Das war wieder eine Fra ge im Konjunktiv, wie ich sie vorhin auch schon von Herrn Kollegen Bullinger hatte. Ich schließe prinzipiell nichts aus. Ich stelle nur fest, dass wir eine Häufung von Zugentgleisun gen an demselben Gleis in einem engen Zeitraum hatten und dass wir davor in einem langen Zeitraum diese Probleme nicht hatten. Ich kann auch sehen, dass der Kopfbahnhof in vielen Jahrzehnten in der Lage war, den Verkehr gut abzuwickeln, ohne entsprechende Probleme.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Da gab es aber noch keine Demos!)
Keine weiteren Zusatz fragen. Damit ist die Frage beantwortet. – Vielen Dank, Frau Staatssekretärin.
Es ist Punkt 5. Was ist mit diesem Landtag los? Ich sage doch nicht aus Spaß „Punkt 5“. Wenn Sie selbst den Beschluss fassen, dass Sie einen neuen Punkt 3 dazwischenschieben, dann verschiebt sich alles nach hinten. Ich weise darauf hin: Der nächste Tagesordnungspunkt ist nicht Punkt 5, sondern Punkt 6 – nur, damit das klar ist.
Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des In nenministeriums – Polizeireform: Standortkonzeption für die künftigen Ausbildungseinrichtungen der Polizei – Drucksache 15/2256 (geänderte Fassung)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Danke schön. – Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Vergangene Woche waren wie schon des Öfteren wieder einmal Polizeischüler, nämlich von der Bereitschaftspolizei in Göppingen, hier im Landtag zu Besuch, 30 junge Menschen, die sich für einen tollen Be ruf entschieden haben, die voller Motivation sind, sich in den Dienst der Sicherheit der Bürger zu stellen. Diese jungen Men schen stellten an die Politiker Fragen; der Kollege Hofelich und der Kollege Fritz waren bei diesem Treffen auch mit da bei. Die Fragen rankten sich darum: Was bezweckt die Lan desregierung mit der Zerschlagung der Bereitschaftspolizei? Warum wird das seit Jahrzehnten erfolgreiche Miteinander von polizeilicher Ausbildung und Praxis aufgegeben?
Diese jungen Menschen haben instinktiv den Finger in die Wunde gelegt. Wenn es die Bereitschaftspolizei in BadenWürttemberg nicht schon gäbe, müsste man sie erfinden.
Das Erfolgsrezept bei uns in Baden-Württemberg ist: praxis nahe Ausbildung des Nachwuchses und erste Schritte im Be rufsleben unter einem Dach, an fünf Standorten im Land – Göppingen, Biberach, Böblingen, Bruchsal, Lahr –, Nord und Süd, ländlicher Raum und Ballungsraum, alles ist abgedeckt. Gleichzeitig gibt es eine Kombination mit den Einsatzeinhei ten der Bereitschaftspolizei. Das gewährleistet einen Aus tausch in Ausbildung und Praxis. Dieses Miteinander von Aus bildung und Einsatz sind die Wurzel und die Wiege der aner kannt erfolgreichen Polizei, die wir in Baden-Württemberg haben.
Meine Damen und Herren, mit Ihrem Komplettumbau der Po lizei machen Sie noch nicht einmal vor diesem Fundament halt. Sie zerschlagen die Bepo, die Bereitschaftspolizei, ohne sagen zu können, wozu das führen wird. Ein Präsidium „Ein satz“ übernimmt künftig den einen Teil in Göppingen und in Bruchsal. Ausbildungsstandorte für den Polizeinachwuchs gibt es nur noch in Lahr und in Biberach. „Sortenrein“ heißt das neue Zauberwort – „praxisfern“ wäre passender.
Was ist eigentlich mit dem Standort Böblingen, dem fünften Ausbildungsstandort? Das ist der jüngste Standort der Bereit schaftspolizei, 1992 gegründet. Warum hat man ihn damals gegründet? Reden Sie doch einmal mit Zeitzeugen von da mals, z. B. mit dem damaligen Innenminister Frieder Birzele oder einem Polizeipraktiker wie dem damaligen Inspekteur der Polizei Willi Burger. Die werden Ihnen bestätigen: Man hat den Standort Böblingen gegründet, um die polizeiliche
Präsenz im Großraum Stuttgart, wo sie dringend nötig ist, zu verstärken, und man hat diesen Standort in Böblingen gegrün det, um Nachwuchs zu sichern, der nach seiner Ausbildung Dienst in Stuttgart macht und nicht gleich wieder nach Hau se aufs Land will. Das gilt heute mehr denn je. Wieso strei chen Sie ausgerechnet den Ausbildungsstandort Böblingen er satzlos?
Die nächste Frage: Was veranlasst Sie, den polizeilichen Nachwuchs nur noch an zwei Standorten im südlichen Lan desteil auszubilden? Sie sagen, das liege an den vorhandenen Unterbringungskapazitäten in Lahr und in Biberach. Verräte risch! Ein weiteres Mal entpuppt sich Ihre Reform als von der Liegenschaftsverwaltung diktiert und nicht fachlich begrün det.
Nicht nur ich bezweifle, Herr Minister, dass die Standorte Bi berach und Lahr in der Lage sein werden, die komplette Grundausbildung aus dem Stand so zu übernehmen. Wir wer den das überprüfen. Ich bitte Sie einfach: Hören Sie da auch auf mahnende Stimmen in der eigenen Polizeiverwaltung. Wenn Sie hinhören, werden Sie diese mahnenden Stimmen hören.
Im Nordteil des Landes dagegen konzentrieren sich die poli zeilichen Ballungsräume Mittlerer Neckar und die Rheinschie ne von Karlsruhe bis in den Rhein-Neckar-Raum. Da liegt es doch auf der Hand, dass man in Nordwürttemberg und Nord baden gezielt Nachwuchs für die Polizei rekrutieren muss. An den Standorten Bruchsal, Göppingen und Böblingen existiert bislang das Angebot dafür. Alle diese drei Standorte machen Sie dicht.
Wenn Sie sich gerade den Standort Bruchsal einmal anschau en, stellen Sie fest: Zwei Drittel aller dortigen Polizeischüler sind – auch nach Ihrer eigenen Definition; Sie legen einen Umkreis von 30 km zugrunde – heimatnah untergebracht, stammen also aus dem Raum Karlsruhe, aus dem Rhein-Ne ckar-Raum, aus dem Raum Mannheim. Das sind die Gebiete, in denen wir die jungen Polizisten nach ihrer Ausbildung brau chen. Dieser Standort wird dichtgemacht; dort gibt es keine Ausbildung mehr. Glauben Sie, dass Sie die gleiche Attrakti vität wie dort für die jungen Menschen an den weit entfern ten Standorten in Biberach und in Lahr schaffen können?
Im Bereich der Einsatzabteilungen, also der klassischen Be reitschaftspolizei, haben Sie schon selbst gemerkt, dass die Konzentration nicht funktioniert. Deswegen schaffen Sie ne ben den beiden Hauptstandorten Göppingen und Bruchsal so genannte dislozierte Einsatzzüge – das klingt toll – im Süden des Landes. Das heißt, auf dem Papier wird konzentriert, und weil Sie merken, dass das nicht funktionieren wird, wird dann aber gleich wieder in die Fläche verteilt. Das zieht sich mitt lerweile wie ein roter Faden auch durch andere Bereiche Ih rer Polizeireform.
Deswegen appelliere ich an Sie: Gehen Sie doch wenigstens beim Nachwuchs mit Augenmaß vor, und erhalten Sie die pra xisnahe Ausbildung bei der Bereitschaftspolizei.
Die eingangs erwähnten jungen Göppinger Polizeischüler tra gen ihre Uniform vom ersten Tag an mit Stolz und sagen: „Ich bin bei der Bereitschaftspolizei.“ Das sagen sie mit Stolz, mit Berufsstolz.
Nach den Plänen der Landesregierung, die Bereitschaftspoli zei zu zerschlagen, wird die Ausbildung verschult und akade misiert. Der Nachwuchs wird nicht mehr zu Schutzleuten aus gebildet wie bisher, sondern wird zu Bachelor of Arts Police Service, nachdem er vorher das Präsidium „Ausbildung und Personalgewinnung“ durchlaufen hat.
Wir brauchen aber nicht nur „gewonnenes“ Personal, voll gestopft mit Theorie, sondern wir brauchen auch künftig die Schutzfrau und den Schutzmann, die mit der „Hand am Arm“ wissen, wo sie hinlangen müssen.
Wir haben deshalb unseren Beschlussantrag, der sich ur sprünglich auf die beiden Standorte im Norden des Landes – Göppingen und Bruchsal – bezog, mit einer Ergänzung ver sehen. Diese Ergänzung lautet: Wir ersuchen die Landesre gierung,
von der beabsichtigten Trennung der Ausbildungs- und Einsatzabteilungen der Bereitschaftspolizei Abstand zu nehmen, die Ausbildungsabteilungen weiterhin organisa torisch als Abteilungen der Bereitschaftspolizei zu führen und die derzeitigen Standorte der Bereitschaftspolizei als solche zu erhalten.
Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Sie haben von uns die Verantwortung für Deutschlands Spitzenpolizei übernom men. Die Wurzel dieses Erfolgs ist die polizeiliche Ausbil dung. Setzen Sie diese Zukunftsfähigkeit bitte nicht aufs Spiel.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen! Wir haben Spitzenpolizei übernommen – da haben Sie recht, Herr Kollege Blenke –, aber wir haben sie in veralteten Strukturen übernommen, an denen Sie jahrzehntelang nichts getan haben.
Wir haben sie nicht in der Politik angepackt, sondern wir ha ben der Polizei einen Auftrag erteilt. Mit tiefer und überzeu gender Fachlichkeit ist ein Prozess unter breiter Beteiligung der Polizei eingeleitet worden. Jetzt bewerten wir die Ergeb nisse.
Sie haben uns hier Versäumnisse hinterlassen, und deswegen müssen wir jetzt reformieren. Das machen wir, und das ma chen wir mit einem Beteiligungsverfahren, das in seiner Brei te auch in der Polizeigeschichte einmalig ist.
Natürlich kommt jetzt im Frühjahr 2013 die Polizeireform in eine entscheidende Phase. Es kommt demnächst irgendwann zur Anhörung zum entsprechenden Gesetzentwurf. Sie wer den dann feststellen, dass diese Anhörung breiter, gründlicher und intensiver sein wird, als es vorher der Fall war. Das Gan ze wird begleitet durch ein sogenanntes Interessenbekun dungsverfahren für alle Polizeibeschäftigten – in einer Tiefe, in einer Gründlichkeit, mit einem sorgfältigen Verfahren un terlegt, wie wir es bisher ebenfalls nicht hatten. Da wird kei ne Kollegin und kein Kollege bei der Polizei anschließend sa gen können, ihre oder seine Interessen seien da nicht berück sichtigt worden.
Wir verfolgen selbstverständlich die Ziele, die uns von der Polizei vorgeschlagen worden sind, nämlich Stärkung der po lizeilichen Basis – ohne neue Stellen schaffen zu können, weil wir die finanziellen Ressourcen dafür nicht haben – und Ver besserung der Effizienz, Schaffung von Synergieeffekten, die der Polizei insgesamt in allen Phasen zugutekommen. Das gilt selbstverständlich auch für die Qualität der Ausbildung. Die ses Konzept verfolgt das Ziel, die Ausbildung noch besser zu gestalten und damit den Polizeinachwuchs auf künftige Her ausforderungen noch besser vorzubereiten als in der Vergan genheit.