Protocol of the Session on May 15, 2013

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Wir wissen vor allem, wer die Guten sind, nämlich wir, und wir wissen, wer die Bösen sind, nämlich immer die anderen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Professor Goll im Wahlkampfmodus!)

Wobei: Gut sein, gutes Gewissen gibt es nicht umsonst, son dern nur durch Einhaltung zahlreicher Regeln.

Wenn ich das Revue passieren lasse, wissen Sie, was dann für mich zum Vorschein kommt? Ein autoritärer Charakter der Grünen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Zurufe der Abg. Hans-Ulrich Sckerl und Jürgen Filius GRÜNE)

Das mag manchen im ersten Moment vielleicht überraschen, aber für mich, lieber Herr Sckerl, sind die Grünen mittlerwei le die autoritäre Partei dieser, unserer Zeit.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Ich zitiere zum Abschluss – mit Erlaubnis des Präsidenten – Ralf Dahrendorf, weil es wieder einmal niemand besser aus drücken kann als Ralf Dahrendorf. Er sagt wörtlich:

Die Warnung vor dem neuen Autoritarismus ist darum so wichtig, weil dieser nicht als weithin sichtbare Diktatur daherkommt. Er kann in der schleichenden Aushöhlung von Freiheitsrechten bestehen. Er kommt auch nicht not wendig von radikalen Parteien, sondern mitten aus dem akzeptierten Parteienspektrum heraus.

Das ist genau das, was im Moment stattfindet.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich das Wort der Frau Staatsministerin Krebs.

Sehr geehr te Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte die Anregung von Herrn Abg. Dr. Goll aufgreifen und versuchen, ein biss chen Substanz in diese Auseinandersetzung zu bringen.

Zu Beginn möchte ich aufgreifen, was bereits gesagt wurde: dass die Freiheit des Einzelnen dort endet, wo die Freiheit des anderen beginnt. Es gibt unterschiedliche Fassungen dieses Zitats. Es wird sehr häufig verwendet. Meiner Ansicht nach liefert es die beste Begründung dafür; es zeigt die Legitima tion von Verboten und deren Hintergrund.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Wenn sich alle von Geburt an an diese Maxime halten wür den, brauchte niemand Verbote zu erlassen; dann brauchten wir auch in aller Regel keine Gesetze. Nun ist das aber, wie wir alle wissen, nicht der Fall. Deshalb gibt es Verbote. Die se sind nicht legitim, wenn es darum geht, dem Einzelnen vor zuschreiben, wie er zu leben hat; sie sind vielmehr dann legi tim, wenn es darum geht, die Rechte von Dritten oder die In teressen der Allgemeinheit zu schützen. Das ist der Hinter grund von Verboten.

(Beifall der Abg. Wolfgang Raufelder und Nikolaus Tschenk GRÜNE)

Ich möchte Ihnen dies anhand der Verbote, die Sie aufzählen, aufzuzeigen versuchen. Ich möchte übrigens darauf hinwei sen, dass das Verbot der Abgabe von Zigaretten an Jugendli che unter 18 Jahren 2007 unter der Großen Koalition erfolgt ist. Daran waren viele beteiligt, aber nicht die Grünen, die Sie hier als Inbegriff des Verbots von Zigarettenautomaten hin stellen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Aber die FDP ist dafür, dass Jugendliche rauchen!)

Die logische Erweiterung, das Rauchverbot – die korrekte Be zeichnung lautet Nichtraucherschutz –, wurde meines Wis sens ebenfalls von unserer Vorgängerregierung hier in BadenWürttemberg umgesetzt. Es heißt deshalb Nichtraucherschutz und nicht Rauchverbot, weil es darum geht, die Nichtraucher zu schützen und insbesondere auch die Beschäftigten in Gast stätten und Kneipen, die ansonsten ein erheblich erhöhtes Krebsrisiko haben. Halten Sie das jetzt für Ideologie?

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nein!)

Kommen wir zum Thema Tempolimit: Das Tempolimit ist nicht dazu da, dem Einzelnen den Spaß an dem röhrenden Ge räusch seines Autos – wenn es denn ein röhrendes Geräusch macht – zu verbieten,

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

sondern es ist dazu da, das Leben und die Unversehrtheit der anderen Verkehrsteilnehmer zu schützen. Da ist es wirkungs voll. Das ist ein berechtigtes Anliegen.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Gabi Rolland SPD – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP)

Kommen wir zum Thema Fracking. Das Verbot von Fracking in einem Trinkwassereinzugsgebiet ist nicht darin begründet, dass wir wirtschaftlich tätigen Menschen eine neue Berufs chance nehmen wollen – keineswegs. Der Grund liegt im Schutz der Gesundheit der Menschen, die in diesem Grund wasserschutzgebiet leben. Ist das Ideologie? Ist das Verblen dung? Ist das Gängelung? Oder ist das in Ordnung?

(Abg. Thomas Marwein GRÜNE: In Ordnung!)

Lehnen Sie es ab, Dinge zu verbieten, die in die Rechte oder in den Schutz anderer eingreifen oder die Substanz der Ge meinschaft gefährden? Finden Sie es nicht in Ordnung, das zu verbieten? Das hielte ich für eine merkwürdige Herangehens weise.

Dann möchte ich noch auf ein paar Verbote der CDU einge hen. Die CDU – das gilt zumindest für den überwiegenden Teil; es steht auch so in der Programmatik der CDU – verbie tet es Lesben und Schwulen zu heiraten; sie ist dagegen, dass zwei Menschen so ihr persönliches Glück miteinander besie geln.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das verbietet die CDU nicht! Sie können leben, wie sie wollen! Aber das ist eine eingetragene Lebensgemeinschaft, keine Ehe! – Abg. Peter Hauk CDU schüttelt den Kopf.)

Ja, die Form einer Ehe, wie sie heterosexuelle Paare einge hen können, um ihr persönliches Glück zu besiegeln, verbie ten Sie Lesben und Schwulen. Wessen Rechte schützen Sie denn? Die Würde welcher Menschen wahren Sie mit dieser Vorgehensweise? Was ist Ihre Legitimation für dieses Verbot?

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Ich möchte Sie nun gar nicht bemühen, hier zu erklären, wa rum Ihre Staatsministerin bzw. Staatssekretärin – sie ist nicht in der CSU, sondern in der CDU und heißt Maria Böhmer – die Ausstrahlung der Sendung „Big Brother“ verbieten woll te. Da frage ich Sie nicht nach der Begründung; das erübrigt sich.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Mit Staats sekretären ist das so eine Sache!)

Ja, das sieht man daran.

(Vereinzelt Heiterkeit und Beifall)

Ich komme noch zu etwas anderem. Grundlage Ihrer Politik im Bereich der Migrantinnen und Migranten ist, Asylsuchen den die Aufnahme von Arbeit oder Ausbildung zu verbieten. Was ist die Grundlage für dieses Verbot? Wessen Rechte schützen Sie? Welches gemeinschaftliche Interesse wird da mit gewahrt?

Sie verbieten es Menschen, die zwei kulturelle Wurzeln ha ben, zwei Staatsangehörigkeiten zu haben. Wessen Rechte schützen Sie damit eigentlich? Wessen Freiheit verteidigen Sie durch dieses Verbot? Ich kann es nicht ersehen. Vielleicht können Sie es erklären.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Kommen wir zu der Debatte unter dem vorherigen Tagesord nungspunkt. Eines Ihrer Argumente war, wir hätten völlig leichtfertig den Eltern erlaubt, nach Beratung durch die Lehr kräfte selbst zu entscheiden, auf welche Schule sie ihre Kin der schicken. Das haben Sie als völlig daneben und als einen unverantwortlichen Eingriff bezeichnet. Ist das Ihr Freiheits begriff? Ihre Argumentation ist: „Wir vertrauen dem Einzel nen und seiner Verantwortung und geben ihm seine Würde, aber Eltern sind nicht in der Lage, nach Beratung durch Leh rerinnen und Lehrer selbst zu entscheiden, auf welche Schu le ihre Kinder gehen.“

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Winfried Mack CDU: Es geht auch um die Würde des Kindes! – Unruhe bei der CDU)

Mir geht es darum, wie diese Position mit einem Freiheitsbe griff verbunden wird und mit der Aussage: „Jeder ist selbst in der Lage, seine Verantwortung zu übernehmen.“

(Beifall bei den Grünen – Zurufe von der CDU: Das sagen Sie einmal den Lehrern!)

Dann wurde aus diesem Papier zitiert.

(Die Rednerin hält ein Schriftstück hoch.)

Ich muss schon sagen: Es hat für eine Partei, deren Name mit „Christlich“ anfängt, schon einen besonderen Charme, wenn man völlig wahllos alle möglichen Dinge, ob sinnvolle oder eher vielleicht ein bisschen schwer zu verstehende Dinge, durcheinanderschmeißt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Da ist viel Unsinniges drin! – Zuruf des Abg. Klaus Herrmann CDU)

Besonderen „Charme“ hat, finde ich, diejenige Passage, bei der direkt hinter dem Verbot von Weichmachern im Sexspiel zeug das Verbot von Stammzellenforschung angeführt wird. Sie sollten einmal darüber nachdenken, ob das das Niveau Ih rer politischen Vergleiche sein soll.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Glocke des Präsidenten)