Protocol of the Session on November 14, 2012

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Nun stellen Sie selbst fest, dass es sehr schwierig ist, dies zu rechtfertigen. Wenn die Steuereinnahmen explodieren und man immer noch neue Schulden und immer mehr Schulden macht,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Bundesregierung!)

gerät man unter Rechtfertigungszwang. Es ist wirklich bemer kenswert, was für einen Reigen von Märchen, Mythen und Legenden Sie erfinden, um das alles zu rechtfertigen und um davon abzulenken, dass Sie weder willens noch in der Lage sind, diesen Haushalt zu konsolidieren.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Ich nenne ein paar Beispiele. Zunächst zur Legende von der Kompromissbereitschaft zur Umsetzung einer Schuldenbrem se. Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen. Da erklären Sie öffentlich, Sie strebten einen Kompromiss mit der Opposition an, Sie laden die Opposition zu Gesprächen darüber ein, wie man zu einem Kompromiss kommen kann. Ihr ursprünglicher Plan war, bis 2020 8,8 Milliarden € neue Schulden zu machen und dann die Schuldenbremse umzuset zen, wenn deren Inkrafttreten ohnehin schon durch das Grund gesetz vorgegeben ist.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Das ist ein toller Kompromiss, meine Damen und Herren.

(Lachen bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Wir waren der Auffassung – das haben wir hinreichend dar gelegt und auch mit Zahlen belegt –, dass es sofort möglich ist,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ohne Zahlen! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Welche Zahlen denn?)

so wie 2008, so wie 2009, so wie 2011, so wie 2012 sofort ei nen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Nun haben wir nicht die Mehrheit in diesem Haus.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Gott sei Dank! – Abg. Walter Heiler SPD: Gott sei Dank! Das wäre ja ver heerend!)

Wenn Sie uns zu gemeinsamen Gesprächen einladen, ist für uns klar, dass auch wir eine gewisse Kompromissfähigkeit an den Tag legen müssen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ach nein!)

Aber bei diesen Gesprächen konnten wir feststellen, was Sie unter Kompromiss verstehen. Unter Kompromiss verstehen Sie: „Wir machen die Vorgaben, und die Opposition hat dann unsere Vorgaben 1 : 1 zu übernehmen, und das nennen wir dann nach außen hin einen Kompromiss.“ So nicht, meine Da men und Herren, so ganz sicher nicht!

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Sie sind ja immerhin unter dem Druck der Öffentlichkeit von der Neuverschuldung von 8,8 Milliarden € abgerückt und sind jetzt bei 6,4 Milliarden € Neuverschuldung bis 2020. Das wä re der Ausgangspunkt für Gespräche. 2020 und 6,4 Milliar den €, das ist Ihr Ausgangspunkt. Unser Ausgangpunkt ist 2013 und null. Wir sind nach wie vor bereit zu Verhandlun gen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Dann macht doch mal!)

Wir sind nach wie vor bereit, uns mit Ihnen in der Mitte zu treffen – sagen wir zwischen 3,2 Milliarden € und 3,4 Milli arden €, und sagen wir im Jahr 2016. Der Ball liegt in Ihrem Feld. Äußern Sie sich zu diesem Angebot, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)

Oder nehmen wir den Mythos von der Verhandlungslösung zum Länderfinanzausgleich. Was da bisher herausgekommen ist, ist nur heiße Luft. Herr Ministerpräsident, Sie haben zum Thema Länderfinanzausgleich in den letzten anderthalb Jah ren jede nur denkbare Position schon einmal eingenommen und wieder verlassen. Das spiegelt im Übrigen ohnehin ein Stück weit das wider, was Sie unter Regierungspolitik verste hen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Völlig absurd!)

Sie haben schon einmal erklärt, Sie wollten verhandeln. Sie haben schon einmal erklärt, Sie schlössen eine Klage nicht aus. Sie haben schon einmal erklärt, der Bund solle das alles machen. Dann wurden Sie von Ihrem Finanzminister zurück gepfiffen. Das Einzige, was bei Ihrer Politik zum Thema Län derfinanzausgleich erkennbar ist, ist, dass Sie auf Zeit spie len. Wahrscheinlich wollen Sie keine Lösung, weder auf dem Verhandlungsweg noch vor Gericht, weil Sie die Befürchtung haben, dass Sie Baden-Württemberg zum Nehmerland herun terwirtschaften. Das ist wahrscheinlich der Hintergrund Ihrer Politik.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig! Jawohl!)

Dieses Regierungshandeln zeigt sich auch an anderen Stellen, z. B. bei der aktuellen Diskussion zum Filderbahnhof.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Meine Güte!)

Wir werden morgen Gelegenheit haben, darüber zu diskutie ren. Da funktioniert es nach demselben Muster. Da betritt – Sie haben vorhin gesagt: Schmiedels Wort gilt – der SPDFraktionsvorsitzende die Bühne und sagt: „Wir brauchen ei nen neuen Topf.“ Das ist auch nachvollziehbar. Wir stehen da hinter Ihnen, Herr Schmiedel. Da gilt auch unser Wort. Denn es ist klar: Wenn man eine Verbesserung im Vergleich zum Status quo herbeiführen möchte und diese Verbesserung Geld kostet, dann muss das Geld auch irgendwo herkommen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ja, richtig! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wie bei jedem Hausbau!)

Wenn man die Leute zu einem Dialog einlädt und ihnen er klärt, sie dürften mitbestimmen, dann muss man auch etwas umsetzen. Genau dieses Dilemma haben Sie auch erkannt, Herr Ministerpräsident: auf der einen Seite Ihre Bataillone, die im Schützengraben liegen und sagen, der Deckel dürfe un ter gar keinen Umständen gelupft werden,

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Meine Güte! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wie bei kleinen Jungs die Sehnsucht nach Kriegsspielen! Meine Güte!)

auf der anderen Seite Ihre hehren Versprechungen von Bür gerbeteiligung. Sie wussten nicht so recht, wie Sie da heraus kommen sollten. Dann haben Sie erklärt: „Ich bin kein Fun di, ich lasse mit mir reden.“ Aber zwei Stunden später sind Ih nen die Fundis in den Rücken gefallen und haben Sie zurück gepfiffen, Herr Ministerpräsident. So sieht es aus.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wie sich Klein-Rülke die Welt vorstellt!)

Dasselbe erleben wir auch beim Thema Nationalpark. Gera de wurde gelobt, in welcher dialogischen Form das angeblich ablaufen soll.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Einpeit schen!)

Sie gehen dann vor Ort und erklären den Leuten: „Der Nati onalpark kommt. Das dürft nicht ihr entscheiden, sondern das entscheiden wir im Landtag.“

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Käseglocke darüber!)

Herr Kollege Schmiedel hat sogar schon ausgerechnet, wie viele Millionen Euro für diesen Nationalpark zur Verfügung gestellt werden.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: 80 Millio nen €!)

Das ganze Gutachten ist doch eine reine Volksverdummung. Die Entscheidung steht längst fest.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Genau! Wahl kampfkostenerstattung ist das!)

Egal, wie dieses Gutachten ausfällt, und egal, wie die Bedürf nisse der Menschen im Nordschwarzwald sind, Sie wollen dieses Prestigeprojekt durchpeitschen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Entgegen all dem hehren Gerede von der Politik des Gehört werdens, das Entscheidende kommt immer hinterher. Gehört werden heißt nicht erhört werden. Das ist der Punkt. Die Ent scheidungen stehen nämlich schon vorher fest. Das ist Ihr Po litikprinzip, meine Damen und Herren, und so sieht bei Ihnen politische Führung aus.

Dasselbe gilt für das Thema Energiewende. Die wirklich wich tigen Entscheidungen werden von Ihnen gar nicht angegan gen. Sie blockieren doch im Bundesrat jede Veränderung die ser planwirtschaftlichen Ansätze des EEG. Sie haben sich bis zum heutigen Tag beim Thema „Steuerliche Anrechnungsfä higkeit der energetischen Sanierung“ nicht bewegt. Im Bun desrat bewegt sich doch überhaupt nichts. Wie soll die Ener giewende funktionieren, wenn Sie ständig blockieren, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Oder nehmen wir, Herr Finanzminister, das Märchen vom strukturellen Sparen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wo ist er denn?)

Finanzminister Schmid – wahrscheinlich ist er jetzt vor Scham in den Boden versunken, deshalb ist er nicht mehr hier –

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Träumen Sie weiter!)

hat zunächst einmal 800 Millionen € an strukturellen Einspa rungen versprochen. Anschließend hat er nach mühevollem Prozess ausgerechnet, es seien nur 640 Millionen €. Von die sen 640 Millionen € sind 460 Millionen € wirklich ganz tolle Einsparungen. Da nimmt man den Kommunen 340 Millio nen € weg und deklariert sie als Einsparung, später dann 325 Millionen €. Dies erklärt man auch noch zu strukturellen Ein sparungen, obwohl das Ganze bis 2016 befristet ist. Das ist schon ein starkes Stück.