Protocol of the Session on May 15, 2013

Die Frage Nummer 2: Ist denn für die Zukunft auch geplant, dieses Thema Nationalpark auch in neuen Medien, z. B. im Internet, von Ihrer Seite aufzugreifen und, wenn ja, wie?

Wie gewichten wir das? Unbestritten bricht es ei nem natürlich zunächst das Herz, wenn die Herzregion, um die es geht, nicht zustimmt. Das ist eine außerordentlich schwierige Situation, um die man nicht herumreden muss. Er staunlich ist aber auch, muss ich sagen, die andere Entwick lung, dass nämlich von Teilen der Wirtschaft, großen Teilen der Gastronomie und dem gesamten Tourismusbereich sowie durch viele Ratsbeschlüsse eine andere Position vertreten wird, von den Umfragen ganz zu schweigen.

Wir wissen – nur das gibt mir ja auch die Sicherheit, hier so zu argumentieren –, dass eine knappe Mehrheit in der Regi on für diesen Nationalpark ist.

(Abg. Peter Hauk CDU: Sie vermuten! – Zurufe von den Grünen, u. a. des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE)

Entschuldigung, es gibt Umfragen, und Umfragen sind kei ne Wahlen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Antwort gibt die Frau Staatsrätin. Es gibt keine Diskussion dazwischen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das scheint bei den Grünen nicht klar zu sein!)

Wir vermuten anhand von Meinungsumfragen, welche aus der Region stammen und für das gesamte BadenWürttemberg erhoben wurden – ich bin 20 Jahre lang Sozial wissenschaftlerin und 20 Jahre lang Unternehmerin gewesen; aus meiner sozialwissenschaftlichen Zeit meine ich zu wis sen, dass Repräsentativumfragen nicht verzerrt sind, sondern ungefähr das wiedergeben, was wir haben –: Die Hälfte der Bevölkerung im Nordschwarzwald ist dafür, eine Minderheit ist dagegen, und in ganz Baden-Württemberg gibt es eine Mehrheit.

(Abg. Peter Hauk CDU: Eine „Restminderheit“!)

Eine „Restmehrheit“.

(Abg. Peter Hauk CDU: Doch! „Restminderheit“!)

Viele Menschen auch in Ihrer Partei haben damit ein Problem. Sie müssen sich jetzt entscheiden.

(Abg. Peter Hauk CDU: Wir haben kein Problem! Sie höchstwahrscheinlich!)

Gut. Wir haben natürlich ein Problem und wir werden da mit umgehen. Letztlich wird die Entscheidung in diesem Ho hen Haus fallen. Es kann nicht sein, dass örtliche Gruppen, die wenige Menschen vertreten – auch wenn diese sehr stark tangiert sind –, ein Projekt, für das es insgesamt eine hohe Zu stimmung gibt, immer blockieren können. Es mag sein, dass das einmal vorkommt, aber in der Gesamtlogik würden wir uns völlig handlungsunfähig machen – das war auch bei Ih nen bei Stuttgart 21 so –, wenn wir uns generell an die Voten von Minderheiten halten würden. Das wäre das Aus für jede politische Entscheidung. Wir haben auch einen Wählerauf trag, wir haben Mehrheiten in der Region, und wir haben das große und traurige Problem einer noch nicht mitgehenden Be völkerung, an dem wir weiterarbeiten werden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Martin Rivoir SPD: Gute Frau! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So haben wir beim Richie Drautz immer ge klatscht!)

Eine weitere Frage des Herrn Abg. Haußmann, FDP/DVP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Staatsrätin! Ich bin doch überrascht, dass Sie als Staatsrätin und Sozialwissenschaftlerin die Ergebnisse von Umfragen über die Ergebnisse von Bürgerbeteiligungen, die man tatsäch lich nachvollziehbar misst, stellen und dass Sie dabei von Missverständnissen oder von nicht verantwortungsvollen Vo ten sprechen.

Landrat Helmut Riegger hatte am Sonntag gesagt: „Die Mei nung der betroffenen Gemeinden hat natürlich mehr Gewicht als die von Kommunen, die weiter weg vom Nationalpark lie

gen.“ Sie haben auf Ihrer Internetseite auch betont, dass die Bürger vor Ort bei Bürgerbeteiligungsprozessen einfach mehr Kenntnisse haben.

Deswegen die Frage: Wie schätzen Sie denn den Kenntnis stand der Bürgerinnen und Bürger aus diesen sieben Kommu nen, die jetzt mit drei Viertel der Stimmen bei hoher Wahlbe teiligung gegen den Nationalpark gestimmt haben, ein, wenn Sie das mit dem Kenntnisstand der Bevölkerung in BadenWürttemberg insgesamt vergleichen?

Ich würde gern noch wissen, wie die Gebietskulisse konkret neu ausgerichtet wird.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr gute Frage!)

„Nicht verantwortungsvoll“ meinte ich – um das noch einmal zu sagen – in dem Kontext, dass die Bürgermeis ter wohl wissen, dass es im Moment keine bindenden Abstim mungen geben kann, jedoch die Erwartung der Bürger in ei ne Richtung lenken, die im Moment falsch ist.

Sie fragen nach der Gewichtung. Wir gewichten diese Mei nungen hoch, aber nicht höher als die Voten – dafür gibt es rechtlich auch keine Grundlage – der vielen Gemeinderäte und Kreisräte sowie die Bürgermeisterentscheidungen, die es in der Region sonst gab, und auch nicht höher als den Wähler willen, der sich im ganzen Land abzeichnet und der mit gro ßer Wahrscheinlichkeit anders aussieht. Es gibt keine Doppel quotierung oder Dreifachzählung von besonders betroffenen Bürgern. Das wäre auch fatal, wenn das in der Bürgerbeteili gung immer so wäre, weil Sie dann gar nichts durchsetzen könnten, was unpopulär ist. Sie könnten kein Gefängnis bau en, Sie könnten nirgendwo eine Endlagerstätte errichten, nicht einmal in Russland, wenn das so wäre. So viel dazu.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Keine Autobahn! – Zu ruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Keine Autobahn, davon ganz zu schweigen.

Der Kern ist der Kenntnisstand. Natürlich haben die Men schen in der Region einen höheren Kenntnisstand in Bezug auf ihren Wald als ich. Das ist völlig logisch und unbestritten. Aber sie haben eine Wunschvorstellung davon, wie ein or dentlicher Wald auszusehen hat. Das ist auch ihr gutes Recht. Der Wald wurde gut bewirtschaftet; das wird nicht bestritten. Der Dissens besteht darin, dass wir und viele Leute meinen: Es ist sinnvoll wegen der Biodiversität.

(Abg. Winfried Mack CDU: Das Argument hat bis gestern Mittag null Rolle gespielt!)

Was ist? Bitte. Pst.

(Vereinzelt Heiterkeit – Beifall des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE)

Es ist sinnvoll wegen der Artenvielfalt, wegen der Biodiver sität; das sind keine unsinnigen Dinge.

Der Ministerpräsident sagt immer, wir müssen auf Größen ordnungen achten. Ein ganz kleines Stück Schwarzwald her auszunehmen, um dort die Biodiversität wirklich zu ermögli

chen, ist der Grundauftrag. Bitte vergessen Sie doch nicht – – Ich verstehe eigentlich nicht, dass Sie als Wirtschaftsparteien nicht die ökonomischen Potenziale, die das für die Region bie tet, erkennen. Ich glaube, Sie erkennen sie, und Sie wollen es jetzt nicht zugeben.

(Abg. Peter Hauk CDU: Um diese Frage geht es schon längst nicht mehr!)

Denn es ist völlig einsichtig, dass dann neue Gruppen von Menschen in die Region kommen, ein anderer Typus von Tou risten. Das ist doch alles durchgerechnet. Die Gutachter usw. haben doch keinen Humbug geschrieben. Sie wissen ganz ge nau, dass das valide Argumente sind. Sie können sich im Mo ment dazu nicht verhalten, weil Sie es so schön finden – das gestehe ich Ihnen zu –, dass 75 oder 80 % dagegen gestimmt haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Das wird in der Region ein Problem werden.

Sie haben gefragt: Wie reagieren wir darauf? Wir werden ver suchen – der Landwirtschaftsminister wird sich dazu äußern –, das Gebiet ein Stück weit den neuen Bedürfnissen anzupas sen und diese Gemeinden herauszunehmen. Ich glaube zu tiefst, dass sie in fünf oder zehn Jahren bedauern werden, dass sie nicht in dem Umfang teilhaben können, wie es möglich gewesen wäre. Deswegen finde ich dieses Vorgehen von Bür germeistern nicht verantwortungsvoll, weil sie damit eine Op tion für die Leute abschneiden, weil sie sich nie mehr dazu bekennen können, selbst wenn sie wollten.

(Beifall bei den Grünen)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abg. Schmiedel, SPD-Fraktion.

Frau Staatsrätin, was verleitet Sie zu der Formulierung, CDU und FDP seien Wirtschaftspar teien?

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sehr berechtigt! – Abg. Thomas Blenke CDU: Das Protokoll über die heutige Sitzung ist Gold wert!)

Ich – –

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: „Korrigiere meine Aussage“! – Heiterkeit)

Nein, ich korrigiere meine Aussage nicht. – Ich glaube, dass hier viele Leute mit viel Verstand sowohl bezüglich Wäldern als auch bezüglich Wirtschaft sitzen, und ich bin der Auffas sung, dass das gerade auch in diesen Parteien durchaus aus geprägt ist. Wir haben nicht die Wirtschaftsweisheit gepach tet.

(Heiterkeit bei den Grünen und der SPD – Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Eine weitere Zusatzfra ge des Herrn Abg. Mack von der CDU-Fraktion.

Frau Staatsrätin, Sie wurden ges tern in der „Stuttgarter Zeitung“ mit dem Begriff „Nullopti on“ zitiert. Sie prägen dort den Begriff der Nulloption. Kön nen Sie uns noch einmal erklären, wie dieser Begriff der Null option zu definieren ist?

Zweitens sagen Sie, diese Nulloption gäbe es nicht mehr, weil das Gutachten vorliege. Wollen Sie uns damit sagen, das Gut achten stehe über dem Bürgerwillen, und wenn ein Gutachten vorliege, könnten die Bürger ihren Willen nicht mehr kund tun? Dann sagen Sie: Bürger müssen verstehen, an welchen Punkten es Nulloptionen gibt,...

Ja.