige grüne Ministerpräsident. Ich sage allen Beamten, die Grün gewählt haben: Sie können sich jetzt nicht beklagen; denn die Haushaltsberatungen der letzten Jahre haben deutlich gezeigt, dass die Grünen den Be amten schon immer an den Geldbeutel wollten.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Muh terem Aras GRÜNE: So ein Quatsch! – Gegenruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie ziehen doch alles aus der Tasche!)

Jetzt tun sie es. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Bei der SPD zeigt sich folgende Situation: Im Februar 2012 hat Herr Schmiedel zusammen mit Herrn Landgraf in einer Pressemitteilung geschrieben – 2012 wussten Sie immerhin schon, was an den von Ihnen so bezeichneten „Altlasten“ vor handen ist –, dass Sparmaßnahmen im Landeshaushalt nicht zulasten der Beamten gehen dürfen. Wenn die Beamten dies nun heute einfordern, werden sie von Herrn Schmiedel als „Heulsusen“ bezeichnet. Auch das ist die Wahrheit.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Dr. Dietrich Birk: Ungeheuerlich! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Beamten habe ich nicht so bezeichnet!)

Heute geht der Minister für Finanzen und Wirtschaft sogar so weit, dass er es als Erfolg verkauft, dass keine dauerhafte Ab kopplung von der allgemeinen Lohn- und Einkommensent wicklung erfolgt. Das ist bei uns überhaupt nie diskutiert wor den.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Doch! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wie viele Male haben Sie es gemacht?)

Sie haben es offenbar diskutiert, und Sie sehen es jetzt als Er folg an, dass man es nicht macht. Das ist nicht in Ordnung. – Herr Drexler, auf Ihren Zwischenruf mit der Frage, wie viele Male wir das gemacht hätten, antworte ich Ihnen: Schauen Sie in die Drucksache 15/3512. Da steht es genau drin.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sagen Sie es doch!)

In den letzten 22 Jahren, von 1990 bis zum Jahr 2011, gab es fünfmal keine Tariferhöhung für Angestellte und damit auch nicht für Beamte. Es verbleiben 17 Jahre; in diesen 17 Jahren haben wir die Tariferhöhung für Angestellte siebenmal zeit gleich auf die Beamten übertragen. Das sind 40 % aller Jah re.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Und Schulden ge macht!)

In den Jahren, in denen in der Wirtschaft große Probleme be standen, in denen viele um ihren Arbeitsplatz bangen muss ten, haben wir den Beamten in einem Jahr eine um zwei Mo nate versetzte, in fünf Jahren eine um drei Monate versetzte, in einem Jahr eine um vier Monate versetzte, in zwei Jahren

eine um fünf Monate versetzte und in einem Jahr – das war 2008 – eine um acht bzw. um elf Monate versetzte Anglei chung zugemutet.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU zu Grünen und SPD: So! Und jetzt sind Sie dran! – Zuruf des Abg. Wolf gang Drexler SPD)

Eine Zeitversetzung um ein ganzes Jahr machen Sie jetzt, und das in einer Zeit, in der viele Firmen zusätzlich Prämien be zahlen, in einer Zeit, in der niemand in der freien Wirtschaft um seinen Arbeitsplatz fürchten muss, in einer Zeit, in der al le gute Chancen haben, wieder einen Arbeitsplatz zu bekom men. So belasten Sie die Beamten einseitig. Das ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Drexler versenkt! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD – Glocke der Präsiden tin)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Am Schluss; sofern die Zeit dann noch reicht. Ich habe nur noch wenig Redezeit.

Ich will noch einen Punkt ansprechen, der sehr unsozial ist. Herr Landgraf vom DGB schreibt in Bezug auf die Anpas sung der Besoldung und Versorgung für die Besoldungsgrup pen A 1 bis A 4 –

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Gibt es die noch?)

in diesen Gruppen sind nur noch ganz wenige Beamte –:

... die beabsichtigte Gleichbehandlung dieser Versor gungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger mit de nen in der Besoldungsgruppe A 5 bedeutet, dass deren Versorgung erst sechs Monate später angepasst wird. Dass ausgerechnet dieser Personenkreis (992 Versor gungsempfängerinnen und -empfänger...) ebenfalls ei nen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten soll, ist unsozial und völlig inakzeptabel.

Die Gewerkschaft ver.di sieht diese Maßnahme als schamlos an.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Karl Zimmermann: Da hat sie recht!)

Wir werden in den Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft ei nen Änderungsantrag einbringen, und wir bieten Ihnen an, in dieser Angelegenheit einen gemeinsamen Antrag zu stellen. Denn hier geht es um wenige Tausend Euro für die rund 990 Versorgungsempfänger in den niedrigsten Gehaltsstufen A 1 bis A 4. Wir sind nicht dafür, eine solch unsoziale Politik zu machen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU: Jawohl! – Sehr gut!)

Letzte Bemerkung: Sie verweigern den Beamten angemesse ne Gehaltserhöhungen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege, kommen Sie zum Ende.

Sie senken die Eingangsbesol dung für die jungen Beamtinnen und Beamten.

(Zuruf: Das habt ihr noch nie gemacht!)

Das schadet dem öffentlichen Dienst, das schadet auch den engagierten Beamten in unserem Land und letztendlich den Menschen in Baden-Württemberg. Wir machen dies nicht mit.