Nun zur Beratung des Europaberichts: Im Ausschuss wurde gesagt, dass wir, die CDU, die Einbindung der Länder im Bun desrat unterstützen und begrüßen. Auch den vierteljährlichen
Bericht begrüßen wir, ebenso wie wir begrüßen, dass bei der europäischen Finanzaufsicht Beschränkungen auf systemre levante Banken ab einer Bilanzsumme von 30 Milliarden € erfolgen.
Wir halten es bei den Strukturreformen, wie gesagt, für nötig, dass in den EU-Ländern eine bessere Wettbewerbsfähigkeit erzielt wird, allerdings nicht einfach nur mit mehr Geld, son dern auch mit mehr Effizienz. Darum geht es.
Die Kanzlerin hat vier Verhandlungsziele verfolgt. Eines, das erreicht wurde, war, die Ausgaben auf eine Obergrenze von 960 Milliarden € vernünftig zu begrenzen; das ist 1 % des BIP. Das ist erreicht worden. Das ist ein großer Erfolg, den wir lo ben und anerkennen sollten.
Es wurden ferner neue Wege der Flexibilität gefunden. Auch darauf hat man sich verständigt. Das bedeutet, in Zukunft wird es nicht mehr so viele Rückflüsse aus nicht abgerufenen EUGeldern geben können. Das ist neu verhandelt worden. In der neuen siebenjährigen Haushaltsperiode wird nun außerdem alle zwei Jahre evaluiert.
Wenn man aber den Gegensatz sieht, der zwischen Landwirt schaftsminister und Europaminister in der Landesregierung hier öffentlich aufgebaut wurde – ich komme gleich darauf –, muss man feststellen: Bei Forschung, Entwicklung und Wett bewerbsfähigkeit wurde viel erreicht. Da muss man die Zah len sehen, z. B. dass bei Horizon 2020 oder ERASMUS die Mittel um 20 % von 91 Milliarden € auf 126 Milliarden € er höht werden. Aber ich will hier auch die Zitate des Wider spruchs ansprechen, die wir lesen konnten, z. B. vom Kolle gen Bonde:
Kürzungen von Mitteln für die Landwirtschaft und die Entwicklung der ländlichen Räume sind angesichts der demografischen Herausforderungen... nicht verantwort bar.
Das ist wahr. Da bin ich bei Ihnen. Aber das müssen Sie in der Regierung mit dem Kollegen von der SPD abklären. Dort wird gesagt, das Ergebnis der Agrarpolitik werde kritisiert, es wer de kritisiert, dass falsche Zuschussschwerpunkte gesetzt wor den seien. Da sagen wir glasklar: Die Landwirte in BadenWürttemberg dürfen nicht unter Wettbewerbsverzerrungen lei den. Und: Auch der ländliche Raum hat eine wichtige Bedeu tung.
Das ist auch Fürsorge, die wir wahrnehmen müssen. Von we gen „erhöht“: Bei den Landwirten werden die Beträge von 305 € auf 285 € pro Hektar reduziert. Das muss auch mode rat sein. Insoweit möchte ich klar sagen: Die Regierung muss schon selbst sagen, was sie will, und darf hier nicht mit ge spaltener Zunge sprechen. Das ist ein Punkt, den wir hier zur Klarstellung fordern.
Es ist gut, dass zusätzliches Geld zur Bekämpfung der Jugend arbeitslosigkeit eingesetzt wurde. Denn die Arbeitslosigkeit ist ein großes Problem in Europa. Wir haben in Deutschland das Glück, die geringste Jugendarbeitslosigkeit zu haben. In Spanien, Frankreich liegt die Quote teilweise bei 40 %, 50 %.
Ich will hinzufügen: Es ist wichtig, dass Regeln eingehalten werden. Denn das Problem der Vergangenheit war, dass ge gen Regeln verstoßen worden ist. Insoweit war gerade der Einsatz der Kanzlerin unter Einbeziehung von Großbritanni en, von Cameron, ein Erfolg. Wir wollen nicht, dass Großbri tannien als Stammland der Demokratie diese Europäische Union verlässt.
Deshalb ist es richtig – ich komme gleich zu den Anträgen –, in einer Zeit, in der alle Länder sparen müssen, nicht zu for dern, Europa solle einfach mehr Geld ausgeben. Dieser Weg ist zu simpel. In dieser Zeit hätten die Bürger kein Verständ nis dafür, wenn gefordert würde, Europa solle nur mehr Geld ausgeben, um damit seine Herausforderungen zu bewältigen. Nein, ich finde, hier ist ein kluges, hervorragendes und bes seres Ergebnis in den Verhandlungen im Rat erzielt worden – wenn man die Interessen des deutschen Nettozahlers im Au ge hat.
Ihr Antrag von heute soll schlichtweg den Kanzlerkandidaten Steinbrück unterstützen. Auch das will ich glasklar sagen. Die ser Kanzlerkandidat will Eurobonds. Das lehnen wir ab. Fra gen Sie einmal die Bürger, was sie davon halten. Wir wollen nicht, dass der deutsche Steuerzahler immer mehr und unbe grenzter haftet. Das gehört auch dazu. Wir dürfen den deut schen Steuerzahler nicht überfordern. Wir dürfen ihn nicht überlasten. Deshalb ist es keine Lösung,
nur Steuererhöhungen zu fordern, Eurobonds zu fordern, ein fach nur zu sagen: mehr Geld für Europa – notfalls im neuen Streit mit dem Europaparlament.
Wir haben einen Ände rungsantrag gestellt; er liegt Ihnen vor. Dieser Antrag ist sehr solide und sinnvoll.
Jawohl. – Wir sagen: Bit te verhandelt mit der Kommission, auch mit der Bundesregie rung, damit die EU-Programme strukturell und finanziell so ausgestattet werden, dass Baden-Württemberg weiterhin ei nen erfolgreichen Weg gehen kann, damit dann, wenn Kom pensation nötig ist und Investitionssicherheit sichergestellt werden muss, weil Sie nicht erfolgreich genug verhandeln, dennoch Projektperspektiven bestehen...
... und das Land dies in einer Zeit der höchsten Steuereinnahmen im Wege der Kofi nanzierung auch ausgleichen kann.
Herr Präsident, sehr geehrte Kol leginnen und Kollegen! Herr Reinhart, es ist jetzt natürlich schwierig, auf die Schnelle auf diesen schnell gestrickten An trag, den Sie stellen, einzugehen.
Wenn Sie ihn genau durchlesen, dann werden die Hilflosig keit und die Tatsache deutlich, dass nichts Neues darin steht. Ich nehme einmal den Abschnitt I, in dem Sie schreiben, dass wir feststellen sollen, dass die Einigung des Europäischen Rats im Sinne der allgemeinen Haushaltskonsolidierung er folgt sei und die Handlungsunfähigkeit der EU sichergestellt werden könne. Sie beantragen also,
Herr Kollege Frey, ich darf an dieser Stelle erwähnen, dass mir soeben mitgeteilt wurde, dass in diesem Antrag ein Schreibfehler enthalten ist.
Jetzt möchte ich zu der Vorlage und zu dem ausgezeichneten Bericht unseres Europaministers Friedrich kommen, der in eindrucksvoller Weise zeigt, wie sich die Landesregierung hier für ein gemeinsames Europa starkmacht.
Bei der Finanztransaktionssteuer nimmt die EU weltweit ei ne Vorreiterrolle ein. Sie wissen, dass diese langjährige For derung von uns durch einen EU-Vorschlag unterstützt wurde, der sehr vielversprechend ist. Auf dem können wir aufbauen. Unsere Hartnäckigkeit in diesem Punkt hat sich gelohnt. Jetzt müssen zu den elf Mitgliedsstaaten noch einige dazukommen, dann wird es ein großer Erfolg.
Einen Rückschlag haben wir allerdings beim Fiskalpakt erlit ten, der jetzt in den Vermittlungsausschuss muss, weil die Bundesregierung hier wieder einmal die Länderinteressen zu wenig berücksichtigt hat und die Versprechungen aus dem letzten Jahr nicht hält.
Außerdem hatte die Bundesregierung versprochen, im Rah men des mittelfristigen Finanzrahmens keine Kürzungen in der Struktur- und Kohäsionspolitik vorzunehmen. Aber das ist leider doch geschehen. Da nutzen jetzt auch Ihre Nebelker
zen nichts, Herr Reinhart, die Sie werfen. Europa darf nicht zum Synonym für Sparen werden. Europa ist mehr als Spa ren.
Deutlich wird die Sackgasse, in die diese extreme Sparpolitik führt, wenn Sie auf den Seiten 10 und 11 der Mitteilung der Landesregierung, Drucksache 15/2853, noch einmal vor Au gen geführt bekommen, dass wir an der Krise bisher ganz gut verdient haben. Am Beispiel Griechenlands sieht man, dass wir bis Ende 2011 von diesem ersten Paket in Höhe von 15 Milliarden €, die wir Deutschen an Krediten gegeben ha ben, Zinsen in Höhe von 380 Millionen € kassiert haben. Da plädiere ich für Ehrlichkeit in der Politik, indem wir sagen, dass wir von dieser Krise auch profitieren. Solidarität und Wahrheit erfordern es, dass wir darauf hinweisen, wie wir un sere Kassen hier zulasten der Griechinnen und Griechen fül len.
Diese ausschließlich auf Sparen ausgerichtete Politik kann keine Werbung für Europa sein. Haben Sie Lust, an einem ge meinsamen Haus mitzubauen, wenn Sie dort nur privatisier tes Wasser und trockenes Brot bekommen? Da dürfen Sie sich nicht über solche Wahlergebnisse wundern wie z. B. in Itali en, wo sie zu Extrempositionen und im Moment zu einer Un regierbarkeit geführt haben. Frau Merkel muss aufhören, Zi tronen auszupressen, die schon längst saftlos sind.
Wir müssen eine Europaperspektive aufzeigen, die Mut macht, an diesem Haus Europa mitzuarbeiten. Dafür brauchen wir Wachstumsimpulse. Die fehlen in der Politik Merkels und in der Politik ihrer Partei total. Der Weg muss wegführen von teuren Ölimporten, die in Griechenland bis zu 80 % des Ener giebedarfs decken, hin zu regenerativen Energien, die lokale Wertschöpfungskreisläufe schaffen.
In Spanien gab es von 2009 bis 2011 eine Steigerung der Kos ten in diesem Bereich von 3,4 Milliarden € auf 7,2 Milliar den €. Es ist nicht nachzuvollziehen, wieso Wind und Sonne nicht genau in diesen Ländern stärker genutzt werden. Solche Projekte müssen wir unterstützen, Herr Dr. Reinhart. Wir müs sen unsere Partnerinnen und Partner in Europa einladen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, indem sie erstens we niger teure, fossile Energie importieren und zweitens selbst mehr regenerative Energie vor Ort produzieren.
Die Landesregierung wird mit der Stärkung der demokrati schen Strukturen in Europa Ernst machen. Wir sollten sie da bei unterstützen und – das haben Sie auch angemahnt – Ver trauen der Bürgerinnen und Bürger in und für Europa zurück gewinnen.