Mit dieser Zusammenarbeit wird ein kriegsförderndes und militaristisches Klima in die Klassen hineingetragen.
Das hat doch mit der Realität nichts zu tun. Für uns Christde mokraten gehört die Bundeswehr in die Mitte der Gesell schaft.
Freundliches Desinteresse reicht nicht, weil die Soldaten Ver antwortung tragen. Sie tragen Verantwortung für sich und ih re Kameraden, für die Afghanen, denen sie Sicherheit garan tieren, und für ihre Familien zu Hause, die sie während ihres Einsatzes vermissen. Sie tragen Verantwortung für die Sicher heit von uns allen.
Herr Minister, zeigen Sie den Soldaten, den zivilen Mitarbei tern der Bundeswehr und ihren Angehörigen, dass wir auch Verantwortung für sie empfinden. Sagen Sie ihnen, wie wich tig ihr im Grundgesetz angelegter Dienst ist. Sagen Sie ihnen, wie wichtig es ist, einen Diskurs über unsere Sicherheit und über die Instrumente zum Erhalt dieser Sicherheit zu führen. Sagen Sie ihnen heute, dass die Jugendoffiziere an den Schu len unseres Landes auch weiterhin uneingeschränkt willkom men sind.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Glocke der Präsiden tin)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! An dem Redebeitrag des Kollegen Pröfrock lässt sich erkennen, dass wir unterschiedliche An sichten über das Erscheinen, die Aufgaben und den Auftrag von Jugendoffizieren an den Schulen vertreten.
Ich werde mich daher in meiner Rede auf die Anträge bezie hen. Im Gegensatz dazu drehte sich Ihre Rede um das allge meine Bild der Bundeswehr.
In den Anträgen ging es im Prinzip darum, wie sich die Bun deswehr an den Schulen darstellt. Dazu kann ich Ihnen sagen, Herr Kollege Pröfrock: Für uns ist die politische Bildung an den Schulen ein wichtiger Beitrag. Um politische Bildung an den Schulen gewährleisten zu können, stehen den Lehrerin nen und Lehrern unterschiedliche Maßnahmen zur Verfügung.
Wir halten es für geboten, dass die Schülerinnen und Schüler dazu befähigt werden, zu interessierten, informierten und mündigen Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes zu wer den.
In diesem Zusammenhang ist für uns wesentlich, dass der Beutelsbacher Konsens bei diesen Informationen die Grund lage darstellt. Dabei steht es den Lehrerinnen und Lehrern selbstverständlich frei, Jugendoffiziere der Bundeswehr in die Schulen einzuladen, um über die Aufgaben der Bundeswehr zu informieren. Gemäß dem Beutelsbacher Konsens ist es aber
auch Aufgabe der Lehrerinnen und Lehrer, das Thema kont rovers aufzugreifen, zu diskutieren und schülerorientiert zu behandeln. Ich halte es für absolut richtig, dass in diesen kon troversen Diskussionen auch eine andere Meinung zugelas sen wird, dazu eingeladen wird und sie dargestellt werden kann.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Das ist überhaupt kein Prob lem!)
Daher ist es für uns ein wesentlicher politischer Auftrag, den Friedensorganisationen die gleichen Möglichkeiten an den Schulen einzuräumen, zu informieren,
(Abg. Peter Hauk CDU: Ist sie eine Friedensorgani sation oder nicht? – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist die Kernfrage!)
Mit der zweiten Frage Ihres Antrags Drucksache 15/2557 wer fen Sie die Frage auf, ob es überhaupt einen Grund dafür gibt, dass andere Organisationen als die Bundeswehr den Auftrag erhalten, an den Schulen über politische Maßnahmen zu in formieren. Dazu kann ich Ihnen sagen: Ja, wir halten es für geboten, dass auch andere Organisationen an den Schulen die se Informationen geben können und eine Gleichberechtigung dargestellt werden kann, sodass am Ende kontrovers über un terschiedliche Meinungen diskutiert werden kann und sich die Schülerinnen und Schüler damit eine eigene Meinung zu die sem Thema bilden können.
Frau Kollegin Boser, ge statten Sie zwei Zwischenfragen, eine Zwischenfrage des Abg. Müller und eine Zwischenfrage des Abg. Röhm?
Ich finde, gerade in Zeiten der Globalisierung ist es für uns ein ganz wesentlicher Auftrag, die politischen Themen nicht eindimensional zu betrachten, sondern mehrere Meinungen zuzulassen und anzuhören.
Meine Damen und Herren, gerade die Veränderungen in der arabischen Welt haben doch gezeigt, dass nicht allein militä rische Einsätze das politische Leben in anderen Ländern be stimmen, sondern dass es gerade friedliche Menschen waren, die einen entscheidenden Einfluss auf das Leben und das Wir ken der politischen Welt ausgeübt haben. Diesen Veränderun gen gilt es Rechnung zu tragen.
Dabei ist völlig ausgeschlossen – das ist in den Fragen des Antrags immer wieder herauszulesen, und das ist auch Ihren Ausführungen zu entnehmen gewesen, Herr Pröfrock –, dass die Bundeswehr in den Schulen Werbung für den Dienst in der Bundeswehr macht.
Sie dürfen an den Schulen keine Werbung für den Dienst in der Bundeswehr machen. Das ist vollkommen ausgeschlos sen.
In der Kooperationsvereinbarung ist dies ausdrücklich ausge schlossen. Wir wollen diese Neutralität stärken und einen kon troversen Austausch über das Für und Wider der Bundeswehr im Unterricht ermöglichen.
Dass unsere Jugendorganisation dabei eine andere bzw. wei ter gehende Forderung stellt, ist für uns völlig legitim. Mehr noch, wir halten es für wichtig, dass wir eine aktive Jugend organisation haben. Das ist für uns kein Hemmschuh, sondern das bietet auch breitere Diskussionsmöglichkeiten.
Dass sich die Grüne Jugend Baden-Württemberg beim Bünd nis „Schulfrei für die Bundeswehr“ engagiert, zeigt, dass sie aktiv ist. Im Übrigen befindet sich die Grüne Jugend BadenWürttemberg bei diesem Bündnis in einer sehr guten Gesell schaft mit Organisationen wie beispielsweise dem DGB Nord württemberg, Terre des hommes, ver.di, Pax Christi und vie len anderen, denen Sie sicherlich keine linksextreme Auffas sung unterstellen wollen.
Abschließend kann ich Ihnen sagen, dass wir die politische Bildung an den Schulen für wichtig erachten, dass in diesem Zusammenhang eine kontroverse Diskussion gewährleistet werden muss und dass wir die Einladung der Jugendoffiziere durch die Lehrerinnen und Lehrer als eine Möglichkeit erach ten, dass aber auch eine Gleichberechtigung hergestellt wer den muss, damit auch andere Organisationen ihre Meinung darstellen können.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Pröfrock, eigent lich geht es hier heute nicht um eine Generaldebatte, sondern es geht um die Frage des privilegierten Zugangs der Bundes wehr in die Schulen. Wenn Sie die Antworten auf Ihre Fragen lesen, dann stellen Sie fest, dass das Kultusministerium ei gentlich eindeutig mitteilt, dass es in der Tat schon seit 1999 die Möglichkeit gibt, auf breiter Basis Fachleute in den Un terricht zu integrieren. Da ist die Bundeswehr im Grunde au tomatisch mit eingeschlossen.
Ich kann Ihnen auch aus der Praxis berichten. Ich bin selbst Kriegsdienstverweigerer und Gemeinschaftskundelehrer; Sie wissen das vielleicht. Ich habe in den Unterricht ganz bewusst
die Bundeswehr, einen Jugendoffizier, eingeladen. Ich habe die Diskussion gerade auch mit den Jugendlichen als sehr kri tisch, sehr kontrovers empfunden. Die Jugendlichen haben na türlich Fragen, wenn sie die Bilder aus Afghanistan, aus dem Kosovo sehen. Es ist, denke ich, sehr wichtig, den Austausch zu haben, aber auch den Austausch – da hat Frau Kollegin Bo ser durchaus recht – unter dem Gesichtspunkt des Beutelsba cher Konsenses, betrachtet von verschiedenen Seiten, ohne dass wir, glaube ich, die Bundeswehr dort zu kritisch sehen und infrage stellen.
Ich habe überlegt, wie weit ich hier Grundsätzliches ausfüh ren muss. Denn es ist ja auch ein Spiel, das Sie heute hier spie len. Aber ich denke, gerade am heutigen Tag ist festzustellen: Es ist sehr wichtig, dass die Bundeswehr in der Mitte unserer Gesellschaft verankert ist, dass sie Teil unseres demokrati schen Staatswesens ist, dass sie eine parlamentarische Armee ist, dass sie Staatsbürger in Uniform als Ziel hat.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich erinnere mich an 1990, als es diese Debatte gab. Das war die Zeit, zu der ich bei den Jusos angefangen habe und gerade Zivi war. Ich war richtig stolz auf die deutschen Soldaten, als damals Ihr Minister Stol tenberg in die Türkei gereist ist. Da war der Irak-Krieg in Vor bereitung. Man hat den Minister kritisch gefragt: „Warum kommen Sie erst heute? Wir haben hier und hier Probleme.“ Da dachte ich: Es ist eigentlich etwas Herausragendes, wenn sich die Soldaten in Deutschland heute trauen, auch ihrem obersten Chef gegenüber in Gegenwart der Medien kritische Fragen zu stellen.