Die EU-Kommission geht davon aus, dass 30 bis 35 Milliar den € jährlich an Einnahmen in den elf teilnehmenden Mit gliedsstaaten generiert werden. Die Kernelemente der Finanz transaktionssteuer sind – das ist Ihnen bekannt – niedrige Steuersätze, dafür aber eine breite Bemessungsgrundlage.
Jetzt kommen wir zum entscheidenden Punkt, der mich auch zu dem Brief an Herrn Schäuble veranlasst hat: Wie immer beim Thema Steuern geht es um die Ausgestaltung. Die tra genden Erwägungen für meinen Brief an Herrn Finanzminis ter Schäuble kennen Sie aus den Beratungen des Ausschusses für Finanzen und Wirtschaft zu den Auswirkungen der Ein führung einer Finanztransaktionssteuer auf die Kreditversor gung der mittelständischen Wirtschaft und insbesondere auf den sogenannten Interbankenhandel, das Repo-Geschäft. Am Beispiel der Landesbank Baden-Württemberg wurde genau dies im Ausschuss des Landtags diskutiert.
Deshalb hat sich Baden-Württemberg von Anfang an aktiv in die Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer eingebracht. Beispielsweise haben wir uns für eine zielgerichtete Ausnah meregelung im Bereich des Marketmaker-gestützten Wertpa pierhandels eingesetzt – übrigens nachdem wir, gerade auch in der Beantwortung der Kleinen Anfrage von Ihnen, Herr Kollege Löffler, die möglichen Auswirkungen auf den Bör senplatz Stuttgart genannt haben. Diese zielgerichtete Aus nahmeregelung für den Bereich der Marketmaker berücksich tigt, dass Marktteilnehmer, die Liquidität spenden, einen maß geblichen Beitrag zur Funktionsfähigkeit und Effizienz der Märkte leisten. Sie ermöglichen den jederzeitigen Handel, un abhängig von der gerade vorhandenen Marktliquidität. Sie si chern damit für öffentliche wie für private Anleger das Funk tionieren des Sekundärmarkts, was auch von gesamtwirt schaftlicher Bedeutung ist.
Deshalb hat Baden-Württemberg im Plenum des Bundesrats am 22. März 2013 einen entsprechenden Antrag eingebracht. Dieser Antrag hat eine Mehrheit gefunden, und er hat auch in die Stellungnahme des Bundesrats zum Richtlinienentwurf zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer Eingang ge funden.
Das heißt, wir haben sehr frühzeitig die Ausgestaltung dieser Finanztransaktionssteuer zu unserem Anliegen gemacht und haben in der – grundsätzlich positiven – Stellungnahme des Bundesrats zur Finanztransaktionssteuer genau diesen Ausge staltungspunkt aufgegriffen.
Das Gleiche gilt jetzt auch für die Frage des Repo-Geschäfts. Da war das Problem – das ist Ihnen aus den Beratungen des Ausschusses für Finanzen und Wirtschaft bekannt –, dass ent gegen dem Beschluss der Minister der ursprüngliche Entwurf der EU-Kommission davon ausgeht, dass das Repo-Geschäft voll mit einbezogen wird. Dagegen haben sich aus meiner Sicht sachlich begründete Bedenken erhoben. Denn mit der Finanzmarktkrise 2008 ist der unbesicherte Geldmarkt weit gehend zum Erliegen gekommen. Der besicherte Geldmarkt – eben dieser Repo-Markt – hat seither an Bedeutung gewon nen. Die Banken verleihen untereinander nur noch gegen Si
cherheiten Geld. Deshalb sind Repo-Geschäfte zurzeit die wichtigste Möglichkeit zur kurzfristigen Refinanzierung und Liquiditätssteuerung.
Durch die Finanztransaktionssteuer in der ursprünglich ge planten Ausgestaltung durch die EU-Kommission droht die Gefahr, dass auch der besicherte Geldmarkt stark einge schränkt wird oder zum Erliegen kommt, weil eben dieser In terbankenhandel jeweils besteuert wird und damit sehr hohe Kosten auf die Banken zukämen. Das hätte natürlich Auswir kungen auch auf die Kosten für die Kreditversorgung der Wirtschaft, insbesondere der mittelständischen Wirtschaft, weil gerade die Sparkassen und genossenschaftliche Institute darauf angewiesen sind, dass sie ihren jeweiligen Zentralins tituten Geld im Rahmen ihrer Liquiditätssteuerung zur Verfü gung stellen.
Diese Bedenken habe ich in dem Brief vorgetragen. Das Schö ne ist: Wie andere Befürworter der Finanztransaktionssteuer auch haben wir diese Bedenken jetzt im Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments aufgegriffen gesehen. Das Eu ropäische Parlament hat dankenswerterweise reagiert: Am Dienstag dieser Woche hat der Wirtschaftsausschuss des Eu ropäischen Parlaments eine Abstimmung über die Einführung der Finanztransaktionssteuer gehabt und hat genau den Punkt des Repo-Geschäfts aufgegriffen. Nach dem Vorschlag des Wirtschaftsausschusses des Europäischen Parlaments geht es nun darum, dass die Besteuerung für diese Repo-Geschäfte bei einer Laufzeit von bis zu drei Monaten auf 0,01 % abge senkt werden soll, um so diese Geschäfte nicht überproporti onal zu belasten.
Insofern freue ich mich, dass der Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments diese Anregung aufgegriffen hat. Herr Minister Schäuble hat mir geantwortet, er würde sie selbstverständlich aufgreifen – umso besser, dann kann ja nichts mehr anbrennen und steht der Einführung einer ver nünftig ausgestalteten Finanztransaktionssteuer nichts mehr im Weg.
Herr Minister, Ihre Positi on teile ich. Ich habe auch eine gewisse klammheimliche Freude, dass es so passiert ist, weil ich diese Position auch vertrete. Das war ja auch der Grund für die Kleine Anfrage. Aber ich habe trotz Ihrer Ausführungen nicht verstanden, wa rum Sie Ihre Meinung gewechselt haben. Denn all das, was Sie gesagt haben, war zum damaligen Zeitpunkt, als ich die Anfrage stellte, schon bekannt, und erst später änderten Sie Ihre Position auch gegenüber der Position, die Sie im Bund vertreten.
Nein, vorher war es nicht. Die Anfrage hatte ein anderes Er gebnis. Ich wundere mich nur, dass Sie Ihre Position inner halb kurzer Zeit wechseln. Ich meine, Sie haben die richtige Richtung eingeschlagen. Das ist ja gut, Kompliment. Aber Ih ren Positionswechsel konnte ich nicht nachvollziehen.
Herr Löffler, wenn Sie etwas gutwilliger wären, könnten Sie das nachvollziehen. Die Antwort auf Ihre Kleine Anfrage da tiert vom 13. Dezember 2011, der EU-Kommissionsvorschlag zur Ausgestaltung der EU-Finanztransaktionssteuer stammt meines Wissens vom Februar 2013. Das heißt, man konnte über diese Ausgestaltungsprobleme da noch keine Auskunft geben.
Deshalb bitte ich Sie, einfach mitzunehmen: An meiner Hal tung zu diesem Thema hat sich nichts geändert. Ich fühle mich in bester Gesellschaft mit dem Bundesfinanzminister, dieses wichtige Instrument zur Eindämmung der Spekulation voran zutreiben. Das setzt aber voraus, dass man bei der Ausgestal tung wirklich genau hinschaut. Da reichen allgemeine Sprü che wie „Wir brauchen jetzt diese Finanztransaktionssteuer“ nicht aus. Das hatte ich auch Kollegen jedweder politischen Couleur zu sagen, denn entscheidend ist bei steuerpolitischen Maßnahmen immer die Ausgestaltung. Ich freue mich, dass das Europäische Parlament jetzt genau in dieser Richtung denkt.
Herr Minister, Sie haben das Problem, dass es in Ihrer eigenen Partei Widerstände gegen Ihre Vorschläge gibt. Aber ich will einfach fragen – – Uns geht es auch darum, dass die Erträge aus dieser Steuer nicht der EU zufließen, sondern im Land bleiben. Wir wollen im Grun de das Tor nicht öffnen, dass die EU in Zukunft ein eigenes Steuererhebungsrecht bekommt, und das würde sie in diesem Fall bekommen.
Das ist jetzt eine andere Diskussion. Die politische Haltung der Landesregierung hinsichtlich der EU-Finanztransaktions steuer ist klar. Wir sind der Meinung, sie sollte zur Unterstüt zung des EU-Haushalts dienen, und im Gegenzug sollen die nationalen Beiträge an den EU-Haushalt entsprechend zurück geführt werden. Denn zur Ehrlichkeit in der europäischen De batte gehört auch, dass die EU einen Haushalt hat, der finan ziert wird – im Moment logischerweise aus den Mitgliedsstaa ten –, und dass es, wenn die EU eine eigene Steuer einführt, nahe liegend ist, die Finanzverantwortung und die Aufgaben verantwortung zu bündeln, damit auch im Europaparlament, in der EU-Kommission und im Ministerrat immer auch mit einem wachen Auge über die Finanzierung der EU-Aufgaben entschieden wird.
Deshalb ist es gerade im Sinne von demokratischer Verant wortung sinnvoll, eine solche eigenständige EU-Steuer lang fristig einzuführen. Wenn man schon eine neue Steuer schafft, hat man ja die tolle Situation, dass man bestehende nationale Steuern nicht aufgeben muss. Vielmehr ist es doch nahe lie gend, zu sagen: Dann soll die EU politisch erklären: „Liebe Bürgerinnen und Bürger,“ – soweit sie von der Transaktions steuer betroffen sind – „liebe Unternehmen, das ist eine Steu er, die wir als EU aus dem und dem Grund erheben“, und sol len Europäisches Parlament, EU-Kommission und Minister rat sagen: Das ist richtig so.
Herr Minister, ich bin weit gehend Ihrer Meinung; das ist keine Frage. Aber eine Frage habe ich dann doch: Sind Sie wirklich überzeugt, dass diese Steuer aus dem Gewinn der Banken getragen wird, oder sind Sie nicht auch mit mir der Meinung, dass letzten Endes die Kunden der Banken sie zum allergrößten Teil tragen, weil die Belastung durch die Steuer, wenn sie überall draufliegt, natür lich weitergegeben wird?
Es wird den Versuch geben – und er wird zumindest auch in Tei len erfolgreich sein –, die Mehrbelastung durch diese Steuer abzuwälzen. Denn sie hat ja eine gewisse Ähnlichkeit mit der Umsatzsteuer, und bei der klassischen Mehrwertsteuer ken nen wir ja auch das Phänomen, dass versucht wird, die Belas tung dann über die Preise weiterzugeben.
Deshalb müssen wir bei der Ausgestaltung auch genau hin schauen; denn es sind ja nicht nur die Privatkunden – im Be reich bestimmter Vorsorgeformen schon –, sondern vor allem die Banken und Finanzinstitute, die einen wichtigen volks wirtschaftlichen Beitrag leisten, die dann die Hauptbetroffe nen wären. Das würde sich auf die Kreditversorgung der Re alwirtschaft auswirken.
Deshalb gilt: Es kommt entscheidend auf die Ausgestaltung an. Ich glaube, der Weg, den der Wirtschaftsausschuss des Eu ropäischen Parlaments jetzt aufzeigt, verdeutlicht, dass man eine vernünftige Lösung finden kann – durchaus dann auch vielleicht mit etwas geringeren Aufkommen. Das gehört dann auch dazu, wenn man die Steuersätze für bestimmte Sorten von Geschäften senkt. Aber das wäre es mir wert, wenn man eine vernünftige Ausgestaltung hinbekommt.
Herr Minister, es dürfte nicht ganz so einfach sein. Es gibt Berechnungen des Deutschen Aktieninstituts, wonach ungefähr 20 Großfirmen in Deutsch land eine Belastung von 1,5 Milliarden € durch diese Art von Steuer haben werden. Diese Steuer wird im Grunde auch die einzelnen Sparer in Mitleidenschaft ziehen – insbesondere bei den Fonds –, weil Rentenversicherungen auf Fondsbasis zu Kosten für den einzelnen Verbraucher führen. Es wird also nicht die treffen, die man treffen will. Was sagen Sie zu die ser Annahme?
Zunächst einmal: Auch dies ist eine Frage der Ausgestaltung, inwieweit man solche Vorsorgeformen ausnimmt. Ich habe in dem Brief an Herrn Finanzminister Schäuble auch angeregt, dies zu prüfen. Aber umgekehrt gehört zur Ehrlichkeit auch dazu, dass die Belegung von solchen Vorsorgeprodukten durch eine Finanztransaktionssteuer auch eine Besteuerungslücke schließt. Es ist ja immer die Frage – weil andere Vorsorgefor men in der einen oder anderen Weise ja auch besteuert wer den –, ob die Finanztransaktionssteuer dann nicht auch in der Gesamtschau der Besteuerungen gerechtfertigt ist.
Sie sprechen einen Punkt an, der zu Recht in der Diskussion ist und der bei der Ausgestaltung weiter im Auge behalten werden muss.
Herzlichen Dank, Herr Minister. – Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Somit ist die Mündliche Anfrage unter Ziffer 2 erledigt.
M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. P a u l L o c h e r e r C D U – F i n a n z i e l l e F ö r d e r u n g d e r e r f o r d e r l i c h e n A n p a s s u n g v o n R ä u m l i c h k e i t e n a n d e r G e m e i n s c h a f t s s c h u l e A m t z e l l
Frau Präsidentin, ich lege als frü herer Bürgermeister der Gemeinde Amtzell größten Wert da rauf, dass hier nicht „Amtszell“, sondern „Amtzell“ formu liert wird.
Damit sind wir schon beim Thema. Das Ländliche Schulzen trum Amtzell ist eine der großen Modellschulen in unserem Land und eine der Starterschulen der Gemeinschaftsschulen. Deshalb zwei Fragen:
Schulträger einer Gemeinschaftsschule aus der ersten Tranche bei den anstehenden notwendigen Umbauarbeiten
bauförderung, die eine Bezuschussung der Gemeinde Amt zell durch das Land zur Umsetzung der notwendigen Bau maßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt ermöglichen wür de?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kollegin nen und Kollegen, sehr geehrter Herr Abg. Locherer! Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:
Wie will die Landesregierung die Gemeinde Amtzell als Schulträger einer Gemeinschaftsschule aus der ersten Tranche bei den anstehenden notwendigen Umbauarbei ten zur Anpassung der Räumlichkeiten an die Erforder nisse dieser Schulart finanziell unterstützen?
Das Kultusministerium hat im Frühjahr 2012 mit den kom munalen Landesverbänden eine Übergangsregelung zur Schul bauförderung für Gemeinschaftsschulen abgestimmt, die bis zur Veröffentlichung des Lehr- und Bildungsplans für diese neue Schulart gelten soll. Erst danach können die Auswirkun gen auf die Schulbauförderung festgelegt werden.
Im Übrigen erfolgt die Förderung von Schulbaumaßnahmen für Gemeinschaftsschulen nach den allgemeinen Regelungen der Schulbauförderung, das heißt, zugrunde liegende Förder tatbestände, die Bagatellgrenze, die Kostenrichtwerte etc. wer den jeweils berücksichtigt.
Zur Ermittlung der förderfähigen Flächen für Schulbaumaß nahmen wird nach der vereinbarten Übergangsregelung bei Gemeinschaftsschulen grundsätzlich das Modellraumpro gramm für Werkrealschulen zugrunde gelegt, wobei speziell für die erforderlichen Flächen im naturwissenschaftlichen Un terrichtsbereich das Modellraumprogramm für Realschulen hinzugezogen wird.
Daneben können die Schulen einen pauschalen Flächenzu schlag für Ganztagsbetrieb und Inklusion erhalten. Hinzu kommen Flächen für eine Mensa, also Küche und Speisesaal. Die Feststellung des Raumbedarfs erfolgt dabei unter Berück sichtigung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse und Gege benheiten. Man nimmt also den jeweiligen vorhandenen Raumbestand in den Blick.