Protocol of the Session on November 15, 2012

Ich will zunächst die dezentralen Budgets begründen, wie es auch in der Stellungnahme zu Ihrem Antrag steht. Der Grund satz der sparsamen Haushaltsführung findet sich darin wieder, dass die Budgetverantwortung bei den jeweiligen Polizeidi rektoren oder -präsidenten liegt. In der Stellungnahme steht auch, dass jedes Mal – das ist bei Haushaltsberatungen üblich – gerade bei der Polizei Schätzungen vorgenommen werden und immer nachjustiert werden muss. Das war auch zu Ihrer Regierungszeit so. Ich werde noch im Einzelnen darauf ein gehen, wie Sie diese Probleme früher gelöst haben und wie wir es jetzt gemacht haben.

(Zuruf von den Grünen: Oh! Das wird aber interes sant!)

Denn eines ist richtig: Die Polizei war unterfinanziert.

Jetzt komme ich zu Ihnen. Sie haben Stellen gestrichen. Sie haben Polizeiposten gestrichen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Nein! Die Reviere verstärkt, Herr Kollege! – Gegenruf des Abg. Walter Heiler SPD: Über 200 habt ihr gestrichen!)

Sie haben einen Investitionsstau verursacht, und Sie waren – –

(Zurufe von der CDU, u. a. des Abg. Heribert Rech – Glocke des Präsidenten)

Deswegen ist es eine Chuzpe, dass Sie diese Fragen stellen. Sie wussten, dass in neun Jahren nahezu die Hälfte aller Po lizeibeamtinnen und -beamten in Pension geht, und Sie haben nichts getan, um dem entgegenzuwirken.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zurufe von der CDU, u. a.: Das stimmt doch nicht!)

Nein, Sie haben nichts getan. Was Sie gemacht haben, wa ren Pläne, die sehr stark an die Reform erinnern, wie wir sie jetzt umgesetzt haben, nur mit anderen Größenordnungen. Sie hatten die Pläne, haben sich jedoch nicht getraut, sie umzu setzen. Das war das Problem. Wir sind auf diese Art und Wei se in einen Investitionsstau gekommen, weil Sie es nicht ge wagt haben, diese Struktur der Polizei zu ändern.

(Abg. Winfried Mack CDU: Investitionsstau?)

Bei der Polizei, selbstverständlich: Digitalfunk.

Wie haben Sie es früher gemacht? Denn auch bei Ihnen war es so, dass der Haushalt nie exakt das abbilden konnte, was die Polizei nachher gebraucht hat. Bis zum Jahr 2009 ressor tierte der Verkehrsbereich beim Innenministerium. Wenn die Mittel nicht gereicht haben, um die überbordenden Budgets der Polizei zu finanzieren, ist man in den Verkehrsbereich ge gangen und hat den Straßenbau um die entsprechende Sum me reduziert.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Sakellariou, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mack?

Herr Kollege Sakellariou, begrü ßen Sie jetzt die Pläne des Innenministeriums, dass für den gesamten Landkreis Schwäbisch Hall künftig das Polizeiprä sidium Aalen zuständig sein soll?

Ich begrüße die Polizeire form. Die Polizeireform in sich ist schlüssig.

(Abg. Heribert Rech CDU: Und kritisieren die Pos tenreform?)

Ich akzeptiere den Neuzuschnitt auch unter polizeilichen Ge sichtspunkten, weil ich weiß, dass diejenigen, die das ent schieden haben, auch die Interessen von Schwäbisch Hall be rücksichtigt haben. Denn es geht um ein größeres Ziel. Es geht um das Ziel, dass wir in zehn Jahren, wenn wir nur noch die Hälfte der Beamten haben, Strukturen vorhalten, die dieser Situation Rechnung tragen. Deswegen unterstütze ich die Po lizeireform auch in diesem Punkt.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Das habe ich jetzt nicht verstanden! – Glocke des Präsidenten)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Bullinger?

Bitte schön.

Sehr geschätzter Herr Kollege, gehe ich recht in der Annahme – nach dem, was ich gerade gehört habe –, dass Sie die Reform als Ganzes un terstützen und auch begrüßen, dass die Kriminalpolizei vor den Toren der Stadt Stuttgart, nämlich in Waiblingen, zukünf tig auch bis zur bayerischen Grenze – das entspricht 130 km – zuständig ist? Betrachten Sie das als bürgernah? Halten Sie das für gut?

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Diese Frage habe ich eben schon mit meinen Ausführungen zu der Frage des Kollegen Mack beantwortet.

(Zurufe von der CDU und der FDP/DVP)

Es ist richtig, man kann eine Reform nur insgesamt guthei ßen. Ich weiß, dass der Leidensdruck und der Handlungsdruck so groß sind, dass man auch in diesem Bereich Veränderun

gen vornehmen muss, die im Einzelnen natürlich noch nach gesteuert werden können.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Jetzt ist aber genug; die Zeit rennt. Zurück zu Ihrer Regie rungszeit:

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Bis zum Jahr 2009 haben Sie dann, wenn die Budgets für die Polizei nicht ausgereicht haben, die entsprechenden Beträge zunächst einmal aus dem Verkehrstopf genommen. Nachdem der Verkehrsbereich nicht mehr beim Innenministerium res sortierte, sondern dafür ein separates Ministerium bestand, ha ben Sie dann, wenn die Budgets nicht gereicht haben, die Mit tel aus dem Digitalfunktopf genommen und haben so jeweils den Ausgleich hinbekommen. Sie haben jetzt die Chuzpe, ei nen solchen Antrag zu stellen, nachdem in diesem Haushalt zum ersten Mal klar aufgelistet ist, woher die Mittel kommen und wie diese Sonderbudgets jeweils aufgefüllt werden.

Was haben wir gemacht, Herr Kollege Hollenbach? Wir ha ben die Investitionsmittel um 14 Millionen € aufgestockt. Auch das führt in der Summe später zu Einspareffekten. Wir haben die dezentralen Budgets im Doppelhaushalt zweimal um 5 Millionen € erhöht. Wir haben 172 Millionen € in den Digitalfunk gesteckt. Wir haben das 800er-Programm fortge führt und 400 Polizeibeamte zusätzlich eingestellt. Das wird man im Jahr 2014 in den Revieren merken. Wir haben ferner für die Hubschrauberneuanschaffung eine Verpflichtungser mächtigung von 60 Millionen € in den Haushalt eingestellt.

Das alles sind die Maßnahmen gewesen, die zu mehr Sicher heit geführt haben und führen werden und nicht zum Gegen teil, wie Sie es in Ihrem Antrag suggeriert haben.

Jetzt kommt der dritte Punkt, bei dem ich wirklich entsetzt war, wie jemand, der hier normalerweise so seriös agiert, dies zum Anlass nimmt, uns zu kritisieren.

(Abg. Winfried Mack CDU: Wer?)

Herr Kollege Hollenbach.

(Abg. Winfried Mack CDU: Dann stimmt es!)

Die dezentralen Budgets lagen im Jahr 2004, zu Ihrer Regie rungszeit, bei 64 Millionen €. Sie haben sie bis zum Jahr 2011 auf 52 Millionen € heruntergewirtschaftet, um 12 Millionen € reduziert. In der mittelfristigen Finanzplanung ging es noch weiter herunter. Vielleicht erinnern Sie sich; das war vor an derthalb Jahren. Da ging es von 52 Millionen € noch weiter herunter. Die neue Landesregierung hat diesen Trend gestoppt. Inzwischen gehen die dezentralen Budgets wieder nach oben;

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

sie sind derzeit bei 54 Millionen €. Wir haben einen Nach tragshaushalt vorgelegt, durch den zum ersten Mal die Mittel seriös dort veranschlagt werden, wo sie entnommen werden müssen. Sie dürfen nämlich nicht aus dem Topf für den Digi talfunk und aus dem Verkehrstopf herausgenommen werden, sondern sie gehören in den allgemeinen Haushalt. Mit dem Nachtrag sind dort 6,3 Millionen € dazugekommen, damit die

Bürger auch sehen, was von ihrem Geld für die Polizei einge setzt wird – was auch vernünftig ist. Schließlich haben wir – das ist auch ganz wichtig – die Anmeldungen durch Control ling an die Wirklichkeit angepasst.

Trotzdem wird es so sein, dass bei Mordfällen oder anderen außergewöhnlichen Lagen auch in Zukunft das, was im Haus halt steht, von der einen oder anderen Direktion nicht einge halten werden kann. Sie können sicher sein – auch das steht in der Stellungnahme –, dass dann nachgesteuert wird. Es be steht kein Grund zur Panik. Gerade bei der Polizei gilt: Kein Grund zur Panik!

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Die Redezeit ist abgelaufen. Deswe gen sind keine weiteren Nachfragen möglich.

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Professor Dr. Goll.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Per Fußstreife! – Heiterkeit des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP)

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Man stelle sich einmal folgende Szene bei der baden-württembergischen Polizei vor: Der Kommis sar sagt: „Harry, hol schon mal den Wagen.“ Und die Antwort lautet: „Sorry, kein Benzin im Tank.“

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Winfried Mack CDU: Die Idee würde ich dem SWR überbringen für den nächsten „Tat ort“!)

Da war schon etwas dran. Dass es in diesem Bereich Proble me gab, weiß jeder, sonst wären sie nicht mehrfach angespro chen worden, und zwar auch aus Kreisen der Polizei. Das ist schon ein Problem, und die Nachfragen vonseiten der CDU und der FDP/DVP – wir hatten ja auch schon einen Abgeord netenantrag vonseiten der FDP/DVP in ähnlicher Richtung – an diesem Punkt waren schon mehr als berechtigt. In diesem Fall muss man sagen: Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Da gab es ein Problem, gibt es etwas, was man im Auge behalten muss.