Da täuschen Sie sich völ lig. Aber vielen Dank für Ihre mir zukommende Aufmerksam keit, Frau Kollegin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! In der zweiten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs zu nächst einmal ein paar Bemerkungen, worum es im Kern ei gentlich geht: Es geht im Kern nicht um den Änderungsan trag der CDU, sondern es geht um wichtige Anliegen
und um Themen, denen sich die CDU nicht verschließen kann. Es geht um Rechtsanpassungen im europäischen Kontext. Deswegen müssen wir das Gesetz jetzt machen, damit diese Regelungen zum 1. Januar des nächsten Jahres in Kraft treten können. Es geht um die Korrektur einer verfassungswidrigen Bestimmung des alten CDU-Gesetzes im Bereich der Tele
kommunikation. Ich erinnere an die Debatte im Jahr 2008, in der die Fraktion GRÜNE und die Fraktion der SPD Ihnen das auch gesagt hatten und Änderungsanträge gestellt hatten, Sie jedoch nicht hören wollten. Jetzt hat das Bundesverfassungs gericht Ihnen das schwarz auf weiß bescheinigt.
Wir machen das Polizeigesetz an dieser Stelle also verfas sungskonform. Auch das ist dringend notwendig. Wir entfris ten die Telekommunikationsverkehrsdatenerhebungen, die ein geeignetes Mittel sind, um Menschen in einer hilflosen Lage aufzufinden, und wir beenden die unsinnigen Unterscheidun gen beim Umgang mit Rechtsanwälten und ihrem Recht auf Geheimnisschutz. Dazu kommen erweiterte Vorschriften für die Polizei beim Schutz vor Ansteckungsgefahr.
Jetzt kommt der CDU-Antrag zum Alkoholkonsumverbot, zum zweiten Mal in der gleichen Fassung. Also Sie sind er kennbar nicht in der Lage, sich in der aktuellen Diskussion zu bewegen und neue Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Herr Kol lege Throm, die Einladung zum runden Tisch wird auch an Sie ergehen. Der Ministerpräsident hat gesagt, er hält das für ein wichtiges Problem
und will es mit allen gesellschaftlich relevanten Gruppen des Landes besprechen, auch mit den Städten und Gemeinden, mit der Polizei und mit den Parteien und Fraktionen.
Er will es in einer umfassenden Weise beleuchten, und der Maßnahmenkatalog soll dem Problem umfassend gerecht wer den.
Konstatieren Sie doch bitte, dass das, was Sie zum wiederhol ten Mal vortragen, nur einen kleinen Teilausschnitt – einen wichtigen und nicht zu vernachlässigenden, aber eben nur ei nen kleinen Teilausschnitt – des Problems des Alkoholkon sums und der daraus resultierenden Gewalttätigkeiten, Res pektlosigkeiten usw. betrifft.
Sie konnten spätestens mit der Untersuchung des Innenminis teriums vom September dieses Jahres, in der es um das The ma „Gewalt und Provokation gegen Polizeibeamte aufgrund von übermäßigem Alkoholkonsum“ ging, feststellen, dass Al koholkonsum und daraus resultierende Gewalt in allen Berei chen der Gesellschaft stattfinden, und zwar geht es dabei weit überwiegend um häusliche Gewalt und Verkehrsdelikte, also um die Auswirkungen im Alltag. Das Phänomen ist also viel, viel umfassender, als dass es sich auf den Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen reduzieren ließe.
Die Untersuchung des Landespolizeipräsidiums zum Thema Konsumverbot hingegen hat gezeigt: Wenn wir die engen Vo raussetzungen anlegen, die auch Sie im Munde führen, und uns auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs be ziehen, landen wir in der Größenordnung von zwölf bis 15 Brennpunkten in Baden-Württemberg. Deswegen, liebe Kol leginnen und Kollegen von der CDU, hören Sie bitte damit
auf, dieses außerordentlich beschränkte Alkoholkonsumver bot hier als Allheilmittel zur Lösung der Probleme im Zusam menhang mit Alkohol zu bezeichnen. Das ist es nämlich nicht.
Deswegen ist die Initiative des Ministerpräsidenten und auch des Innenministers richtig, das Problem insgesamt aufzurol len, sich das vorhandene Instrumentarium auch für polizeili che Einsätze anzuschauen und die Ebene der Prävention eben falls kritisch anzuschauen, und zunächst einmal in diesen Be reichen alle Mittel zu optimieren, um zu effektiver Abhilfe und dort, wo es Probleme gibt, zu effektiver Unterstützung unserer Kommunen zu kommen. Da sind Sie herzlich einge laden,
sich am konstruktiven Prozess zu beteiligen. Der runde Tisch wird im Januar stattfinden. Diese Frist ist notwendig, weil man frühzeitig einladen muss.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es ist die zweite Lesung; auch ich kann es kürzer machen. Wir behandeln Rahmenbedingungen, um die Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger bei der inneren Sicherheit zu verbessern, um die Arbeitsbedin gungen der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zu verbes sern, indem wir die Zuständigkeiten des Polizeivollzugsdiens tes für Blutentnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz ent sprechend erweitern und indem wir die schwer zu handhaben de Differenzierung zwischen Strafverteidigern und Rechtsan wälten in Bezug auf die Eigenschaft als Berufsgeheimnisträ ger aufgeben. Wir verbessern die Praktikabilität, indem wir die Möglichkeiten der Anhörung der in Gewahrsam genom menen Personen – z. B. betrunkene Personen in der Nacht – verfassungsrechtlich korrekt anpassen, und wir erhöhen die Rechtssicherheit, indem wir Dinge aus der Generalklausel in den Gesetzestext hineinnehmen.
All das ist erforderlich, um ein sinnvolles und gutes Polizei gesetz zu haben. Im Rahmen der Beratungen hat ja die CDU zunächst zwei Änderungsanträge eingebracht. Ich bin froh, dass der eine Änderungsantrag zurückgenommen wurde. Of fensichtlich haben die Beratungen im Innenausschuss erge ben, dass es so nicht geht. Das ist auch vernünftig so.
Der zweite Antrag ist erneut – wortgleich – eingebracht wor den – insoweit wortgleich, als Sie das, was Sie schon damals nicht haben umsetzen können, jetzt in der Opposition wieder einbringen. Insofern, Herr Throm, ist es so: Während Sie hier mit langen Hosen gestanden haben, saßen die Menschen um Sie herum in der CDU-Fraktion mit kurzen Hosen auf ihren Plätzen, weil sie es in der Zeit, in der sie regiert haben, jahre lang nicht geschafft haben,
Der Einzige mit langen Hosen waren Sie, weil Sie erst seit dieser Periode im Landtag sitzen. Deshalb konnten Sie mit langen Hosen hier am Rednerpult stolz verkünden, dass an dere scheinbar kurze Hosen anhaben. Alle Übrigen in Ihrer Fraktion saßen mit kurzen Hosen da, weil sie es vor Ihrer Zeit im Landtag nicht geschafft haben, dieses Gesetz zu ändern.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: 58 Jahre nichts hinge kriegt! – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Alexander Throm CDU)
Wenn ich mich mit dem Gesetzentwurf befasse, dann stelle ich fest: Es gibt – das habe ich schon im Ausschuss gesagt – trotzdem etwas, was man, wenn man etwas lösen will, ver nünftigerweise in ein solches Gesetz hätte hineinschreiben müssen. Auch aus diesem Grund werden wir Ihren Ände rungsantrag ablehnen. Wer ein solches Alkoholkonsumverbot vorschlägt – in dieser Fassung, wie Sie es machen –, ohne fest zulegen, dass Gemeinderäte, die so etwas in Erwägung zie hen, zunächst einmal Präventionsmaßnahmen in ihrer Ge meinde ausschöpfen müssen, der zeigt, dass er eigentlich nicht begriffen hat, wie wir dieses Problems Herr werden wollen und Herr werden können. Dazu gehört nämlich, dass es nicht geht, einfach jedermann ein Sanktionsinstrument in die Hand zu geben, ohne klarzumachen, dass dort, wo gehäuft Proble me auftauchen, vorher etwas falsch gemacht wurde und des halb etwas geändert werden muss.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sagen Sie das ein mal dem Oberbürgermeister Salomon von Freiburg! Was sagen Sie zu dem, Herr Kollege?)
Der Oberbürgermeister von Freiburg, Herr Salomon, macht eine hervorragende Präventionsarbeit, auch vor Ort. Trotzdem ist es immer einzugrenzen. Es gibt immer noch Probleme, die dann anderweitig gelöst werden müssen. Warum das jetzt nicht klappt mit uns, das wissen Sie. Das muss man nicht wei ter ausführen.
Ich habe Ihnen schon einmal gesagt: Der Änderung des Ge setzentwurfs auf der Grundlage Ihres Antrags werden wir nicht zustimmen. Ihrem Änderungsantrag werden wir nicht folgen. Ich habe schon damals in der Plenardebatte die In schrift von einem Weinkrug aus der Zeit von vor 5 000 Jah ren zitiert, der in den Ruinen Babylons gefunden wurde. Sie weist nach, dass man sich auch dort Sorgen gemacht hat. Aber wir hatten das Problem auch bereits vor 220 Jahren in BadenWürttemberg. Vor 220 Jahren gab es in Baden-Württemberg das Problem, dass die Schwarzwaldbauern zu viel Schnaps getrunken haben.
Die Reaktion der damals Herrschenden auf diesen Missstand war, dass der Abt von Sankt Blasien vor 220 Jahren die Brau erei Rothaus gegründet hat, um auf diese Art und Weise die Bauern vom Schnapstrinken abzuhalten.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Und was fällt euch jetzt ein? – Abg. Karl Zimmermann CDU: Die haben was gemacht!)
Das heißt, jede Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat ih re eigenen Antworten – vor 5 000 Jahren, vor 220 Jahren –, und jetzt versuchen wir mit diesem runden Tisch, ein Prob lem, das tatsächlich besteht, in den Griff zu bekommen.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Was ist ein runder Tisch gegen die Rothaus-Brauerei? Gar nichts!)
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf ist ein vernünftiger Gesetzentwurf, und wir werden diesem Gesetzentwurf auch zustimmen.
Es fängt an mit den europarechtlich veranlassten Punkten. Da gibt es ohnehin nicht viel zu diskutieren. Es geht weiter mit den Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung, mit denen man sich genauso einverstanden erklären kann. Wir tragen auch die Aufhebung des Richtervorbehalts bei der Ortung von ver missten, suizidgefährdeten oder hilflosen Personen mit. Das hilft allen. Wir halten die Ausdehnung des Schutzes der Be rufsgeheimnisträger auf die Anwälte und insofern die Anglei chung an bundesrechtliche Regelungen für völlig richtig und auch begrüßenswert. Es geht weiter mit der Schaffung der ori ginären Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes bei der Er teilung von Platzverweisen.
Leise Einwände gibt es vielleicht bei der Anpassung der Spei cherfristen für personenbezogene Daten. Da hat ja auch der Datenschutzbeauftragte ein bisschen mit der Formulierung eingehakt, dass er eine selbstkritische Überprüfung anregt. Wenn der Datenschutzbeauftragte die Diskussion über die Po lizeireform aufmerksam verfolgt, dann weiß er, dass die Fä higkeit zur Selbstkritik nicht zu den Stärken des Innenminis ters zählt. Aber diese Einwände, die sich an dieser Stelle er geben, sind nicht so gravierend, dass wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen würden.
Jetzt gibt es den Änderungsantrag der CDU. Auch dazu kann ich fast an das anknüpfen, was wir beim vorherigen Tagesord nungspunkt zum Glücksspielstaatsvertrag besprochen haben. Es geht eigentlich um etwas Ähnliches. Wir halten im Grun de genommen wenig von Verboten, die eigentlich eher der Selbsttäuschung dienen, weil man damit das Problem nicht wirklich löst. Man beachte – daher habe ich es vorhin genannt –, dass das vorhandene Instrumentarium Platzverweis durch diesen Gesetzentwurf sogar – wenn ich es richtig sehe – noch einmal verbessert wird. Man sollte nicht so tun, als wäre man jetzt in solchen Situationen machtlos. Wir können dem Ände rungsantrag nicht zustimmen. Dabei werden Sie, lieber Herr Kollege Sakellariou, mir schon nachsehen, dass ich mit einem gewissen Schmunzeln sehe, dass auch Ihre Fraktion bei die sem Thema hier mit kurzen Hosen sitzt.