denn dieser Missbrauch ist schon heute illegal, und es gibt kla re Regelungen und klare Kriterien in der Rechtsprechung, wie man hier vorgehen muss. Frau Arbeitsministerin von der Leyen, die Bundeskanzlerin und viele andere haben sich da zu in den letzten Wochen auch in der Weise geäußert, dass be stehende Rechtslücken, die z. B. die nachträgliche Umwand lung eines Werkvertrags in einen Zeitarbeitsvertrag ermögli chen, behoben werden müssen. Auch hierüber besteht kein Dissens.
Weil es bei diesem Thema vornehmlich um bundespolitische Zuständigkeiten geht, ist es schon ganz hilfreich, wenn man sich an die Debatte im Deutschen Bundestag im Februar die ses Jahres erinnert und sich genau anschaut, was die SPDBundestagsfraktion da als Antrag eingebracht hat.
Sie haben sicherlich gehofft, dass wir das vergessen haben; wir haben es aber nicht vergessen. Sie haben dort ein ganzes Sammelsurium von Maßnahmen im Bereich der Werkverträ ge gefordert, das Sie unter Rot-Grün 2002 selbst abgeschafft haben. Da wurden z. B. die Vermutungsregelung und eine Höchstdauer im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung – al les, was 2002 abgeschafft wurde – neu beantragt. Im Antrag heißt es dann in etwa sinngemäß weiter, für die Leiharbeit existiere mittlerweile ein Mindestlohn; die Leiharbeit sei ein Instrument zum Lohndumping gewesen und sei heute für die Unternehmen unattraktiver.
Erst schimpfen Sie also, dass Leiharbeit Lohndumping ist, und dann legen Ihre Genossen in Berlin einen Antrag vor, der ge nau das Gegenteil behauptet. Ich finde es schon wichtig, dass wir hier in diesem Haus gemeinsam klären, was denn nun Sa che ist, insbesondere auch für die Auseinandersetzung in den kommenden Monaten.
Offenbar sind die Umfragewerte für die SPD derzeit ziemlich beschämend. Rechtzeitig hat man sich dann auf den Weg ge macht, nach einem geeigneten Thema zu suchen, nachdem das Thema Leiharbeit als Buhmann nicht mehr geeignet ist.
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: So ein Nonsens! Der Missbrauch der letzten Jahre ist doch das Prob lem!)
Er hat also 113 Jahre lang die deutsche Politik überlebt, bis Herr Schmiedel jetzt darauf aufmerksam geworden ist, um uns hier rechtzeitig im Vorwahlkampf zu zeigen, was hier wirklich los ist.
Sie haben es ja selbst gesagt: Es gibt keine verlässlichen Zah len und Daten darüber, wie viele Werkverträge im Dienstleis tungsbereich in Baden-Württemberg bestehen und wie viele Menschen tatsächlich betroffen sind. Die Faktenlage – das ha ben Sie der Reaktion auf Ihre Aussagen in der Presse ja ent nehmen können – ist ziemlich dünn. Aber wenn man Ihnen und der SPD zuhört, könnte man fast meinen, ganz BadenWürttemberg würde zunehmend verelenden, weil die Mitar beiter alle nur noch auf der Grundlage von Werkverträgen be schäftigt würden.
Herr Schmiedel, ich muss Ihnen schon sagen: Sie urteilen hier über Unternehmen und reden immer nur über den Missbrauch. Aber die große Zahl der Unternehmen in Baden-Württemberg
geht mit ihren Mitarbeitern anständig um und nutzt das Inst rument der Werkverträge allerhöchstens zur Erhaltung der Konkurrenz- und Wettbewerbsfähigkeit.
Deshalb bin ich schon verwundert darüber, was Sie alles in der Presse gesagt haben. Hören Sie bitte auf, permanent den leistungsfähigen Mittelstand in unserem Land Baden-Würt temberg schlechtzureden
Sie brandmarken Daimler, ohne zu wissen, ob die Vorwürfe stimmen oder nicht stimmen. Wir haben gesagt, man muss es untersuchen, Sie aber meinen, über einen der wichtigsten Ar beitgeber in diesem Land vorab urteilen zu können. 100 000 Beschäftigte, ein Drittel aller Auszubildenden in der gesam ten Automobilindustrie sind bei Daimler in Baden-Württem berg. Ich finde es unsäglich, dass heute eine solche Debatte auf dem Rücken eines der größten und wichtigsten Unterneh men in diesem Land geführt wird.
Für uns, die CDU-Fraktion, ist klar: Jedem Verdacht muss nachgegangen werden. Es muss untersucht werden.
Missbrauch ist illegal, ist ein Straftatbestand. Schuldige müs sen mit aller Härte bestraft werden. Aber dafür brauchen wir in diesem Bereich vor allem eines, nämlich Kontrollen, Kon trollen, Kontrollen.
Deshalb meine herzliche Bitte an Sie, Herr Schmiedel: Wir können jetzt ganz sachlich über Daten und Fakten diskutie ren. Aber hören Sie damit auf, alle Unternehmen in diesem Land unter Generalverdacht zu stellen.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrtes Publikum! Sehr geehrter Herr Schreiner, ich wundere mich natürlich schon etwas darüber, dass Sie diese Debatte für nicht angebracht halten. Denn meiner Meinung nach kommt das Thema dieser Debatte nicht einfach aus dem Nichts. Grund für die Debatte ist vielmehr, dass Werkverträge für Lohndum ping und Tarifflucht missbraucht werden.
(Abg. Peter Hauk CDU: Ist das so? – Gegenruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das ist ein Problem der letzten Jahre!)
Das ist nicht erfunden, sondern es ist klar dokumentiert wor den, Herr Hauk. Es ist auch durch ein Gutachten des Interna tionalen Instituts für Empirische Sozialökonomie belegt, das in der letzten Woche vom DGB veröffentlicht wurde. Darin wird festgestellt, dass die prekäre Beschäftigung in BadenWürttemberg in den letzten Jahren – genauer gesagt: in den letzten zehn Jahren – kontinuierlich gestiegen ist und dass Ta rifflucht und Lohndumping im Wege von Werkverträgen noch verstärkt worden sind. Genau dagegen wenden wir uns.
Diese Problematik ist ja, wie ich vorhin schon sagte, nicht ein fach aus dem Nichts entstanden. Vielmehr ist das Thema durch eine Reportage des Südwestrundfunks aufgeschlagen. Der Re porter des Südwestrundfunks, der im Unternehmen Daimler gearbeitet hat, hat darin klar und deutlich zum Ausdruck ge bracht, dass Tarifflucht und Lohndumping stattfinden – und dies auf Kosten der Allgemeinheit. Das heißt, die Bürgerin nen und Bürger finanzieren die Lohndifferenz, die DaimlerBenz nicht tragen möchte. Das kritisieren wir. Das heißt näm lich gleichzeitig, dass Tarifverträge nicht eingehalten werden und dass stattdessen auf Kosten der Allgemeinheit Tarifflucht begangen wird. Das wollen wir nicht dulden.
Vor ein paar Jahren mussten wir uns mit dem Thema „Schle cker-Skandal“ auseinandersetzen. Auch dabei ging es um So zialdumping und Tarifflucht. Ich möchte zwar keinen unmit telbaren Vergleich ziehen, aber dennoch feststellen, dass nun durch Daimler-Benz mit der Problematik von Werkverträgen das Thema „Tarifflucht und Sozialdumping“ auf die Tages ordnung kommt.
Ich denke, in einem Land, das sich rühmt, für gute und siche re Arbeit zu stehen, ist es selbstverständlich, dass sich ein Un ternehmen – ein Vorzeigeunternehmen – wie Daimler-Benz nach außen, aber eben auch nach innen hin entsprechend ver hält und sicherstellt, dass Tarifverträge eingehalten werden.
Ich möchte dies noch einmal betonen, und ich möchte an die ser Stelle Daimler-Benz bitten – mehr als bitten können wir von dieser Stelle aus ja nicht –, gemeinsam mit dem Betriebs rat Betriebsvereinbarungen festzulegen, in denen auch eine Abgrenzung von Werkverträgen definiert wird.
Herr Schreiner, wenn Sie meinen, unsere Kritik daran, dass Daimler-Benz Werkverträge nutzt, um Tarif- und Lohndum ping zu betreiben, erfolge aus dem hohlen Bauch heraus, möchte ich Ihnen eine Aussage von Michael Clauss, Betriebs rat bei Daimler, aus dem „Handelsblatt“ zitieren:
„Überall dort, wo es ums Kommissionieren, Auflegen und Abnehmen am Band geht, versucht Daimler mit Werkver trägen zu arbeiten“,... Solche einfachen Jobs ziehe das Unternehmen aus der Gruppenarbeit heraus, um Geld zu sparen, „das könnte um die 10 % der Produktionsarbeits plätze kosten.“
Sehr geehrte Damen und Herren, hier wird nicht Hand in Hand mit der Stammbelegschaft gearbeitet, hier werden über Werk verträge Arbeitsabläufe ausgegliedert und wird Lohndumping betrieben.
Aus diesem Grund begrüßen wir auch die Initiative der Lan desregierung, über eine Bundesratsinitiative die entsprechen den Gesetzeslücken, die leider bisher von der Bundesregierung nicht geschlossen worden sind, zu schließen, um Lohndumping und auch Tarifflucht zu verhindern. Es ist unsere Aufgabe, in der Zukunft, in einer globalisierten Welt, in einer sozialen Marktwirtschaft Rahmenbedingungen zu schaffen, die dafür sorgen, dass Lohn- und Sozialdumping nicht funktioniert.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Erfinder der sozialen Marktwirtschaft – er wurde bereits hervorgehoben – hat vor genau 60 Jahren gesagt: „Je freier die Wirtschaft, umso sozialer ist sie auch.“
Das hat er gesagt, Herr Kollege Schmiedel. Sie haben ihn angesprochen; dann darf ich ihn auch zitieren, damit wir das hier richtig aufgreifen.
Er hat gesagt, Freiheit und Wettbewerb seien die entscheiden den Stellhebel der sozialen Marktwirtschaft. Wir wissen heu te, dass flexible Beschäftigungsformen entscheidende Stell hebel dafür sind, dass wir die Entwicklung genommen haben, die uns heute von anderen europäischen Ländern deutlich ab hebt. Es ist äußerst bedauerlich, dass diejenigen, die vor eini ger Zeit mit der Agenda 2010 die ersten Schritte dahin gehend gemacht haben, heute nichts, aber auch gar nichts mehr da von wissen wollen.