Was wir heute dazu in der „Südwest Presse“ gelesen haben, das findet auch an vielen anderen Orten statt. Die Schulstand orte, die Eltern, die Lehrerinnen und Lehrer sind froh, wenn sie die Gemeinschaftsschule bei sich vor Ort einführen kön nen.
Daher werden wir weiterhin an diesem Angebot festhalten. Wir holen damit das auf, was Sie in den letzten Jahren ver passt haben. Wir geben eine Antwort auf den demografischen Wandel. Wir geben eine Antwort auf die Forderungen der El tern und auf die Forderungen der Schülerinnen und Schüler. Ihre Antwort vermisse ich bis heute.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, meine Damen und Herren! Als Kurpfälzer würde ich sa gen: Halten Sie erst einmal den Ball flach.
Herr Wacker, vielen Dank für die Rechnung, die Sie aufge macht haben. Wenn ich richtig mitgerechnet habe, hat nach Ihrer Rechnung Ihr Kandidat, der Kandidat von der CDU, ei ne Zustimmungsquote unter allen Stimmberechtigten von un ter 15 % gehabt. Herzliches Beileid! Das tut einem ja richtig weh.
Wenn man das Ganze einmal sachlich betrachtet, stellt man fest: Die Wahlbeteiligung in Bad Saulgau war mit 31,2 % aus Sicht von uns allen zu gering. Insgesamt haben sich 20 % der Stimmberechtigten gegen die Gemeinschaftsschule ausgespro chen. Ich würde jetzt nicht automatisch sagen, dass sich 80 % nicht gegen die Gemeinschaftsschule ausgesprochen haben.
Interessant ist – ich gehe jetzt in die Detailbetrachtung –, dass ein in politischer Hinsicht tiefschwarzer Ortsteil wie Sießen mit einem Kloster als Bildungsträger sich mehrheitlich für die Gemeinschaftsschule ausgesprochen hat. Das geht ein Stück weit an Ihre Kernklientel.
Natürlich werden wir, die Regierungsfraktionen, darüber nachdenken, welche Konsequenzen wir aus dem Ergebnis zie hen werden. Wir werden weiter an der Kommunikation arbei ten. Es gibt eine Menge Fragen, die offen sind.
Innovative Schulformen sind ungewohnt, etwa hinsichtlich der Methodik und der Notengebung, wenngleich das übrigens
bei den Waldorfschulen stark nachgefragt wird. Ich habe erst gestern ein Gespräch dazu geführt, bei dem mir ein Rektor be schrieben hat: „Es ist in der Tat so: Da geht man als Pädago ge“ – das ging mir genauso – „erst einmal auf den Rüttler, wenn man damit konfrontiert wird. Da werden Fragen aufge worfen. Aber dann kommt das Interesse, und dann kommt Be geisterung.“ Herr Hauk, Sie haben uns das ja schon mitgeteilt.
Daher plädiere ich auch für eine entspannte Herangehenswei se. Denn ich glaube, dass die Zeit für die Gemeinschaftsschu le arbeitet. Jede Gemeinschaftsschule schafft neues Vertrau en. Wir haben das an den hohen Anmeldezahlen im Sommer gesehen: über 1 600 Schülerinnen und Schüler. Jede Schüle rin und jeder Schüler, jeder Elternteil von Schülern einer Ge meinschaftsschule werden den von Ihnen in die Welt gesetz ten Plattitüden, Vorurteilen und gezielten Falschinformatio nen widersprechen. Da bin ich sehr optimistisch.
Ich habe gestern die Gelegenheit gehabt, mich mit dem Rek tor der Gemeinschaftsschule in Bammental zu unterhalten. Das war ein hoch spannendes Gespräch. Diese Schule war in der Situation, dass sie zum Beginn des letzten Schuljahrs 56 Plätze hatte. Sie hat dann aufgrund der Anmeldesituation auf 64 Plätze erhöht, das heißt, statt – wie geplant – zweizügig wurde sie dreizügig. Der Rektor rechnet damit, dass diesmal weit über 100 Anmeldungen eingehen werden. Ich kann Ih nen also eines sagen: Bammental ist überall. Dort funktioniert die Gemeinschaftsschule,
und das trotz einer wirklich hanebüchenen, teilweise sehr hart an der Grenze zum Persönlichen und bis heute mit Nachtrit ten geführten Debatte.
Ich kann mich an dieser Stelle nicht nur bei den Genossinnen und Genossen, sondern auch bei den vielen interessierten Bür gerinnen und Bürgern bedanken, die auch auf dem Marktplatz in die Diskussion vor Ort in Bad Saulgau eingestiegen sind und für diese Schulart gekämpft haben. Denn jede Gemein schaftsschule wird das pädagogische Angebot in einer Stadt bereichern, und für den ländlichen Raum – das haben wir schon oft diskutiert – ist es eine hoch spannende Option, die Verfügbarkeit aller Sekundarabschlüsse zu sichern.
Eines verstehe ich nicht – ich habe das auch schon öfter ge fragt und nie eine Antwort von Ihnen bekommen, auch nicht von den Herren von der FDP/DVP als sozusagen den Sach waltern des Liberalismus; aber auch Sie, die CDU, nennen sich eine wirtschaftsnahe Partei –: Warum scheuen Sie eigent lich den Wettbewerb? Wovor haben Sie denn Angst?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Weil hier der Wettbewerb nicht fair ist! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie haben ihn beendet!)
Wenn die Gemeinschaftsschule nicht funktioniert, wie Sie be haupten, dann dürfte sie sich nicht durchsetzen. Die Eltern, die Kinder, die Schülerinnen und Schüler werden diesen Wett bewerb entscheiden. Die Gemeinschaftsschule wird gute Qua lität liefern, und dann werden Sie das Nachsehen haben. Stel len Sie sich dieser Debatte!
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Wer sind die Wettbewerber? Können Sie mir das sagen? – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)
Meine These ist: Sowohl die CDU als auch die FDP/DVP wer den sich noch vor 2016 mit der Gemeinschaftsschule als Tat sache und als handfester Reformoption abfinden müssen.
Herr Kollege Fulst-Blei, Sie sprechen von Wettbewerb. Steckt darin die Zusage von Ihnen, dass die Gemeinschaftsschule ne ben der Realschule existiert, oder halten Sie am Prinzip des zweigliedrigen Schulsystems fest, das denknotwendigerwei se die Beseitigung der Realschule zum Gegenstand hat?
(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut! Bravo! – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)
Herr Kollege Müller, wenn Sie meinen Reden aufmerksamer folgen würden – Sie können sie auch gern nachlesen –, wüssten Sie, dass ich in meinem letzten Redebeitrag hier ausdrücklich gesagt habe, dass es hier überhaupt nicht um eine Zwangsabschaffung der Realschule geht. Wir diskutieren auch kein zweigliedriges Schulsystem, sondern ein Zweisäulensystem.
Jetzt aber einmal zum interessanten Teil: Welche Konsequen zen zieht eigentlich die CDU aus diesem Pseudowahlerfolg in Bad Saulgau? Können Sie der Versuchung widerstehen, auf breitester Basis demagogisch mobilzumachen?
Hält es eine Partei aus, nur dagegen zu mobilisieren, ohne ins besondere dem ländlichen Raum eine reale Alternative zu bie ten?
Ich sage Ihnen: Ihr strategisches Dilemma ist viel größer, als Sie es erahnen. Sie können vielleicht im Einzelfall eine dest ruktive Mehrheit aufbauen, aber eine konstruktive Gestaltung unseres Bildungssystems zur wirklichen Zukunftssicherung können Sie damit nicht leisten. Wissen Sie, was Ihr Problem ist? Dass Ihnen mittlerweile die Basis wegbricht.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: So ist es! Ge nau! – Abg. Georg Wacker CDU: Im Gegenteil!)