Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst, Herr Ministerprä sident, meinen Dank dafür, dass Sie hier an dieser Stelle das Wahlprogramm der Grünen erläutert
und ein klares Bekenntnis abgegeben haben. Ich erkenne das durchaus an. Anders als Ihr Finanzminister, der sich um das Thema „Wahlprogramme von Grün und Rot“ herumgedrückt hat,
Sie haben deutlich gemacht, dass Sie das, was der Parteitag der Grünen beschlossen hat, auch vertreten. Somit sind wir einen deutlichen Schritt weiter. Sie haben erläutert, was auf dem Parteitag beschlossen wurde, und Sie haben dargelegt, warum Sie diese Beschlüsse für richtig halten und was Sie so zusagen in der Folge dieser Beschlüsse umzusetzen geden ken.
Damit haben wir Klarheit im Landtag von Baden-Württem berg, aber auch Mittelstand und Mittelschicht haben diese Klarheit. Ich kann nur hoffen, dass jetzt das, was am heutigen Tag gesagt wurde, gilt und dass Sie nicht bei nächster Gele genheit vor Wirtschaftsvertretern wieder anders reden. Ich denke, die Protokolle des heutigen Tages sind dann aktenkun dig.
Ich halte das, was Sie erläutert haben, für falsch. Aber immer hin ist es eine klare Position, auf deren Basis sich die Men schen in diesem Land bei der Bundestagswahl entscheiden können. Sie wie auch die Kollegin Aras haben erklärt, im Grunde sei von Ihren Plänen kaum jemand betroffen; sie be träfen höchstens 7 % der Bevölkerung.
Frau Kollegin Aras hat uns vorgerechnet, dass praktisch gar kein Unternehmen in Baden-Württemberg mehr als 50 000 € Ertrag habe.
(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das sind die Zahlen des Bundesfinanzministeriums! Kann ich Ihnen gern schriftlich geben! – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)
Meine Damen und Herren, entweder es ist so, wie Sie behaup tet haben – dann stelle ich mir aber die Frage, warum Sie die Beschlüsse treffen, wenn gar nichts dabei herauskommt –,
oder es ist so, wie es andere berechnet haben, dass nämlich wesentlich mehr Unternehmen und wesentlich mehr Leis tungsträger unserer Gesellschaft von diesen Beschlüssen be troffen sind.
Noch einmal: Ich habe vorhin, in meinem ersten Redebeitrag, überhaupt keine eigene Berechnung, überhaupt keine Berech nung vonseiten der FDP vorgelegt. Ich habe nur Ihre eigenen Leute zitiert: Sigmar Gabriel, Frau Scheel,
Herrn Oberbürgermeister Palmer. Außerdem habe ich Steuer experten zitiert. Diese Leute – nicht ich, nicht die FDP und auch nicht die CDU – haben Ihnen vorgerechnet, welche Kon sequenzen die Beschlüsse haben, die Sie auf Ihrem Parteitag verabschiedet haben.
Es ist jetzt klar: Der Ministerpräsident bekennt sich ganz klar zu diesen Beschlüssen. Man wird sehen, wen sie betreffen und in welchem Maß diese Beschlüsse auf die Menschen und die Unternehmen, insbesondere den Mittelstand in unserem Land, wirken.
Sie haben dann, Herr Ministerpräsident, die Frage gestellt: Wie soll das funktionieren, was die FDP beschlossen hat? Wie soll es funktionieren, ohne Steuererhöhungen politische Pro gramme umzusetzen? Herr Ministerpräsident, Kollege Hauk hat es Ihnen vorgerechnet. Vor vier Jahren haben sich die ge samtstaatlichen Steuereinnahmen noch auf eine Größenord
nung von 500 Milliarden € belaufen. Aktuell, im Jahr 2012, waren es 617 Milliarden € an Steuereinnahmen der öffentli chen Hand, und, Herr Ministerpräsident, das ganz ohne Steu ererhöhungen, wenn man einmal von der Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes absieht, die Sie vorgenommen ha ben; diese fällt gesamtstaatlich jedoch nicht ins Gewicht.
Es ist eben ein Irrglaube, zu denken, man könne die Einnah men des Staates nur und am besten dadurch erhöhen, dass man die Steuersätze immer weiter hochschraubt. Graf Lambsdorff wusste früher schon: Wer glaubt, dass höhere Steuersätze au tomatisch zu Steuermehreinnahmen führen, der glaubt auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet. Meine Damen und Her ren, das ist einfach nur Unfug.
Es war Gerhard Schröder, es war Rot-Grün, die vor etwa zehn Jahren den Spitzensteuersatz gesenkt haben.
Der Grund liegt doch offen auf der Hand. Meine Damen und Herren, die Steuereinnahmen sind deshalb gestiegen, weil wir Wachstum haben, weil wir aktuell 42 Millionen Menschen in Beschäftigung haben –
weil die Arbeitslosenquote bei einem Wert liegt, von dem man vor zehn Jahren nur träumen konnte. Es ist doch deutlich ge worden, dass eine wachstumsbelebende Politik in diesem Land letztlich dazu führt, dass auch die Steuereinnahmen stei gen und dass man dann beispielsweise die Investitionen in die Infrastruktur, die Sie zu Recht gefordert haben, auch umset zen kann.
Es ist ein Irrglaube, zu denken, dass dann, wenn man die Steu ern erhöht, die Einnahmen sprudeln, man höheres Wachstum hat, die Leute freudig leisten und der Mittelstand dann nicht abwandert. Das Gegenteil ist der Fall: Wir brauchen ein wirt schaftsfreundliches Klima in diesem Land. Ich sage das vol ler Anerkennung für die damalige politische Leistung. Die Agenda 2010 der Regierung Schröder war ein Beitrag dazu, aber das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der schwarz-gel ben Bundesregierung war auch ein Beitrag dazu. Die Men schen wurden entlastet, sie wurden nicht zusätzlich belastet.
Deshalb ist es, glaube ich, ein durchaus richtiges und zielfüh rendes politisches Programm, wenn Union und FDP sagen: Wenn diese Bundesregierung in der gleichen Konstellation
fortgesetzt wird, gibt es keine neuen Belastungen für die Men schen. Dann werden wir auch weiterhin Wachstum haben, meine Damen und Herren.
Es ist richtig, Herr Ministerpräsident: Sie haben diese Steuer erhöhungen bereits im Koalitionsvertrag angekündigt. Das, was im Koalitionsvertrag steht und was Sie zitiert haben, führt ganz eindeutig in die Richtung, dass man die Einführung ei ner Vermögensteuer will. Man will eine Vermögensteuer. Jetzt erklären Sie und erklärt auch Ihr Koalitionspartner immer: Wir machen die Vermögensteuer so, dass die Wirtschaft nicht be lastet wird. Das, was der Grünen-Parteitag beschlossen hat, ist schon etwas anders. Wir haben heute schon gehört, dass Herr Gabriel das auch gemerkt hat.
Sie sagen, das Eigenkapital des Mittelstands werde verschont. Aber, Herr Ministerpräsident, die Vermögensabgabe, die der Grünen-Parteitag beschlossen hat, und auch die folgende Ver mögensteuer verschonen eben nicht das Eigenkapital des Mit telstands. Da können Sie an Lyrik in Ihre Präambel hinein schreiben, was Sie wollen.
Sie haben heute hier erklärt, die Ausgestaltung dessen, was da beschlossen wurde, sei offen. Herr Ministerpräsident, vieles in diesem Parteitagsbeschluss der Grünen ist sehr konkret – Sie haben es ja auch zitiert –, beispielsweise die Begrenzung auf 35 % beim Betriebsvermögen, die Sie der Wirtschaft so zusagen als Bonbon gewähren wollen. Das ist eben keine Ver schonung, sondern das wird in der Praxis sehr eindeutig zu Belastungen führen. Das steht heute schon fest. Das ist eine ganz konkrete Aussage Ihres Parteiprogramms, meine Damen und Herren.
Sie reden immer von der roten Linie. Sie reden davon, dass es einen Unterschied gebe zwischen dem, was auf Parteitagen beschlossen wird, und dem, dem Sie dann im Bundesrat zu stimmen würden. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie an dieser Stelle deutlich machen, wo Sie im Bundesrat nicht zustim men. Die SPD hat in der Vergangenheit – auch schon auf dem Parteitag – immer erklärt: „Wir stimmen dann nicht zu, wenn eine Vermögensteuer möglicherweise Unternehmen belastet.“ Alles, was wir bisher von der Rechtsprechung des Bundesver fassungsgerichts wissen – das haben wir am Beispiel Erb schaftsteuer auch wieder gesehen –, ist, dass eine Differenzie rung zwischen betrieblichem Vermögen und privatem Vermö gen verfassungswidrig ist. Deshalb werden Sie diese Vermö gensteuer nicht hinbekommen.
Deshalb hätten wir uns von vornherein schon Ihre Ablehnung gewünscht oder zumindest im SPD-Programm ein klares Be kenntnis: Wenn das Bundesverfassungsgericht die Vermögen steuer nicht zulässt, dann wird es keine Vermögensteuer ge ben. Das haben Sie hier an dieser Stelle versprochen. Im SPDProgramm steht anderes. Da stehen Gummiparagrafen drin.
Sagen kann man viel; entscheidend ist, was schwarz auf weiß in Ihrem Programm steht. In Ihrem Programm, Herr Drexler, steht halt etwas anderes als das, was Sie hier immer erzählen.