dann sollte man das bitte, bitte nicht zerreden. Sie sollten nicht wieder zurückfallen in die Diskussion aus der Zeit vor der Volksabstimmung.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Die Debatte hat geschwankt zwischen lustig und ernst. Vorwürfe der Opposition waren u. a.: „Warum muss man sich so oft damit befassen? Warum gibt es da Streit? Eigentlich ha ben wir doch genug davon.“
Ich glaube, es ist zwingend, dass wir über dieses Projekt, das schon über viele Jahre hoch umstritten ist und worüber immer wieder diskutiert worden ist – –
Sie haben selbst auch durch Aktuelle Debatten dazu beigetra gen, dass wir auch in den nächsten Jahren diskutieren werden. Dieses Projekt ist so groß, so bedeutend, es kostet so viel, dass es auch berechtigt ist, dass hier in diesem Landtag darüber diskutiert wird und dass wir auch kritisch darüber wachen, was mit diesem Projekt geschieht.
Ein Vorwurf von einer Oppositionsfraktion zielte heute dar auf ab – übrigens nicht nur hier, sondern auch in der Presse –, dass es nicht angehen kann, dass die Landesregierung einen Filderdialog mit den Bürgerinnen und Bürgern macht und an schließend das nicht umsetzt, was dort diskutiert und be schlossen worden ist.
Dazu muss ich Ihnen allerdings sagen: Sie sollten die Ge schichte einmal genau betrachten und sich vor Augen führen, was da wirklich los war. Direkt nach dem Volksentscheid – ich habe es, glaube ich, hier schon einmal erzählt, aber offen sichtlich ist es wieder vergessen worden – waren der Minis terpräsident und ich in Berlin bei der Bahn und haben über legt: Wie geht es weiter, insbesondere in dem nicht planfest gestellten Bereich auf den Fildern, beim Thema Flughafen bahnhof?
Es war nicht nur die Landesregierung, die wegen dieses Ab schnitts tief besorgt war. Vielmehr hat auch die Bahn gesagt: „Wir sind mit unseren bisherigen Plänen nicht zufrieden. Wir nehmen wahr, dass es einen richtig großen Widerstand auf den Fildern gibt. Wir haben das Interesse, dass die Entscheidung nicht noch einmal grundsätzlich aufgerollt wird, sondern dass wir auf den Fildern zu einer Planung kommen, die die Filder bewohnerinnen und -bewohner auch akzeptieren können, und dass der Flughafenbahnhof selbst verbessert wird.“ Genau das war der Zweck.
Wir haben uns dann auf ein Verfahren verständigt, wie der Fil derdialog stattfinden soll, unter welchen Prämissen er stattfin den soll. Wir haben übrigens mit der Bahn, mit der Stadt Stutt gart und mit der Region einen Prämissenkatalog aufgestellt: Unter welchen Bedingungen findet dieser Filderdialog mit den Bürgerinnen und Bürgern statt? Was ist sozusagen gesetzt? Was sind die Möglichkeiten, die Optionen, wenn man darü ber diskutiert?
Wir haben dort ganz eindeutig – auch wenn Sie es immer wie der bestreiten – gesagt: Die Finanzierungsvereinbarung darf in den Grundzügen nicht tangiert sein, und der Kostendeckel gilt. Das war von Anfang an allen Bürgerinnen und Bürgern klar.
Übrigens haben Sie uns damals kritisiert, weil wir gefragt ha ben: Weshalb macht man, wenn der Kostendeckel gilt, wenn die Finanzierungsvereinbarung gilt, überhaupt einen Bürger dialog? Wir haben ihn trotzdem gemacht, weil wir gesagt ha ben: Im Rahmen dessen gibt es Verbesserungsmöglichkeiten, und wer einen Vorschlag für eine Lösung macht, die teurer ist, muss auch einen Vorschlag dazu machen, wo eingespart wer den kann, damit die Kosten ausgeglichen werden können. Es gibt im Übrigen vielleicht auch Lösungen, die besser und gar nicht teurer sind.
Aber immer war klar: Der Kostendeckel gilt, und wer die Fi nanzierungsvereinbarung infrage stellt, muss wissen, dass er bei den Projektpartnern einen einstimmigen Beschluss herbei führen muss, damit sie geändert werden kann. Darüber haben wir nie geschwiegen. Das haben wir immer gesagt; das war für uns klar. Aber dann muss man es auch wirklich sagen und bekennen.
Sie haben immer wieder – übrigens von Anfang an – gesagt: „Man kann dies nicht machen, das ist ausgeschlossen, und je
nes ist ausgeschlossen“, während wir gesagt haben: „Disku tieren kann man über alles. Nur müssen alle wissen: Der Kos tendeckel gilt, und die Finanzierungsvereinbarung kann nicht einfach per Beschluss im Filderdialog ausgehebelt werden.“
Dann haben Sie uns vorgeworfen, dass wir die Bürgerinnen und Bürger und ihren Vorschlag nicht ernst nähmen, denn wir würden den Filderbahnhof, der jetzt besser gestaltet ist, nun ablehnen und nicht bezahlen. Auch da will ich Sie daran er innern, was wirklich Sache ist: Die große Mehrheit der Bür gerinnen und Bürger, die am Dialog teilgenommen haben – fast zwei Drittel –, haben gesagt: „Das größte Problem ist die Vermischung von S-Bahn-Verkehr und Fernverkehr. Der ver murkste Umbau beim S-Bahnhof und die Einschleifung in die Neubaustrecke über den anderen Bahnhof machen das Pro jekt teuer, vermischen die Verkehre und bringen ein hohes Ri siko für die S-Bahn sowie für die Stabilität der Fahrpläne und des Takts mit sich. Deswegen wollen wir eine Entkopplung. Deswegen wollen wir, dass die Gäubahn direkt an den Haupt bahnhof angeschlossen wird und nicht über den Flughafen.“ Das war die Auffassung einer Zweidrittelmehrheit dieser Bür gerinnen und Bürger, denen dann aber sofort von den Projekt partnern, von der CDU, von der FDP/DVP, von der Stadt, von Herrn Bopp, von der Region gesagt wurde: „Das geht auf gar keinen Fall.“ Das war die Wahrheit.
Dann haben im Dialog rund ein Drittel der Leute gesagt: „Es gibt trotzdem noch Verbesserungsmöglichkeiten. Wir wollen den Flughafenbahnhof anders anschließen und umbauen.“ Dies ist dann auch weiterverfolgt worden, weil realistischer weise alle anderen Pläne abgelehnt worden sind.
Wenn Sie das zusammenzählen, stellen Sie fest, dass dort beim Filderdialog außer ein paar wenigen niemand mehr die Antragstrasse und den Antragsbahnhof verfolgt hat.
Wir haben uns dann am Ende darauf verständigt, dass dieser neue Vorschlag – für den ich mich übrigens sehr eingesetzt habe, weil ich der Meinung bin, dass man da oben am Flug hafen eine Verbesserung schaffen muss – geprüft wird. Aber auch dort hat immer die Ansage gegolten: Verbesserung un ter dem Kostendeckel.
Deswegen gab es die Machbarkeitsstudie, die die Bahn dann erstellt hat, die wir aber zur letzten Sitzung des Lenkungskrei ses nicht bekommen haben. Wir waren im Lenkungskreis wie der einmal ohne schriftliche Unterlagen. Diese sind uns dann im typischen Stil mit Powerpoint präsentiert worden. Herr Mack hat sich gewundert, warum Herr Schwarz überhaupt solche Informationen hat. Er hat das wieder einmal für Geheiminformationen gehalten, aber es steht inzwischen al les im Netz. Das kann man nachlesen, wenn man sich ernst haft darüber informieren will.
Die Machbarkeitsstudie besteht aus vier Leitzordnern. Diese werden seit einigen Wochen, seit wir sie haben, geprüft, und zwar sowohl in meinem Haus als auch von externen Beratern. Das sind übrigens keine Berater aus irgendwelchen dubiosen Kreisen, sondern es ist dieselbe Beratungsfirma, die die vor uns amtierende Landesregierung schon hatte. Diese Bera tungsfirma beurteilt dieses Paket und untersucht: Ist plausi bel, was die Bahn da plant? Sind die Mehrkosten, die sie da vorgibt, wirklich berechtigt? Wie werden diese berechnet?
Nun haben wir einiges geprüft, aber ich kann Ihnen sagen: Vieles ist noch nicht endgültig geklärt. Wir können heute nur vorläufig sagen, was in etwa Sache ist. Beispielsweise gibt es nach wie vor keine Unterlagen zu den betrieblichen Wirkun gen des neuen Konzepts. Man muss auch da eine Betriebssi mulation machen und prüfen: Hat die Lösung z. B. fahrplan technische Vor- oder Nachteile? Das steht noch aus; das Er gebnis ist aber sehr entscheidend, um zu beurteilen, ob diese Lösung wirklich etwas taugt. Auch wir Grünen sagen nicht: Nur weil wir denken, es wäre eine bessere Lösung, ist es auch schon eine bessere Lösung. Es muss geprüft werden.
Nun komme ich zu den Kosten. Ich meine, es ist schon über raschend, dass eine Umplanung, von der selbst der Bahnvor stand Kefer damals gesagt hat, das müsste eigentlich kosten günstig sein, wenn nicht gar billiger, dann plötzlich 224 Mil lionen € mehr kostet als die Antragstrasse. 224 Millionen €!
Bei genauer Betrachtung haben wir jetzt festgestellt, dass da ein Teil der Baukostenerhöhung enthalten ist – das ist jedoch gar nicht so viel – und dass darin auch ein Risikozuschlag von 60 Millionen € – den man vorher bei der Antragstrasse offen bar nicht gebraucht hat – enthalten ist. Dann werden alle Pla nungskosten im Rahmen der alten – falschen – Planung nach dem Motto „Das war verloren“ dem neuen Projekt zugeschla gen. Ist es wirklich berechtigt, dass die Bahn alles, was sie schlecht plant, zusätzlich auch noch in das Gesamtbudget mit einrechnet? Auch das muss einmal hinterfragt werden. Ent halten sind darüber hinaus die neuen Planungskosten. Das al les zusammen ergibt dann den Betrag von 224 Millionen €.
Wir haben spitz nachgerechnet, und ich kann Ihnen sagen: Selbst wenn man dieses und jenes anerkennt, kommt man nicht um die Erkenntnis umhin, dass diese Lösung wahr scheinlich deutlich mehr kostet als die Antragstrasse. Dabei geht es nicht um 20 Millionen € und auch nicht um 50 Milli onen €, sondern geschätzt um mindestens 150 Millionen €, um die das Projekt teurer wird als die Antragstrasse so, wie sie bisher berechnet worden ist.
Ich will damit nun gar nicht zum Ausdruck bringen, dass die bisherige Antragstrasse und der bisherige Antragsbahnhof tat sächlich so viel kosten wie angenommen oder ob nicht auch sie teurer wären. Denn das Problem ist, dass diese Alternati ve inzwischen in manchen Bereichen tiefer und präziser ge plant ist als die Antragstrasse. In die Berechnungen zur An tragstrasse sind bestimmte Posten nicht aufgenommen wor den, die man bei der neuen Planung offensichtlich hinzurech net.
Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn ernsthaft verglichen werden soll, dann müssen wirklich beide Varianten in derselben Tie
fe geprüft werden. Daran sind wir gerade; aber das ist nicht ganz einfach. Denn es gibt viele Unterschiede: Es wird anders gebaut, die Trasse wird anders geführt, es kommen andere Dinge zum Tragen – einmal besteht das eine Risiko, einmal ein anderes, je nach Verfahren. Aber wir wollen dies machen, weil nur dadurch ein klarer Vergleich auf dem Tisch liegt. Das muss die Beratungs- und Entscheidungsgrundlage für den Lenkungskreis sein, in dem im Januar dann entschieden wer den soll, wie man mit diesen Fragen umgeht.
Nun wägen wir noch einmal die Varianten ab. Welche Vortei le hat die neue Variante, die veränderte Planung näher am S-Bahnhof, parallel zum S-Bahnhof? Ein klarer Vorteil ist, dass die Wege kürzer sind, weil die beiden Bahnhöfe zusam mengeführt sind und man näher am Flughafen ist. Ein klarer Vorteil ist auch, dass dieser Bahnhof nicht fast 30 m tief, son dern nur etwa halb so tief ist – es ist aber mit einer Tiefe von 15 m immer noch ein Tiefbahnhof. Es wird mit Sicherheit leichter sein, diesen Bahnhof zu „entfluchten“, wie die Fach leute sagen, als einen Bahnhof, der 30 m tief unter der Erde ist. Auch der Brandschutz wird in einem solchen Bahnhof ein facher zu gewährleisten sein. Zudem könnte eine spätere au tobahnparallele Anschlusstrasse, wie sie auf den Fildern ge wünscht ist, mit diesem Bahnhof besser realisiert werden.
Es gibt also eine ganze Reihe von Vorteilen. Deshalb habe ich auch immer gesagt: Das wäre eigentlich die bessere Lösung.
Welche Argumente sprechen dagegen? Dagegen spricht na türlich ganz offenkundig die Erhöhung der Gesamtkosten. Da ran wird man nicht vorbeikommen. Dagegen spricht, dass wir weiterhin Mischverkehre hätten. Auf dem Bahnhof selbst wä ren sie zwar entmischt, aber auf der Trasse bliebe es bei der problematischen Mischung der Verkehre.
Der Flächenverbrauch wäre mit dieser neuen Lösung größer. Das ist ein Problem, weil man von den Landwirten auf den Fildern zusätzliche Flächen brauchte. Doch die Flächen dort sind ohnehin knapp. Darin steckt sicherlich auch ein Wider standspotenzial gegen dieses Projekt; auch das muss man be rücksichtigen.
Es würde natürlich – das hat die Bahn deutlich gemacht – un ter Umständen auch zu einer Bauverzögerung kommen, wenn man das so umplant. All das muss man gegeneinander abwä gen.
Wenn man nun vom „Wohl des Landes“ spricht, möchte ich an dieser Stelle schon einmal die Zahlen auf den Tisch legen: Sie haben gestern den Finanzminister, den Ministerpräsiden ten und die gesamte Regierung ständig mit dem Vorwurf „ge nagelt“, sie würden zu großzügig mit dem Geld umgehen, und ihnen vorgehalten, was alles ausgegeben werden soll.
Nehmen wir nun einmal nur das Projekt Stuttgart 21 und den Flughafenanschluss in den Blickpunkt. Dies kostet das Land 930 Millionen € plus 360 Millionen €, die von der Flughafen gesellschaft bereitgestellt werden sollen – bei der das Land immerhin zu zwei Dritteln Eigentümer ist; wir müssen also von diesen 360 Millionen € quasi zwei Drittel über den Lan desanteil aufbringen –, plus die Anschlussstrecke, die Neu
baustrecke, mit einem Volumen von 950 Millionen €. Damit kommen wir, grob gesagt, auf deutlich mehr als 2 Milliar den €, die das Land Baden-Württemberg freiwillig für dieses Konstrukt ausgibt.
In diesem Zusammenhang sollten Sie Folgendes bedenken: Sie haben die Verträge gemacht. Wir müssen das jetzt in den nächsten Jahren finanzieren, und zwar Jahr für Jahr in ziem lich fetten Scheiben. Wer uns heute beschimpft und sagt, wir könnten nicht sparen, und gleichzeitig immer wieder sagt – so, wie Sie das in den letzten Wochen immer wieder getan ha ben –: „Das muss man dann halt bezahlen; das ist doch die bessere Lösung; die Bürger haben es doch gefordert“, dem antworte ich: Wenn man schon so viel Geld für so ein Projekt ausgibt und tatsächlich Schwierigkeiten hat, im ländlichen Raum den ÖPNV und den Schienenpersonennahverkehr noch am Leben zu halten und weiter zu finanzieren, dann muss man tatsächlich jeden Euro umdrehen, wenn es hierbei um Mehr kosten geht, und man muss genau nachrechnen.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Das war eine wichtige Ansage!)