Protocol of the Session on March 20, 2013

Familie und Erziehungsverantwortung einerseits und frühe außerfamiliäre Betreuung und Bildung andererseits sind in der Tat kein Widerspruch, sondern eine doppelte Chance für El tern und Kinder.

Es ist mir wichtig, dass alle Kinder die gleichen Chancen er halten, an Bildung teilzuhaben, und zwar von Anfang an und unabhängig von ihrer sozialen Herkunft.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Deshalb stärken wir die frühkindliche Bildung in den Kinder tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege.

Untersuchungen zeigen, dass sowohl Kinder aus bildungsna hen Elternhäusern als auch Kinder aus bildungsfernen Eltern häusern von früher Kinderbetreuung profitieren. Und das al lein ist uns wichtig. Dafür brauchen wir eine gute Qualität des Betreuungsangebots.

Um beim dringend nötigen Ausbau der Angebote für Kinder unter drei Jahren voranzukommen, haben wir im Dezember 2011 den Pakt für Familien mit Kindern abgeschlossen. Mit diesem Pakt hat die Landesregierung den Kommunen zusätz liche Mittel für die Förderung der Betriebsausgaben für die Kleinkindbetreuung zugesagt, und zwar 315 Millionen € für das Jahr 2012 und 325 Millionen € für das Jahr 2013.

In Baden-Württemberg wurden am Stichtag 1. März 2012 rund 23 % der Kinder unter drei Jahren in einer Kindertages einrichtung oder in der Kindertagespflege betreut. Seit März 2012 sind weitere Plätze geschaffen worden. Aber inzwischen – das müssen wir auch konstatieren – ist die 2007 festgeleg te Bedarfsprognose von 34 % der Kinder unter drei Jahren, die einen Betreuungsplatz benötigen, nach einer neueren El ternumfrage des Deutschen Jugendinstituts auf jetzt 37 % er

höht worden. Dies bedeutet für uns, dass noch größere An strengungen notwendig sind, bis ein bedarfsgerechtes Betreu ungsangebot vorliegt. Alle beteiligten Akteure arbeiten mit Hochdruck daran, das Ziel zu erreichen.

Nun zur Fachkräftegewinnung: Die zusätzlich eingerichteten Plätze für Kinder in Tageseinrichtungen erfordern – das wis sen wir alle – zusätzliche pädagogische Fachkräfte. Das Land hat in den letzten Jahren sehr viel Geld in die Ausbildung von zusätzlichen Erzieherinnen und Erziehern sowie Kinderpfle gerinnen und Kinderpflegern investiert. Dabei setzen wir auf unterschiedliche Wege zur Erhöhung des Fachkräftepotenzi als.

Die Erzieher- und Kinderpflegerausbildung wird seit 2007/2008 ausgebaut. Die Ausbildungskapazitäten sind seit dem Schuljahr 2007/2008 von rund 8 800 auf 10 300 im Schuljahr 2011/2012 gestiegen. Das ist, rein in Zahlen gespro chen, ein Anstieg um rund 1 500 Schülerinnen und Schüler.

Seit dem Schuljahr 2012/2013 ist es in Baden-Württemberg auch möglich, die Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzie her in einer praxisintegrierten Form zu absolvieren. Neu da bei ist vor allem, dass die Schülerinnen und Schüler während der gesamten dreijährigen Ausbildung an der Fachschule für Sozialpädagogik eine Ausbildungsvergütung erhalten.

Erst durch diese praxisintegrierte Form der Ausbildung ist es wirklich gelungen, deutlich mehr Ausbildungsplätze zu schaf fen, zusätzliche Zielgruppen anzusprechen und damit auch die Attraktivität der Ausbildung insgesamt zu steigern.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Führen wir uns die Zahlen vor Augen: Im ersten Jahr des Schulversuchs sind 596 Auszubildende in den Schulversuch eingestiegen. Es ist uns mit diesem Schulversuch auch gelun gen, andere Ausbildungszielgruppen anzusprechen.

53 % der Auszubildenden haben das Abitur oder die Fach hochschulreife, und 4 % haben zusätzlich noch eine abge schlossene Ausbildung. Rund 21 % haben nach der mittleren Reife eine Ausbildung bereits absolviert. Was besonders er freulich ist: Der Männeranteil liegt bei 15 %. Sie alle kennen ja aus der Vergangenheit die Diskussion, dass wir in diesem Bereich leider keine Männer gewinnen konnten. Aber mit die sem Versuch ist es uns erstmalig gelungen, hierbei eine deut liche Verbesserung zu erreichen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Es ist also ein Modellversuch, der neben den Schulabgängern auch neue Personengruppen für eine Ausbildung im Erzieher bereich gewinnt. Die ersten Rückmeldungen von den Einrich tungen, den Schulen und denjenigen, die die Ausbildung ab solvieren, sind überaus positiv.

Erzieherinnen und Erzieher, die wegen der eigenen Familien phase ausgestiegen sind, möchten wir motivieren, den beruf lichen Wiedereinstieg zu wagen. Über eine rund zehnwöchi ge Qualifizierungsmaßnahme werden sie auf die jeweiligen aktuellen Entwicklungen des Berufsfelds vorbereitet, bei spielsweise auf den Orientierungsplan oder die Bildung, Er ziehung und Betreuung von Kindern unter drei Jahren in ei ner Kindertageseinrichtung.

In den vergangenen Jahren, meine Damen und Herren, wur den an zehn Hochschulen in Baden-Württemberg Studiengän ge „Frühkindliche Bildung“ eingerichtet, die für die Arbeit in den Kindertageseinrichtungen qualitativ gut ausgebildete Fachkräfte sozusagen auf den Markt bringen. Auch sie tragen zur Deckung des Fachkräftebedarfs in Kindertageseinrichtun gen bei.

Nun zu den eigentlichen Änderungen des Kindertagesbetreu ungsgesetzes. Eine weitere wichtige Möglichkeit, um den Pool an Fachkräften zu erhöhen, ist die Erweiterung des Fachkräf tekatalogs im Kindertagesbetreuungsgesetz. Seit Jahren be steht im Kindertagesbetreuungsgesetz für eine Einrichtung, die keine geeignete Fachkraft findet, die Möglichkeit, beim KVJS-Landesjugendamt eine aufgrund ihrer Ausbildung oder auch aufgrund ihrer Erfahrung geeignete Person als Fachkraft anerkennen zu lassen. Aufgrund des derzeitigen Fachkräfte mangels gab es in den letzten Jahren zunehmend mehr Anträ ge auf eine Ausnahmezulassung. Seit dem letzten Jahr hat sich – das kann man sich logisch vor Augen führen – die Zahl die ser Ausnahmeanträge mehr als verdreifacht.

Bei der Erweiterung des Fachkräftekatalogs haben wir nun vor allem solche Qualifikationen mit schulischem oder hoch schulischem Abschluss zusätzlich in den Katalog aufgenom men, die schon bisher vom KVJS-Landesjugendamt auf An trag geprüft und genehmigt worden sind. Dieses Vorgehen wurde explizit auch von den Trägerverbänden für Kinderta geseinrichtungen begrüßt. Ziel der Erweiterung des Fachkräf tekatalogs ist neben der Deckung des Fachkräftebedarfs, den Einrichtungen nun die Möglichkeit zu geben, zur Bildung von multiprofessionellen Teams beizutragen.

Zunehmend mehr Einrichtungen nehmen – das wissen Sie – behinderte Kinder in ihre Gruppen auf. Gerade vor diesem Hintergrund halte ich es für richtig, dass eine Einrichtung z. B. auch Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger und -pflegerin nen oder auch Logopädinnen und Logopäden einstellen kann, da diese Fachkräfte, die ja spezielles Wissen und Können ein bringen, dem gesamten Team nützlich sein können.

Außerdem wissen Sie, dass sich immer mehr Einrichtungen in Richtung Familienzentren weiterentwickeln. Gerade für solche Einrichtungen bieten sogenannte multiprofessionelle Teams gute Chancen.

Mit der Änderung von § 7 des Kindertagesbetreuungsgeset zes wird künftig auch festgeschrieben, dass Personen mit im Ausland erworbenen pädagogischen Qualifikationen von der jeweils zuständigen Stelle – bei den Erzieherinnen und Erzie hern z. B. ist das die Zeugnisanerkennungsstelle beim Regie rungspräsidium Stuttgart – dann einer Fachkraft im Fachkräf tekatalog gleichgestellt werden und somit als Fachkräfte gel ten. Damit wiederum können multiprofessionelle Teams und auch multikulturelle Teams gebildet werden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun zur Qualität des pädagogischen Angebots noch einige Ausführungen ma chen. Bei allen Überlegungen, welche Fachkräfte für Kinder tageseinrichtungen in den Fachkräftekatalog aufgenommen werden, ist es Aufgabe der Träger von Einrichtungen, immer auch zu bedenken, dass die Qualität des Betreuungsangebots

eine ganz wichtige Voraussetzung für die Gesamtentwicklung des Kleinkinds ist. Der Träger der Einrichtung muss durch die Zusammensetzung des pädagogischen Teams sicherstellen, dass die Qualität der Betreuung gewährleistet ist. Dies gilt um so mehr, je jünger die Kinder sind.

In der Anhörung wurde von mehreren Seiten angemerkt, dass die bisher erreichte pädagogische Qualität nicht abgesenkt werden darf. Dies habe ich sehr ernst genommen. Gerade für die Personengruppen im Fachkräftekatalog, die keine origi näre pädagogische Ausbildung für diesen Bereich mitbringen, haben wir deshalb eine pädagogische und entwicklungspsy chologische Qualifizierung oder aber ein begleitendes Berufs praktikum vorgesehen. Damit möchte ich sicherstellen, dass das, was wir bisher erreicht haben, nicht infrage gestellt wird.

Daneben soll auch die vorgesehene Stufung der Leitungspo sitionen der Qualitätssicherung dienen. Dies wurde in der An hörung besonders begrüßt.

Ich komme nun zum Schluss. Liebe Kolleginnen und Kolle gen, ich bin mir sicher, dass wir mit dieser Änderung des § 7 des Kindertagesbetreuungsgesetzes in die richtige Richtung gehen. Damit können die Einrichtungen aus einem größeren Pool an Fachkräften auswählen, und das ist für die Deckung des derzeit hohen Bedarfs an Fachkräften gut. Andererseits haben wir doch ganz gewisse Leitplanken eingezogen, um die pädagogische Qualität in den Kindertageseinrichtungen nicht aufs Spiel zu setzen.

Jetzt danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Das war heu te sozusagen meine Taufe in diesem Haus.

Damit gebe ich das Wort an Sie weiter, Frau Präsidentin.

(Heiterkeit – Beifall bei den Grünen und der SPD so wie Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Danke schön, Frau Staatssekretärin.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jetzt haben Sie das Päckle da liegen!)

Bitte? Herr Kollege Röhm, haben Sie eine Zwischenfrage? Keine Zwischenfrage.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Es wäre auch ei ne Nachfrage gewesen!)

Dann erteile ich für die CDU-Fraktion Herrn Kollegen Wald das Wort.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Guter Mann! – Gegenruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das hast du schon lange nicht mehr gesagt!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute beraten wir erst mals über die Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes. Frau Staatssekretärin von Wartenberg hat den Entwurf soeben vorgestellt. Ich wünsche Ihnen, sehr geehrte Frau von War tenberg, für Ihre Arbeit alles Gute, viel Glück, Erfolg, Gesund heit und auch Gottes Segen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen, der SPD und der FDP/DVP)

Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder liegen in der vorrangigen Verantwortung der Eltern. Der Auftrag des Staa tes ist es, die Eltern bei dieser verantwortungsvollen Aufgabe zu unterstützen und Rahmenbedingungen zu schaffen, welche die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter unterstützen.

Wir, die CDU, setzen dabei auf den Dreiklang in der Famili en- und Kinderpolitik: erstens auf die individuelle, familien nahe Betreuung durch engagierte Tagesmütter und Tagesvä ter, zweitens auf das neue Betreuungsgeld für Familien mit Kindern unter drei Jahren und drittens auf qualifizierte Be treuung in Kindertagesstätten mit flexiblen Öffnungszeiten.

In den Kindertageseinrichtungen besteht schon heute ein aku ter Fachkräftemangel. Mit dem notwendigen weiteren Aus bau der Kleinkindbetreuung und dem Rechtsanspruch ab dem 1. August dieses Jahres wird es zu einem weiteren Anstieg des Fachkräftebedarfs kommen. Es ist daher notwendig, nach trag fähigen Lösungen zu schauen, um dieser wachsenden Heraus forderung Rechnung zu tragen.

Für die CDU-Fraktion ist jedoch eine unbedingte Vorausset zung, dass diese anspruchsvolle Aufgabe nur von gut qualifi ziertem Personal erfüllt wird. Des Weiteren ist es unser poli tischer Wille, die Inklusion in der Kleinkindbetreuung ver stärkt voranzubringen. Aus diesem Grund ist es konsequent, dass wir nun das Gesetz auf den Prüfstand stellen und aktu alisieren.

Es ist richtig, dass wir den Fachkräftekatalog erweitern und somit weiteren pädagogisch geschulten Berufsgruppen die Möglichkeit geben, für die Betreuung der Kinder Verantwor tung zu tragen. Für mich ist es aber nicht nachvollziehbar, wa rum beispielsweise Dorfhelferinnen sowie Haus- und Famili enhelferinnen nicht in den neuen Fachkräftekatalog aufge nommen werden sollen. Über diese kleinen, aber, wie ich mei ne, wichtigen Details werden wir im Ausschuss noch zu be raten haben.

In diesem Zusammenhang wird auch zu besprechen sein, wie dem Fehlen entwicklungspsychologischer Grundlagen, z. B. bei den therapeutisch ausgerichteten Berufsgruppen, begeg net werden kann.

Die erweiterte Differenzierung zwischen Einrichtungsleitung und Gruppenleitung, welche im Gesetzentwurf vorgesehen ist, begrüßen wir.

Da sich die Kleinkindbetreuung im gesellschaftlichen Wan del befindet, sind wir verwundert darüber, dass die Landesre gierung lediglich den § 7 des Kindertagesbetreuungsgesetzes, in dem die Qualifikationen der Fachkräfte geregelt sind, än dern möchte.

Sie müssen des Weiteren klar entscheiden, ob Sie für die Lei tungskräfte nun eine verbindliche Freistellung haben wollen oder eben nicht. Sie dürfen hier bei den betroffenen Leitungs personen keine Hoffnungen wecken. Vielmehr müssen Sie, wenn Sie diese nicht verbindlich ausweisen können, entspre chende Lösungen suchen. Wenn Sie diese verbindlich auswei sen möchten, dann müssen Sie mit den Städten und Gemein den über die Verteilung der Lasten sprechen.

Dort, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wo Kleinkind betreuung angeboten wird, muss Qualität vorhanden sein.