Ich möchte dazu noch ein Beispiel nennen: Wir sind aktuell in einer Größenordnung von vermutlich 800 Millionen € im Risiko, weil das Thema Ungleichbehandlung, Altersdiskrimi
nierung im Bereich der Beamtenbesoldung momentan juris tisch, gerichtlich überprüft wird. Wenn das Gericht entspre chend entscheiden würde, würde das für den Landeshaushalt über den Daumen gepeilt 800 Millionen € ausmachen. Das ist nicht trivial. Auf solche Risiken müssen wir uns einstellen. Ich würde sagen, in diesem Bereich ist das tatsächlich sogar ein relativ reales Risiko, mit dem man umgehen muss. Des wegen ist Vorsicht geboten.
Die exakten Zahlen zu den Steuereinnahmen aus den verschie denen Jahren, die Sie gerade nachgefragt haben, kann ich nicht nennen. Aber Sie wollen damit wahrscheinlich darauf hinaus, dass die Steuereinnahmen natürlich deutlich gestiegen sind. Das ist so. Aber auch die Ausgaben, und zwar Ausgaben, die man nicht direkt beeinflussen kann, sind deutlich gestiegen. Ich nenne die Pensionsverpflichtungen. Diese kann keine Re gierung für das aktuelle Jahr nach oben oder nach unten di rekt beeinflussen.
Das hat schlicht mit der demografischen Entwicklung in un serer Beamtenschaft zu tun. Wir haben dort – das wird sich in den nächsten vier bis fünf Jahren noch deutlich verschärfen – starke Altersabgänge, also starke Einstellungsjahrgänge, die jetzt in den Ruhestand gehen. Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen, und zwar in dramatischem Ausmaß. Es wird dann auch einmal wieder ein bisschen weniger, wenn wir die se einstellungsstarken Jahrgänge überwunden haben. Aber die se starken Anstiege stehen uns noch bevor. Da können wir we nig gegensteuern, sondern dieser Situation müssen wir uns ganz konkret stellen.
Ich habe zwei Fragen. Erste Frage: Maßgeblich sind ja nicht nur die Steuermehreinnah men in absoluten Zahlen, sondern ist die Steuerquote. Kön nen Sie etwas dazu sagen, wie hoch diese Quote vorher war und wie hoch sie jetzt in unserer Regierungszeit ist?
Zweite Frage: Können Sie etwas dazu sagen, inwieweit mög licherweise auch der Ankauf der „Steuer-CDs“ dazu beigetra gen hat, dass der Schuldenstand gesunken ist?
Ich kann jetzt aus dem Stegreif nicht sagen, welcher Anteil davon dann tatsächlich eventuell in die Schuldentilgung geflossen ist.
Aber maßgeblich ist schon – das kann man sagen –: Wir ha ben momentan eine sehr gute Liquiditätssituation, weshalb wir bisher von den Kreditermächtigungen nicht in dem Um fang Gebrauch machen mussten, wie es vielleicht ursprüng lich vorgesehen war.
Jetzt möchte ich die FDP/DVP einmal ein bisschen in Schutz nehmen. Was sie gemeinsam mit dem Steuerzahlerbund ge tan hat, ist Folgendes: Man hat die Kreditermächtigungen für die kompletten zwei Jahre heruntergerechnet auf Sekunden. Diese Uhr zählt dann sozusagen das, was man als theoretische Kreditermächtigung hat, und rechnet dies beginnend mit dem Ausgangsbetrag Sekunde für Sekunde hoch. Das ist zum Zweck der öffentlichen Darstellung vielleicht eine brauchba re Möglichkeit, aber methodisch ist es eigentlich falsch. Die
Differenz zwischen dem realen Schuldenstand und dem, was diese Uhr anzeigt, ist aus diesem Grund auch so eklatant.
Das Land schuldet ständig um. Die Zahl, die ich gerade ge nannt habe – 41 Milliarden € –, ist eine Momentaufnahme. Wir schulden ständig um, und dabei kommen uns die niedri gen Zinsen momentan natürlich entgegen. Je mehr wir mo mentan umschulden müssen, desto besser. Denn wir gelangen so zu Zinsen, die im Vergleich zum heutigen Stand sehr viel niedriger sind. Deshalb sind wir momentan froh, wenn wir umschulden können, weil uns dies Zinsersparnis bringt. Man wird beim Rechnungsabschluss 2012 sehen – bei dem entspre chenden Abschluss für das Jahr 2011 hat man es bereits gese hen –, dass auch das Land Baden-Württemberg von der nied rigen Zinssituation profitiert.
Ich bin daher immer etwas zurückhaltend, wenn in Richtung Südeuropa Vorwürfe formuliert werden und darauf hingewie sen wird, dass die niedrigen Zinsen das Anlegen von Geldver mögen beeinträchtigen. In dieser Hinsicht ist die momentane Situation natürlich schwierig. Aber für Baden-Württemberg als öffentliche Hand, als Land mit hohen Schulden, ist die Si tuation sehr günstig. Denn wir können bei der Aufnahme neu er Kredite – dabei meine ich die Bruttoneuverschuldung und nicht die Nettoneuverschuldung – momentan mit niedrigen Zinsen rechnen.
Herr Staatssekretär, Sie haben den Sachverhalt bereits erläutert. Ich möchte aber auch von meiner Seite aus klarstellen, dass es unterschiedliche De finitionen gibt, was die Neuverschuldung bzw. den Schulden stand anbelangt. Sie haben darauf hingewiesen, dass auch der Bund der Steuerzahler nach der geschilderten Methode ver fahren ist.
Können Sie mir vor diesem Hintergrund bestätigen, dass, wenn die Hochrechnungen stimmen, wenn also die Neuver schuldung für 2013 1,78 Milliarden € beträgt und damit so hoch ist wie im Haushaltsplan vorgesehen, der Schuldenstand so hoch sein wird, wie vom Bund der Steuerzahler ermittelt?
Das Problem ist: Das, was Sie ge rade gesagt haben, entspricht nicht dem, was die Schuldenuhr zeigt. An der Schuldenuhr steht das Wort „Schuldenstand“; das Wort „Schuldenstand“ ist jedoch falsch. Gemeint ist nicht der Schuldenstand, sondern der theoretische Stand unter Ein beziehung der bestehenden Kreditermächtigungen; es geht nicht um den Schuldenstand. Insofern ist diese Uhr missver ständlich. Dies gilt übrigens für die Uhr, die der Bund der Steuerzahler in Berlin aufgehängt hat, ebenfalls. Dies ist miss verständlich.
Wir können zum heutigen Zeitpunkt noch nicht sagen, ob wir die kompletten Kreditermächtigungen des Jahres brauchen. Wenn man immer nur die Kreditermächtigungen aufaddieren würde, wäre die Verschuldung noch höher. Dann wäre sie aber auch früher schon höher gewesen; das muss man auch sagen. Dann hätte man nicht, Herr Mack, von „Nulljahren“ sprechen können, denn damals gab es Kreditermächtigungen.
Ich halte diese Uhr daher von der Systematik her für falsch. Meines Erachtens hat diese Diskussion dazu beigetragen, dass man zwischen Schuldenstand und theoretischer Kreditermäch tigung unterscheidet. Der Landtag, das Parlament als Haus haltsgesetzgeber, hat uns ermächtigt, diese Schulden aufzu nehmen. Er hat uns aber nicht hierzu verpflichtet. Wir müssen diese Schulden also nicht aufnehmen, und wir werden, soweit dies irgend möglich ist, auch nicht von diesen Ermächtigun gen Gebrauch machen. Das kann ich Ihnen zusagen. Wir wer den es nur in dem Umfang machen, in dem es nötig ist. Das gebieten eine solide Haushaltsführung und eine gute und so lide kaufmännische Buchführung.
Herr Staatssekretär, ich komme noch einmal auf die Steuerquellen zurück, die angeblich sprudeln. Wenn man das Jahr 2002 als Grundlage nimmt und von da aus bis 2012 rechnet – diese zehn Jahre sind die Spanne, die wir etwa überblicken –, dann stellt man fest, dass die Steuerein nahmen im Zeitraum zwischen 2002 und 2012 tatsächlich um 28 % gestiegen sind. Dies ist auch in der Denkschrift des Rechnungshofs nachzulesen.
Nun wird uns der Vorwurf gemacht, wir würden trotz dieser sprudelnden Steuereinnahmen Kredite aufnehmen. Dies war bei der Haushaltsdebatte einer der Kernvorwürfe. Nun betrug die Steigerung der Steuereinnahmen zwischen den Jahren 2002 und 2008 sogar 31 %. Die Steigerungsrate im Zeitraum von 2002 bis 2008 hat ein Plateau gehabt, das wir noch nicht einmal im Jahr 2012 wieder erreicht hatten.
Auch in den Jahren 2002, 2003, 2004 und 2005 wurden Kre dite aufgenommen. Ich bin neu im Parlament. Wissen Sie et was über Diskussionen, die möglicherweise in den Reihen der jetzigen Opposition geführt wurden und in denen es um die Frage ging, ob man angesichts der sprudelnden Steuerquellen dennoch weitere Kredite aufnehmen sollte?
Nein. Man muss in der Tat sagen, dass genau in dieser Zeit, in der die Steuereinnahmen um die se von dem Kollegen Maier genannten 30 % gestiegen sind – ich habe die Zahlen über die Steuereinnahmen jetzt nicht da, weil das heutige Thema der Schuldenstand ist –, die Schulden um fast 9 Milliarden € gestiegen sind, nämlich von 33 Milli arden € auf 41 Milliarden €. Man sieht schon, dass das kein Automatismus ist.
Das hängt aber – das sage ich ganz klar – auch mit Ausgaben zusammen, die man nicht steuern kann. Ich habe die Pensio nen als ein Beispiel genannt. Es gibt noch weitere Beispiele von Ausgaben, die man nicht von einem Jahr auf das andere beeinflussen kann. Daher hätte die Diskussion vielleicht schon damals geführt werden können. Manchmal jedoch braucht ein Erkenntnisprozess eine gewisse Zeit.
Herr Staatssekretär, können Sie uns sagen, wie hoch das Ausgabenwachstum, das Sie seit der Regierungsübernahme 2011 in den Haushalten für die Jahre 2011 und 2012 haben – also das Haushaltswachstum seit Re gierungsübernahme bis Ende 2012 – war und wie der Durch schnitt des Ausgabenwachstums in den vergangenen zehn Jah ren war?
Können Sie sich vorstellen, dass dieses Ausgabenwachstum bei 10 % lag, während es im Durchschnitt der vergangenen Jahre bei 1,5 % lag?
Herr Staatssekretär, auf meine erste Frage nach dem Schattenhaushalt in der Finan zierungsgesellschaft für öffentliche Vorhaben des Landes Ba den-Württemberg mbH kam die Antwort, dass die quasi aus dem Haushalt ausgelagerten Schulden in der Größenordnung von etwa 20 Milliarden € lagen.
Erstens: Gehe ich recht in der Annahme, dass das ausschließ lich Schulden sind, die von der schwarz-gelben Vorgängerre gierung stammen?
Zweitens: Durch was – abgesehen von dem großen Brocken EnBW mit knapp 5 Milliarden € über die Neckarpri GmbH – ist die Summe von 20 Milliarden € zustande gekommen? Kön nen Sie zumindest die größeren Brocken benennen?
Zu Ihrer ersten Frage: Ja, der weit überwiegende Teil stammt aus der Zeit der schwarz-gelben Regierungskoalition. Ich habe den Stand Ende 2011 genannt. Ich habe den Stand 2012 noch nicht. Die Zahl, die ich genannt habe, betrifft die Zeit vor dem Regierungswechsel.
Den größten Brocken der aus dem Haushalt ausgelagerten Verschuldungen haben Sie genannt. Ich habe vorhin noch ei nen weiteren genannt: die Kapitalaufstockungen. Das sind die größten Brocken. Der Rest sind Einzelbeträge, die sich zu ebendiesem Betrag aufsummieren. Ich kann Ihnen die Auf stellung gern zukommen lassen. Es ist durchaus interessant, das zu sehen.
Ich weise darauf hin, dass diese Beträge nicht in der Statistik der offiziellen Pro-Kopf-Verschuldung auftauchen, sprich auch nicht im Länderranking, also in dem Vergleich mit an deren Bundesländern, ähnlich wie die Pensionsverpflichtun gen – das allerdings ist in allen Bundesländern der Fall –, die bei uns nach Angaben des Landesrechnungshofs zusätzlich 70 Milliarden € ausmachen würden, die ebenfalls nicht in die se Statistik einfließen und auch nicht in der Pro-Kopf-Ver schuldung berücksichtigt sind.
Wenn man das einmal addiert – 44 Milliarden € Kreditmarkt schulden, verlagerte Verpflichtungen in der Größenordnung, die ich genannt habe, und die vom Landesrechnungshof er rechneten 70 Milliarden € für fehlende Rückstellungen für die Pensionen der Beamtinnen und Beamten in unserem Land –, dann ergibt das schon eine ordentliche Summe, die die rein im Haushalt sichtbare Verschuldung etwas relativiert.
Aktuelle Debatte – Krank, kränker, Krankenhaus? Unzu reichende Krankenhausbetriebskostenfinanzierung belas tet Pflegepersonal und verschärft Personalabbau – bean tragt von der Fraktion GRÜNE
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten fest gelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht ange rechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen so wie für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Re dezeit von fünf Minuten. Ich darf die Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu hal ten.
Schließlich darf ich noch einmal darauf hinweisen, dass bei Aktuellen Debatten nach unserer Geschäftsordnung die Aus sprache in freier Rede zu führen ist.