Protocol of the Session on December 12, 2012

te Bundespräsident Gauck in eine Flüchtlingsunterkunft auf gemacht hat, um die Situation vor Ort in Augenschein zu neh men und sich mit der Situation von Flüchtlingen in Deutsch land auseinanderzusetzen.

Die steigenden Zugangszahlen von Flüchtlingen, die ange sprochen worden sind, und die für die Qualifikationsverbes serung eingestellten Mittel sind ein Grund für die steigenden Ausgaben, die im Doppelhaushalt des Integrationsministeri ums für die nächsten zwei Jahre vorgesehen sind. Es ist rich tig, dass wir die neue Prognose des Bundesamts für Migrati on und Flüchtlinge noch nicht in unsere Zahlen eingearbeitet haben. Allerdings sind diese Zahlen des Bundesamts momen tan noch das reinste Lotteriespiel. Die letzten Prognosen des Bundesamts sprechen sogar wieder von sinkenden Zahlen. Nachdem man zwischenzeitlich für Baden-Württemberg eine Flüchtlingszahl von 10 000 oder mehr prognostiziert hatte, hat das Bundesamt inzwischen wieder eher eine Zahl von 9 000 angegeben. Ich selbst bin der Überzeugung, dass wir nach dem Ende des Winters wieder einen deutlichen Rückgang der Flüchtlingszahlen erleben werden, allerdings noch ohne den Einfluss der Situation in Syrien mit einzurechnen.

Um den Kommunen die höheren Ausgaben zu ersetzen, ha ben wir die entsprechenden Haushaltsansätze im Einzel plan 15 bereits angehoben und auch ein Signal an die Kom munen gegeben. Es gab auch – das kommt nicht aus dem luft leeren Raum, wie Sie das hier suggerieren, Herr Lasotta – Ge spräche mit den kommunalen Landesverbänden. Es gibt die Zusage der Landesregierung, durch Ersatzleistungen an die Kommunen einen Ausgleich zu schaffen.

Als Letztes möchte ich in der ersten Runde noch darauf hin weisen, dass trotz der erheblichen Einsparleistungen, die auch in diesem Einzelplan erbracht werden müssen, die Fraktionen von SPD und Grünen sich erfolgreich für die Förderung von Projekten im Bereich der Flüchtlingshilfe eingesetzt haben. So wird in den nächsten zwei Jahren der Landesflüchtlingsrat jeweils mit einer Summe von 50 000 € gefördert. So werden in den nächsten zwei Jahren die psychosozialen Zentren je weils eine Förderung von 325 000 € erhalten. Ferner wird – ganz neu – in der zentralen Landesaufnahmestelle in Karlsru he eine Sozial- und Verfahrensberatung eingerichtet werden. Die Kosten hierfür bewegen sich im Bereich von 260 000 €. Wir glauben, dass wir damit eine sehr gute Weichenstellung für den Bereich der Flüchtlingspolitik haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf von den Grünen: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Frau Kollegin Grünstein das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich beim Integra tionsministerium und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dort bedanken. Von ihnen wurde in sehr kurzer Zeit nicht nur ein Ministerium aufgebaut, sondern jede Person dort arbeitet auch fast für zwei. In der kurzen Zeit des Bestehens dieses Ministeriums jetzt substanzielle Veränderungen im Umgang mit Migrantinnen und Migranten zu erreichen ist natürlich schwierig. Denn Integration war immer schon eine langfristi

ge Aufgabe, die zuallererst in den Köpfen der Menschen an setzen muss, und zwar in denen von Migrantinnen und Mig ranten, aber auch in denen der Mehrheitsgesellschaft.

Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, haben da zu in der Vergangenheit leider fast gar nichts beigetragen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Unruhe bei der CDU – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Frechheit!)

Ich bedanke mich beim Kollegen Daniel Andreas Lede Abal, der dazu eben viel gesagt hat.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Er hat sich nicht getraut, das selbst auszusprechen!)

Ich vergleiche das Ministerium jetzt einmal im Verhältnis zu den anderen Ministerien mit einem kleinen Tuk Tuk, das wen dig, zielstrebig und ohne jeden Luxus seinen Weg sucht.

(Lachen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sie wissen aber schon, dass diese Fahrzeuge ziemliche Dreckschleudern sind? – Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Die anderen Ministerien sind da eher große Busse. Ich bin sehr froh, dass die Lenkerin dieses Fahrzeugs eine so kluge und vorausdenkende ist. Denn das, was Sie, lieber Herr Kollege Lasotta, dazu beigetragen haben – das haben Sie soeben wie der bewiesen –, bestand hauptsächlich nur aus einer dauernd lärmenden Hupe, die zwar viel Aufmerksamkeit erhält, aber nichts zur Lösung der Probleme beiträgt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Schwacher Applaus bei der SPD!)

Sie reisen durch das Land und beklagen, dass wir zu wenig Geld für Integration hätten. Ich habe hier den entsprechenden Zeitungsartikel.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Pforzheim oder Mannheim?)

Ich frage mich nur, wo nach Ihren Äußerungen draußen auf der Straße die entsprechenden Anträge von Ihnen zu finden sind.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das hat er doch ganz deutlich gesagt!)

So sind wir trotz aller Widerstände in Baden-Württemberg bei dem Thema Integration auf dem richtigen Weg.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wohin?)

Es ist völlig absurd, einen Antrag zu stellen, dieses Ministe rium wieder abzuschaffen. Das zeigt nur, was wir auch vor her schon wussten, nämlich dass Sie die Realitäten nicht er kennen können oder nicht erkennen wollen.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Eine der ersten Amtshandlungen von Frau Ministerin Öney war die Abschaffung des Gesprächsleitfadens für einbürge

rungswillige Migrantinnen und Migranten, des sogenannten Gesinnungstests, der schon bei der Einführung durch Sie, mei ne Damen und Herren von der Opposition, lediglich einen ex klusiven und symbolischen Charakter hatte. Stattdessen ist es unser langfristiges Ziel, die Integration von Migrantinnen und Migranten in Baden-Württemberg tatsächlich und konkret zu verbessern. Nicht für alles, was bisher getan wurde, hat man Geld gebraucht. Bei manchen Dingen war einfach nur guter Wille Voraussetzung. Den haben Sie bisher vermissen lassen.

Deshalb fördert das Integrationsministerium die Integration in Baden-Württemberg durch ganz konkrete Projekte mit ei nem Betrag von über 5 Millionen €. Hierzu gehören beispiels weise die Projekte SIBEL und YASEMIN. Hinzugekommen ist in diesem Haushaltsjahr z. B. die Förderung des Projekts „Integra“ in Pforzheim. Dieses Projekt richtet sich speziell an Mütter mit Migrationshintergrund, die aufgrund sprachlicher Defizite Hemmschwellen und Schwierigkeiten haben, sich in den Schulalltag ihrer Kinder einzubringen und diesen mitzu gestalten. Hintergrund ist auch der verstärkte Zuzug von Je siden nach Pforzheim mit einer Konzentration von sozialen Spannungen. Wir werden in den kommenden beiden Haus haltsjahren das Projekt „Integra“, dessen Schwerpunkt auf der Vermittlung von Sprach- und Lernkompetenz liegt, mit je 100 000 € fördern.

Auch die Informations- und Anlaufstellen für Zuwanderer aus Osteuropa in Mannheim und in Freiburg werden in den kom menden beiden Jahren mit einer Fördersumme von 100 000 € gesondert vom Land unterstützt.

Der Mannheimer Stadtteil Jungbusch ist ohnehin schon durch einen großen Migrantenanteil geprägt. Zurzeit kommen un gefähr 200 neue Armutsflüchtlinge pro Monat allein nach Mannheim. Da findet durch die Stadt Mannheim gemeinsam mit den freien Initiativen auch eine gute Integrationsarbeit statt. Mein Arbeitskreis war einen ganzen Tag lang vor Ort, um zu lernen und um mit Betroffenen zu reden.

Hinzugekommen ist dann aber eine ganz gezielte Zuwande rung aus Südosteuropa, die im Rahmen der EU-Freizügigkeit zunächst einmal völlig legal ist. Diese Zuwanderer haben aber zumeist weder Perspektiven auf Integration in den Arbeits markt, noch sind sie berechtigt, Sozialleistungen zu beziehen. Das führt dazu, dass Schwarzarbeit und Betteln, aber auch Diebstahl, Betrug und Prostitution als Einnahmequellen das Überleben sichern. Auch da müssen wir helfen.

Die Stadt Mannheim engagiert sich da außerordentlich stark. Die Informations- und Anlaufstelle für Zuwanderer aus Ost europa ist ein Projekt mit dem Ziel, das gute Zusammenleben sowie den sozialen Zusammenhalt von neu zugezogenen Mi granten und Alteingesessenen im Quartier Jungbusch zu si chern, die Kontaktaufnahme mit den Zuwanderern zu erleich tern und deren Einbindung in das Stadtteilleben zu befördern. Wir wollen und können die Stadt Mannheim mit diesen Pro blemen nicht alleinlassen.

Ähnliches gilt selbstverständlich auch für Freiburg.

Für das Projekt „JuWelt – Gewaltprävention unter jungen Drittstaatsangehörigen“ werden wir 50 000 € bereitstellen. Dieses Projekt hat die Aufgabe, neu zugewanderten Jugend lichen Perspektiven dafür aufzuzeigen, sich sinnvoll und in tegrativ in die neue Gesellschaft einzubringen.

Außerdem werden wir erstmals eine Förderung für die sozia le Erstberatung in der zentralen Landesaufnahmestelle Karls ruhe in Höhe von 260 000 € in den Landeshaushalt aufneh men. Mit dieser Beratung wird sichergestellt, dass besonders schutzbedürftige Personen unter den neu ankommenden Flüchtlingen erkannt werden. Ziel ist, diese Flüchtlinge – ins besondere auch Kinder, Behinderte oder Traumatisierte – in die Lage zu versetzen, die komplexen und schwierigen Ab läufe des Asylverfahrens zu verstehen, damit sie möglichst selbstverantwortlich handeln und entscheiden können. Das entspricht nicht nur dem, was die in der Flüchtlingsarbeit en gagierten Verbände seit Langem fordern, sondern auch dem, was derzeit zur Weiterentwicklung der europäischen Richtli nien zur Feststellung von Normen für die Aufnahme von Asyl bewerbern innerhalb des Pakets „Gemeinsames europäisches Asylsystem“ diskutiert wird.

Den größten Posten im Haushalt des Integrationsministeriums macht, wie schon im Vorjahr, die pauschale Ausgabenerstat tung für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen an die Kommunen aus. Der Ansatz in diesem Haushaltstitel wird von knapp 59 Millionen € im Jahr 2012 auf 75 Millio nen € im Jahr 2013 und 81 Millionen € im Jahr 2014 erhöht. Es ist nicht so, lieber Herr Kollege Dr. Lasotta, dass wir die Kommunen im Regen stehen lassen würden.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Warten wir es ein mal ab! – Gegenruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Wenn, dann war das euer Regen!)

Ebenso steigt der Bedarf für die Landesaufnahmestelle Karls ruhe auf etwa fünfeinhalb Millionen Euro. Das hat folgende Gründe: Erstens steigen die Flüchtlingszahlen. Die niedrigs te Asylbewerberzahl lag bei 1 600 im Jahr 2007. In den Neun zigerjahren hatten wir weitaus mehr Flüchtlinge zu verzeich nen als beispielsweise jetzt. Im Jahr 2011 haben wir gut 5 000 Asylbewerber aufgenommen. Im Moment steigt deren Zahl, aber es ist, wie Kollege Lede Abal schon angemerkt hat, wahr scheinlich, dass sich dies im nächsten Jahr wieder reduzieren wird.

Die Herkunftsländer sind hauptsächlich Serbien, Mazedoni en, Syrien, Afghanistan sowie Bosnien und Herzegowina. Es ist wahrscheinlich, dass im nächsten Jahr weniger Flüchtlin ge kommen; aber garantieren kann das natürlich niemand.

Zweitens: Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2012 zum Asylbewerberleistungsgesetz geurteilt, dass auch Flücht lingen bzw. Asylbewerbern ein menschenwürdiges Existenz minimum gewährt werden muss und dass ihnen dies zusteht. Das Existenzminimum sollte realitätsnah und nachvollzieh bar berechnet werden. Die Höhe dieser Geldleistungen ist evi dent unzureichend, weil sie seit 1993 trotz erheblicher Preis steigerungen in Deutschland nie verändert worden ist. Nun sind dringend Anpassungen nötig, die auch den Landeshaus halt belasten. Denn die Höhe der Leistungen, die das Exis tenzminimum sichern, darf nicht zur Abschreckung dienen. In der Sprache des Bundesverfassungsgerichts heißt das:

Die... Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu re lativieren.

Ich möchte die Person in diesem Saal hier sehen, die da nicht zustimmen würde.

Drittens: Grund für die Erhöhung der pauschalen Ausgabener stattung für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlin gen an die Kommunen ist die Tatsache, dass wir die Unter bringungssituation der Flüchtlinge in Baden-Württemberg verbessern werden. Wir tragen in Bezug auf die Standards die rote Laterne in ganz Deutschland, ein unwürdiger Zustand für ein Land wie Baden-Württemberg. Das wollen wir ändern.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Die Qualität und auch die Größe der Räumlichkeiten müssen verbessert werden. Dafür wollen wir zeitnah das Flüchtlings aufnahmegesetz überarbeiten. Mit den Kommunen sprechen wir gerade über Übergangsregelungen hinsichtlich der Quad ratmeterzahl pro Flüchtling in den Unterkünften. Was wir als Antwort bekommen, ist zumeist sehr positiv. Was die Kom munen brauchen, ist Klarheit und Sicherheit. Die werden wir ihnen geben.

Des Weiteren werden wir die Arbeit des Flüchtlingsrats Ba den-Württemberg mit 50 000 € sowie die Arbeit der psycho sozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer – das hat Kollege Lede Abal auch schon gesagt – unterstützen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, alles in allem sehe ich nur Gründe, diesem Haushalt zuzustimmen. Genau dafür werbe ich. Ihren Antrag – das werden Sie sicher verstehen – lehnen wir ab.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Glück das Wort.

Herr Präsident, meine wer ten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, lieber Kol lege Lasotta: Als Sie vorhin den Vorschlag machten, dass man doch die Ministerin als Staatssekretärin im Innenministerium etablieren könnte, war Herr Gall leider nicht da. Ich hätte sein Gesicht zu gern gesehen.

Der werte Herr Schmiedel, der jetzt leider nicht da ist, hat uns, der Opposition, heute Morgen vorgeworfen, wir würden un serem Geschäft nicht gescheit nachkommen, wir würden kei ne Einsparvorschläge bringen. Jetzt kommen Einsparvorschlä ge, und er will sie ganz offensichtlich nicht hören. Er ist ir gendwo anders.