Protocol of the Session on December 13, 2012

Lieber Kollege Winkler, ich habe eine Bitte und eine Frage: Ist es nicht bes ser, endlich einmal auf die Verwendung des Begriffs „Flurbe reinigung“ zu verzichten? Eine Flurbereinigung fand in den Siebzigerjahren statt. Wir machen eine Flurneuordnung mit Gott sei Dank sehr vielen naturverträglichen und vielen ange legten Biotopen. Das Wort „Flurbereinigung“ ist, glaube ich, heute nicht mehr angebracht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Ganz richtig, Kollege Dr. Bullin ger. Das war ein verbaler Fehlgriff von mir. Die Flurneuord nung – so wird sie auch umgesetzt –

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ja! Sehr schön!)

dient in der Zukunft auch verstärkt der Neuordnung von Na tur- und Landschaftsschutzmaßnahmen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtig!)

viel mehr, als sie bisher dafür eingerichtet worden ist. Das ist auch eine Entwicklung, die zukünftig zusätzlich auf die Flur neuordnung zukommt. Danke für den Hinweis.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen sowie des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wir verbessern mit diesem Haushalt weiter die Breitbandver sorgung. Wir lassen den ländlichen Raum nicht hängen. Wir koppeln die Wirtschaft und die Unternehmen in den ländli chen Räumen nicht vom technischen Standard ab. Deswegen sind in diesem Haushalt 17,5 Millionen € für die Breitbandin itiative eingestellt. Ich erinnere daran, dass vor sechs Jahren ein der CDU angehörender Landwirtschaftsminister noch ge sagt hat, diese Breitbandversorgung sei eine technische Auf gabe, eine unternehmerische Aufgabe, die sich rechnen und privat bewältigt werden müsse; das liege nicht in der Verant wortung des Landes. Es ist mittlerweile in der Verantwortung des Landes.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: 31 Millionen € Sonderprogramm!)

Das kam dann zwei Jahre später.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Da waren wir an der Spitze, lieber Alfred!)

Mit einer gewissen Denkzeit kam das später.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Die war ganz kurz!)

Mittlerweile sind wir da ganz gut aufgestellt. Das ist so.

Ich komme zu einem Thema, das für uns wichtig ist und das alle im ländlichen Raum kennen. Es geht um das Thema Kon version im ländlichen Raum. Die Bundeswehr geht, und was bleibt? Das sind 31 betroffene Standorte. Die Kommunen hän gen zum Teil in der Luft, weil ganze Strukturen wegbrechen. Aber wir haben hier gut verstanden. Obwohl in erster Linie der Bund zuständig ist, werden wir 80 % der Förderkosten aus unserem Haushalt bezahlen. Wir haben hierfür insgesamt 1,5 Millionen € eingestellt. Diese Mittel haben wir im Entwick lungsprogramm Ländlicher Raum, im ELR, zur Verfügung. Wir bügeln hier etwas aus, bei dem der Bund in der Pflicht wäre.

(Abg. Karl Klein CDU: Nein, nein!)

Das ist eigentlich ein Mangel; denn der Ersatz des Wegfalls und die Konversionsnachfolgen wären eigentlich keine Lan desangelegenheiten.

(Abg. Karl Klein CDU: Doch! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ein weiteres Thema ist der Verbraucherschutz. Uns ist über haupt nicht gleichgültig, was auf den Teller kommt. Die Men schen im Land erwarten zu Recht qualitativ hochwertige, ge sunde Lebensmittel aus einer tiergerechten Haltung. Aber die jüngsten Lebensmittelskandale haben gezeigt, wie wichtig Le bensmittelüberwachung im Zeitalter globalisierter Warenströ me ist. Deswegen haben wir auch hier verstanden. Im Jahr 2012 haben wir zehn Stellen für Amtstierärzte und vier Stel len für Futtermittelkontrolleure geschaffen. Der Bereich der Lebensmittelkontrolleure wurde um 22 Stellen aufgestockt.

Es liegt zwei, drei Jahre zurück, da hat die damalige Landes regierung sehr wohl dargestellt, wie der Bedarf sein müsste und eben nicht war. Wir haben sehr intensiv damit begonnen, diesen Nachholbedarf aufzuholen. Diesen Kurs setzen wir auch in den Haushaltsjahren 2013 und 2014 fort. Wir setzen 1,1 Millionen € ein, um weitere 44 Lebensmittelkontrolleure beschäftigen zu können.

Es ist ein Problem, dass wir unseren guten Namen bei der Pro duktion der gesunden Lebensmittel in unserem Land nicht ver lieren möchten. Aber es ist ein noch wichtigeres Problem, dass die Lebensmittelskandale zuerst die Landwirtschaft treffen, weil sie dann, wenn ein solcher Skandal durch das Land läuft, nichts mehr absetzen kann. Sie treffen auch die Lebensmittel verarbeitenden Betriebe. Das ist gleichzeitig Schutz für den Verbraucher und für den Produzenten. Die Existenz des Pro duzenten ist stark von der Qualität und von der Sicherheit der Lebensmittel abhängig.

Ein weiterer Bereich in diesem Ressort ist der Tourismus. Wir haben in Baden-Württemberg eine gute Tourismusbranche. 2011 konnte Baden-Württemberg mit Steigerungsraten von über 8 % das erfolgreichste Tourismusjahr in seiner Geschich te schreiben. Der positive Trend setzt sich in diesem Jahr fort. Das ist wichtig. Baden-Württemberg als Bäderland, als Tou rismusland will diesen Sektor nicht verlieren. Er ist ein wich tiger Arbeitsmarktsektor und ein wichtiger Umsatzsektor. 280 000 standortgebundene Arbeitsplätze, die nicht in die Zweite und die Dritte Welt verlagert werden können, sind uns wichtig und sind uns viel wert. Der Wirtschaftsstrukturwan del im Tourismus ist auch im Gange. Deswegen ist die Unter stützung im Tourismus unverzichtbar.

Wir haben das verstanden. Der Tourismus wird mit 12 Milli onen € zur Förderung der Infrastruktur in den Kommunen so wie mit 6,5 Millionen € für die Landesgartenschau gefördert. Diese Investitionen sind gut, und sie lösen ein Mehrfaches an weiteren, nachfolgenden Investitionen aus.

Es ist klar: Wir stehen im Konkurrenzkampf mit anderen Rei sezielen in Deutschland, mit anderen Ländern, mit den unmit telbaren Nachbarländern. Aber unsere Möglichkeiten im Tou rismus sind groß, und sie werden auch durch weitere Groß schutzgebiete erweitert. Ich denke an das Biosphärengebiet Schwäbische Alb, an die Tourismusregionen Schwarzwald und Bodensee. „Das Beste liegt im Südwesten“, hat einmal der SWR als griffigen Slogan zitiert. Das ist so. Deswegen sollen Zertifizierungsverfahren die Tourismusqualität weiter steigern. Gütesiegel sind Marketinginstrumente im Wettbe werb um umweltbewusste Touristen und Gäste aus der gan zen Welt.

Der Bereich Naturschutz liegt uns am Herzen. Zum Natur schutz gab es hier im Land schöne Analysen und ausführliche

Papiere. Aber wir machen endlich Schluss mit den Papieren und Ernst mit einer ordentlichen Personal- und Mittelausstat tung.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das ist auch dringend nötig, um den Stau bei der Umsetzung von Natura 2000 abzuarbeiten, um z. B. das Biosphärengebiet Schwäbische Alb so auszustatten, dass es den Aufgaben ge recht werden kann, aber auch um – das ist angesprochen wor den – Großschutzgebiete – ich denke an den Nationalpark Nordschwarzwald – einzurichten.

Immerhin hat die CDU-Fraktion vorhin erklärt, sie sei dafür offen. Das ist ja auch ein gutes Zeichen. Das nehmen wir gern und dankbar an. Wir brauchen diese Offenheit nicht nur vor Ort. Wir brauchen die Offenheit in unserer Gesellschaft für das Thema Nationalpark – auch ein Instrument, mit dem Tou rismus entwickelt werden kann.

Der Kollege Glück hat vorhin gesagt, dass sich das Biosphä rengebiet Schwäbische Alb dank der Initiative der Gemein den so gut und erfolgreich entwickelt hat. Ich bin überzeugt, dass diese Chancen in den Gemeinden des Nordschwarzwalds genauso gesehen werden wie in dem geplanten oder vielleicht umsetzbaren Biosphärengebiet Südschwarzwald. Diese Ge meinden und deren Bürgermeister sehen sehr wohl, wo etwas anders läuft, wie es läuft und wie es gut läuft.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Glück?

Sehr geehrter Kollege Wink ler, Ihr Wort in Gottes Ohr. Aber sind Sie sich dessen bewusst, dass Proteste, wie sie momentan gegen den Nationalpark statt finden, nie gegen das Biosphärengebiet Schwäbische Alb statt gefunden haben?

Das ist bekannt, lieber Kollege Glück.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Es gibt aber beides. Es gibt Proteste der Gegner und Aktionen der Befürworter. Deswegen ist das eine oder das andere nicht allein entscheidend. Wir werden nach Vorlage des hierzu in Auftrag gegebenen Gutachtens – es ist vorhin ausführlich vom Kollegen Rösler angesprochen worden – intensiv darüber re den. Aber vorausgehen muss die Information der beteiligten Gemeinden, der Bevölkerung und der Gesellschaftsschichten. Sie müssen zuerst gut informiert werden. Dazu gehört eben auch der Vergleich mit den erfolgreichen ähnlichen Einrich tungen im ganzen Land. Wenn man gut informiert ist, kann man ein eigenes Urteil bilden. Aber das Urteil vor der Infor mation ist kein gutes Urteil.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord neten der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullin ger FDP/DVP)

Wir sind deswegen froh, dass wir die Mittel im Naturschutz haushalt von 30 Millionen € – sie stehen noch nicht lange im

Haushalt – bis 2014 auf 48 Millionen € aufstocken können. Damit haben wir Mittel, um die erweiterten und zusätzlichen Aufgaben bewältigen zu können. Das ist die Voraussetzung dafür – klar –, aber die haben wir erfüllt.

Ein weiteres Thema, das wir hier mittlerweile Gott sei Dank mit mehr Einigkeit abarbeiten können, ist das Thema Gen technik. Auch wenn das nichts kostet und im Haushalt nicht direkt wirksam wird, ist das trotzdem ein Thema, das uns in Baden-Württemberg bewegt und an dem wir sozusagen hän gen. Wir hängen nämlich an dem Vorhaben, dass sich die Gen technik bei uns nicht etabliert, um den Ruf und den Namen „Qualitativ hochwertige Lebensmittel aus Baden-Württem berg“ nicht zu gefährden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Zum Schluss, meine Damen und Herren, möchte ich noch sa gen, dass wir verstanden haben: Was gut war, das bleibt gut. Was nicht gut war, das machen wir besser.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Kollegen Dr. Bullinger das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen!

Sehet die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und eu er himmlischer Vater nährt sie doch.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie?

(Abg. Werner Raab CDU: Sehr gut! Man muss auch bibelfest sein! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Mit diesem Satz tue ich mich immer schwer!)