Protocol of the Session on May 8, 2013

Deswegen ausdrücklich herzlichen Glückwunsch! Ich glau be, das ist ein gutes Signal all derjenigen, die sich um das The ma Entwicklungspolitik kümmern.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Tobias Wald CDU)

Vielen Dank. Das erlebe ich öfter in allen Wahlperioden, dass ab und zu mehr Applaus von der linken als von der rech ten Seite kommt.

(Heiterkeit – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Von der CDU kam gar keiner!)

Das sage ich ja bewusst. Da gab es Reden zur Parlaments reform und zur Wahlkreisreform. Diese sind alle nachlesbar.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Daran erinnere ich mich noch!)

Das waren Sternstunden des Parlaments.

(Heiterkeit)

Darauf bin ich heute noch stolz.

Die Grundsätze der Entwicklungszusammenarbeit sind, glau be ich, richtig gewählt. Wir starten auch nicht bei null, son dern wir haben ein riesengroßes Engagement bürgerschaftli cher Gruppen in Baden-Württemberg. Es hat eine hohe Tra dition bei uns in Baden-Württemberg, dass die Menschen über den Tellerrand hinausblicken. Viele Kommunen, viele Unter nehmen engagieren sich. Die Kirchen, die Kirchengemeinden sind im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit aktiv. Wir haben Schul- und Krankenhauspartnerschaften. An unseren Universitäten wird viel Wert darauf gelegt, auch Wissen zu transportieren. Deswegen glaube ich, dass wir hier eine gute Bündelung dessen haben, was sich in Baden-Württemberg über Jahrzehnte entwickelt hat. Wir können auf die Bürgerin nen und Bürger in unserem Land stolz sein.

Wir können auch stolz darauf sein, dass wir es geschafft ha ben, seit 20 Jahren mit der Stiftung Entwicklungs-Zusammen arbeit maßgebliche Impulse zu setzen, dieses entwicklungs politische Wirken zu bündeln, zu koordinieren und damit auch das Parlament in die Rolle zu bringen, aktiv Entwicklungspo litik zu betreiben. Das ist etwas Außergewöhnliches, was in vielen anderen Bundesländern eher über Regierungshandeln und nicht über das Parlament gemacht wird.

Die Stellung des Parlaments im Stiftungsrat ist, glaube ich, wichtig. Deswegen müssen wir bei der Umsetzung der ent sprechenden Leitlinien aufpassen, dass die koordinierende, unterstützende, helfende Funktion der Stiftung EntwicklungsZusammenarbeit, die jetzt seit 20 Jahren existiert, weiterhin aufrechterhalten wird. Das ist ein wichtiges Signal. Sie hat Er fahrung in der Koordination, sie hat Manpower, sie hat auch Erfahrung in all dem, was wir in der Vergangenheit zum The ma Burundi aufgebaut haben.

Die in den Leitlinien enthaltenen Grundsätze sind mit zwei Kernbereichen umschrieben. Der eine ist, dass die Entwick lungszusammenarbeit als Gemeinschaftsaufgabe definiert wird. Dazu habe ich die vielen Gruppen und Initiativen, die es bei uns gibt, erwähnt. Der zweite Punkt ist, dass regiona les Handeln auch globale Auswirkungen hat. Das bedeutet,

dass Entwicklungshilfe als ein Kernbereich, als eine Quer schnittsaufgabe aller Bereiche der Landesregierung, der Mi nisterien, aber eben auch des Parlaments gesehen werden muss.

Am 15. September letzten Jahres fand die Schlusskonferenz zur Vorstellung der entwicklungspolitischen Leitlinien statt. Bei der jetzigen Behandlung im Parlament gibt es keine ent sprechende Beschlussfassung. Ich finde es zunächst einmal wichtig, dass wir signalisieren, dass wir hinter den zentralen Punkten der Leitlinien stehen, weil diese ja nicht isoliert im Raum stehen, sondern gemeinsam entwickelt wurden. Daran waren auch viele Abgeordnete aus allen Fraktionen dieses Landtags beteiligt.

Wir müssen aber genauso deutlich anmahnen – das ist viel leicht auch etwas stärker unsere Rolle als Opposition –, dass es nicht bei diesen Leitlinien bleibt, sondern der Landeshaus halt tatsächlich mit den entsprechenden Geldmitteln ausge stattet, unterfüttert wird, damit diese Grundsätze unterstützt und realisiert werden können.

Da appelliere ich an die Regierungsfraktionen, hier deutlich mehr zu tun. Es gab eine Aufstockung der entsprechenden Mittel im Bereich des Staatsministeriums auf 1 Million €. Aber es gibt genauso Bereiche, in denen die Mittel komplett gestrichen wurden. Ich nenne z. B. das Internationale Institut für Berufsbildung in Mannheim. Da waren wir uns einig, dass die Qualität, die dort geliefert wurde, nicht stimmte.

(Abg. Rita Haller-Haid SPD: Das habt ihr gesagt, dass die Qualität nicht stimme!)

Moment! Sie, die grün-rote Landesregierung, haben es ge schlossen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Rita Hal ler-Haid SPD: Das ist doch nicht wahr!)

Wir haben es ja nicht kritisiert. Was ich heute hier kritisiere und auch schon früher kritisiert habe, ist, dass Sie die Mittel einfach auf null zurückgefahren haben. Wenn wir der Auffas sung sind, gute Entwicklungshilfe leisten zu müssen, wenn wir der Auffassung sind, dass wir die Leute nicht nach Mann heim zu holen brauchen, wo eine schlechte Qualität in der Ausbildung bestanden hat, sondern vor Ort eine entsprechen de Qualifizierung vornehmen müssen, dann müssen auch Geldmittel dafür im Haushalt bereitgestellt werden. Einfach die Mittelausstattung auf null zurückzufahren und zu sagen: „Wir machen alle ein bisschen mehr im Bereich der Entwick lungszusammenarbeit und finden alles toll, was jetzt definiert wurde und auf dem Papier steht“, ist zu wenig.

Sie haben mit diesem Dialogprozess eine enorme Erwartungs haltung bei den Bürgerinnen und Bürgern in Baden-Württem berg geweckt. Diese haben sich engagiert eingebracht. Sie ha ben eingefordert: „Liebe Landesregierung, lieber Landtag, ihr habt mitgewirkt, die Grundsätze stehen,“ – daran kann man den einen oder anderen Punkt kritisieren; das will ich hier gar nicht machen, weil die große Linie stimmt – „aber dann muss auch spürbar sein, dass die entsprechenden Richtlinien umge setzt werden, dass der Landeshaushalt mit ausreichenden Mit teln ausgestattet wird, damit man auch wirklich sagen kann: In Ordnung, hier sind entsprechende Verbesserungen gege

ben.“ Diese Kritik kann ich Ihnen an dieser Stelle nicht erspa ren.

Genauso ist im Bereich des Landwirtschaftsministeriums der Zuschussansatz von 85 000 €, der noch im Haushaltsplan ent halten war, komplett gestrichen worden, und es hat keinen Er satz gegeben.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Leider will die CDU ja keine Steuererhöhungen!)

Man muss also genau hinschauen. Wenn man die Entwick lungszusammenarbeit als Querschnittsaufgabe sieht, müssen sich alle Ministerien daran beteiligen, und dann muss man das auch mit entsprechenden Haushaltsmitteln unterfüttern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das bürgerschaftli che, kirchliche und kommunale Engagement in unserem Land ist wichtig. Wir wollen die Koordinierung durch das Land. Wir unterstützen die entsprechenden Leitlinien. Wir fordern Sie auf, stärker in die Umsetzungsphase zu gehen.

Vor allem fordern wir, dass das Parlament auch beteiligt wird, wenn es um den Ausbau der Partnerschaft mit Burundi geht. Sie planen ja, dass es auf staatlicher Ebene zu dieser Partner schaft kommt. Wir fordern, dass die Historie und die Traditi on des Parlaments, das ja über 20, 25 Jahre hinweg – aufbau end auf den guten Verbindungen aus der Zeit des ehemaligen Landtagspräsidenten Erich Schneider –, über Krisen hinweg, über den Bürgerkrieg hinweg diese Partnerschaft getragen hat, fortgeführt werden, indem auch das Parlament in diesen Pro zess mit eingebunden wird und es parallel zu einer staatlichen Partnerschaft auch eine Partnerschaft der jeweiligen Parla mente gibt. Ich verstehe nicht, warum zu dem entsprechenden Antrag, der dem Präsidium schon lange vorliegt, noch keine Entscheidung möglich gewesen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Parlament hat zusammen mit der Bürgerschaft und der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit diese Partnerschaft getragen.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Ich finde es auch wichtig – das ist der letzte Gedanke, den ich anführen will; das ist auch ein europapolitisches Thema –, zum Ausdruck zu bringen, dass wir, die Europäer, die Ent wicklung in Afrika zu lange unterschätzt haben. Ich stelle selbstkritisch fest, dass wir, die Europäer, uns alle viel stärker in Afrika hätten engagieren müssen. Das sollten wir nicht nur den Chinesen überlassen. Das betrifft auch das Thema Men schenrechte. Ich glaube, dass man die Entwicklung, die jetzt in Nordafrika abläuft, bei einem stärkeren Engagement der Europäer hätte anders steuern können.

Auch deswegen ist es sehr wichtig, dass Baden-Württemberg weiter in die Entwicklungshilfe, in die Entwicklungszusam menarbeit, in die Partnerschaft mit Burundi investiert. Dafür möchte ich Sie alle begeistern und dazu aufrufen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Häffner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Entwicklungspolitische Ar beit ist Politik des Wandels und die Verpflichtung, Verantwor tung zu übernehmen. Mit dem Prozess „Welt:Bürger gefragt!“ hat das Staatsministerium gezeigt, wie Bürgerbeteiligung gut und zielorientiert gelingt. Im Dialog mit der Zivilgesellschaft, mit Nichtregierungsorganisationen, Kirchen, Kommunen, der Wirtschaft und auch der Wissenschaft wurde ausgelotet, wo die besonderen Potenziale und Fähigkeiten des Landes liegen und wo wir Baden-Württemberger uns engagieren können.

Ein wertvolles Ergebnis sind die vorliegenden entwicklungs politischen Leitlinien. Die Kosten für diesen Beteiligungspro zess lagen bei ungefähr 118 000 €. Für die weitere kontinu ierliche Begleitung der Zivilgesellschaft kommen künftig 10 000 € pro Jahr hinzu. Die eingesetzten Mittel haben sich bereit amortisiert.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Rita Haller- Haid SPD)

Die durch den Prozess „Welt:Bürger gefragt!“ ausgelöste Dy namik mit Vorschlägen, Handlungsempfehlungen und Pro jektanträgen hat dazu geführt, dass in diesem Jahr zusätzliche Mittel in Höhe von einer halben Million Euro nach BadenWürttemberg fließen. In diesem Zusammenhang sind als Stichworte das Promotorenprogramm Engagement Global und die Messe FAIR HANDELN zu nennen.

Mit Stolz und Anerkennung kann man allen Beteiligten nur eines sagen: Wo viele Akteure vertrauensvoll zusammenar beiten, kann viel bewegt und erreicht werden.

Außerdem ist klar: Änderungen und Umsetzungen in der Ent wicklungspolitik werden uns nur dann gelingen, wenn wir sie ressortübergreifend gestalten und angehen. Deshalb wurde ei ne interministerielle Arbeitsgruppe ins Leben gerufen und werden nicht staatliche Akteure auch weiterhin die entwick lungspolitische Arbeit der Landesregierung begleiten. Dies geschieht dadurch, dass sich der Fachbeirat zweimal im Jahr trifft.

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU)

In der Schule würde Herr Röhm jetzt sagen: „Alle einmal zuhören, weil der Lehrer spricht.“ – Danke schön.

(Vereinzelt Heiterkeit – Zurufe von der CDU)

Eine fruchtbare, erfolgreiche Entwicklungspolitik gelingt nur, wenn alle Beteiligten achtsam miteinander umgehen und die Selbstverständlichkeit akzeptieren, dass alle Menschen in der Welt dieselben Teilhaberechte haben.

(Beifall bei den Grünen)

Wir stehen in der Verpflichtung, die Zukunft lebendig und ver antwortungsvoll zu gestalten – eine Zukunft, in der wir fair im Sinne von gerecht, solidarisch, ökologisch und sozial ver träglich leben, arbeiten und konsumieren.

In unserer baden-württembergischen Entwicklungspolitik spielt der Dialog eine große Rolle. Er muss so geführt wer

den, dass sich die Eigenverantwortung der Partnerländer fes tigt und die Partner Vertrauen in ihre eigene Kraft und in das eigene Können entwickeln. Afrika soll auf eigenen Beinen ste hen können.

Im Prozess der Entwicklungspolitik müssen wir darauf ach ten, dass die jeweiligen Eigenheiten und Gegebenheiten un serer Partnerländer berücksichtigt werden.